Dr. Falko Grube (SPD):
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Reform des Straßengesetzes und der Straßenverkehrsordnung, ergänzt durch die neue Verwaltungsvorschrift, ist ein Paradigmenwechsel. Bisher galt bei der Regelung des Straßenverkehrs der Grundsatz: Man soll so schnell wie möglich von A nach B fahren können. Jetzt gilt: Es muss mehr Rücksicht genommen werden auf die, die zwischen A und B leben. Und das, meine Damen und Herren, ist gut so.
(Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD, und von Hendrik Lange, Die Linke)
Nun ist es unstrittig, dass es weiterhin ein Ziel der Verkehrspolitik sein muss, möglichst schnell von A nach B zu kommen. Aber es muss eben auch sicher und bezahlbar sein und es darf die Menschen nicht erheblich einschränken. Diesbezüglich ist die neue StVO ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Die Novelle ist im Übrigen nicht am grünen Tisch entstanden, sie ist das Ergebnis eines lauten Rufens von Menschen. Davon zeugen die vielen Bürgerinitiativen für mehr Lärmschutzwände, für Umlenkungen und Durchfahrtsverbote für Lkw-Verkehr, für Ortsumfahrungen, für Tempo 30-Zonen in Wohngebieten, vor Kitas, Schulen und Krankenhäusern. Denn wir haben hier im Land viele Stellen, wo der Verkehr so stark angestiegen ist, dass damit zum Teil erhebliche Einschränkungen für die Menschen verbunden sind, die an diesen Strecken leben.
Meine Damen und Herren, Sie alle kennen mindestens ein Beispiel aus Ihrem Wahlkreis, wo Bürgerinnen und Bürger den Wunsch hegen, daran etwas zu ändern. Jetzt kann man diese Wünsche leichter erfüllen. Das ist Herr Kollege Krüger hat es gesagt ein großer Schritt in Richtung von mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger und einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.
(Zustimmung bei der SPD)
Das ist im Übrigen auch eine Frage der Sicherheit, der Verkehrssicherheit. Gemessen an der Einwohnerzahl gab es im Jahr 2024 die meisten Todesopfer im Straßenverkehr in Mecklenburg-Vorpommern mit 59 Getöteten und in Sachsen-Anhalt mit 52 Getöteten je 1 Million Einwohner. Das ist eine Verbesserung vom letzten auf den vorletzten Platz - sicherlich nicht der Platz, auf dem wir sein wollen.
Für uns als SPD, aber auch für uns als Koalition in Sachsen-Anhalt ist klar, die „Vision Zero“ leitet unser Handeln. Sprich: Wir wollen keine Verkehrstoten, keine Schwerverletzten. Das ist kein bloßer Wunsch, das ist ein politischer Auftrag. Jetzt, meine Damen und Herren, hat uns der Bund die Möglichkeit gegeben, diesen Auftrag besser zu erfüllen.
Was ist neu? - Erstmals steht nicht mehr nur die Flüssigkeit des Verkehrs, des Autoverkehrs, im Mittelpunkt, sondern auch Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung. Schauen wir uns das im Detail an.
Wir haben ein Antragsrecht für Kommunen. Die Kommunen haben jetzt ein formales Antragsrecht. Sie können konkrete Maßnahmen beantragen: Tempo 30 vor Schulen, sichere Radwege, neue Fußgängerüberwege. Die zuständige Verkehrsbehörde muss das prüfen und begründet bescheiden.
Das, meine Damen und Herren, ist ein Mehr an Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger. Ich denke, wir werden in Zukunft sehen, dass das auch Ergebnisse bringt. - Ich lasse jetzt wegen der Redezeit die ganzen anderen Dinge weg ÖPNV-Beschleunigung für den Radverkehr oder Tempo 30 ; denn das ist schon erwähnt worden.
Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt das neue Gesetz. Was wir jetzt brauchen, sind Stadt- und Gemeinderäte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die sich dieser Werkzeuge aus dem Gesetz bedienen. Viele von uns sind auf der kommunalen Ebene in den verschiedensten Vertretungen aktiv. Nutzen auch wir den Gestaltungsspielraum aus der neuen StVO für mehr Verkehrssicherheit und lebenswerte Kommunen.
Was wir dafür nicht gebraucht hätten, ist der vorliegende Antrag. Er enthält eigentlich Selbstverständlichkeiten. Aber sei es drum, am Ende trifft das auch auf unseren Alternativantrag zu.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja, danke!)
Aber wir müssen hier heute irgendetwas beschließen. Natürlich muss es Handreichungen geben und Qualifizierungen.
Meine Damen und Herren! Etwas, das unser Antrag allerdings nicht hat, ist Ihr Punkt 4. Daran ist, finde ich, eine inhaltliche Kritik durchaus angebracht. Wir können nicht, wenn wir eine neue Rechtslage haben, immer neue Vernetzungsgremien, einen neuen Wust an Bürokratie und ein Immer-mehr von dem, was wir schon haben, aufzusatteln. Das ist nicht sachgerecht.
Das, was wir in dem Alternativantrag aufgeschrieben haben, ist das, was die Ministerin angekündigt hat. Wir haben ein Gesetz, wir haben Schulungen gehabt durch die obere Verkehrsbehörde. Wir schauen uns an, wie das wirkt. Ich sage hier für die Koalition schon: Das interessiert uns auch.
Das heißt, wir werden das im Ausschuss zu gegebener Zeit gemeinsam mit dem Ministerium aufrufen. Wenn dann weiterer Handlungsbedarf besteht, das heißt, wenn es dann ein Gap gibt zwischen dem, was die Erwartungshaltung vor Ort in Bezug auf die Wirkung des Gesetzes ist, und dem Verwaltungshandeln, dann werden wir uns zu unterhalten haben. Ich gehe davon aus, dass wir dann Entscheidungen treffen. Ich hoffe, das wird nicht nötig sein. - Vielen Dank.