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Plenarsitzung

Transkript

Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die öffentliche Hand hat eine besondere Verantwortung und auch eine Vorbildfunktion sowohl im sozialen Bereich als auch im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. 

Aus dieser Situation heraus ergeben sich Fragen dazu, wie wir es als Staat mit der eigenen Beschaffung halten. Ein Vergabegesetz mit Vorschriften für öffentliche Auftraggeber, um bei der Auftragsvergabe auch sogenannte vergabefremde Kriterien zu berücksichtigen, halten wir vor diesem Hintergrund sowohl für angebracht als auch für nötig. Es geht nicht um die Erzeugung zusätzlicher Bürokratie, sondern darum, dass die öffentliche Hand für ihren ganz eigenen Bereich Standards setzt oder zumindest setzen kann. 

Da wir als öffentliche Hand letztlich mit Steuermitteln, also mit dem Geld der Menschen des Landes, unterwegs sind, kommt uns eine besondere Verantwortung zu. Zum einen müssen wir sparsam agieren, zum anderen sollten wir aber die Standards, die wir politisch predigen, auch selbst anwenden. Insofern sollte die öffentliche Hand beim Einkauf sowohl soziale als auch ökologische Anforderungen mitdenken. Ein Vergabegesetz kann dabei ein wichtiges Werkzeug für den Tariflohn und den Umweltschutz in Sachsen-Anhalt sein. 

Die Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, natürlich insbesondere die Tariftreue und ein Mindestlohn bei der Vergabe, sind dabei im sozialen Bereich eine wichtige Möglichkeit. Ihre praktische Auswirkung wird sich angesichts der schon bestehenden Beschaffungsstruktur vermutlich nur auf bestimmte Bereiche erstrecken, also auf die, in denen die Löhne so sind, dass das wirken kann. Dort aber werden sie hilfreich sein und die Unternehmen vor billigerer Konkurrenz schützen, die bessere soziale Standards anbieten. 

Es ist gut, dass die CDU und die FDP hierbei über ihren Schatten gesprungen sind. Es war tatsächlich ein längerer Prozess, den wir auch in der Vergangenheit durchaus hatten. Die Schwellenwertanhebung wurde diskutiert; klar, das ist ein deutlicher Unterschied zu dem, was wir bisher hatten, nämlich von 25 000 € auf 40 000 € und von 50 000 € auf 120 000 €. Aber das fand ich angesichts der Zeiträume, über die wir diskutieren, nicht so dramatisch. Diese Schwellenwerte hatten wir auch schon im Jahr 2016 in der Diskussion. Somit ist das jetzt erträglich. Man kann es sich zwar anders wünschen, aber es ist, finde ich, okay. 

In unserer Fraktion wurde bei dem Gesetzentwurf gemutmaßt, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, über das Ladenöffnungsgesetz und das Vergabegesetz in einer verbundenen Debatte zu beraten. Wir hatten ein wenig den Eindruck, dass möglicherweise das eine oder andere hier politisch gekoppelt ist, aber auch das ist natürlich zulässig. 

Auch die weiteren sozialen Kriterien in § 4 des Gesetzentwurfes finden unsere Unterstützung. Sie liegen in Zeiten des Fachkräftemangels übrigens auch zunehmend im Interesse der Unternehmen selbst. 

In unserem Änderungsantrag findet sich bei den sozialen Kriterien für die Ausschreibung die Möglichkeit, die Herkunft der zu beschaffenden Produkte aus fairem Handel zu berücksichtigen; dies fehlt bisher. Das wäre aber eine Möglichkeit, unbürokratisch, insbesondere bei Produkten aus Entwicklungsländern, verantwortliche Standards vorzugeben. Auch die Menschen im globalen Süden, deren Leistungen wir an verschiedenen Punkten beziehen, sollen davon gut leben können. Wir müssen fair handeln und dürfen nicht auf deren Kosten leben. 

Dem Gesetzentwurf mangelt es außerdem in dem Bereich der energieeffizienten Beschaffung, aber auch in Bezug auf ökologische Aspekte und Klimaschutz an Möglichkeiten für die Beschaffung und die Auftragsvergabe. Gerade die Energieeffizienz steht in diesen Tagen besonders im Fokus. 

Mit unserem Änderungsantrag soll eine klimafreundliche und energieeffiziente Beschaffung im Vergabeverfahren Berücksichtigung findet. Ökologische Aspekte müssen bei der Bewertung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen werden können. Der bisher im Gesetzentwurf vorgesehene Punkt zu Umwelteigenschaften arbeitet sich sehr an Gütezeichen ab, ohne aber zu den entscheidenden Punkten ökologischer und energieeffizienter Vergabe vorzustoßen. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Diese Schwachstelle wollen wir gern mit einem Vorschlag für eine klarere Regelung verbessern, damit das Gesetz auch beim Umwelt- und Klimaschutz für das Land Biss hat. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE, und Dorothea Frederking, GRÜNE)

Nachhaltigkeit hat ihren Preis, liegt aber - Stichwort: Energieeffizienz - auch zu einem immer größeren Teil im Interesse der Auftraggeber. Billig kommt letztlich oft teurer. Eine gutachtliche Untersuchung im Auftrag der Senatsverwaltung Berlin kommt zu dem Ergebnis, dass durch eine umweltverträgliche Beschaffung die Treibhausgasemissionen signifikant gesenkt, zugleich aber auch Kosten gespart werden können. 

Die Beschäftigung mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz hat ihre Wurzeln bereits in der letzten Legislaturperiode, scheiterte dort aber noch am konservativen Nein, wobei das konservative Nein natürlich häufig in der Sorge vor mehr Bürokratie begründet war. Das ist natürlich ein Punkt, den die Kollegen von der konservativen Seite durchaus vertreten haben. Wir müssen aber bei den ganzen Regelungen aufpassen, dass es nicht dazu kommt, dass später einfach nur ein Zettel unterschrieben wird, der dann abgeheftet und nie wieder angeguckt wird, sondern es muss tatsächlich einen Effekt haben. Nur dann macht auch bürokratieaufwendigere Arbeit Sinn. An der Stelle müssen wir auf den Prozess schauen. Ich halte das für machbar. 

Beim Vergleich der Gesetzentwürfe fällt auf - ich hatte schon darauf hingewiesen -, dass sich die Wertgrenzen verändert haben. Ich meine, das ist der politische Preis. Ich halte ihn aber vor dem Hintergrund der Preisentwicklung für okay. 

Im Bereich des Kontrollparagrafen hat sich der Akzent verschoben. Aus „Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, die Einhaltung zu prüfen“ ist eine Kannregelung geworden. Wir müssen uns einmal anschauen, wie dadurch das Gesetz und seine Umsetzung beeinflusst werden. 

Insgesamt freuen wir uns aber auf die notwendige Arbeit an dem Gesetzentwurf, um das Verfahren rundum besser zu machen, damit ein starkes Werkzeug für Tariflohn und Umweltschutz in Sachsen-Anhalt entsteht. 

Wir befürworten die Überweisung und schlagen aufgrund der weiteren Aspekte die Überweisung an den Umweltausschuss vor. - Danke. 

(Beifall bei den GRÜNEN)