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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 20 

Beratung

Ausgleich für Feiertage an Wochenenden - Zusätzliche Erholung von den Belastungen durch Arbeit und Pandemie

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1107


(Unruhe)

Hallo! - Ich würde gern fortsetzen. Einbringer ist für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Herr Lippmann. - Herr Lippmann, Sie haben das Wort. Bitte. 


Thomas Lippmann (DIE LINKE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast zum Ende eines anstrengenden und emotional aufgeladenen Tages kommt jetzt noch ein angenehmes Thema. Es geht um Feiertage, wenn auch um einen unangenehmen Effekt; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber freut es, die abhängig Beschäftigten nervt es, wenn Feiertage auf ein Wochenende fallen. 

Allein in diesem Jahr passiert das gleich dreimal. Schon gleich der 1. Januar war ein Samstag, dann fiel vor Kurzem der 1. Mai auf einen Sonntag, und auch zum Jahresende ist mit dem 25. Dezember wieder ein Sonntag gleichzeitig ein Feiertag. Drei von unseren elf Feiertagen liegen in diesem Jahr auf einem Wochenende. 

Für die Beschäftigten sind da nicht nur die zusätzlichen freien Tage verloren, sondern es entfällt auch die Möglichkeit, durch den Einsatz von sogenannten Brückentagen aus wenig Urlaub möglichst viel freie Zeit zu gewinnen. Die Beschäftigten verlieren damit Freizeit, Ruhe und Erholungszeit. Für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind es dagegen schlicht zusätzliche Arbeitstage, und zwar Arbeitstage, die sie in anderen Jahren nicht haben, wenn sich der Kalenderverlauf anders gestaltet. Es sind praktisch Geschenke der Beschäftigten an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber durch eine unfreiwillige Verlängerung der jährlichen Arbeitszeit. 

Das Szenario von 2022, also diesem Jahr, wiederholt sich im Abstand von einigen Jahren, denn sieben unserer elf Feiertage sind sogenannte datumsfeste Feiertage. Sie wandern praktisch schrittweise durch die Wochentage, mit jedem Jahreswechsel um einen Tag und in Schaltjahren um zwei Tage. Mehrere dieser datumsfesten Feiertage sind miteinander verbunden, weil sie jeweils auf den gleichen Wochentag fallen; sie wandern also im Block durch die Wochentage. Den kleineren dieser Blöcke erleben wir in diesem Jahr mit dem 1. Mai und dem 25. Dezember. Den größeren Block bilden dann die Feiertage 3. Oktober, 31. Oktober und 26. Dezember. 

Weil diese beiden Blöcke immer auch auf benachbarten Wochentagen liegen, gibt es Jahre, in denen diese fünf von elf Feiertagen alle gleichzeitig auf ein Wochenende fallen. Das war z. B. im letzten Jahr so und kommt im Jahr 2027 wieder auf die Beschäftigten zu. Dazwischen liegen Jahre, in denen drei Feiertage oder auch mal nur ein Feiertag auf ein Wochenende fallen. Was selten vorkommt, sind Jahre     

(Unruhe)

- Das stört mich!


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Ja, Herr Lippmann, es ist schwierig heute, ich weiß. - Könnten Sie mal versuchen, den Geräuschpegel ein bisschen runterzudrehen?


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Was selten vorkommt, sind Jahre, in denen keiner unserer Feiertage auf ein Wochenende fällt. Aber auch diese gibt es. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das neue Jahr an einem Mittwoch beginnt und es kein Schaltjahr ist. 

(Unruhe)

Das werden die Beschäftigten z. B. im Jahr 2025 und dann wieder im Jahr 2031 genießen dürfen. In allen anderen Jahren werden die Beschäftigten aber an einem, an drei oder sogar an fünf Tagen um wesentliche Effekte der Feiertagsruhe geprellt. Das ist ein gravierendes Defizit in unseren Feiertagsregelungen. 

Gesetzliche Feiertage sind grundsätzlich freie Tage. Sonn- und Feiertage und die damit verbundene Arbeitsruhe unterliegen in Deutschland einem besonderen Schutz durch das Grundgesetz. So schreibt Artikel 140 des Grundgesetzes fest - ich zitiere -: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“

Fallen solche datumsfesten Feiertage auf ein Wochenende, dann gibt es in Deutschland - anders als in anderen Mitgliedsländern der EU und in vielen Drittstaaten - bislang keine Regelung, die grundgesetzlich geschützte Arbeitsruhe zusätzlich zu den freien Tagen des Wochenendes nachzuholen. 

Solche Kompensationsregelungen für Feiertage, wie wir sie mit unserem Antrag fordern, gibt es in vielen unserer Nachbarländer, z. B. in Belgien, in den Niederlanden, in Luxemburg oder in Polen, aber auch in Italien, in Spanien, in Großbritannien, in Irland oder in Japan, in Singapur und in Australien. 

Eine Diskussion darüber, ob Feiertage ausgeglichen werden sollten, wenn sie auf ein Wochenende fallen, gab es auch in Deutschland bereits mehrfach. Eine Ausgleichsregelung konnte dabei bisher nicht durchgesetzt werden. Deutschland muss endlich das nachholen, was unsere europäischen Nachbarn längst vorgemacht haben. 

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als LINKE sehen die Zeit dafür als reif und längst überfällig, schnellstmöglich ein sogenanntes Montagsfeiertagsgesetz zu erarbeiten. Ein solches Gesetz über den Ausgleich von Wochenendfeiertagen wollen wir mit dem vorliegenden Antrag initiieren. Zwei Jahre Pandemie haben zu lange andauernden Einschränkungen bei der Gestaltung individueller Freizeit, zu Arbeitsverdichtung und zu zusätzlichen Belastungen, besonders für Familien, geführt. Deshalb wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, den Feiertagsausgleich auf den Weg zu bringen. 

(Zustimmung bei der LINKEN) 

Die Festlegung der Feiertage ist zwar überwiegend Ländersache, allerdings sind die Feiertagsregelungen in den Ländern weitgehend vergleichbar, und den Feiertagsausgleich gibt es bundesweit nirgendwo. 

Deshalb fordern wir unsere Landesregierung auf, sich auf der Bundesebene für eine einheitliche Ausgleichsregelung einzusetzen. Wenn dies nicht gelingt, fordern wir die Landesregierung auf, selbst aktiv zu werden und eine entsprechende landesgesetzliche Regelung zu schaffen. 

Bis zu einer bundesweiten oder landesweiten gesetzlichen Regelung sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf freiwilliger Basis ihren Beschäftigten im Sinne eines Coronabonus zeitnah einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag gewähren; denn die Beschäftigten werden es mit besserer Gesundheit, erhöhter Motivation und Leistungsfähigkeit und einer stärkeren Verbundenheit danken. 

Der kontinuierliche Anstieg an psychischen und physischen Belastungen im Arbeitsleben ist ein Alarmzeichen, nach der Pandemie mehr für den Arbeitsschutz der Beschäftigten zu unternehmen. Der Feiertagsausgleich kann hierfür einen Beitrag leisten. 

Ökonomische Argumente gegen die Gewährung des Feiertagsausgleichs können nicht wirksam Geltung beanspruchen; denn unsere Feiertage sind lange tradiert und sie sind nicht darauf ausgerichtet, dass sie nicht zu einer echten Arbeitsruhe führen. Es gibt sie ja, die Jahre, in denen keiner der Feiertage auf ein Wochenende fällt. Es hat noch nie jemand ernsthaft behauptet, dass dann die Wirtschaft in die Knie geht. Das Gegenteil ist der Fall: Die Wirtschaft profitiert einseitig davon, wenn der Kalenderverlauf durch weniger Ausfall an Feiertagen für die zusätzliche Wertschöpfung günstig ist. 

Dass man auf diesen zusätzlichen Gewinn nicht gern verzichten will, ist leicht zu verstehen. 

(Zuruf von der AfD)

Es ist aber kein Grund dafür, den Beschäftigen den Feiertagsausgleich weiterhin zu verweigern. 

(Beifall bei der LINKEN)

Die mit den Feiertagen verbundene Arbeitsruhe und zusätzliche Freizeit sollen nicht länger dem Kalenderverlauf ausgeliefert sein. Deshalb muss im Interesse der Beschäftigten gesetzlich geregelt werden, dass Feiertage an Wochenenden verlässlich nachgeholt werden. 

Wir bitten um Zustimmung zu diesem Antrag. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Ich sehe eine Intervention von Frau Dr. Schneider. Herr Lippmann, vielleicht lohnt es sich, gleich hier vorn stehen zu bleiben. - Frau Dr. Schneider, Sie haben das Wort. 


Dr. Anja Schneider (CDU):

Es ist wirklich eine Intervention und keine Frage. Ich bin doch sehr erstaunt über Ihre Argumentation, dass die Feiertage zur Ruhe und zur Erholung beitragen. Warum geben wir nicht entsprechend mehr Urlaubstage? Denn dann würde die Argumentation stimmen. Für mich sind Feiertage, die überwiegend auch kirchlich hinterlegt sind, deshalb frei, damit ich die Rituale und Bräuche an diesen Feiertagen wahrnehmen kann, und nicht deshalb, damit ich eine Ruhezeit habe. 

(Beifall bei der CDU und bei der AfD) 

Ihre Ausführungen haben eine völlig falsche Argumentation. Am 1. Mai, den Tag der Arbeit, an dem es auch heute noch entsprechende Bekundungen zur Arbeit usw. gibt, könnte ich nicht teilnehmen, wenn ich arbeiten muss. Dafür gibt es diese Feiertage und nicht dafür, dass ich einen zusätzlichen Urlaubstag habe. 

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie haben das Wort, Herr Lippmann. 


Thomas Lippmann (DIE LINKE): 

Das ist schon eine heftige Argumentation, die aber einen wahren Kern hat. Ich bin in meinem Redebeitrag etwas gehüpft, weil ich auf die Zeit geschaut habe, sonst wäre ich darauf auch eingegangen. Es geht natürlich um die Pflege von religiösen und anderen Traditionen, aber auch um die Pflege der familiären Verbindungen. Es sind aber nicht alle Feiertage kirchlich hinterlegt. 

(Andreas Silbersack, FDP: Die meisten allerdings schon!)

- Allerdings die meisten schon. - Wir haben Glück, dass von den elf Feiertagen immerhin vier Feiertage nicht datumsfest sind: Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag. Diese Feiertage bleiben uns in jedem Jahr erhalten. Nach Himmelfahrt kann man also immer einen Brückentag nehmen, um ein verlängertes Wochenende zu machen. 

(Anne-Marie Keding, CDU: Abschaffen für alle, die aus der Kirche ausgetreten sind!)

- Wie bitte?

(Anne-Marie Keding, CDU: Abschaffen für alle, die aus der Kirche ausgetreten sind! - Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht)

- Sagen Sie es ruhig ein bisschen lauter, sozusagen für das Protokoll. Das macht sich gut in der Außendarstellung. 

(Zuruf von Anne-Marie Keding, CDU)

Nein, ich finde, man kann hierbei nicht von einem Extrem in das andere fallen. Der Umgang der Menschen im Land mit den Feiertagen ist so breit gefächert wie die Mentalität der Menschen. Natürlich schaffen wir damit einen Anlass, uns auch des Anlasses des Feiertages bewusst zu werden. Sie wissen aber so gut wie ich, dass das längst nicht auf alle Menschen zutrifft. Ich weiß nicht einmal, ob man sagen kann, dass es auf den größten Teil der Menschen zutrifft; wahrscheinlich bei Weihnachten und Ostern schon. 

Aber wenn ich bspw. den 6. Januar nehme 

(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

und ich sage einmal selbstkritisch auch den 1. - - 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- Also, ich erspare es euch, dass wir jetzt vertieft über die Rolle des 6. Januar in Sachsen-Anhalt reden,


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Das wäre übrigens angebracht, Herr Lippmann. Versuchen Sie einmal zum Ende zu kommen!


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

weil das nicht das Thema ist. Ich nehme auch den 1. Mai gar nicht aus. Sie unterschätzen die Rhythmisierung von intensiver Arbeit und Ruhephasen. Natürlich unterstützen die Feiertage, gerade wenn sie nicht an Wochenenden liegen - in vielen Jahren ist ja auch der Fall - das, was wir ansonsten natürlich durch die Urlaubsregelungen haben. Diesbezüglich sind wir nicht so schlecht aufgestellt. Die Feiertage    


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Lippmann. 


Thomas Lippmann (DIE LINKE): 

Ruhe sollte den Beschäftigten schon zustehen.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke. - Wenn Herr Lippmann auf Fragen reagiert, dann fällt mir immer auf, dass wir Lücken in der Geschäftsordnung haben. 

(Lachen bei allen Fraktionen) 

Wir haben die Dauer der Frage zeitlich begrenzt, aber nicht die Dauer der Antwort.   Herr Stehli, ich verstehe Ihre emotionale Betroffenheit bei diesem Thema, weise aber darauf hin, dass Sie Herrn Lippmann keine Frage stellen können und auch keine Intervention machen können; denn Sie haben sich erst gemeldet, als er auf eine Frage von Frau Schneider reagiert hat. Es ist vorhin bereits erklärt worden: Wir konzentrieren Fragen immer auf den Ursprungsbeitrag; denn ansonsten werden wir nie fertig. Es tut mir leid. 

(Stephen Gerhard Stehli, CDU: Ich finde schon noch eine Möglichkeit!   Lachen bei allen Fraktionen)

- Ich könnte es jetzt so sagen: Keine Gewalt!