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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 23

Beratung

Bericht über den Stand der Beratung zum Antrag „Zukunft des Deutschlandtickets sichern: Sozial gerecht, nachhaltig finanziert und effizient vernetzt“ - Drs. 8/5110

Berichterstattungsverlangen Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/5891


Dass ein solches Berichterstattungsverlangen möglich ist, wissen wir alle. Von dieser Regelung hat die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Gebrauch gemacht. Ich erteile gleich - noch nicht sofort - Frau Lüddemann für ihre Fraktion das Wort.

Vorher begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „Maxim Gorki“ in Schönebeck. - Herzlich willkommen! 

(Beifall im ganzen Hause)

Legen Sie los, Frau Lüddemann.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Deutschlandticket - die einen von Ihnen werden dazu sagen: „Ach, schon wieder!”, die anderen werden es gern mit mir feiern. Denn einmal ehrlich: Keiner hat so etwas in Deutschland für möglich gehalten. Es ist immer wieder schön, das hervorzuheben. Denn auch noch nach mehr als zwei Jahren ist es ein Erfolgsmodell wie kein anderes. Einsteigen und losfahren - jahrzehntelang dachte man, das kriegen wir in Deutschland nicht hin; nie könnte man diesen Dschungel aus Tarifen und Tickets lichten. 

Wir haben es geschafft. Das Deutschlandticket ist eine der bedeutendsten Errungenschaften der Ampelregierung. Es ist ein Vorzeigeprojekt, das inzwischen international zum Nachmachen anregt. Es macht nicht einmal an Landesgrenzen halt. Ob Tschechien, Belgien oder Dänemark - die Liste der Möglichkeiten scheint grenzenlos. Dieses Ticket ist ein Symbol dafür, was Politik erreichen kann. Gemeinsam kann man nämlich eine Menge schaffen. In diesem Fall ist es ein Ticket für alle: einfach und bezahlbar. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das dürfen wir nicht verlieren. Damit meine ich nicht, dass es abgeschafft wird. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns alle einig. Auch Frau Ministerin hat das hier schon mehrfach gesagt. Das ist unwahrscheinlich. Denn es ist eine große Errungenschaft und funktioniert sehr gut. Abgeschafft wird es nicht.

Problematisch wäre es tatsächlich, wenn die Menschen, die zumindest für ihre Pendlerwege vom Auto auf den Zug bzw. den ÖPNV umgestiegen sind - 13,5 Millionen Kunden und täglich werden es mehr  , das Ticket im Alltag nicht mehr nutzen könnten, weil es für sie unbezahlbar wird oder sich nicht mehr rechnet. Darum geht es heute in unserer Debatte

Diese Menschen brauchen die Sicherheit, dass ihr Ticket nicht plötzlich deutlich teurer wird - es ist ja schon einmal teurer geworden - oder dass es gar verschwindet. Wenn das Vertrauen in die Politik an dieser Stelle fehlt, dann steigen die Menschen eben nicht mehr aus oder um, um im Bild zu bleiben. Genau vor dieser Gefahr wollen wir hier warnen. Ohne klare Zusagen und eine solide Finanzierung droht dieses Projekt zu implodieren. 

Lippenbekenntnisse reichen hier eben nicht aus. Wenn man mit den Verkehrsunternehmen vor Ort spricht, dann stellt man fest, dass sie Handlungssicherheit brauchen. Am Ende geht es schlicht und ergreifend um das Geld. Verlässlichkeit ist das Gebot der Stunde. 

Die Kommunen brauchen diese Verlässlichkeit. Die Verkehrsunternehmen brauchen Planungssicherheit. Alle, die sich mit Verkehrspolitik auskennen, wissen, dass spätestens im Herbst Finanzierungszusagen auf dem Tisch liegen müssen. 

Wie sollen die Kommunen ein Abo versprechen, wenn sie nicht erfahren, wie viel Geld sie zum Wirtschaften haben? Das Bekenntnis in Würzburg kommt zu spät. Sozialverträgliche Erhöhung - was genau soll das heißen? Ein freundliches Etikett für Preissteigerungen, die am Ende in den dreistelligen Bereich gehen. Statt wohlklingender Worte hätten wir längst konkrete Taten gebraucht. Das Geld zur Finanzierung muss in ein paar Monaten bei den Kommunen sein, und zwar deutlich mehr als jetzt. 

Die 3 Milliarden € für das Deutschlandticket - das wissen wir alle - reichen vorn und hinten nicht aus. Wer die Verkehrswende ernst nimmt und Verantwortung für unsere Bürgerinnen und Bürger übernehmen will, der muss Mittel bereitstellen. Es braucht an der Stelle tatsächlich mehr Mittel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir alle kennen die Herren von der CDU. Wenn die Kasse knapp wird, wird zuerst bei Bürgergeldempfänger*innen, Schulen oder Kultureinrichtungen der Rotstift angesetzt. 

(Stefan Ruland, CDU: Rotstift?)

Wir alle sehen den Zustand der Schulgebäude in unserem Land. Wir fürchten jetzt auch um den ÖPNV. Denn der Regionalverkehr im ländlichen Raum hinkt noch immer hinterher. Er schafft den notwendigen Sprung zur echten Alternative vielerorts nicht. 

Bis zum Jahr 2040 sollen jährlich 16 bis 21 Milliarden Fahrgäste befördert werden. „In einem flächendeckenden Angebot“, so die Ansage. Aber wie soll das bitte passieren, ohne ein Deutschlandticket, das für die Menschen im Land erschwinglich ist? 

Dass wir dieses Ziel noch nicht belastbar präsentieren können, ist eine Schande. Es ist eine Schande, dass wir Jahr für Jahr darum ringen müssen, dieses Ticket bezahlbar zu halten, während zeitgleich jährlich 13,5 Milliarden € für Dienstwagensubventionen draufgehen. Das sind Gelder, die wir gut und gern in das Deutschlandticket zugunsten der Bevölkerung investieren könnten. 

(Zustimmung von den GRÜNEN - Zurufe von Jörg Bernstein, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Dann hätten wir einen Nutzen für viele statt Privilegien für wenige und keine Finanzierungslücke beim Deutschlandticket.

Anstatt also weiterhin zu behaupten, es wäre kein Geld da, sollten wir die entscheidende Frage stellen: Für wen machen wir Politik in diesem Land? 

(Guido Kosmehl, FDP: Die Menschen!)

Die alleinerziehende Mutter in der Straßenbahn oder den CEO eines milliardenschweren Unternehmens? 

(Zurufe von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Kathrin Tarricone, FDP - Unruhe)

Wer jetzt beim ÖPNV spart, der gefährdet die Verkehrswende. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Weitere Zurufe)

- Ja, Kollegin Tarricone, es ist immer dasselbe, weil eben dieselbe Frage noch nicht gelöst ist. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)

Deswegen werde ich nicht müde werden, dieses Thema hier immer wieder anzusprechen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Warten Sie, Frau Lüddemann. Wir haben ohnehin einen extrem hohen Geräuschpegel hier. Wenn dazu noch Zwiegespräche in einer solchen Lautstärke kommen, hat der Informationsgehalt für die anderen fast keine Bedeutung, weil wir es nicht mehr verstehen. Ich bitte Sie jetzt, ein bisschen Ruhe eintreten zu lassen. In der ersten und zweiten Reihe der CDU wäre das auch ganz nett. Dann könnten wir versuchen, diesen Redebeitrag vernünftig zu Ende zu hören. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Frau Lüddemann, bitte. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wer jetzt beim ÖPNV spart, der gefährdet die Verkehrswende, belastet Familien, benachteiligt Menschen mit geringem Einkommen und bremst die Entwicklung ganzer Regionen aus? 

Frau Hüskens, schauen Sie nach Thüringen. Dort hat sich der Verkehrsminister klar zum Deutschlandticket bekannt. 

(Zuruf von den GRÜNEN)

Wo bleibt die Zusicherung mit dieser Kraft und Stärke aus unserem Land? Ziehen Sie nach und setzen Sie sich für ein grandioses Erfolgsprojekt unserer Bundesrepublik Deutschland ein. Die Menschen in diesem Land wünschen sich das sehr deutlich. 

In Zeiten, in denen die Infrastruktur und die Bahn immer unzuverlässiger werden, ist es wichtig, dass das Angebot an dieser Stelle klar, belastbar und günstig erhalten bleibt. Nur so erreichen wir, dass die Menschen nicht wieder auf das Auto umsteigen und auch Menschen mit geringem Einkommen die Möglichkeit haben, gut von A nach B zu kommen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger haben Vertrauen verdient. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wir GRÜNE werden weiterhin laut sein. Das hatte ich der Kollegin Tarricone eben auch schon versprochen. 

(Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)

Das verspreche ich auch allen anderen. Wir werden weiterhin laut sein für alleinerziehende Familien und Arbeitnehmer*innen in diesem Land, die das Deutschlandticket in ihren Alltag integriert haben;

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU - Guido Kosmehl, FDP: Vielleicht werden Sie mal sachlich!)

für ein Land, in dem man sich überall hinbewegen kann, auch ohne Auto und mit wenig Geld in der Tasche. 

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

Denn ein funktionierendes Deutschlandticket ist nicht nur eine Frage der Mobilität, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit, des Klimaschutzes und der wirtschaftlichen Vernunft.

(Ulrich Thomas, CDU: Ja, vor allem im ländlichen Raum!)

Ich habe mir hier aufgeschrieben, dass man uns GRÜNEN die Schuld für alles zuschiebt. Und genau das haben Sie jetzt in dieser Debatte bewiesen. Das ist wirklich witzig. 

(Zurufe von der CDU, von Kathrin Tarricone, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Aber wissen Sie was? 

(Anhaltende Unruhe)

- Alles gut. - Ich bin gern schuld. Ich bin gern schuld am Deutschlandticket. Ich werde gern weiterhin für das Deutschlandticket kämpfen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD - Guido Kosmehl, FDP: Warum begreifen Sie es nicht?)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Damit sind wir am Ende des einführenden Debattenbeitrags angelangt. Es gibt eine Frage. Wenn Sie diese zulassen wollen, Frau Lüddemann, dann müssen Sie noch einmal nach vorn kommen. Herr Bernstein kann die Frage stellen, weil sich Frau Lüddemann an das Rednerpult bewegt. - Bitte sehr.

(Guido Kosmehl, FDP: Oh, Mann!)


Jörg Bernstein (FDP): 

Vielen Dank, Frau Kollegin Lüddemann, dass Sie meine Frage zulassen. Beim Stichwort „Dienstwagenprivileg” hätte mein Kollege Hauser wahrscheinlich gesagt: Da steigt mir die Galle zum Hirn auf. 

(Zuruf: Das ist logisch! Na klar!)

Erläutern Sie einmal an einem ganz konkreten Beispiel ganz kurz, worin Sie dieses Dienstwagenprivileg sehen? 

(Zuruf von der SPD)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es um Unternehmen geht, die Dienstwagen zur Verfügung stellen. 

(Zuruf: Ja!)

Dieser Steuervorteil ist an dieser Stelle unangebracht. 


Jörg Bernstein (FDP): 

Warum?


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Vielmehr sollten wir das Geld, das für die Dienstwagen – –


Jörg Bernstein (FDP): 

Warum?

(Ulrich Thomas, CDU: Wie soll denn das auf dem flachen Land funktionieren, wenn der Vertreter losfahren muss? Da fahren keine Züge!)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Die brauchen doch aber keinen Steuervorteil. Die können doch trotzdem mit dem Auto fahren. 

(Zurufe)

- Den Vorteil brauchen die nicht.

(Oh! bei der CDU - Zuruf: Doch! - Guido Kosmehl, FDP: Deshalb werden Sie im ländlichen Raum nicht gewählt!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Stopp! Herr Bernstein stellte Frau Lüddemann eine Frage. Frau Lüddemann hat so weit geantwortet, wie sie wollte. 

(Unruhe und Zurufe)

Jetzt gibt es aber noch andere Zwiegespräche; das funktioniert so nicht. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Herr Bernstein, dann war es das. Es war eine Frage - - 

(Unruhe - Zuruf: Was?)


Jörg Bernstein (FDP): 

Wir müssen feststellen, dass Frau Lüddemann die Frage nicht beantworten kann. 


(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Das können Sie für sich feststellen. Sie ist aber auch nicht dazu gezwungen.