Tagesordnungspunkt 29
Verschwörung gegen die Demokratie? Wählerwille statt Löschtaste!
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/6201
Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion, die der Landesregierung ebenfalls. Für die Debatte ist folgende Reihenfolge vereinbart worden: AfD, SPD, Linke, FDP, GRÜNE und CDU: Zunächst hat Herr Rausch für die Antragstellerin, die Fraktion der AfD, das Wort. - Bitte sehr. Sie haben das Wort.
(Zustimmung bei der AfD)
Tobias Rausch (AfD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die Angst vor dem eigenen Machtverlust muss wahrlich groß sein, wenn der innenpolitische Sprecher einer Regierungsfraktion in aller Öffentlichkeit die Beseitigung wichtiger Behördendaten im Falle der Übernahme eines Regierungsapparates durch die AfD befürwortet. Wir sprechen heute über eine Aussage, die in einem Rechtsstaat niemals fallen darf, eine Aussage, die das Fundament unseres Staates berührt, eine Aussage, die zeigt, wie weit sich Teile der politischen Klasse inzwischen von den eigenen demokratischen Grundsätzen verabschiedet haben.
Wenn der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler, seines Zeichens ehemaliger Spitzenfunktionär im Bereich der Kriminalpolizei, erklärt, und zwar öffentlich, er würde im Falle einer unliebsamen Regierungsbildung lieber auf die Löschtaste drücken, als einer demokratisch gewählten Landesregierung Zugriff auf sicherheitsrelevante Daten zu gewähren, dann ist das ein Skandal.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren! Das ist nicht einfach nur ein unglücklicher Satz, das ist ein Angriff auf den Kern unserer demokratischen Ordnung. Es geht hierbei nicht um einen politischen Fauxpas und es geht nicht um zugespitzte Rhetorik. Es geht um das Denken hinter diesen Worten. Dieses Denken ist zutiefst befremdlich.
Ich frage mich: Wer entscheidet, wen der Staat akzeptiert? - Die Antwort ist klar: In einer Demokratie entscheidet das Volk, niemand sonst, nicht ein Abgeordneter in Berlin oder in Sachsen-Anhalt, nicht ein Beamter in einer Sicherheitsbehörde, nicht ein Funktionär irgendeiner Partei. Die Macht geht vom Volke aus, nicht vom Sicherheitsapparat. Deshalb ist der Gedanke, dass staatliche Datenbestände abhängig vom Wahlergebnis gelöscht, sabotiert oder verweigert werden könnten, ein massiver Angriff auf das Prinzip der Volkssouveränität, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Wenn ein Mandatsträger, Beamter oder Mitarbeiter glaubt, er dürfe eine Regierung, die ihm politisch nicht passt, mit den Instrumentarien des Staates behindern, dann haben wir ein Problem, das weit über die Äußerungen hinausgeht. Diese Äußerungen sind in der SPD oder in den linken Parteien kein Einzelfall. Der Staat hat neutral zu sein, nicht parteiisch. Konservative Politik versteht sich das wird heute erstaunlich oft vergessen mit einem staatlichen Neutralitätsanspruch. Beamte dienen dem Staat, nicht einer Regierung, nicht einer Ideologie und schon gar nicht einer Partei.
Wenn ein hochrangiger SPD-Politiker öffentlich erklärt, man könne Daten löschen, um eine demokratisch gewählte Regierung zu verhindern oder zu sabotieren, dann offenbart das ein Verständnis von einem Staat, der nicht mehr neutral ist, sondern der parteipolitisch instrumentalisiert ist. Genau darum geht es Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Es ist die Angst vor dem Machtverlust, die Angst vor dem Verlust von Zuwendungen für Ihre NGO und Stiftungen, die Angst hin zu einem Politikwechsel zum Wohle des deutschen Volkes, die Angst davor, dass wir Zugänge erhalten und feststellen, wie Sie den Staat instrumentalisiert haben, die Angst davor, dass wir Belege dafür finden, wie Sie den Verfassungsschutz auf uns gehetzt haben. Sie haben Angst davor, dass wir Belege finden, die nachweisen, dass Sie die Mitglieder der AfD mit Entzug der Waffenerlaubnis drangsalieren. Und Sie haben Angst davor, dass wir die tiefen Verstrickungen und das Umlenken von Steuergeld in Ihre Kanäle offenlegen. Genau davor haben Sie Angst.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Genau!)
Genau deshalb wollen Ihre Vertreter lieber Daten löschen und Straftaten begehen, weil sie Angst vor ehrlicher Aufarbeitung haben. Aber eines kann ich Ihnen hier und heute schon sagen: Die Angst ist berechtigt. Wenn wir Regierungsverantwortung übernehmen, werden wir Sonderbeauftragte einführen, die das Regierungshandeln der letzten Jahre auf den Prüfstand stellen. Das kann ich Ihnen hier und heute schon versprechen, meine Damen und Herren.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Tribunale, ja? Tribunale wahrscheinlich!)
Wo enden solche Gedankenspiele der SPD? - Ich frage Sie ganz ernsthaft: Wenn man heute Daten löschen darf, was darf man dann morgen? Wenn man heute eine Regierung sperren darf, wen sperrt man dann übermorgen ein?
(Zuruf von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE - Zuruf von der AfD)
Wenn man heute politische Gegner mit Mitteln des Staates bekämpft, wovor schreckt man dann zukünftig noch zurück? Das ist der Weg, auf dem die Demokratie Schaden nimmt.
(Dr. Falko Grube, SPD, und Juliane Kleemann, SPD, lachen)
Das Vertrauen in den Staat ist ohnehin schon angeschlagen. Viele Menschen im Land haben schon heute das Gefühl, dass politische Entscheidungen nicht transparent, nicht fair und nicht neutral ablaufen, dass der Staat manchmal schnell ist, wenn er gegen den Bürger vorgeht, und erstaunlich langsam, wenn es um das eigene Versagen geht.
Ich sage Ihnen, dass der Ausdruck und das Verhalten der Politik eines zutage bringen, nämlich dass die etablierten Parteien sich den Staat zur Beute gemacht haben. Der drohende Machtverlust, der Verlust von Einfluss, der Verlust von Posten und Mandaten und der Verlust von staatlichen Geldern, ist Ihr Antrieb.
(Beifall bei der AfD)
Die Aussage von Herrn Fiedler war nicht nur falsch, sie war ein Symptom, ein Symptom dafür, dass die politische Kultur in Deutschland gefährlich ins Rutschen geraten ist. Er hat gesagt: Wenn die AfD in Regierungsverantwortung käme, würde Sachsen-Anhalt eine Art Feindesland werden. Wer solche Aussagen tätigt, der hat den demokratischen Diskurs verlassen.
(Beifall bei der AfD)
Ein Bundestagsabgeordneter, der ein Bundesland als Feindesland betrachtet, sobald das Volk, der Souverän, eine Partei in die Regierungsverantwortung wählt, die einem nicht passt, der macht in Wahrheit die Demokratie verächtlich. Wer ein Bundesland mit einer gewählten Regierung, die ihm nicht passt, als Feindesland betitelt, der beteiligt sich an Hass und Hetze, der spaltet die Gesellschaft, der hat den demokratischen Diskurs verlassen und den Streit um die besseren Argumente aufgegeben. Das schlägt sich immer in Wählerstimmen nieder.
Wer es nicht einmal hinbekommt, auf den Landtagsfluren damit meine ich insbesondere die Vertreter der linken Parteien wie zivilisierte Menschen „Guten Tag“ zu sagen, wer andere Meinungen nicht aushält und toleriert, der ist ein Autokrat, ein verblendeter Ideologe und vor allem nicht in der Lage, ein Land ordnungsgemäß zu führen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)
Das Erstarken der AfD und die immer näher rückende Regierungsübernahme durch die AfD lässt erkennen, wie extremistisch Teile der etablierten Parteien geworden sind und wie weit sie gehen, um ihren Machtverlust abzuwenden. Hier sehen wir, wer wirklich den Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verlassen hat. Das wird immer deutlicher. Manche glauben offenbar, Demokratie sei nur gut, wenn sie das gewünschte Ergebnis erbringt. Aber eine Demokratie, die Ergebnisse nicht akzeptiert, die dem Establishment nicht gefallen, ist keine Demokratie mehr.
Zum Schluss möchte ich Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Der Staat gehört nicht den Parteien, der Staat gehört nicht den Behörden, der Staat gehört den Bürgern. Die große zivilisatorische Leistung von Demokratie ist es zu akzeptieren, wenn man keine politische Mehrheit hat.
(Christian Hecht, AfD: Ja! - Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)
Wer das nicht tut und sich Strategien überlegt, wie man das aushebeln kann, der hat den demokratischen Diskurs verlassen und zeigt damit deutlich, dass er nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)
Unabhängig von dem Wahlergebnis im nächsten Jahr erwartet der Wähler eine geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte und die Gewährleistung fairer Ausgangsbedingungen für die neue Regierung, wie das bislang immer üblich war. Ich erwarte daher heute von allen demokratischen Fraktionen eine deutliche Distanzierung von den Überlegungen des SPD-Bundestagsabgeordneten Fiedler und eine klare Positionierung gegen den Missbrauch unserer Demokratie durch solche verfassungsfeindlichen Vorschläge. - Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Es gibt eine Intervention. - Frau Sziborra-Seidlitz, Sie haben das Wort.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Weil Sie das immer durch Verschweigen zu negieren versuchen und das Ignorieren und, glaube ich, die Bevölkerung dazu bringen wollen, das ebenfalls zu ignorieren, möchte ich gern Ihre Ausführungen zum Thema Demokratie wehrhafte Demokratie haben Sie vergessen ergänzen, und zwar: Es ist eine Lehre aus den 30er-Jahren und aus der gesamten Zeit des sogenannten Dritten Reiches, dass eine Demokratie durchaus auch mit demokratischen Mitteln abgeschafft werden kann. Das ist unsere Geschichte.
Aus diesem Grund gibt es in unserer Verfassung die Möglichkeit und sogar die Verpflichtung, Parteien, die sich aktiv gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richten, als solche zu benennen und als solche zu beobachten. Die AfD in Sachsen-Anhalt ist schon länger ein Beobachtungsobjekt und genau als solches benannt. Wenn wir über die AfD reden, dann reden wir eben nicht über eine demokratische Partei wie alle anderen, sondern wir reden über eine gesichert rechtsextreme Partei. Und das muss hier immer wieder benannt werden.
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Sie müssen sich nicht wundern, wenn Sie anders behandelt werden als demokratische Parteien. Das gilt im Übrigen auch für das Grüßen auf dem Flur.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Wir hatten keine Nazis als Gründer!)
Ich bin gemeinhin als sehr höfliche und freundliche Person bekannt. Wenn ich Rechtsextreme nicht grüße, dürfen Sie das gern persönlich nehmen.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können antworten.
Tobias Rausch (AfD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz, für Ihre Ausführungen. Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass es keinen AfD-Politiker gibt, der andere Politiker, nur weil sie eine andere Meinung haben, körperlich angreifen will. Aber Ihre ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen Jugend, Jette Nietzard, hat dazu aufgerufen, dass man, wenn man normal nicht mehr weiterkommt, auch zur politischen Gewalt greifen muss, um die Ergebnisse der AfD herunterzubringen. Dabei sind Sie doch ganz weit vorn.
(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und Sebastian Striegel, GRÜNE: Lüge!)
Dann zu dem nächsten Punkt „gesichert rechtsextrem“. Wer sagt das denn?
(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Der Verfassungsschutz!)
Das sagt die weisungsgebundene Behörde des Innenministeriums, die das feststellt.
(Beifall bei der AfD)
Hans-Georg Maaßen hat es gesagt: Die letzte Partei, die vor 2015 beobachtet worden ist, war Die Linke. Unter dem damaligen Innenminister Friedrich ist die Parteibeobachtung abgeschafft worden. Wenn man die Maßstäbe ansetzt, die man an die AfD ansetzt, dann müssten Die Linke, DIE GRÜNEN und Teile der Jusos und der SPD auch beobachtet werden, gerade wegen solcher Aussagen. Dann müssten auch Teile der CDU beobachtet werden. Wir hatten hier schon Sammelsurien, wie Ramsauer und Co. die Leute betitelt haben. Dabei müsste der gleiche Maßstab angesetzt werden. Das ist einfach politisch instrumentalisiert. Das hat man bei Herrn Maaßen ganz klar gesehen.
Zum Abschied will ich noch sagen
(Lachen bei der AfD)
- weil wir uns in der nächsten Legislaturperiode nicht wiedersehen, und das ist auch gut so :
(Lachen und Beifall bei der AfD)
Wenn Sie mir erklären, wir seien rechtsextremistisch
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das haben die Gerichte attestiert!)
- ja, und wir sind natürlich gegen die Demokratie , dann sage ich Ihnen eines: In den Wahlergebnissen und Umfragen zeigt sich eines: Sie sind eine kleine Splitterpartei mit 3 % und wir haben 40 %. In der Stadt, aus der ich komme, hatten wir 48 %.
(Zuruf von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)
Dann wollen Sie mir erklären, ich sei der Rechtsextremist und der Außenseiter? Nein, Sie sind es.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl! - Zurufe von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Sie sind es! Sie leben an der Realität der Leute vorbei. Das ist ganz klar. Dazu muss ich Ihnen eines sagen: Dass gerade Sie sich hier hinstellen und von Rechtsextremisten sprechen - ich glaube, Rechtsextremismus haben Sie in Ihrer Familie genug. - Vielen Dank.
(Lachen und Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Ich will zumindest am Ende des Redebeitrages darauf hinweisen, dass es zu einer politischen Auseinandersetzung gehört, bitte nicht ins Persönliche zu gehen.
(Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD)
Ich will auch darauf hinweisen, dass jeder, der das tut, es dann auch selbst aushalten muss. Das reduziert ausdrücklich die Vernunft der Auseinandersetzung hier. Aber wenn wir solche Dinge selbst tun, dann müssen wir damit rechnen, dass die postwendend wieder zurückkommen und dass es dann hier um persönliche Dinge geht, auch um familiäre Dinge. Ich warne ausdrücklich davor, ich warne ausdrücklich davor! , die politische Debatte auf diese Ebene zu ziehen.

