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Plenarsitzung

Transkript

Eva von Angern (Die Linke): 

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Den Antrag zur Aktuellen Debatte beginnt die FDP mit dem Satz: „Die Coronapandemie war eine einschneidende und so noch nicht dagewesene Krisensituation für alle Akteure.“ - Das ist zweifelsohne richtig und ich möchte hier für meine Fraktion allen, die zur Bewältigung der Pandemie beigetragen haben, noch einmal unseren herzlichen Dank aussprechen.

(Zustimmung bei der Linken)

Da sind zunächst die Pflegerinnen und Pfleger zu nennen, die Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern und Praxen. Sie haben im wahrsten Sinne an der vordersten Front gekämpft, und wir wissen, dass auch nicht wenige sich selbst angesteckt haben und dass auch nicht wenige infiziert weitergearbeitet haben, weil die Situation es einfach erfordert hat.

Wir danken aber auch den Lehrerinnen und Lehrern, dem pädagogischen Personal in den Schulen. Sie haben sehr spontan, sehr überrascht   denn dafür gab es keinen Masterplan  , mit großem Einsatz und Kreativität aus dem Nichts eine Online-Beschulung oder auch eine sehr individuell abgestimmte Versorgung mit Schulmaterialien sichergestellt. Denn nicht überall war online möglich und in Grundschulen meistens auch nicht angesagt. Sie haben also ganz kurzfristig etwas auf die Beine gestellt und dafür gesorgt, dass so viel wie möglich an Normalität für Kinder, für Schülerinnen und Schüler realisiert werden konnte.

Wir danken aber auch den Erzieherinnen und Erziehern in den Kitas, die höchst flexibel für ein Stück Normalität für die Kleinsten gesorgt haben.

Wir danken aber auch den Altenpflegerinnen und Altenpflegern, die weiterhin ihre Seniorinnen betreut haben. Auch wenn die Heime abgeriegelt wurden, haben sie trotzdem versucht, manchmal auf vermeintlich illegalen Wege, informellen Wege Angehörigen die Chance zu geben, ihre Angehörigen auf dem letzten Weg zu begleiten, oder sie haben eben dies selbst sehr empathisch geleistet.

Ich möchte ganz besonders den Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser danken, die dafür gesorgt haben, dass es im Sachsen-Anhalt eben keinen einzigen Tag ohne Schutz durch ein Frauenhaus gab.

(Beifall bei der Linken, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Denn wir wissen jetzt, wie die Zahlen gestiegen sind in der Pandemie.

Und ja, ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Ehrenamtlichen in den verschiedenen Vereinen bedanken. Ich weiß nicht, wer von Ihnen Online-Sport mitgemacht hat. Ich weiß, dass viele Kontakte von den Kindern- und Jugendfeuerwehren mit ihren Mitgliedern gehalten wurden auf sehr liebevolle Art und Weise. Das ist nicht selbstverständlich. Aber sie haben ihren gesellschaftlichen Beitrag geleistet in einer Zeit, die zum Teil auch von Blockwartmentalität geprägt war.

Ich bedanke mich aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gesundheitsämter, die die Daten verarbeitet und uns damit quasi täglich einen aktuellen Blick auf das Pandemiegeschehen gegeben haben. Ich selbst kann mich erinnern, ich bekam den Anruf am Heiligabend. Also, es gab quasi keine freie Zeit.

Und schlussendlich gilt mein Dank aber auch den Impfzentren, die bei der Logistik geholfen haben, und da auch den Mitgliedern der Bundeswehr,

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

die von jetzt auf gleich zur Seite standen. Vieles wäre ohne sie nicht möglich gewesen, um auch dieser Erkrankung etwas entgegenzuhalten.

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte mich auch im Namen meiner Fraktion bei allen entschuldigen, in deren Leben aus einer Notwendigkeit heraus stark eingegriffen wurde, teilweise auch aus einer Unwissenheit heraus

(Zuruf von der FDP: Das hilft jetzt auch nicht mehr! - Florian Schröder, AfD: Wir vergessen nichts! - Weitere Zurufe von der AfD)

und wie wir jetzt wissen, eben auch nicht immer mit dem richtigen Augenmaß. Und da zuerst zu benennen, die jungen Menschen, die von Covid-19, wie wir alle wissen, nicht so viel zu befürchten hatten wie ältere oder vorgeschädigte Menschen.

(Zuruf von der AfD: Jetzt auf einmal! Ich lach mich tot!)

Die allermeisten von ihnen haben solidarisch die Lockdowns und Einschränkungen mitgemacht, haben Masken getragen, sich umeinander gekümmert, wenn auch manchmal mit Murren. Junge Menschen haben dadurch einen großen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie geleistet.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Kinderseelen habt ihr kaputtgemacht! - Zuruf von der AfD: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren! Nun, mehr als fünf Jahre nach Ausbruch der Pandemie, liegt dem Landtag der Abschlussbericht der Regierungskommission Pandemievorsorge vor, und es ist für uns höchste Zeit, dass wir uns den Maßnahmen und ihren Folgen widmen, weshalb wir mit unserem Antrag eine Befassung durch die jeweils betroffenen Fachausschüsse beantragen.

(Jan Scharfenort, AfD: 2026 kommt der Untersuchungsausschuss!)

Selbstbefassungsanträge sind immer möglich, aber wir halten das nicht für ausreichend.

Lassen Sie mich jedoch zunächst auch mit Blick auf eine ähnliche pandemische Situation in Zukunft sagen: Es war ein großer Fehler, dass sämtliche Parlamente und auch wir hier in Sachsen-Anhalt quasi kaltgestellt waren, 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ihr habt es doch selbst beschlossen! - Zuruf von der AfD: Oh, Leute!)

dass Landesregierungen durchregiert haben und das ist auch ein Teil der Aufarbeitung, der wir uns heute stellen müssen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ist das peinlich, wirklich!)

Deshalb, wir begrüßen die Einsetzung der Regierungskommission. Aber jetzt ist das Parlament gefragt, jetzt müssen wir uns unserer Verantwortung stellen.

(Jan Scharfenort, AfD: Dann stimmt für den Untersuchungsausschuss, wenn ihr es ernst meint!)

Wir müssen uns damit auseinandersetzen, mit welchen gesellschaftlichen Folgen der Pandemie viele Menschen im Übrigen auch jetzt noch zu leben haben. Wir müssen bei Bedarf Abhilfe schaffen und Unterstützung leisten, wir müssen in der Gegenwart im wahrsten Sinne des Wortes heilen und uns unter dem Eindruck des Vergangenen für die Zukunft vorbereiten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der Linken)

Vor allem mit Blick nach vorn haben wir einige Fragen, die ich gern kurz beleuchten möchte: Wie hat das Gesundheitssystem auf die pandemische Situation reagiert? Wie wurde mit den Belastungen umgegangen? Wir wissen, dass unser Gesundheitssystem schon vor der Pandemie auf maroden Füßen stand. Das Kernproblem unseres Gesundheitssystems heißt Gewinnstreben.

(Zustimmung von Hendrik Lange, Die Linke)

Krankenhäuser sollen aber keinen Gewinn machen, sondern Menschen gesund.

(Zustimmung bei der Linken)

Und da hilft auch kein Klatschen. Und ja, wir haben immer noch viele von ME/CFS Betroffene, die um ihre Anerkennung kämpfen und die vor allem jeden Tag mit ihrem Alltag kämpfen müssen.

Meine Damen und Herren! Welche Folgen hatten die Ausgangssperren sowie Schul- und Kitaschließungen für Kinder und Jugendliche? Hätte es an vielen oder an manchen Stellen auch ein anderes Augenmaß benötigt? Es gab in der Ampelregierung einen Bundesminister, der deutlich benannt hat, dass das Schließen von Kitas und Schulen ein großer Fehler war. Ich habe ihm darin übrigens recht gegeben.

Das können wir aber nicht mehr rückgängig machen. Jetzt müssen wir schauen, was wir tun können, um den krisengebeutelten Schülerinnen und Schülern hier und jetzt zu helfen. Dabei ist   auch das möchte ich nicht unerwähnt lassen   Schulsozialarbeit an allen Schulen nur eine Maßnahme, aber eine wesentliche Maßnahme.

(Zustimmung bei der Linken)

Ein Punkt, der erste, der auch von der Regierungskommission öffentlich angesprochen wurde, war: Wie gingen wir mit Seniorinnen und Senioren mit der Gefahr einer schweren Erkrankung mit Covid-19 um? Waren die Maßnahmen, bspw. die Schließung von Heimen, tatsächlich zielführend?

Ich glaube, Sie erinnern sich auch an die Geschichten, mit denen Kindern   ja, ich möchte es zuspitzen   Angst gemacht worden ist, Oma und Opa zu besuchen, weil sie sie anstecken würden, weil sie eventuell dafür verantwortlich sind,

(Oliver Kirchner, AfD: Ihr habt denen Angst gemacht! Ihr wart das! - Weitere Zurufe von der AfD)

dass sie schwer erkranken. Und natürlich hatte das viel auch mit Unwissenheit zu tun und auch mit Unsicherheit.

(Jan Scharfenort, AfD: Dummheit! Hättet ihr euch informiert! - Zuruf von der AfD: Wir haben es immer gesagt! Wir haben es euch immer gesagt!)

Doch das hat was mit den Kindern, mit uns allen gemacht.

Ich erinnere mich auch an die vielen mit rot-weißem Band abgesperrten Spielplätze. Das ist ein Anblick, den möchte man nicht sehen. 

(Jan Scharfenort, AfD: Schuldig gemacht! Raus!) 

Ich erinnere mich auch an die späteren Kontrollen der Ordnungsämter auf den Spielplätzen, um festzustellen, ob alle, die dort zusammensitzen, auch wirklich zu einer Wohngemeinschaft gehören. 

Studieren in der Zeit der Pandemie war nicht nur von Online-Vorlesungen geprägt, sondern vor allem auch von Einsamkeit. 

(Zurufe von der AfD) 

Nicht wenige Studierende sind daran auch gescheitert.

Aber ich möchte noch einmal zu den Senioren zurückkommen und zu dem traurigsten Moment in allen Familien, dem Tod. Die Kommission selbst titelte: Die Rechte Sterbender wurden missachtet. Ich finde, meine Damen und Herren, es darf nie wieder sein, 

(Zustimmung bei der FDP) 

dass Angehörige ihre Liebsten nicht auf dem letzten Weg begleiten dürfen.

Dabei geht es mir nicht nur um das Sterbebett, dabei geht es mir auch um Trauerfeiern.

(Guido Kosmehl, FDP: Absolut!)

Die Tatsache, dass bei Trauerfeiern maximal neun Personen anwesend sein konnten     Seien wir ganz ehrlich: Das ist willkürlich und das ist vor allem für die Betroffenen sehr, sehr schmerzhaft. 

(Matthias Lieschke, AfD: Alle haben das mitgemacht! - Weitere Zurufe von der AfD) 

Das dürfen wir uns gegenseitig nie wieder antun. 

(Zuruf von der AfD: So eine Heuchelei! - Weitere Zurufe von der AfD)

Aber, meine Damen und Herren, schauen wir auch einmal auf die Wirtschaft. Es ist nicht so, dass wir bei der Pandemie nur Verlierer hatten. Nein, wir hatten auch insbesondere zwei Bereiche, die sehr florierten, nämlich der Online-Handel, 

(Zurufe von Daniel Roi, AfD - Unruhe bei der AfD) 

und den Supermärkten   das wissen wir   geht es auch ziemlich gut.

(Unruhe bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie mal, Frau von Angern. Sie können gern Ihre    


Eva von Angern (Die Linke): 

Ehrlich gesagt, das sagt ja mehr über die, die dazwischenbrüllen, als über mich aus.

(Ulrich Siegmund, AfD: Nein, Ihre Doppelmoral ist unerträglich!)

Also ich gehe da einfach drüber hinweg und ignoriere das.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Also, was hier erträglich oder nicht erträglich ist, 

(Zuruf von der AfD: Das entscheiden wir!)

das entscheidet die Geschäftsordnung, und das entscheiden notfalls wir hier oben. 

(Matthias Lieschke, AfD: Das entscheidet ihr überhaupt nicht da oben! - Zuruf von der AfD: Das lassen wir uns nicht vorschreiben!)

Ich versuche, das jetzt hier vernünftig weiterzuführen. Ich sehe mich ansonsten gezwungen zu Ordnungsmaßnahmen, wenn das hier nicht möglich ist. Ich glaube, sich gegenseitig zuzuhören in einer solchen Situation ist Ausdruck moralischer Reife. Ich glaube, das sollten wir uns gegenseitig hier immer unterstellen. 

(Zustimmung bei der Linken - Zurufe von der AfD) 

Sie können weitermachen. Bitte sehr. 


Eva von Angern (Die Linke): 

Dann komme ich noch einmal zur Wirtschaft zurück, wo eben nicht allen nur gelitten haben, sondern auch einige     

(Unruhe bei der AfD) 

- Ich glaube, die nehmen Sie nicht ernst, Herr Präsident.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Was?


Eva von Angern (Die Linke): 

Ich glaube, die nehmen Sie nicht ernst.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ja, es ist aber meine Entscheidung, ob ich das beurteile und inwiefern ich das hier laufenlasse, und nicht Ihre, Frau von Angern. 


Eva von Angern (Die Linke): 

Okay, gut. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Machen Sie bitte weiter. 


Eva von Angern (Die Linke): 

Noch einmal: Ich komme zur Wirtschaft zurück, wo es nicht nur Verlierer gab, sondern eben auch Gewinner der Pandemie. Das waren vorneweg der Online-Handel mit all den Folgen auch für den regionalen Einzelhandel, aber eben auch die Supermärkte. Der Eigentümer von Lidl mit einem geschätzten Vermögen von 46 Milliarden €    

(Lachen und Oh! bei der AfD) 

Das hat er eben in den letzten Jahren anhäufen können, 

(Tobias Rausch, AfD: Der macht mehr Karitatives, als Ihr jemals geleistet habt!) 

und da finde ich, eine Vermögensteuer würden sich lohnen. 

(Zustimmung bei der Linken) 

Der kann nämlich seine Lidl nicht überall im Ausland aufmachen. 

(Guido Kosmehl, FDP: Das ist krass! Echt krass! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Reichen-Bashing wieder!) 

Fakt ist jedoch: 

(Guido Kosmehl, FDP: Das ist echt der Gipfel, wenn Sie an so einer Stelle auch noch Hass säen! - Unruhe)

Wir haben gerade bei kleinen und mittelständischen     

(Tobias Rausch, AfD: Ist es nicht Jan van Aken, der Rheinmetall-Aktien hat? Der hat Rheinmetall-Aktien und spekuliert mit Krieg! - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

So, jetzt noch einmal: Sie können gern Nachfragen stellen.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD) 

Aber wir brauchen hier ein gewisses Maß an Ruhe, um diese Situation hier überhaupt abwickeln zu können. Ich sage jetzt einmal: Es ist möglicherweise für alle manchmal an verschiedenen Stellen schwer erträglich, aber auch dafür sind wir Abgeordnete und haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns gegenseitig zuzuhören. - Bitte machen Sie weiter.


Eva von Angern (Die Linke): 

Fakt ist jedoch, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen in nicht wenigen Bereichen auch in Sachsen-Anhalt gelitten haben und dass dabei auch aufgrund der mangelnden politischen Kommunikation Unmut entstanden ist und Vertrauen verloren ging. Das fällt uns jetzt auf die Füße.

Kommunikation ist aus meiner Sicht auch ein wesentlicher Bereich, in dem wir lernen müssen aus den Dingen, die geschehen sind. Stichwort Digitalisierung: Digitalisierung der Verwaltung ja, aber bitte nicht zulasten des Bildungssystems.

Wir haben auch viel an unseren Arbeitsgewohnheiten verändert, wobei aus meiner Sicht viele kreative Ideen gefunden worden sind. Dabei rede ich nicht nur vom Homeoffice, sondern auch von den Schulen, den Behörden und der Wirtschaft. Das können wir nicht alles bewahren. Da wird sich auch nicht alles bewähren. Aber ich finde, wir können darüber reden, was sich bewährt und was wir bewahren sollen.

Ich will aber schon noch einmal auf eine demokratische Kernfrage eingehen. Wie können Parlamente zukünftig besser einbezogen werden in solchen Krisensituationen? Wir alle, wir Abgeordneten, hatten viele Gespräche in dieser Zeit. Die häufigsten Worte waren Angst, Hilflosigkeit, fehlende Unterstützung und das Gefühl, allein gelassen zu werden. Die Möglichkeit, das Parlament einzubeziehen, schafft die Möglichkeit für Transparenz und für Vertrauen in Entscheidungen. Das wurde leider nicht wahrgenommen. Hier wurde durchregiert. Ich habe das immer wieder, auch hier, an diesem Platz, kritisiert. Ich halte das nach wie vor für einen Fehler. 

Wir haben jetzt die Chance, aus diesen Fehlern   Stichwort: Fehlerkultur   auch etwas zu lernen und uns gemeinsam fortzuentwickeln. Ich denke, unsere Demokratie, die wir jetzt dringend verteidigen müssen   Sie alle sehen Wahlprognosen   hat es sicherlich verdient. Wir als Linke sind dabei. 

(Zustimmung bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. Dann könnten wir jetzt zu den verschiedenen Wortmeldungen kommen. Wir haben zuerst einen Fragewunsch von Herrn Siegmund. Wollen Sie die Frage beantworten? - Nein. 

Dann haben wir eine Intervention von Büttner. - Bitte sehr, Herr Büttner. 


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich finde es sehr erstaunlich, wie Sie, Frau von Angern, sich hier hinstellen, jetzt, da eigentlich schon klar ist   für uns war es schon währenddessen klar  , welche Maßnahmen Sinn hatten und welche nicht   die meisten hatten nämlich keinen Sinn  , und sich jetzt als Opfer darstellen. Sie hätten keinerlei Möglichkeiten gehabt, hier in diesem Parlament irgendwo mitzusprechen oder sich einzubringen. 

Sie hatten jederzeit die Möglichkeit, hier Anträge zu stellen. Sie hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, hier deutlich zu machen, dass Sie damit nicht einverstanden sind. Sie haben das nicht getan.

Ich möchte an dieser noch einmal herausstellen, dass die Einzigen, die das wirklich glaubhaft getan haben, die Mitglieder der AfD-Fraktion waren. Wir haben das ständig und immer wieder hier in diesem Plenum thematisiert und haben gesagt: So kann das nicht weiterlaufen.

(Stefan Gebhardt, Die Linke: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich habe selbst da vorn gestanden und habe auf die Misere auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt hingewiesen, wo es für Ungeimpfte nicht möglich war, etwas zu kaufen, während es für Geimpfte möglich war, etwas zu kaufen, obwohl diese beiden Gruppen sich gleichzeitig auf diesem Weihnachtsmarkt befunden haben. Ich wurde damals sogar ausgebuht, als ich gesagt habe, dass mich das an ganz dunkle Zeiten erinnert. Ich will Ihnen das einmal in Erinnerung rufen. Das, was Sie hier gerade abgezogen haben, war Heuchelei auf allerhöchstem Niveau, Frau von Angern.

(Jawohl! und Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Eva von Angern (Die Linke): 


Dazu vielleicht nur zwei Anmerkungen. Zum einen: Uns unterscheidet halt im politischen Agieren etwas ganz Konkretes. 

(Zuruf von der AfD: Na, jetzt geht’s aber los hier! Intellektuelle!) 

Ich habe kein egozentrisches Weltbild wie Sie. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ah, ja!)

Mir geht es nicht darum, uns als Opfer hinzustellen, sondern mir geht es darum, für die Menschen, für die Kinder und Jugendlichen, die noch jetzt betroffen sind, aber auch für die Kräfte, die im Gesundheitssystem arbeiten, und darüber hinaus eine Lösung zu finden. 

(Zurufe von der AfD: Das war menschenverachtend, was Sie da gemacht haben! - Die Kinder haben euch doch nie interessiert! - Weitere Zurufe von der AfD)

Ja, ich hatte nicht den Stein der Weisen gefunden - Sie im Übrigen auch nicht. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Doch! - Zurufe von der AfD: Doch! - In dem Fall schon, ja!) 

Aber vielleicht noch ein anderer wichtiger Punkt; denn das ist etwas, 

(Tobias Rausch, AfD: Wir haben es euch von Anfang an gesagt! Es ist so! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Jetzt habt ihr alle die Erkenntnis! - Zuruf von Florian Schröder, AfD) 

das hier immer wieder von Ihnen auch bemüht worden ist 

(Unruhe bei der AfD) 

und auch auf die Straße    


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie. - Noch einmal Stopp! 

(Unruhe bei der AfD) 

Das ist das alte Problem: Wer eine Intervention macht oder eine Frage stellt, der muss auch die Reaktion aushalten. So, wie alle ruhig gewesen sind, als Sie, Herr Büttner, die Vorwürfe artikuliert haben, erwarte ich jetzt, dass Sie jetzt auch ruhig sind, wenn darauf eine Antwort erfolgt. - Danke. - Bitte.


Eva von Angern (Die Linke):

Danke, Herr Präsident! - Mir ist noch ein Punkt sehr wichtig, weil das nicht nur heute, sondern in vielen anderen Diskussionen auch immer eine Rolle gespielt hat, nämlich der Vergleich mit Diktaturen, mit dunklen Zeiten, der von Ihnen bemüht worden ist im Zusammenhang mit der Pandemie. Ich möchte gar nicht wissen, wie die wenigen Holocaust-Überlebenden damit umgehen, dass Sie in dieser Art und Weise auf ihren Seelen, auf ihrem Leben und auch auf den Toten herumtrampeln. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Was? - Lothar Waehler, AfD: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!) 

Ich finde das wirklich widerlich, dass Sie hier eine Gleichsetzung vornehmen. 

(Zustimmung bei der Linken - Zuruf von der AfD: Die Palästina-Anhänger!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Sziborra-Seidlitz, Sie haben das Wort. Bitte. 


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Liebe Frau von Angern, ich schätze wirklich die differenzierte Form, in der Sie zur Pandemie und zu den Maßnahmen an dieser Stelle ausgeführt haben. Deswegen habe ich auch lange überlegt, ob ich mich zu dieser Intervention melde. 

Mir ist es aber wichtig, hier darauf hinzuweisen, dass Sie an einer Stelle nicht besonders differenziert ausgeführt haben. Mir ist es wichtig, etwas klarzustellen, weil das ein verzerrtes Bild ergibt. Sie haben sehr richtig ausgeführt, dass gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen ein großer Teil der Maßnahmen aus heutiger Sicht möglicherweise überzogen war und vieles passiert ist, was aus heutiger Sicht nicht notwendig war.

(Ulrich Siegmund, AfD: Möglicherweise! - Lachen bei der AfD) 

Sie haben aber gleichzeitig das Bild bemüht, das wir besonders von denen, die eben überhaupt nicht differenziert argumentieren, hören. Ich meine dieses Märchen: Kinder seien kein Teil von Pandemieketten gewesen. Ich will das an dieser Stelle wirklich einmal aus fachlicher Sicht sehr deutlich zurückweisen. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Oh, die Fachärztin!) 

Ich will das auch deswegen tun, weil mir das wichtig ist für die Menschen, die in Berufen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet haben.

Zu den Berufsgruppen, die am stärksten von Ansteckungen, aber eben auch vom starken Leiden bis hin zum Tod betroffen waren, weil sie sich in Ausübung ihres Berufes mit Corona angesteckt haben, gehören   im Übrigen noch vor Pflegekräften   Erzieherinnen und Erzieher. Wenn man das weiß, dann ist die Geschichte, dass Kinder keine Rolle in Ansteckungsketten spielen, einfach eine Lüge, die den Menschen und dem Opfer, dass diese Menschen in ihrem Beruf gebracht haben, nicht gerecht wird. Das betrifft im Übrigen auch Lehrerinnen und Lehrer. 

Deswegen mag es aus heutiger Sicht und aus der Perspektive der Kinder falsch gewesen sein, Kitas und Schulen zu schließen. Dennoch muss man sagen: Ja, auch zum Schutz von Kindern vor der eigenen Ansteckung, zum Schutz derer, die mit den Kindern arbeiten, und auch zum Schutz der Großeltern der Kinder war es wichtig, darüber zu sprechen, dass auch Kinder Teil von Ansteckungsketten sind. Und es bleibt auch heute wichtig, das zu sagen. 

Die Frage ist, ob man das in der Form hätte tun müssen. Wir werden über Wissenschaftskommunikation und über Pandemiekommunikation sprechen müssen. Aber zu behaupten, Kinder wären nicht ein Teil von Ansteckungsketten, ist in der Sache falsch und wird den Menschen, die genau davon betroffen waren, einfach nicht gerecht.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Eva von Angern (Die Linke): 

Frau Sziborra-Seidlitz, herzlichen Dank für die Nachfrage, weil mir das die Möglichkeit gibt, das klarzustellen. Mir ging es tatsächlich nicht darum, dass sich Kinder und Jugendliche nicht auch infizieren können oder nicht Teil der Infektionskette sein können. Darum ging es mir nicht. Mir ging es darum, was es mit ihnen gemacht hat, wenn man ihnen erklärt hat: Du bist im schlimmsten Fall für den Tod deiner Oma verantwortlich. Es ging darum, was das mit den Kindern macht. Und das müssen wir aufarbeiten.

(Zuruf von der AfD: Das habt ihr erzählt!) 

Darüber müssen wir reden. 

Und auch da wieder: Das hat viel mit mangelnder Kommission zu tun. Deswegen haben wir z. B. in Bezug auf einen Pandemierat   ich glaube, bei uns hieß es noch ein bisschen anders; von Ihnen kam der Vorschlag für einen Pandemierat   unter der Leitung der Leopoldina plädiert und gesagt, dort müssen dringend auch Psychologinnen hinein, Erziehungswissenschaftlerinnen mit hinein, um auch wirklich über Kommunikation im besten Sinne des Wortes zu reden. Denn die Angst der Menschen vor Ansteckung, vor Tod, die war real. Die würde ich auch auf keinen Fall kleinreden - ganz im Gegenteil.

Deswegen sage ich auch immer: Bestimmte Entscheidungen wurden aus dieser Angst heraus, im Übrigen auch von handelnden Politikerinnen und Politikern, getroffen. Daraus machen ich ihnen erst einmal per se überhaupt keinen Vorwurf. Ich finde es nur falsch, dass das Parlament außen vor war. Ich finde, aus diesen Fehlern können und müssen wir vor allem lernen. - Danke.