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Plenarsitzung

Transkript


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in unserem Fragekomplex mit den Erfahrungen, die wir nach einem Monat sammeln konnten, da seit Anfang April nahezu alle Coronaeinschränkungsmaßnahmen abgeschafft sind.

Es liegen inzwischen sehr viele Zahlen vor. Es liegen auch immer mehr Informationen über Impfnebenwirkungen und -durchbrüche vor, über die auch in den öffentlichen Medien immer mehr diskutiert wird. Beispielsweise gab es beim MDR kürzlich einen Bericht, in dem die Odyssee einer 15-Jährigen skizziert wurde, die seit der Doppelimpfung mit Biontech an einen Rollstuhl gefesselt ist und die Pflegestufe III hat, deren Eltern von vielen Ärzten bis heute nicht ernst genommen werden. Es liegen also immer mehr Informationen vor, aber trotzdem setzt die Bundesregierung im Infektionsschutzgesetz weiter auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Wir möchten von der Landesregierung wissen, wie der aktuelle Umsetzungsstand hinsichtlich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist. Wie viele Betretungsverbote wurden ausgesprochen? Wie ist die aktuelle Lage? Setzt die Landesregierung in Anbetracht der immer bekannter werdenden Nebenwirkungen weiterhin auf eine stillschweigende Umsetzung dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht oder interveniert sie in Richtung Bundesebene? - Vielen Dank.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Für die Landesregierung gebe ich Frau Grimm-Benne das Wort. - Bitte.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich will auf die, ich glaube, zwei Themenkomplexe, die Herr Siegmund dargestellt hat, eingehen und hinsichtlich der Folgen von Impfungen darauf hinweisen, dass ich das hier im Rahmen der Regierungsbefragung nicht präzise beantworten kann. Sie haben dazu viele Anfragen gestellt, die wir auch schon schriftlich beantwortet haben. Darauf würde ich hier verweisen. Ansonsten müsste ich diese Fragen hier noch einmal beantworten. Das ist, glaube ich, nicht Sinn der Regierungsbefragung.

(Unruhe)

Zu dem zweiten Themenkomplex ist zu sagen, dass wir hinsichtlich der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Zeitplan sind. Ich hatte gestern die Möglichkeit, mit Herrn Theel vom Landkreistag zu sprechen. Sie wissen, dass das Betretungsverbot erst am Ende eines Prozesses steht, in dem vorher Anhörungen stattfinden, und Bescheide voraussetzt. Ich müsste hinsichtlich des Umsetzungsprozesses eine Abfrage bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten durchführen. Mir ist aber mitgeteilt worden, dass man es umsetzt und insbesondere bei den Unternehmen nachfragt, die bisher nicht gemeldet haben, sodass auch das gegeben ist.

Sie wissen auch, dass ich die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz bin. Es ist auch heute Nachmittag kein Thema, dass wir als Vorsitzland intervenieren, dass wir diese einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht umsetzen. Das Gesetz ist nach wie vor bis zum Ende des Jahres gültig.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Lieschke.


Matthias Lieschke (AfD):

Werte Frau Minister, grundlegend: Wir haben in unserem Landkreis Wittenberg einen Amtsarzt, der z. B. sagt, sie sammeln aktuell Daten, um zu prüfen, wer geimpft und wer nicht geimpft ist. Laut einem Zeitungsbericht sagt er aber auch, dass er den Entzug der Arbeitserlaubnis im Moment nicht durchsetzen möchte. Er ist der Meinung, man kann bei täglichem Testen weiterarbeiten, auch wenn man ungeimpft ist.

Fällt das in seinen Zuständigkeitsbereich? Darf er das machen? Oder ist es dem Gesetz nach wirklich so: Wer nicht geimpft ist, der darf ab dem Moment nicht mehr arbeiten, ab dem die entsprechenden Daten dem Gesundheitsamt vorliegen?

Wie gesagt: Der Chef des Gesundheitsamtes sagt: Wir können auch täglich testen; das ist genauso gut. Ist das erlaubt oder nicht? Das wurde uns im Kreistag in Wittenberg so erklärt.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Als wir die einrichtungsbezogene Impflicht in unserem Land umgesetzt haben, haben Sie darum gebeten, die Verordnung des Landes zu bekommen, welche die Regeln enthält, nach denen sich die Gesundheitsämter zu verhalten haben. Das ist Ihnen allen zur Kenntnis gegeben worden. Daher können Sie sich die Frage eigentlich selbst beantworten.

Wenn es aus Versorgungsgründen wichtig ist, besteht die Möglichkeit, auch ungeimpft weiter zu arbeiten. Es muss dann allerdings dargestellt werden, dass sonst die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist, und es müssen sowohl durch Tests als auch durch Schutzkleidung Maßnahmen ergriffen werden. Der Arbeitgeber muss die betreffenden Personen so einsetzen, dass durch sie keine ihr anvertrauten Personen gefährdet werden. Das liegt im Entscheidungsbereich der Gesundheitsbehörde und ist nach pflichtgemäßen Ermessen möglich. Aber das geht nicht pauschal und nicht durchgängig.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine Nachfrage?


Matthias Lieschke (AfD):

Ja, genau, eine Nachfrage. - Liegt die Entscheidung, täglich zu testen, um eine Überlastung zu verhindern, im übertragenen Wirkungskreis oder im eigenen Wirkungskreis des Landkreises? Eine Antwort darauf wäre interessant.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Im übertragenen Wirkungskreis gilt es, sich in erster Linie an das Bundesinfektionsschutzgesetz zu halten. Hinsichtlich der Umsetzung ist auf der Grundlage der Verordnung, die wir erlassen haben   man muss diese nach pflichtgemäßen Ermessen einhalten  , jedes Mal eine abgewogene Einzelentscheidung zu treffen und nicht pauschal.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Es gibt eine weitere Frage. - Herr Kirchner, bitte.


Oliver Kirchner (AfD):

Frau Ministerin, ich habe eine Frage zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Wir sind uns darin einig, dass wir Risikogruppen schützen wollen. Diese einrichtungsbezogene Impflicht   so habe ich es zumindest verstanden   wurde eingeführt, um die Risikogruppen in den Krankenhäusern und in den Pflegeeinrichtungen zu schützen.

Meine Frage ist: Wenn ein geimpfter Pfleger diesen Virus übertragen und sich   wie ein Ungeimpfter auch   selbst damit anstecken kann, weshalb soll sich dann der Ungeimpfte impfen lassen? Das ist eine ganz einfache Frage.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Weil die Verläufe bei Geimpften viel gemäßigter sind

(Zuruf von der AfD: Eben nicht!)

und das Risiko, zu versterben, gering ist. Das haben wir bereits mehrfach dargestellt. Das habe ich bereits mehrfach im Plenum beantwortet.

(Zustimmung bei der SPD und von Guido Kosmehl, FDP - Zuruf von der AfD: Nein)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Die nächste Frage hat Herr Roi.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Meine Frage knüpft nahtlos an das von Ihnen zuletzt Gesagte an, Frau Ministerin. Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg Herr Lutz Trümper hat auf einer neuerlichen Pressekonferenz vor ein paar Tagen zum Coronavirus und zur einrichtungsbezogenen Impflicht Stellung bezogen. Er verwies darauf, dass das Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalts seit Ende März nicht mehr alle Daten dazu veröffentlicht, wer von den zweifach Geimpften und Geboosterten auf der ITS liegt.

Er hat auf der Pressekonferenz die zuletzt veröffentlichten Daten an die Wand geworfen und kam anhand der Daten, die das Gesundheitsministerium herausgibt, zu der Aussage, dass es bei der derzeit dominanten Omikron-Variante überhaupt keine Rolle spielt, ob jemand geimpft oder nicht geimpft ist. Das, was der Oberbürgermeister Ihrer Partei in Magdeburg gesagt hat, wollte ich nur einmal voranstellen.

Nun ist es so: Es gibt Gesundheitsminister, die fordern   ich glaube, unter anderem der bayerische  , dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen ist. Erst recht nach der Entscheidung des Deutschen Bundestages, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben wird.

Dem Deutschen Bundestag liegt eine Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft vor. Die Kliniken in Deutschland fordern die sofortige Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für das Klinikpersonal.

Meine erste Frage ist: Was veranlasst Sie dazu, sich über diese Fachexpertise hinwegzusetzen? Vielleicht können Sie uns Ihre Haltung darlegen, warum Sie noch immer daran festhalten. Sie als Gesundheitsministerin könnten sich auch einmal stark machen, Haltung beweisen und angesichts der neuen Datenlage bezüglich der Omikron-Variante und der Entscheidung des Bundestages zur allgemeinen Impfpflicht einräumen, dass es überhaupt nicht mehr verhältnismäßig und nicht mehr angemessen ist, an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht festzuhalten. Dazu möchte ich von Ihnen eine konkrete Aussage. - Danke.

(Zustimmung bei der AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Wir haben heute Gesundheitsministerkonferenz. Der von mir sehr geschätzte Kollege Holetschek hat dazu keinen Antrag in die Gesundheitsministerkonferenz eingebracht,

(Zuruf)

sondern es ist eine persönliche Auffassung. Er hat es nicht auf die Tagesordnung gebracht.

Herr Kollege Schulze hat vorhin so schön gesagt, wir brauchen auch in einer Gesundheitsministerkonferenz einen einstimmigen Beschluss. Ein solcher würde bereits an dem Gesundheitsminister Garg aus Schleswig-Holstein, den ich sehr schätze und der von der FDP ist, scheitern, weil er eine ganz andere Auffassung dazu hat, auch zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Deswegen bin ich der Auffassung, dass es im Augenblick fast alle Gesundheitsminister und  ministerinnen richtig finden, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht weiterhin umgesetzt wird.

Im Übrigen sind wir ebenfalls   dazu haben wir einen einstimmigen Beschluss gefasst   für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht   diese ist leider im Bundestag gescheitert  ; auch dieser Beschluss ist bisher nicht aufgehoben worden.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf: Aha!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine Menge weiterer Fragen. - Als nächster Redner spricht Herr Siegmund. Bitte.

(Daniel Roi, AfD, meldet sich zu Wort)

- Herr Roi hat eine Nachfrage. Bitte.


Daniel Roi (AfD):

Ja. - Ich habe gehört, was Sie jetzt gesagt haben. Mir ist bewusst, dass die Gesundheitsministerkonferenz einstimmige Beschlüsse fasst, warum auch immer das so ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir als Sachsen-Anhalt und Sie als Gesundheitsministerin, auch Sie als Koalition, eine Meinung haben können. Ich habe Sie konkret gefragt, was Sie dazu veranlasst, sich über die Fachexpertise der Deutschen Krankenhausgesellschaft hinwegzusetzen; denn diese hat jetzt konkret eine umfassende Stellungnahme abgegeben und ganz deutlich auf die aktuelle Situation im Personalbereich in den Kliniken hingewiesen. Können Sie dazu Stellung beziehen, ob Ihnen das egal ist?

Lassen Sie mir bitte noch eine Bemerkung zum Schluss. Sie haben gesagt: Weil es einstimmig sein muss, halten wir daran fest, auch wenn irgendein Minister etwas anderes fordert. - Trotzdem kann man eine eigene Meinung haben. Das ist das, was ich hier wissen will: Wie positionieren sich die Landesregierung und Sie als Ministerin aus Sachsen-Anhalt, wenn Sie in diese Ministerkonferenz gehen? Das ist doch die entscheidende Frage.

(Zustimmung bei der AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Roi, auf jeden Fall gehe ich in diese Konferenz nicht mit meiner persönlichen Auffassung, sondern mit der Auffassung der Landesregierung und der Bundesregierung. Auf Bundesebene sind Gesetze beschlossen worden, die nicht aufgehoben worden sind. Deswegen werde ich sie weiterhin umsetzen.

(Unruhe)

Das ist durch einstimmige Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz unterstützt worden, die das gesamte Land widerspiegeln. Daran habe ich nichts zu verändern. Meine persönliche Auffassung tut hierbei nichts zur Sache.

(Zustimmung bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Siegmund, bitte.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich möchte an das eben Gesagte anschließen. Sie haben gesagt, Sie gehen in die Ministerkonferenz mit der Haltung Sachsen-Anhalts, an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht festzuhalten. Wir haben heute auch in den Fragestellungen quellenbasiert erfahren, dass die Fachexpertise, also die Deutsche Krankenhausgesellschaft, gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist. Wir haben festgestellt, dass sich Menschen mit Impfstatus genauso infizieren und anstecken können.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜNEN)

Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, ein SPD-Mitglied, hat festgestellt, dass es keinerlei Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften im Verlauf der Erkrankung mehr gibt.

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Das heißt, alle fachlichen Argumente sprechen gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht.

(Zurufe)

Sie möchten daran festhalten. Ich frage Sie: Was bewegt Sie als Ministerium bzw. als Ministerin, daran festzuhalten?

(Zuruf von Andreas Silbersack, FDP - Unruhe)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Siegmund, mit Verlaub, Sie haben ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis.

(Beifall bei der SPD)

Ich als Ministerin bin nicht an die Auffassung eines Oberbürgermeisters gehalten, der meiner Meinung nach eine Einzelmeinung vertreten hat,

(Zuruf von Felix Zietmann, AfD)

die wir als Ministerium widerlegt haben, nämlich, dass es mit Blick auf den Verlauf egal ist, ob man geimpft oder ungeimpft ist. Wenn Sie insbesondere unsere Berichte vom Landesamt für Verbraucherschutz und die Stellungnahmen der Intensivmediziner sehen, dann erkennen Sie eine ganz andere Auffassung, auch der Krankenhausgesellschaft.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Auch in der Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft war der Fokus eher darauf gerichtet, dass im Augenblick sehr viel Personal wegen Quarantäne- und Isolationsanordnungen ausfällt. Der Fokus war darin also auf etwas ganz anderes gerichtet, nämlich auf die Verkürzung der Isolationszeit, damit sozusagen der Versorgungsbereich aufrechterhalten werden kann.

(Zuruf von der SPD)

Gesetze werden im Bundestag beschlossen oder eben auch geändert; das habe ich heute mehrfach gesagt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die sind auch umzusetzen!)

- Genau. Deswegen habe ich gesagt: Das ist ein Demokratieverständnis, das ich nicht so ganz nachvollziehen kann.

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Siegmund hat eine Nachfrage.


Ulrich Siegmund (AfD):

Ich habe keine Nachfrage zu dem Gesagten, sondern eine generelle Frage zu dem Thema.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Dann sind Sie jetzt nicht an der Reihe.


Ulrich Siegmund (AfD):

Gut, alles klar.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine Nachfrage hätte ich zugelassen. Aber für eine neue Frage müssen Sie sich anstellen. - Dann spricht nach dem normalen Verfahren jetzt Frau Sziborra-Seidlitz.

(Zuruf: Dann stellt er sich auch noch einmal an!)

- Alles klar. Ich nehme Sie hinten mit auf die Liste der Fragesteller, Herr Siegmund.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Eine Vorbemerkung ergänzend zu dem, was Frau Grimm-Benne gerade sagte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat jetzt ein Aussetzen der allgemeinen Impfpflicht nicht etwa aus fachlichen Überlegungen empfohlen, sondern deshalb, weil nach dem Aus der allgemeinen Impfpflicht, was im Übrigen von Ihnen mit befeuert worden ist,

(Lebhafter Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)

den Kolleginnen und Kollegen im Klinikum nicht mehr zuzumuten ist, dieser Impfpflicht zu unterliegen, wenn sie für den Rest der Bevölkerung nicht gelten soll. Fachlich hält auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft sie weiter für geboten; denn es geht um den Schutz von Vulnerablen.

Dazu jetzt meine Frage. Es geht vor allem in den Kliniken auch um den Schutz von Vorerkrankten.

(Zuruf von der AfD)

Die Kliniken haben außer der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eine Reihe anderer Schutzmaßnahmen ergriffen. Können Sie sagen, wie die Situation in Bezug auf Krankenstände, Erkrankungen und Infektionen ungefähr gerade aussieht, ob es diesbezüglich große Unterschiede gibt oder wie das allgemein aussieht, und wie viele Kliniken in Sachsen-Anhalt noch Schutzmaßnahmen wie Besuchsverbote und tägliche Tests auch für Geimpfte aufrechterhalten?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Das müsste ich noch einmal generell abfragen. Das ist bei uns im Land sehr unterschiedlich. Die Testpflicht halten im Augenblick alle Krankenhäuser aufrecht, weil es ganz wichtig ist, neben dem Geimpftenstatus täglich zu prüfen, ob Personen positiv sind oder nicht; das ist insbesondere für das Personal wichtig.

Zu den Ausfällen kann ich nur sagen: Langsam erholen sich die Krankenhäuser hinsichtlich ihrer Belegschaft. Wir haben es auch bei vielen anderen Gruppen festgestellt. Ende März und Anfang April, in diesen beiden Monaten war das Personal in großem Umfang häufig in Quarantäne.

Ich glaube, auch einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen haben mir dazu Anfragen gestellt. Daher möchte ich auf die schriftlichen Antworten verweisen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt weitere Fragen. - Herr Lizureck, bitte.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Mit einer Pressemitteilung vom 24. April dieses Jahres hat Biontech Zweifel an der Sicherheit der Impfung angemeldet und stellt sich nunmehr auf Schadenersatz und Langzeitfolgen ein. Meine Frage: Werden nun die Menschen, die zur Impfung gezwungen wurden und die dadurch Schäden erleiden mussten, entschädigt? Ist da etwas geplant? Ist schon ein entsprechender Fonds in Planung?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Bei nachgewiesenen Impfschäden war es schon immer so, dass die betroffenen Menschen Anspruch auf eine Entschädigung hatten.

(Beifall bei der SPD)

Das hat sich auch während der Coronazeit überhaupt nicht geändert.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Frau Ministerin, Sie haben sich zu Beginn der Regierungsbefragung auf die Frage meines Kollegen Siegmund, wie es mit der Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aussieht, außerstande gezeigt, diese Frage zu beantworten. Sie haben verwiesen auf die Beantwortung von Anfragen und auf Dinge, die nachzulesen sind, und haben gesagt, es sei nicht Sinn der Regierungsbefragung, solche Fragen zu beantworten. Jetzt frage ich Sie: Ist es Sinn der Regierungsbefragung, dass Mitglieder der CDU-Fraktion vorbereitete Fragen vorlesen und die Regierung reagiert, indem sie vorbereitete Antworten vorliest?

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der CDU, von der SPD und von den GRÜNEN))


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Tillschneider, dazu müssen Sie einfach die Zuständigkeiten beachten. Bei uns sind die Gesundheitsbehörden der Landkreise und der kreisfreien Städte beauftragt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen.

Wenn ich jetzt gefragt werde, wie viele Fälle es gibt oder wie der Umsetzungsstand ist, kann ich in einer aktuellen Regierungsbefragung, weil ich diese Frage nicht gekannt habe, nicht schon im vorauseilenden Gehorsam eine Abfrage bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten machen in dem Sinne, wie viele Fälle sie haben, wie sie umgesetzt werden bzw. wie viele schon ein Betretungsverbot haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Das wäre möglicherweise eine Frage, die Sie in den jeweiligen Kreistagen oder Stadtparlamenten stellen könnten.

(Hannes Loth, AfD: Nicht zuständig! - Dr. Katja Pähle, SPD: Doch, schon! - Ministerin Dr. Lydia Hüskens: Aber hallo!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Ich will das nicht kommentieren. - Herr Loth stellt die nächste Frage.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, mit dem Aufforderungsschreiben nach § 20a Abs. 5 des Infektionsschutzgesetzes

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- ich wollte es nur richtig zitieren, Herr Bommersbach, nicht, dass ich noch Fake News verbreite, wie Ihre Fraktion das regelmäßig tut -

(Frank Bommersbach, CDU: Aber anderen das vorwerfen und selbst nur ablesen!)

wird dazu aufgefordert, dem Gesundheitsamt einen Nachweis vorzulegen. Es gibt drei Antwortmöglichkeiten: „Ich bin geimpft“, „Ich bin genesen“ und „Ich habe vor, mich impfen zu lassen“. Im Kreistag Anhalt-Bitterfeld habe ich nachgefragt, wieso dort die vierte Möglichkeit „Ich bin nicht geimpft“ fehlt. Dazu wurde mir gesagt: Das ist ein Standardschreiben, das vom Land entwickelt wurde. Wieso fehlt dort die vierte Möglichkeit, anzugeben, dass man einfach nicht geimpft ist?

(Zuruf von Ministerin Dr. Lydia Hüskens)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Weil nur die Personen, die nicht geimpft sind, gemeldet werden. Es gibt hier nur die Möglichkeit, zu sagen: Ich habe vor, mich impfen zu lassen. Ich bin sozusagen in dem Verfahren drin, um nicht irgendwann ein Betretungsverbot oder ein Arbeitsverbot zu erhalten.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von den GRÜNEN)

Deswegen weiß ich nicht, warum man als vierte Möglichkeit „Ich bin nicht geimpft“ vorsehen soll. Wenn Sie geimpft wären, würden Sie nicht gemeldet werden.

(Lachen und Beifall bei der SPD)


Hannes Loth (AfD):

Frau Ministerin, Sie haben das    


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Darf ich noch etwas fragen?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ja.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Roi, haben Sie gesagt, dass ich als Gesundheitsministerin ein „Totalausfall“ bin?

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)

Denn dann würde ich das dem Präsidenten gern mitteilen.

(Daniel Roi, AfD: Wann soll ich das gesagt haben?)

- Gerade zu Ihrem Nachbarn?

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

- Okay, dann habe ich mich verhört.

(Daniel Roi, AfD: Das ist zwar so, aber ich habe es nicht gesagt! - Oh! bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Bommersbach, CDU: Das geht ja nun gar nicht! - Weitere Zurufe - Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Gut. - Herr Loth, Sie haben eine Nachfrage?

(Unruhe)


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, dieses Anschreiben wird an viele versendet.

(Unruhe)

Einige davon wurden auch nicht gemeldet.

(Unruhe - Zuruf von Frank Otto Lizureck, AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich verstehe Sie nicht.

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich bitte um Konzentration.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist unverschämt! Wie pubertierende kleine Kinder!)


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, im Gegensatz zu Ihrer Aussage eben bekamen das Schreiben auch Menschen, die von den Arbeitgebern nicht gemeldet wurden.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Jetzt ist es so: Wir haben ein zweistufiges Anhörungsverfahren. Das wird erst eröffnet, wenn sich die Leute gemeldet haben. Die Leute wissen an der Stelle nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie nicht geimpft sind und es auch erst einmal nicht vorhaben, sich impfen zu lassen.

Sie haben einen Fragebogen entwickelt, der die vierte Möglichkeit einer Antwort einfach nicht in Erwägung zieht und die Menschen stark verunsichert.

(Zuruf: Ach!)

Ich bitte Sie, diesen Fragebogen zu korrigieren, damit die Menschen nicht mehr so in die Nadel gedrängt werden, wie Sie das mit diesem Schreiben tun.

(Zuruf - Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Ich möchte wirklich noch einmal um Konzentration und um ein ordentliches Miteinander in der Debatte bitten. Dass man unterschiedliche Auffassungen haben kann, ist selbstverständlich. Aber die Frage der Kompetenzen sollte man an der Stelle wirklich genau überdenken, auch wenn es dazu keine Aussagen gab. Ich möchte darauf hinweisen, an der Stelle wirklich sauber und fair miteinander umzugehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Siegmund. Sie sind jetzt an der Reihe. Sie haben sich ordentlich angestellt und erhalten jetzt die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe meine Eingangsfrage so formuliert, dass wir jetzt nach einem Monat Maßnahmenfreiheit mehr oder weniger ganz andere Schlussfolgerungen ziehen können und endlich Fakten auf den Tisch liegen.

Die Landesregierung in Ihrer Person und insbesondere in Person von Ministerpräsident Haseloff hat davon gelebt, dass sie den Menschen zwei Jahre lang Angst gemacht hat. Wenn wir die Maßnahmen während einer hohen Ansteckungszahl aufheben, wird es ein exponentielles Wachstum geben und die Zahl wird explodieren.

Jetzt ist genau dies passiert. Die Maßnahmen wurden beendet und genau das Gegenteil von dem, was Sie den Menschen prophezeit haben, ist eingetroffen. Die Zahlen haben sich mehr als halbiert, sind mit dem Wegfall der Maßnahmen zusammengebrochen. Das beweist im Prinzip nicht nur, dass die Maßnahmen vollkommen unnötig waren, sondern dass sie dazu beigetragen haben, dass die Zahlen künstlich oben blieben.

Ich frage Sie daher: Werden Sie ausschließen, dass wir zukünftig wieder derartige Maßnahmen zwangsweise den Bürgern verhängen werden? Werden Sie die offenbar vollkommen unnötig verhängten Maßnahmen rückwirkend auch einmal reflektieren und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen?

(Zurufe von der AfD - Unruhe)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Landesebene, ist, ich glaube, auch gemeinsam mit den Regierungsfraktionen, geplant, zu gucken, welchen Maßnahmen sich bewährt haben und welche Maßnahmen man wieder ergreifen sollte, wenn es im Herbst eine neue Welle geben wird. Auch auf der Bundesebene guckt man sich genau an, welche Maßnahmen Wirkung gezeigt haben.

Ich will aber hinsichtlich der Eindämmungsmaßnahmen davon sprechen, dass wir es geschafft haben. Wir können es jetzt sogar mithilfe unseres Landesamtes für Verbraucherschutz nachweisen, das jede Welle beobachtet hat und genau sehen konnte, dass wir durch Kontaktreduzierungen jedes Mal die Wellen brechen konnten, sodass sie nicht so hoch anstiegen. Das kann man auch auf der Bundesebene verfolgen. Alle Maßnahmen, die wir hier ergriffen haben, waren auch notwendig.

Natürlich muss man sich angucken, ob die Maßnahmen   das habe ich im Parlament schon eingeräumt  , die wir ganz am Anfang ergriffen haben, als wir Kinderspielplätze gesperrt haben etc., sinnvoll waren. Das waren sicherlich Maßnahmen, die wir aus großer Sorge eingeleitet haben, weil wir den Virus damals noch nicht gekannt haben. Solche Maßnahmen würden wir heute nicht mehr ergreifen. Durch die Eindämmungsmaßnahmen, die wir in den Jahren danach durchgeführt haben, haben wir gezeigt, dass wir an dieser Stelle lernfähig sind.

(Zustimmung bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Siegmund. Das ist seine letzte.


Ulrich Siegmund (AfD):

Frau Ministerin, ich weise darauf hin, dass die Realität aber eine andere Sprache spricht. Mit dem Wegfall der Maßnahmen haben sich die Fallzahlen halbiert und auch die Belegung in den Krankenhäusern ist massiv zurückgegangen.

Sie sagen, Sie möchten, wenn das irgendwann wieder einmal nötig wird, evaluieren, welche Maßnahme was gebracht hat und bestimmte Maßnahmen wieder einführen. Ich möchte Folgendes von Ihnen wissen: Woran machen Sie konkret fest, welche Maßnahme etwas bringt, wenn die Realität im Moment eine komplett andere Sprache spricht? Woran genau machen Sie das fest?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Erst einmal kann man sich darüber unterhalten, dass Sie möglicherweise eine andere Realität wahrnehmen als ich.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Man kann schauen, wie man die Realitäten darstellt. Ich möchte etwas deutlich machen: Sie sagten, die Zahlen brächen zusammen; sie seien halbiert. Das ist im Grunde genommen nicht richtig, weil die Zahlen und Inzidenzen im Augenblick so hoch sind, dass gar nicht mehr alle Daten eingepflegt werden können.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir zukünftig unsere Gesundheitsbehörden digital so ertüchtigen, dass diese Meldedaten nicht händisch eingepflegt werden müssen, sondern durch ein bestimmtes System eingepflegt werden und dass die Schnittstellen bis hin zum Robert-Koch-Institut funktionieren. Dadurch können wir eine große Entlastung erreichen.

Daraus haben wir schon erheblich gelernt und wir werden diesen Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst weiterhin forcieren und mit Personal untersetzen, damit das entsprechend funktioniert. Das ist eine Realität, bei der wir gemerkt haben, dass wir schneller werden müssen und einfach melden müssen, damit man das nutzen kann.

Das gilt übrigens auch hinsichtlich der Intensivpatienten. Wir waren immer getragen davon   das ist die Realität  , dass unser Gesundheitssystem nicht zusammenbrechen darf und dass wir jedem Menschen, der eine medizinische Versorgung benötigt, diese gewährleisten können. Davon sind wir nach wie vor getragen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, es gibt eine weitere Frage. - Herr Roi.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich weiß nicht, ob das in der Zuständigkeit der Ministerin liegt. Es geht um die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Dazu sind die Kreistage angesprochen worden. In verschiedenen Landkreisen gab es aus den Reihen der Bürger sogenannte Einwohneranträge.

Aufgrund der Berichterstattung durch das Schreiben des Landesverwaltungsamtes und die verschiedenen praktischen Auslegungen vor Ort habe ich eine konkrete Frage. Kann mir jemand aus der Landesregierung erklären, warum diese Einwohneranträge zum Ermessensspielraum der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in dem einen Kreis auf die Tagesordnung genommen wurden und die Einreicher dazu sprechen konnten, z. B. in Anhalt-Bitterfeld, warum sie jedoch in anderen Kreistagen nicht auf die Tagesordnung genommen wurden bzw. zwar auf die Tagesordnung genommen wurden, aber keine Aussprache dazu stattgefunden hat.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Kommunale Selbstverwaltung!)

Es gibt ein Kommunalverfassungsgesetz. Nach meinem Rechtsverständnis gilt das für alle Landkreise. Warum wird an dieser Stelle so unterschiedlich vorgegangen und warum greift die Landesregierung nicht ein? - Das ist meine Frage.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

In diesem Fall würde ich gern an meine Kollegin Frau Zieschang weitergeben.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Okay. - Wir wechseln, da die Frage durch ein anderes Ministerium beantwortet wird. - Frau Zieschang ist schon auf dem Weg. - Lassen Sie mich, bevor Sie antworten, die Möglichkeit nutzen   wir schauen auf die Tribüne und freuen uns, wieder Gäste zu haben  , Schülerinnen und Schüler der Ganztags- und Gemeinschaftsschule Wanzleben, geführt von Frau Matthies, zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Schön, dass Sie bei uns zu Gast sind. Sie haben gerade die Möglichkeit, den letzten vier Minuten der Regierungsbefragung beizuwohnen. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herzlichen Dank. - Ich würde zunächst typisch juristisch darauf antworten. Es ist immer eine Betrachtung des Einzelfalls, also kommt es darauf an, worauf der Einwohnerantrag im Einzelnen abzielt.

Ich erinnere mich an einzelne Einwohneranträge, die am Ende allein und ausschließlich bundesrechtliche Fragestellungen zum Thema hatten. Demzufolge ist es eine Angelegenheit, mit der sich ein Stadtrat, eine Gemeinderat, ein Kreistag nicht beschäftigen muss. Insofern müsste man sich im Einzelfall ansehen, wie die einzelnen Einwohneranträge ausgestaltet waren. Es hat einen Erlass des Landesverwaltungsamtes gegeben, in dem Hilfestellungen für die Kreistage gegeben worden sind, wie sie die jeweiligen Einwohneranträge auswerten, bewerten und dann zu Schlussfolgerungen für den jeweiligen Kreistag kommen können.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Sie haben eine Frage?   Bitte.


Daniel Roi (AfD):

Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass es sich in der Altmark, also in den Landkreisen Salzwedel und Stendal, um die gleichen Einwohneranträge gehandelt hat wie im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, wo die Einreicher zu Wort kamen. Deswegen habe ich darauf verwiesen, dass es in unserem Bundesland leider sehr unterschiedlich ausgelegt wurde.

Ich habe eine konkrete Frage. In dem Einwohnerantrag gab es einen Punkt 2, in dem es um eine Resolution zur allgemeinen Impfpflicht ging. Diese ist zwischenzeitlich vom Tisch, aber man wollte, dass sich der Kreistag dazu positioniert. Das Landesverwaltungsamt und die Kreisrechtsämter haben ausgeführt, dass es dem Kreistag nicht zustehe, sich zu Themen, für die er nicht zuständig sei, zu äußern.

Jetzt will ich Sie fragen: Warum ist es möglich, sich im Kreistag Anhalt-Bitterfeld zum Thema Wolf zu äußern, für den der Kreistag auch nicht zuständig ist? In den letzten elf Jahren hat sich der Landkreis Anhalt-Bitterfeld in acht Resolutionen zu verschiedenen Dingen, für die der Kreistag nicht zuständig war, z. B. Landgestüt Prußendorf, Landesschulplanung, die Deponie Roitzsch   der Wolf ist schon genannt worden  , positionieren dürfen und können. Der Stadtrat Bitterfeld-Wolfen hat sich zur 2-G-Regelung in einer Resolution positioniert. Dort war es möglich. Wenn es um die Impfpflicht geht, dann legen Sie die Gesetze so aus, dass sie gar nicht erst auf die Tagesordnung kommt und darüber keine Debatte stattfindet. Das müssen Sie mir und den Bürger bitte mal erklären. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Zunächst einmal gilt auch in Sachsen-Anhalt, dass die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut ist, und zwar nicht nur ein hohes Gut, sondern ein verfassungsrechtlich garantiertes Gut. Insofern sind Kreistage, in dem was sie tun, weitgehend frei. Erlasse des Landesverwaltungsamtes geben häufig einen Rahmen vor, an dem sich ein Kreistag orientieren kann, aber er muss am Ende seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Ich habe den Einwohnerantrag   ich habe damals einen gesehen   nicht mehr im Einzelnen vor Augen, aber es ist natürlich ein Unterschied, ob ich mich auch allgemein zu bundespolitischen Fragen äußere   der Kreistag muss darüber debattieren, ob er so etwas auf die Tagesordnung setzen will oder nicht  , oder ob es um die Ausführung von Bundesrecht geht. Denn an die Ausführung von Bundesrecht ist ein Land aufgrund der Normhierarchie, die wir haben, genauso gebunden wie eine Kommune.

Insofern bitte ich darum, zu differenzieren   ich müsste mir den Einwohnerantrag im Einzelnen ansehen  , worum ging es: Ging es um die Umsetzung von Bundesrecht oder um allgemeine bundespolitische Diskussionen, bei der sich jeder Kreistag, weil er am Ende keine Einflussmöglichkeit hat, fragen muss, ob er es auf die Tagesordnung nimmt oder nicht.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in unserem Fragekomplex mit den Erfahrungen, die wir nach einem Monat sammeln konnten, da seit Anfang April nahezu alle Coronaeinschränkungsmaßnahmen abgeschafft sind.

Es liegen inzwischen sehr viele Zahlen vor. Es liegen auch immer mehr Informationen über Impfnebenwirkungen und -durchbrüche vor, über die auch in den öffentlichen Medien immer mehr diskutiert wird. Beispielsweise gab es beim MDR kürzlich einen Bericht, in dem die Odyssee einer 15-Jährigen skizziert wurde, die seit der Doppelimpfung mit Biontech an einen Rollstuhl gefesselt ist und die Pflegestufe III hat, deren Eltern von vielen Ärzten bis heute nicht ernst genommen werden. Es liegen also immer mehr Informationen vor, aber trotzdem setzt die Bundesregierung im Infektionsschutzgesetz weiter auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Wir möchten von der Landesregierung wissen, wie der aktuelle Umsetzungsstand hinsichtlich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist. Wie viele Betretungsverbote wurden ausgesprochen? Wie ist die aktuelle Lage? Setzt die Landesregierung in Anbetracht der immer bekannter werdenden Nebenwirkungen weiterhin auf eine stillschweigende Umsetzung dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht oder interveniert sie in Richtung Bundesebene? - Vielen Dank.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Für die Landesregierung gebe ich Frau Grimm-Benne das Wort. - Bitte.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich will auf die, ich glaube, zwei Themenkomplexe, die Herr Siegmund dargestellt hat, eingehen und hinsichtlich der Folgen von Impfungen darauf hinweisen, dass ich das hier im Rahmen der Regierungsbefragung nicht präzise beantworten kann. Sie haben dazu viele Anfragen gestellt, die wir auch schon schriftlich beantwortet haben. Darauf würde ich hier verweisen. Ansonsten müsste ich diese Fragen hier noch einmal beantworten. Das ist, glaube ich, nicht Sinn der Regierungsbefragung.

(Unruhe)

Zu dem zweiten Themenkomplex ist zu sagen, dass wir hinsichtlich der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Zeitplan sind. Ich hatte gestern die Möglichkeit, mit Herrn Theel vom Landkreistag zu sprechen. Sie wissen, dass das Betretungsverbot erst am Ende eines Prozesses steht, in dem vorher Anhörungen stattfinden, und Bescheide voraussetzt. Ich müsste hinsichtlich des Umsetzungsprozesses eine Abfrage bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten durchführen. Mir ist aber mitgeteilt worden, dass man es umsetzt und insbesondere bei den Unternehmen nachfragt, die bisher nicht gemeldet haben, sodass auch das gegeben ist.

Sie wissen auch, dass ich die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz bin. Es ist auch heute Nachmittag kein Thema, dass wir als Vorsitzland intervenieren, dass wir diese einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht umsetzen. Das Gesetz ist nach wie vor bis zum Ende des Jahres gültig.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Lieschke.


Matthias Lieschke (AfD):

Werte Frau Minister, grundlegend: Wir haben in unserem Landkreis Wittenberg einen Amtsarzt, der z. B. sagt, sie sammeln aktuell Daten, um zu prüfen, wer geimpft und wer nicht geimpft ist. Laut einem Zeitungsbericht sagt er aber auch, dass er den Entzug der Arbeitserlaubnis im Moment nicht durchsetzen möchte. Er ist der Meinung, man kann bei täglichem Testen weiterarbeiten, auch wenn man ungeimpft ist.

Fällt das in seinen Zuständigkeitsbereich? Darf er das machen? Oder ist es dem Gesetz nach wirklich so: Wer nicht geimpft ist, der darf ab dem Moment nicht mehr arbeiten, ab dem die entsprechenden Daten dem Gesundheitsamt vorliegen?

Wie gesagt: Der Chef des Gesundheitsamtes sagt: Wir können auch täglich testen; das ist genauso gut. Ist das erlaubt oder nicht? Das wurde uns im Kreistag in Wittenberg so erklärt.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Als wir die einrichtungsbezogene Impflicht in unserem Land umgesetzt haben, haben Sie darum gebeten, die Verordnung des Landes zu bekommen, welche die Regeln enthält, nach denen sich die Gesundheitsämter zu verhalten haben. Das ist Ihnen allen zur Kenntnis gegeben worden. Daher können Sie sich die Frage eigentlich selbst beantworten.

Wenn es aus Versorgungsgründen wichtig ist, besteht die Möglichkeit, auch ungeimpft weiter zu arbeiten. Es muss dann allerdings dargestellt werden, dass sonst die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist, und es müssen sowohl durch Tests als auch durch Schutzkleidung Maßnahmen ergriffen werden. Der Arbeitgeber muss die betreffenden Personen so einsetzen, dass durch sie keine ihr anvertrauten Personen gefährdet werden. Das liegt im Entscheidungsbereich der Gesundheitsbehörde und ist nach pflichtgemäßen Ermessen möglich. Aber das geht nicht pauschal und nicht durchgängig.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine Nachfrage?


Matthias Lieschke (AfD):

Ja, genau, eine Nachfrage. - Liegt die Entscheidung, täglich zu testen, um eine Überlastung zu verhindern, im übertragenen Wirkungskreis oder im eigenen Wirkungskreis des Landkreises? Eine Antwort darauf wäre interessant.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Im übertragenen Wirkungskreis gilt es, sich in erster Linie an das Bundesinfektionsschutzgesetz zu halten. Hinsichtlich der Umsetzung ist auf der Grundlage der Verordnung, die wir erlassen haben   man muss diese nach pflichtgemäßen Ermessen einhalten  , jedes Mal eine abgewogene Einzelentscheidung zu treffen und nicht pauschal.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Es gibt eine weitere Frage. - Herr Kirchner, bitte.


Oliver Kirchner (AfD):

Frau Ministerin, ich habe eine Frage zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Wir sind uns darin einig, dass wir Risikogruppen schützen wollen. Diese einrichtungsbezogene Impflicht   so habe ich es zumindest verstanden   wurde eingeführt, um die Risikogruppen in den Krankenhäusern und in den Pflegeeinrichtungen zu schützen.

Meine Frage ist: Wenn ein geimpfter Pfleger diesen Virus übertragen und sich   wie ein Ungeimpfter auch   selbst damit anstecken kann, weshalb soll sich dann der Ungeimpfte impfen lassen? Das ist eine ganz einfache Frage.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Weil die Verläufe bei Geimpften viel gemäßigter sind

(Zuruf von der AfD: Eben nicht!)

und das Risiko, zu versterben, gering ist. Das haben wir bereits mehrfach dargestellt. Das habe ich bereits mehrfach im Plenum beantwortet.

(Zustimmung bei der SPD und von Guido Kosmehl, FDP - Zuruf von der AfD: Nein)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Die nächste Frage hat Herr Roi.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Meine Frage knüpft nahtlos an das von Ihnen zuletzt Gesagte an, Frau Ministerin. Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg Herr Lutz Trümper hat auf einer neuerlichen Pressekonferenz vor ein paar Tagen zum Coronavirus und zur einrichtungsbezogenen Impflicht Stellung bezogen. Er verwies darauf, dass das Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalts seit Ende März nicht mehr alle Daten dazu veröffentlicht, wer von den zweifach Geimpften und Geboosterten auf der ITS liegt.

Er hat auf der Pressekonferenz die zuletzt veröffentlichten Daten an die Wand geworfen und kam anhand der Daten, die das Gesundheitsministerium herausgibt, zu der Aussage, dass es bei der derzeit dominanten Omikron-Variante überhaupt keine Rolle spielt, ob jemand geimpft oder nicht geimpft ist. Das, was der Oberbürgermeister Ihrer Partei in Magdeburg gesagt hat, wollte ich nur einmal voranstellen.

Nun ist es so: Es gibt Gesundheitsminister, die fordern   ich glaube, unter anderem der bayerische  , dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen ist. Erst recht nach der Entscheidung des Deutschen Bundestages, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben wird.

Dem Deutschen Bundestag liegt eine Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft vor. Die Kliniken in Deutschland fordern die sofortige Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für das Klinikpersonal.

Meine erste Frage ist: Was veranlasst Sie dazu, sich über diese Fachexpertise hinwegzusetzen? Vielleicht können Sie uns Ihre Haltung darlegen, warum Sie noch immer daran festhalten. Sie als Gesundheitsministerin könnten sich auch einmal stark machen, Haltung beweisen und angesichts der neuen Datenlage bezüglich der Omikron-Variante und der Entscheidung des Bundestages zur allgemeinen Impfpflicht einräumen, dass es überhaupt nicht mehr verhältnismäßig und nicht mehr angemessen ist, an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht festzuhalten. Dazu möchte ich von Ihnen eine konkrete Aussage. - Danke.

(Zustimmung bei der AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Wir haben heute Gesundheitsministerkonferenz. Der von mir sehr geschätzte Kollege Holetschek hat dazu keinen Antrag in die Gesundheitsministerkonferenz eingebracht,

(Zuruf)

sondern es ist eine persönliche Auffassung. Er hat es nicht auf die Tagesordnung gebracht.

Herr Kollege Schulze hat vorhin so schön gesagt, wir brauchen auch in einer Gesundheitsministerkonferenz einen einstimmigen Beschluss. Ein solcher würde bereits an dem Gesundheitsminister Garg aus Schleswig-Holstein, den ich sehr schätze und der von der FDP ist, scheitern, weil er eine ganz andere Auffassung dazu hat, auch zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Deswegen bin ich der Auffassung, dass es im Augenblick fast alle Gesundheitsminister und  ministerinnen richtig finden, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht weiterhin umgesetzt wird.

Im Übrigen sind wir ebenfalls   dazu haben wir einen einstimmigen Beschluss gefasst   für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht   diese ist leider im Bundestag gescheitert  ; auch dieser Beschluss ist bisher nicht aufgehoben worden.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf: Aha!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine Menge weiterer Fragen. - Als nächster Redner spricht Herr Siegmund. Bitte.

(Daniel Roi, AfD, meldet sich zu Wort)

- Herr Roi hat eine Nachfrage. Bitte.


Daniel Roi (AfD):

Ja. - Ich habe gehört, was Sie jetzt gesagt haben. Mir ist bewusst, dass die Gesundheitsministerkonferenz einstimmige Beschlüsse fasst, warum auch immer das so ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir als Sachsen-Anhalt und Sie als Gesundheitsministerin, auch Sie als Koalition, eine Meinung haben können. Ich habe Sie konkret gefragt, was Sie dazu veranlasst, sich über die Fachexpertise der Deutschen Krankenhausgesellschaft hinwegzusetzen; denn diese hat jetzt konkret eine umfassende Stellungnahme abgegeben und ganz deutlich auf die aktuelle Situation im Personalbereich in den Kliniken hingewiesen. Können Sie dazu Stellung beziehen, ob Ihnen das egal ist?

Lassen Sie mir bitte noch eine Bemerkung zum Schluss. Sie haben gesagt: Weil es einstimmig sein muss, halten wir daran fest, auch wenn irgendein Minister etwas anderes fordert. - Trotzdem kann man eine eigene Meinung haben. Das ist das, was ich hier wissen will: Wie positionieren sich die Landesregierung und Sie als Ministerin aus Sachsen-Anhalt, wenn Sie in diese Ministerkonferenz gehen? Das ist doch die entscheidende Frage.

(Zustimmung bei der AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Roi, auf jeden Fall gehe ich in diese Konferenz nicht mit meiner persönlichen Auffassung, sondern mit der Auffassung der Landesregierung und der Bundesregierung. Auf Bundesebene sind Gesetze beschlossen worden, die nicht aufgehoben worden sind. Deswegen werde ich sie weiterhin umsetzen.

(Unruhe)

Das ist durch einstimmige Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz unterstützt worden, die das gesamte Land widerspiegeln. Daran habe ich nichts zu verändern. Meine persönliche Auffassung tut hierbei nichts zur Sache.

(Zustimmung bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Siegmund, bitte.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich möchte an das eben Gesagte anschließen. Sie haben gesagt, Sie gehen in die Ministerkonferenz mit der Haltung Sachsen-Anhalts, an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht festzuhalten. Wir haben heute auch in den Fragestellungen quellenbasiert erfahren, dass die Fachexpertise, also die Deutsche Krankenhausgesellschaft, gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist. Wir haben festgestellt, dass sich Menschen mit Impfstatus genauso infizieren und anstecken können.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜNEN)

Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, ein SPD-Mitglied, hat festgestellt, dass es keinerlei Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften im Verlauf der Erkrankung mehr gibt.

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Das heißt, alle fachlichen Argumente sprechen gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht.

(Zurufe)

Sie möchten daran festhalten. Ich frage Sie: Was bewegt Sie als Ministerium bzw. als Ministerin, daran festzuhalten?

(Zuruf von Andreas Silbersack, FDP - Unruhe)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Siegmund, mit Verlaub, Sie haben ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis.

(Beifall bei der SPD)

Ich als Ministerin bin nicht an die Auffassung eines Oberbürgermeisters gehalten, der meiner Meinung nach eine Einzelmeinung vertreten hat,

(Zuruf von Felix Zietmann, AfD)

die wir als Ministerium widerlegt haben, nämlich, dass es mit Blick auf den Verlauf egal ist, ob man geimpft oder ungeimpft ist. Wenn Sie insbesondere unsere Berichte vom Landesamt für Verbraucherschutz und die Stellungnahmen der Intensivmediziner sehen, dann erkennen Sie eine ganz andere Auffassung, auch der Krankenhausgesellschaft.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Auch in der Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft war der Fokus eher darauf gerichtet, dass im Augenblick sehr viel Personal wegen Quarantäne- und Isolationsanordnungen ausfällt. Der Fokus war darin also auf etwas ganz anderes gerichtet, nämlich auf die Verkürzung der Isolationszeit, damit sozusagen der Versorgungsbereich aufrechterhalten werden kann.

(Zuruf von der SPD)

Gesetze werden im Bundestag beschlossen oder eben auch geändert; das habe ich heute mehrfach gesagt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die sind auch umzusetzen!)

- Genau. Deswegen habe ich gesagt: Das ist ein Demokratieverständnis, das ich nicht so ganz nachvollziehen kann.

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Siegmund hat eine Nachfrage.


Ulrich Siegmund (AfD):

Ich habe keine Nachfrage zu dem Gesagten, sondern eine generelle Frage zu dem Thema.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Dann sind Sie jetzt nicht an der Reihe.


Ulrich Siegmund (AfD):

Gut, alles klar.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine Nachfrage hätte ich zugelassen. Aber für eine neue Frage müssen Sie sich anstellen. - Dann spricht nach dem normalen Verfahren jetzt Frau Sziborra-Seidlitz.

(Zuruf: Dann stellt er sich auch noch einmal an!)

- Alles klar. Ich nehme Sie hinten mit auf die Liste der Fragesteller, Herr Siegmund.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Eine Vorbemerkung ergänzend zu dem, was Frau Grimm-Benne gerade sagte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat jetzt ein Aussetzen der allgemeinen Impfpflicht nicht etwa aus fachlichen Überlegungen empfohlen, sondern deshalb, weil nach dem Aus der allgemeinen Impfpflicht, was im Übrigen von Ihnen mit befeuert worden ist,

(Lebhafter Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)

den Kolleginnen und Kollegen im Klinikum nicht mehr zuzumuten ist, dieser Impfpflicht zu unterliegen, wenn sie für den Rest der Bevölkerung nicht gelten soll. Fachlich hält auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft sie weiter für geboten; denn es geht um den Schutz von Vulnerablen.

Dazu jetzt meine Frage. Es geht vor allem in den Kliniken auch um den Schutz von Vorerkrankten.

(Zuruf von der AfD)

Die Kliniken haben außer der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eine Reihe anderer Schutzmaßnahmen ergriffen. Können Sie sagen, wie die Situation in Bezug auf Krankenstände, Erkrankungen und Infektionen ungefähr gerade aussieht, ob es diesbezüglich große Unterschiede gibt oder wie das allgemein aussieht, und wie viele Kliniken in Sachsen-Anhalt noch Schutzmaßnahmen wie Besuchsverbote und tägliche Tests auch für Geimpfte aufrechterhalten?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Das müsste ich noch einmal generell abfragen. Das ist bei uns im Land sehr unterschiedlich. Die Testpflicht halten im Augenblick alle Krankenhäuser aufrecht, weil es ganz wichtig ist, neben dem Geimpftenstatus täglich zu prüfen, ob Personen positiv sind oder nicht; das ist insbesondere für das Personal wichtig.

Zu den Ausfällen kann ich nur sagen: Langsam erholen sich die Krankenhäuser hinsichtlich ihrer Belegschaft. Wir haben es auch bei vielen anderen Gruppen festgestellt. Ende März und Anfang April, in diesen beiden Monaten war das Personal in großem Umfang häufig in Quarantäne.

Ich glaube, auch einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen haben mir dazu Anfragen gestellt. Daher möchte ich auf die schriftlichen Antworten verweisen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt weitere Fragen. - Herr Lizureck, bitte.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Mit einer Pressemitteilung vom 24. April dieses Jahres hat Biontech Zweifel an der Sicherheit der Impfung angemeldet und stellt sich nunmehr auf Schadenersatz und Langzeitfolgen ein. Meine Frage: Werden nun die Menschen, die zur Impfung gezwungen wurden und die dadurch Schäden erleiden mussten, entschädigt? Ist da etwas geplant? Ist schon ein entsprechender Fonds in Planung?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Bei nachgewiesenen Impfschäden war es schon immer so, dass die betroffenen Menschen Anspruch auf eine Entschädigung hatten.

(Beifall bei der SPD)

Das hat sich auch während der Coronazeit überhaupt nicht geändert.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Frau Ministerin, Sie haben sich zu Beginn der Regierungsbefragung auf die Frage meines Kollegen Siegmund, wie es mit der Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aussieht, außerstande gezeigt, diese Frage zu beantworten. Sie haben verwiesen auf die Beantwortung von Anfragen und auf Dinge, die nachzulesen sind, und haben gesagt, es sei nicht Sinn der Regierungsbefragung, solche Fragen zu beantworten. Jetzt frage ich Sie: Ist es Sinn der Regierungsbefragung, dass Mitglieder der CDU-Fraktion vorbereitete Fragen vorlesen und die Regierung reagiert, indem sie vorbereitete Antworten vorliest?

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der CDU, von der SPD und von den GRÜNEN))


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Tillschneider, dazu müssen Sie einfach die Zuständigkeiten beachten. Bei uns sind die Gesundheitsbehörden der Landkreise und der kreisfreien Städte beauftragt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen.

Wenn ich jetzt gefragt werde, wie viele Fälle es gibt oder wie der Umsetzungsstand ist, kann ich in einer aktuellen Regierungsbefragung, weil ich diese Frage nicht gekannt habe, nicht schon im vorauseilenden Gehorsam eine Abfrage bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten machen in dem Sinne, wie viele Fälle sie haben, wie sie umgesetzt werden bzw. wie viele schon ein Betretungsverbot haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Das wäre möglicherweise eine Frage, die Sie in den jeweiligen Kreistagen oder Stadtparlamenten stellen könnten.

(Hannes Loth, AfD: Nicht zuständig! - Dr. Katja Pähle, SPD: Doch, schon! - Ministerin Dr. Lydia Hüskens: Aber hallo!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Ich will das nicht kommentieren. - Herr Loth stellt die nächste Frage.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, mit dem Aufforderungsschreiben nach § 20a Abs. 5 des Infektionsschutzgesetzes

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- ich wollte es nur richtig zitieren, Herr Bommersbach, nicht, dass ich noch Fake News verbreite, wie Ihre Fraktion das regelmäßig tut -

(Frank Bommersbach, CDU: Aber anderen das vorwerfen und selbst nur ablesen!)

wird dazu aufgefordert, dem Gesundheitsamt einen Nachweis vorzulegen. Es gibt drei Antwortmöglichkeiten: „Ich bin geimpft“, „Ich bin genesen“ und „Ich habe vor, mich impfen zu lassen“. Im Kreistag Anhalt-Bitterfeld habe ich nachgefragt, wieso dort die vierte Möglichkeit „Ich bin nicht geimpft“ fehlt. Dazu wurde mir gesagt: Das ist ein Standardschreiben, das vom Land entwickelt wurde. Wieso fehlt dort die vierte Möglichkeit, anzugeben, dass man einfach nicht geimpft ist?

(Zuruf von Ministerin Dr. Lydia Hüskens)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Weil nur die Personen, die nicht geimpft sind, gemeldet werden. Es gibt hier nur die Möglichkeit, zu sagen: Ich habe vor, mich impfen zu lassen. Ich bin sozusagen in dem Verfahren drin, um nicht irgendwann ein Betretungsverbot oder ein Arbeitsverbot zu erhalten.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von den GRÜNEN)

Deswegen weiß ich nicht, warum man als vierte Möglichkeit „Ich bin nicht geimpft“ vorsehen soll. Wenn Sie geimpft wären, würden Sie nicht gemeldet werden.

(Lachen und Beifall bei der SPD)


Hannes Loth (AfD):

Frau Ministerin, Sie haben das    


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Darf ich noch etwas fragen?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ja.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Roi, haben Sie gesagt, dass ich als Gesundheitsministerin ein „Totalausfall“ bin?

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)

Denn dann würde ich das dem Präsidenten gern mitteilen.

(Daniel Roi, AfD: Wann soll ich das gesagt haben?)

- Gerade zu Ihrem Nachbarn?

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

- Okay, dann habe ich mich verhört.

(Daniel Roi, AfD: Das ist zwar so, aber ich habe es nicht gesagt! - Oh! bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Bommersbach, CDU: Das geht ja nun gar nicht! - Weitere Zurufe - Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Gut. - Herr Loth, Sie haben eine Nachfrage?

(Unruhe)


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, dieses Anschreiben wird an viele versendet.

(Unruhe)

Einige davon wurden auch nicht gemeldet.

(Unruhe - Zuruf von Frank Otto Lizureck, AfD)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich verstehe Sie nicht.

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich bitte um Konzentration.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist unverschämt! Wie pubertierende kleine Kinder!)


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Frau Ministerin, im Gegensatz zu Ihrer Aussage eben bekamen das Schreiben auch Menschen, die von den Arbeitgebern nicht gemeldet wurden.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Jetzt ist es so: Wir haben ein zweistufiges Anhörungsverfahren. Das wird erst eröffnet, wenn sich die Leute gemeldet haben. Die Leute wissen an der Stelle nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie nicht geimpft sind und es auch erst einmal nicht vorhaben, sich impfen zu lassen.

Sie haben einen Fragebogen entwickelt, der die vierte Möglichkeit einer Antwort einfach nicht in Erwägung zieht und die Menschen stark verunsichert.

(Zuruf: Ach!)

Ich bitte Sie, diesen Fragebogen zu korrigieren, damit die Menschen nicht mehr so in die Nadel gedrängt werden, wie Sie das mit diesem Schreiben tun.

(Zuruf - Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Ich möchte wirklich noch einmal um Konzentration und um ein ordentliches Miteinander in der Debatte bitten. Dass man unterschiedliche Auffassungen haben kann, ist selbstverständlich. Aber die Frage der Kompetenzen sollte man an der Stelle wirklich genau überdenken, auch wenn es dazu keine Aussagen gab. Ich möchte darauf hinweisen, an der Stelle wirklich sauber und fair miteinander umzugehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Siegmund. Sie sind jetzt an der Reihe. Sie haben sich ordentlich angestellt und erhalten jetzt die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe meine Eingangsfrage so formuliert, dass wir jetzt nach einem Monat Maßnahmenfreiheit mehr oder weniger ganz andere Schlussfolgerungen ziehen können und endlich Fakten auf den Tisch liegen.

Die Landesregierung in Ihrer Person und insbesondere in Person von Ministerpräsident Haseloff hat davon gelebt, dass sie den Menschen zwei Jahre lang Angst gemacht hat. Wenn wir die Maßnahmen während einer hohen Ansteckungszahl aufheben, wird es ein exponentielles Wachstum geben und die Zahl wird explodieren.

Jetzt ist genau dies passiert. Die Maßnahmen wurden beendet und genau das Gegenteil von dem, was Sie den Menschen prophezeit haben, ist eingetroffen. Die Zahlen haben sich mehr als halbiert, sind mit dem Wegfall der Maßnahmen zusammengebrochen. Das beweist im Prinzip nicht nur, dass die Maßnahmen vollkommen unnötig waren, sondern dass sie dazu beigetragen haben, dass die Zahlen künstlich oben blieben.

Ich frage Sie daher: Werden Sie ausschließen, dass wir zukünftig wieder derartige Maßnahmen zwangsweise den Bürgern verhängen werden? Werden Sie die offenbar vollkommen unnötig verhängten Maßnahmen rückwirkend auch einmal reflektieren und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen?

(Zurufe von der AfD - Unruhe)


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Landesebene, ist, ich glaube, auch gemeinsam mit den Regierungsfraktionen, geplant, zu gucken, welchen Maßnahmen sich bewährt haben und welche Maßnahmen man wieder ergreifen sollte, wenn es im Herbst eine neue Welle geben wird. Auch auf der Bundesebene guckt man sich genau an, welche Maßnahmen Wirkung gezeigt haben.

Ich will aber hinsichtlich der Eindämmungsmaßnahmen davon sprechen, dass wir es geschafft haben. Wir können es jetzt sogar mithilfe unseres Landesamtes für Verbraucherschutz nachweisen, das jede Welle beobachtet hat und genau sehen konnte, dass wir durch Kontaktreduzierungen jedes Mal die Wellen brechen konnten, sodass sie nicht so hoch anstiegen. Das kann man auch auf der Bundesebene verfolgen. Alle Maßnahmen, die wir hier ergriffen haben, waren auch notwendig.

Natürlich muss man sich angucken, ob die Maßnahmen   das habe ich im Parlament schon eingeräumt  , die wir ganz am Anfang ergriffen haben, als wir Kinderspielplätze gesperrt haben etc., sinnvoll waren. Das waren sicherlich Maßnahmen, die wir aus großer Sorge eingeleitet haben, weil wir den Virus damals noch nicht gekannt haben. Solche Maßnahmen würden wir heute nicht mehr ergreifen. Durch die Eindämmungsmaßnahmen, die wir in den Jahren danach durchgeführt haben, haben wir gezeigt, dass wir an dieser Stelle lernfähig sind.

(Zustimmung bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Siegmund. Das ist seine letzte.


Ulrich Siegmund (AfD):

Frau Ministerin, ich weise darauf hin, dass die Realität aber eine andere Sprache spricht. Mit dem Wegfall der Maßnahmen haben sich die Fallzahlen halbiert und auch die Belegung in den Krankenhäusern ist massiv zurückgegangen.

Sie sagen, Sie möchten, wenn das irgendwann wieder einmal nötig wird, evaluieren, welche Maßnahme was gebracht hat und bestimmte Maßnahmen wieder einführen. Ich möchte Folgendes von Ihnen wissen: Woran machen Sie konkret fest, welche Maßnahme etwas bringt, wenn die Realität im Moment eine komplett andere Sprache spricht? Woran genau machen Sie das fest?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Erst einmal kann man sich darüber unterhalten, dass Sie möglicherweise eine andere Realität wahrnehmen als ich.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Man kann schauen, wie man die Realitäten darstellt. Ich möchte etwas deutlich machen: Sie sagten, die Zahlen brächen zusammen; sie seien halbiert. Das ist im Grunde genommen nicht richtig, weil die Zahlen und Inzidenzen im Augenblick so hoch sind, dass gar nicht mehr alle Daten eingepflegt werden können.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir zukünftig unsere Gesundheitsbehörden digital so ertüchtigen, dass diese Meldedaten nicht händisch eingepflegt werden müssen, sondern durch ein bestimmtes System eingepflegt werden und dass die Schnittstellen bis hin zum Robert-Koch-Institut funktionieren. Dadurch können wir eine große Entlastung erreichen.

Daraus haben wir schon erheblich gelernt und wir werden diesen Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst weiterhin forcieren und mit Personal untersetzen, damit das entsprechend funktioniert. Das ist eine Realität, bei der wir gemerkt haben, dass wir schneller werden müssen und einfach melden müssen, damit man das nutzen kann.

Das gilt übrigens auch hinsichtlich der Intensivpatienten. Wir waren immer getragen davon   das ist die Realität  , dass unser Gesundheitssystem nicht zusammenbrechen darf und dass wir jedem Menschen, der eine medizinische Versorgung benötigt, diese gewährleisten können. Davon sind wir nach wie vor getragen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, es gibt eine weitere Frage. - Herr Roi.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich weiß nicht, ob das in der Zuständigkeit der Ministerin liegt. Es geht um die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Dazu sind die Kreistage angesprochen worden. In verschiedenen Landkreisen gab es aus den Reihen der Bürger sogenannte Einwohneranträge.

Aufgrund der Berichterstattung durch das Schreiben des Landesverwaltungsamtes und die verschiedenen praktischen Auslegungen vor Ort habe ich eine konkrete Frage. Kann mir jemand aus der Landesregierung erklären, warum diese Einwohneranträge zum Ermessensspielraum der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in dem einen Kreis auf die Tagesordnung genommen wurden und die Einreicher dazu sprechen konnten, z. B. in Anhalt-Bitterfeld, warum sie jedoch in anderen Kreistagen nicht auf die Tagesordnung genommen wurden bzw. zwar auf die Tagesordnung genommen wurden, aber keine Aussprache dazu stattgefunden hat.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Kommunale Selbstverwaltung!)

Es gibt ein Kommunalverfassungsgesetz. Nach meinem Rechtsverständnis gilt das für alle Landkreise. Warum wird an dieser Stelle so unterschiedlich vorgegangen und warum greift die Landesregierung nicht ein? - Das ist meine Frage.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

In diesem Fall würde ich gern an meine Kollegin Frau Zieschang weitergeben.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Okay. - Wir wechseln, da die Frage durch ein anderes Ministerium beantwortet wird. - Frau Zieschang ist schon auf dem Weg. - Lassen Sie mich, bevor Sie antworten, die Möglichkeit nutzen   wir schauen auf die Tribüne und freuen uns, wieder Gäste zu haben  , Schülerinnen und Schüler der Ganztags- und Gemeinschaftsschule Wanzleben, geführt von Frau Matthies, zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Schön, dass Sie bei uns zu Gast sind. Sie haben gerade die Möglichkeit, den letzten vier Minuten der Regierungsbefragung beizuwohnen. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herzlichen Dank. - Ich würde zunächst typisch juristisch darauf antworten. Es ist immer eine Betrachtung des Einzelfalls, also kommt es darauf an, worauf der Einwohnerantrag im Einzelnen abzielt.

Ich erinnere mich an einzelne Einwohneranträge, die am Ende allein und ausschließlich bundesrechtliche Fragestellungen zum Thema hatten. Demzufolge ist es eine Angelegenheit, mit der sich ein Stadtrat, eine Gemeinderat, ein Kreistag nicht beschäftigen muss. Insofern müsste man sich im Einzelfall ansehen, wie die einzelnen Einwohneranträge ausgestaltet waren. Es hat einen Erlass des Landesverwaltungsamtes gegeben, in dem Hilfestellungen für die Kreistage gegeben worden sind, wie sie die jeweiligen Einwohneranträge auswerten, bewerten und dann zu Schlussfolgerungen für den jeweiligen Kreistag kommen können.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Sie haben eine Frage?   Bitte.


Daniel Roi (AfD):

Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass es sich in der Altmark, also in den Landkreisen Salzwedel und Stendal, um die gleichen Einwohneranträge gehandelt hat wie im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, wo die Einreicher zu Wort kamen. Deswegen habe ich darauf verwiesen, dass es in unserem Bundesland leider sehr unterschiedlich ausgelegt wurde.

Ich habe eine konkrete Frage. In dem Einwohnerantrag gab es einen Punkt 2, in dem es um eine Resolution zur allgemeinen Impfpflicht ging. Diese ist zwischenzeitlich vom Tisch, aber man wollte, dass sich der Kreistag dazu positioniert. Das Landesverwaltungsamt und die Kreisrechtsämter haben ausgeführt, dass es dem Kreistag nicht zustehe, sich zu Themen, für die er nicht zuständig sei, zu äußern.

Jetzt will ich Sie fragen: Warum ist es möglich, sich im Kreistag Anhalt-Bitterfeld zum Thema Wolf zu äußern, für den der Kreistag auch nicht zuständig ist? In den letzten elf Jahren hat sich der Landkreis Anhalt-Bitterfeld in acht Resolutionen zu verschiedenen Dingen, für die der Kreistag nicht zuständig war, z. B. Landgestüt Prußendorf, Landesschulplanung, die Deponie Roitzsch   der Wolf ist schon genannt worden  , positionieren dürfen und können. Der Stadtrat Bitterfeld-Wolfen hat sich zur 2-G-Regelung in einer Resolution positioniert. Dort war es möglich. Wenn es um die Impfpflicht geht, dann legen Sie die Gesetze so aus, dass sie gar nicht erst auf die Tagesordnung kommt und darüber keine Debatte stattfindet. Das müssen Sie mir und den Bürger bitte mal erklären. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Zunächst einmal gilt auch in Sachsen-Anhalt, dass die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut ist, und zwar nicht nur ein hohes Gut, sondern ein verfassungsrechtlich garantiertes Gut. Insofern sind Kreistage, in dem was sie tun, weitgehend frei. Erlasse des Landesverwaltungsamtes geben häufig einen Rahmen vor, an dem sich ein Kreistag orientieren kann, aber er muss am Ende seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Ich habe den Einwohnerantrag   ich habe damals einen gesehen   nicht mehr im Einzelnen vor Augen, aber es ist natürlich ein Unterschied, ob ich mich auch allgemein zu bundespolitischen Fragen äußere   der Kreistag muss darüber debattieren, ob er so etwas auf die Tagesordnung setzen will oder nicht  , oder ob es um die Ausführung von Bundesrecht geht. Denn an die Ausführung von Bundesrecht ist ein Land aufgrund der Normhierarchie, die wir haben, genauso gebunden wie eine Kommune.

Insofern bitte ich darum, zu differenzieren   ich müsste mir den Einwohnerantrag im Einzelnen ansehen  , worum ging es: Ging es um die Umsetzung von Bundesrecht oder um allgemeine bundespolitische Diskussionen, bei der sich jeder Kreistag, weil er am Ende keine Einflussmöglichkeit hat, fragen muss, ob er es auf die Tagesordnung nimmt oder nicht.

Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Damit ist die Regierungsbefragung für heute beendet.

(Zustimmung bei der CDU)