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Plenarsitzung

Transkript

Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass wir das Geld, das uns auf einem Weg erreicht, den ich gleich so beschreiben werde, wie er uns bisher bekannt ist - dazu werde ich einiges sagen  , einsetzen wollen, um den Investitionsstau - nicht: zu vermeiden - abzubauen und darüber hinaus das Land zu modernisieren. 

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Ich bin nicht ganz so euphorisch wie Herr Schmidt, der den Gesetzentwurf vorhin so wahnsinnig gelobt hat. Es wird jetzt ein bisschen technisch - dafür bitte ich um Verständnis  , 

(Guido Kosmehl, FDP: Habe ich!)

damit man überhaupt nachvollziehen kann, welchen Stand wir im Augenblick haben und welche Überlegungen wir innerhalb meines Hauses angestellt haben. Wir haben sie im Kabinett noch nicht anstellen können; denn Sie müssen wissen, dass uns dieser Referentenentwurf erst seit Dienstag bekannt ist. Am Freitag um 19 Uhr hat einer auf den Knopf gedrückt und dann ist er online versandt worden. Wir als Länder haben ihn nur nachrichtlich bekommen. Er ist nämlich zur Stellungnahme an die kommunalen Spitzenverbände gegangen, die ihn allerdings wohl schon vorher hatten. Die erste Stellungnahme erfolgte, als das Schreiben noch gar nicht draußen war. 

Man muss auch wissen, dass dieser Referentenentwurf innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt ist. Das ist der nächste Schritt. Das ist natürlich zustimmungspflichtig. Das heißt, die Länder müssen das entsprechend mittragen. 

Zur Zeitschiene für Sie. Das wollte ich auch noch loswerden, damit wir uns nicht darüber unterhalten, ob wir vor oder nach der Sommerpause Geld verteilen können. Das wird so nicht der Fall sein. Wir haben einen Kabinettsbeschluss vorgesehen - so ist es zumindest beabsichtigt - am 24. Juni 2025. Danach folgen die Zuleitung zum Bundesrat am 26. Juni 2025, die erste Beratung im Bundesrat am 11. Juli 2025, den Kabinettsbeschluss zur Gegenäußerung am 23. Juli 2025, die erste Lesung im Bundestag am 11. September 2025, eine Anhörung und die abschließende Beratung im Bundestag bis zum 8. Oktober 2025, die zweite und dritte Lesung im Bundestag bis zum 10. Oktober 2025, die zweite Beratung im Bundesrat am 17. Oktober 2025. Wenn das so kommt, müsste das Gesetz Ende Oktober 2025 in Kraft treten. 

(Zurufe von der FDP)

Nun kommt es: Es ist nicht so, dass wir dann sofort loslegen könnten, sondern es bedarf dann einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den 16 Ländern. Das wird eine einheitliche Vereinbarung sein, die das, was hier im Gesetz geregelt ist, vertieft. 

Ich möchte Ihnen das kurz darstellen, damit wir wissen, worüber wir hierbei reden: Sie können davon ausgehen, dass das Finanzministerium alles tun wird, um im Kabinett - unter anderem unter Beratung mit den Koalitionsfraktionen - so schnell wie möglich Lösungen zu erarbeiten. Diese Lösungen müssen aber auch so sicher wie möglich sein, weil der Bund das Ganze überprüfen wird und sich auch alles in Bezug auf Rückforderung, Verzinsung usw. vorbehalten hat. 

Wir reden insgesamt über 2,53 Milliarden €. Es ist tatsächlich so, dass man hier den Königsteiner Schlüssel anwendet, den man hier entsprechend angepasst hat. Im Vorfeld haben wir die Ressorts - nicht die Maßnahmen - abgefragt, um die Bedarfe zu ermitteln. Sie sehen: Das ist eine vielfache Überzeichnung der 2,53 Milliarden €. Interessant ist, Herr Schmidt, dass basierend auf den uns von den Ressorts gemeldeten Bedarfen 63 % auf die Kommunen und 27 % auf das Land entfallen würden. 

Wenn Lydia Hüskens uns, ich sage einmal, ein Brückenbauprogramm vorschlagen würde, dann wäre es natürlich nicht nur ein Brückenbauprogramm für das Land, sondern selbstverständlich auch eines für die Kommunen. Entsprechend haben wir auch dort eine Verteilung. 

(Beifall bei der CDU Und bei der FDP - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Der Gesetzentwurf sieht eine Reihe von Vorgaben vor. Wir reden einmal - das ist hier auch gesagt worden - über eine relativ breite Zweckbindung. Es sind insgesamt neun Themen: Bevölkerungsschutz, Verkehrsinfrastruktur, Krankenhausinfrastruktur, Energieinfrastruktur, Wärme- und Energienetze, Bildungsinfrastruktur, Betreuungsinfrastruktur, Wissenschaftsinfrastruktur sowie Forschung und Entwicklung, Digitalisierung; es ist wirklich ein breites Spektrum.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- Ja. Das Thema Zusätzlichkeit wurde bereits angesprochen. Dieses Thema muss mit dem Bund geklärt werden. 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Er hat zwar ein sehr vereinfachtes Verfahren vorgesehen, welches aber auch für uns alles andere als optimal ist. Er sagt nämlich, dass die Bemessungsgrundlage für uns das ist, was ihr vorher im Kernhaushalt an Infrastrukturmaßnahmen und Beträgen vorgesehen habt. 

Jetzt haben wir das Sondervermögen „Corona“. Wir haben die Kohleinfrastrukturmittel. Wir haben die Bundes- und die EU-Mittel. 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Das alles würde die Bemessungsgrundlage - dann ist noch die Frage, ob es die Soll- oder die Istzahlen sind  , entsprechend hochschrauben mit der Folge, dass wir nur das Geld darüber hinaus einsetzen könnten. Das muss man sich vor Augen halten. Das war nicht unsere Überlegung, um es deutlich zu sagen. Das wird ein Punkt sein, hierbei zwischen den Ländern und dem Bund zu einer Lösung zu kommen, damit uns das hinterher nicht großen Probleme bereitet. Wir müssten prüfen, wie wir Sonderumstände oder Sondermaßnahmen möglicherweise herausrechnen können. Im Detail ist dabei, Andreas Schmidt, eine ganze Menge zu machen, damit wir hinterher nicht noch ein größeres Problem bekommen. 

Was aus meiner Sicht auch schwierig ist, das ist die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Der Bund will nämlich vorher von uns wissen, wie wir das Verfahren zur Umsetzung der 100 Milliarden € betreiben. Da bin ich bei Andreas Schmidt. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wir wollen es uns so einfach, also so schnell und so rechtssicher wie möglich machen. Wir hatten im Vorfeld die Überlegung, das Zuwendungsrecht insoweit auszuschließen. Das heißt, dass wir keine Richtlinie erstellen, sondern das über eine Verordnung mit einem Musterbescheid regeln wollen, damit wir in der Lage sind, das Geld zur Verfügung zu stellen. 

Nun muss man Folgendes wissen: Wir sind vorher davon ausgegangen, dass wir mit Pauschalen arbeiten können. Wir sehen es heute noch genauso, dass wir in die Richtung gehen können. Aber der Bund zahlt erst auf Rechnung. Er zahlt auf Rechnung.

(Guido Kosmehl, FDP: Aha!)

Das heißt, auch hier muss vorfinanziert werden. Der Bund wird natürlich nicht jede Rechnung bezahlen, sondern dies nach Stichtagen tun; auch das ist klar. 

(Guido Kosmehl, FDP: Aua! - Ministerin Dr. Lydia Hüskens lacht)

Bevor es überhaupt losgeht, haben wir dem Bund nicht nur das Verfahren zu beschreiben, sondern müssen wir darlegen, welche Maßnahmen hier vorgesehen sind. In der halbjährlichen Berichterstattung, die bis zum Jahr 2031 vorzunehmen ist, und danach in der jährlichen Berichterstattung müssen wir angeben, welche Maßnahmen beabsichtigt, begonnen oder abgeschlossen wurden. 

Ich will das nicht zu stark problematisieren. Aber es sind alles sehr bürokratische Themen. Wir müssen schauen - das waren nicht die Vorstellungen der Länder und entsprach nicht den Vorstellungen der Ministerpräsidenten; das muss ich ganz deutlich sagen  , dass wir da noch einen Schritt vorankommen, um hierbei für eine Vereinfachung zu sorgen. 

Das heißt für uns, dass wir parallel zu dem Gesetzgebungsvorhaben des Bundes alle Vorbereitungen treffen müssen. Wir müssen aber sichergehen, dass das im Rahmen der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern bestätigt wird. Andernfalls könnten wir es gar nicht umsetzen. Dann können wir hier das Gesetzesvorhaben entsprechend einbringen. 

Jetzt kommen wir noch einmal zu dem Thema Verteilung. Dieser Gesetzesentwurf sieht vor: mindestens 60 % und finanzschwache Kommunen sind zu bevorzugen. Zur Definition der finanzschwachen Kommunen wird dort gesagt: Das sollen die Länder ihren besonderen Umständen entsprechend definieren. Dazu muss man sagen, dass der Bund in der Vergangenheit bei ähnlichen Vorhaben doch eingegriffen und selbst Vorgaben gemacht hat. 

Wir müssen uns genau anschauen, wie wir das machen. Wir haben natürlich auch Überlegungen, die wir innerhalb des Kabinetts und auch innerhalb der Koalition besprechen müssen: dass man hier mit einem Budget arbeitet, das man den Kommunen geben kann. Wir müssen schauen, wie wir das Verfahren nachher absichern.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Wir müssen darauf achten, dass die Kommunen auf der einen Seite sehr schnell tätig werden können, dass sie aber auf der anderen Seite aufgrund der Beträge, die zur Verfügung stehen, nicht nachher wegen einer Maßnahme nichts anderes mehr machen können. Wenn es um eine größere, rein kommunale Straße geht und die Kommune ihr Budget dafür verwenden würde, dann wäre für nichts andere mehr Geld da. 

Sie müssen davon ausgehen: Bei 100 Milliarden € kann man sich, selbst wenn wir 63 % nehmen - wir haben 2,53 Milliarden €  , ausrechnen, wie viel das ist. Einer hat es einmal ausgerechnet: Das sind pro Einwohner 700 €. Bei einer Kommune mit 20 000 Einwohnern liegen wir bei 14 Millionen €, und das relativiert dann wieder.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Wir müssen uns sehr wohl überlegen, wie wir es machen, dass wir die kommunale Seite so stark wie möglich unterstützen und gleichzeitig auch noch Landesmaßnahmen berücksichtigen. Das ist die Arbeit, die wir haben. Wir müssen sehen, wie wir das am besten umsetzen können, um den größten Effekt zu erreichen.

Es war die Frage, wer zahlt. Hierzu muss ich deutlich sagen: Diese 100 Milliarden € - das ist ein Sondervermögen des Bundes - belasten den Bund. Der Bund muss dafür Zins und Tilgung zahlen. Das Land wird nicht belastet, es wird auch nicht bezogen auf Schulden belastet.

Die 0,35 % würden uns schon belasten.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber hallo!)

Da muss man noch einmal differenzieren. Letztlich zahlt es der Steuerzahler der Bundesrepublik Deutschland; das muss man auch einmal klar sagen. Insoweit bitte ich, dabei zu differenzieren, damit wir mit den unterschiedlichen Möglichkeiten und den anstehenden Umsetzungen nicht durcheinanderkommen.

Das war jetzt vielleicht ein bisschen viel Technik, aber letztlich sind das die Dinge, die wir jetzt alle vorantreiben müssen. Wir haben, glaube ich, übernächste Woche Finanzministerkonferenz und werden dort schauen, wie wir in der Ländergemeinschaft Kompromisse finden, um uns nicht darüber auseinanderzudividieren. Das sage ich so deutlich, weil es sonst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat und darüber hinaus auch bei der Mustervereinbarung, die geschlossen werden muss, schwierig wird und die Länder einheitlich vorgehen. Ansonsten wird sich der Prozess sehr weit hinauszögern, was wir alle nicht wollen.

Ich will damit deutlich machen, dass wir das Geld so schnell wie möglich zur Verfügung stellen wollen, wir aber die Verfahren trotzdem zu beachten haben. Da ist es ganz wichtig, dass der Bund und letztlich auch wir, die Länder, über den Bundesrat und die Bundeskammer zügig mitwirken.

Das vielleicht als Einstieg in die Diskussion; das wird uns sicherlich nach der Sommerpause vielfältig beschäftigen. Wir werden dann sehen müssen, wie wir im Herbst das Gesetzgebungsvorhaben mit Ihnen zusammen im Hohen Parlament sehr schnell umsetzen können. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Richter, je länger Sie geredet haben, desto mehr Fragen haben sich ergeben. Ich meine das nicht als Vorwurf, ich meine das als Fakt.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Es ist nicht meine Aktuelle Debatte.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ja. Trotzdem der Hinweis: Auch Regierungsmitglieder dürfen einmal auf diese Lampe gucken, und wenn sie rot leuchtet, dann ist die Redezeit vorbei.

(Lachen)

Abgeordnete kennen das, Minister dürfen das auch wissen. - Jetzt geht es los mit Frau Lüddemann. - Bitte.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Je länger Sie geredet haben, desto erschrockener war ich

(Oh! von Frank Bommersbach, CDU - Zuruf von der CDU)

ob der Kompliziertheit dieses Vorgangs. Es klang erst so, dass wir das alles ganz unkompliziert machen wollen: der Bund an die Länder und die Länder an die Kommunen, und dann soll das sofort umgesetzt werden. Das haben Sie ja geschildert: Ende Oktober, Bund-Länder-Vereinbarung, das wissen wir alle, also wird das dieses Jahr nichts mehr.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Das kriegen wir schon hin.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Was mich beschäftigt: Es gab die Idee in Sachsen-Anhalt, vorhandene Instrumente zu nutzen, also die Investitionspauschale im FAG aufzustocken, damit die Kommunen Bauvorhaben, die sie eh vorhaben und in der Schublade haben, die sie aber nicht finanzieren können, weil alles zu teuer ist, umsetzen können. Wenn ich das jetzt richtig mit dem, was Sie gerade vorgetragen haben, in Zusammenhang setze, dann ist das völlig unmöglich.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Das geht nicht. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ich will das einfach nur bestätigt haben: Nach dem, was Sie jetzt vorgetragen haben, wäre das unmöglich, weil alles auf Rechnung geht und mit den Ländern und dem Bund abzurechnen ist.

(Olaf Meister, GRÜNE: Sondervermögen auch, nehme ich an! - Guido Kosmehl, FDP: Quatsch!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Dann antworten Sie einmal.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Das geht tatsächlich nicht. Es ist zu beachten, dass wir das für unsere Fördervorhaben und auch Kofinanzierungen - Bundesmittel, GAW oder EU-Mittel  , die wir zu dem Stichtag haben, nicht nutzen können. Es muss etwas Neues sein, so sage ich es ein bisschen pauschal.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Dann folgt Herr Erben.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Sie können nicht einfach im FAG die Investitionspauschale aufstocken. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Keine Zwiegespräche! Herr Erben ist an der Reihe.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Frau Lüddemann! Schluss jetzt!


Rüdiger Erben (SPD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie mögen mir nachsehen, wenn ich uns beide als alte Schlachtrösser in der Landespolitik bezeichne. 

(Zuruf)

Ich möchte Sie gern fragen, ob Sie mir darin zustimmen, dass es in der Geschichte des Landes durchaus positive Beispiele dafür gibt, wie wir solche Programme umsetzen können. Ich erinnere an das Konjunkturpaket II in den Jahren 2009 und 2010, als es uns sehr wohl gelungen ist, eine Kommunalpauschale mit Verwendungszweck zur Anwendung zu bringen. Erstens.

Zweitens. Stimmen Sie mir darin zu, dass es kein Hexenwerk ist, wenn wir definieren, was eine finanzschwache Kommune ist? Auch das haben wir nach meiner Erinnerung schon mindestens zweimal gemacht, als wir festgelegt haben, wie wir die Bundesmittel verteilen. Zugegebenermaßen reden wir jetzt über viel größere Volumina und über einen längeren Zeitraum, aber beides müsste aus meiner Sicht unter Zurückgreifen auf Modelle aus früheren Jahren leicht umsetzbar sein.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Herr Erben, klar haben wir uns das angeschaut. Wir sind gedanklich schon viel weiter. Wir waren noch weiter und dann hat uns dieser Entwurf wieder etwas zurückgeholt. Wir wollten tatsächlich mit Pauschalen rausgehen und müssen jetzt aber ein Budget zur Verfügung stellen. Mit der Zweckbindung ist das auch klar. Insofern ist das ein Verfahren, das wir auch wieder betreiben werden.

Wir können auch eine finanzschwache Kommune definieren; auch das ist nicht das Problem. Aber es ist die Frage, wie wir sie in die Lage versetzen, das sinnvoll umzusetzen. 

Das nächste Problem ist die Vorfinanzierung. Auch sie müssen vorfinanzieren; auch dafür brauchen wir Lösungen. Insoweit machen wir uns darüber Gedanken.

Die Schwierigkeit, die wir haben, ist, dass wir uns zwar heute schon die Gedanken machen können, aber letztlich müssen wir das gesamte Verfahren weiterhin begleiten. Wir müssen sehen, dass der Bund das Verfahren, so wie wir es uns vorstellen, auch akzeptiert. Das hat er sich vorbehalten.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke. - Es geht weiter mit Herrn Meister.


Olaf Meister (GRÜNE):

Danke, Herr Präsident. - Parallel zu der Diskussion, die wir jetzt gerade führen, läuft auch die Diskussion, dass der Bund Steuergeschenke machen will; ich sage nur Gastro-Mehrwertsteuer. Das Finanzministerium hat gesagt, das würde das Land möglicherweise 52 Millionen € kosten. Weitere Dinge kommen hinzu. Dazu gibt es demnächst Bundesratsabstimmungen. Wie wird sich das Land dazu verhalten?

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Im Bundesrat haben wir morgen die erste Lesung. Da ist freie Hand vereinbart. Das wird sich morgen zeigen. 

Vielleicht einige Hinweise: Die Absenkung auf 7 % in der Gastro entspricht nicht 52 Millionen €, sondern 42 Millionen €. Sie kennen die Diskussion mit den Ländern und dem Bund. Wir haben selbst eine Erklärung unterschrieben, dass wir eine Forderung aufstellen, dass der Bund sich stärker beteiligen muss.

Wir haben auf der einen Seite die Situation, dass wir die Wirtschaft auf jeden Fall nach vorn bringen müssen. Wir brauchen Wachstum, Stichwort degressive AfA, Thema Körperschaftsteuer. Auf der anderen Seite haben wir dadurch erhebliche finanzielle Belastungen, nämlich Steuermindereinnahmen, die sich im Jahr 2025 noch nicht großartig auswirken, im Jahr 2026 schon, und dann geht es nachher in Größenordnungen hoch. Das Steuerpaket sieht ja noch nicht alles vor. Es kommt noch die Entfernungspauschale und Sonstiges hinzu, das auch noch im Raum steht.

Die Argumentation des Bundes wird sein: „Wir geben euch 100 Milliarden €“. - Das habe ich gestern auch schon gehört. Aber auf der anderen Seite sage ich als Finanzminister, dass wir die Mindereinnahmen verkraften müssen, weil wir diese Maßnahmen für die Wirtschaft brauchen. Das sage ich in dieser Deutlichkeit.

Wir können uns über die Gastro streiten, aber über die degressive AfA brauchen wir uns hier nicht zu streiten. Irgendwo müssen wir etwas für die Wirtschaft machen. Wir brauchen Signale in die Wirtschaft, und wenn wir jetzt anfangen, darüber schon wieder zu diskutieren… - Wir wollen ja nicht das weitermachen, was in den letzten Jahren in Berlin passiert ist. Das hilft uns wirklich nicht weiter.

Morgen ist der erste Durchgang im Bundesrat, und wir müssen sehen, wie wir uns mit dem Bund verständigen können, was dieses Steuerpaket betrifft. Das Wachstumschancengesetz haben wir auch noch, das finanziell noch nicht untersetzt ist. Das kommt im laufenden Haushalt, im Vollzug, auch noch auf uns zu. 

Das sind viele Herausforderungen, die wir meistern müssen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir hier im Land in Richtung Antragsteller alles machen werden, um dieses Geld so optimal und so schnell wie möglich einsetzen zu können.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es geht weiter. - Herr Staudt, Sie haben das Wort.


Thomas Staudt (CDU):

Herr Richter, als Sie von finanzschwachen Kommunen gesprochen haben, ist mir eine Frage eingefallen. Wie definieren Sie finanzschwache Kommunen in Bezug auf die 100 Milliarden €? Sind das die Kommunen, die in der Konsolidierung sind? Oder sind das Kommunen, die ihre Jahresabschlüsse machen und mit dem Geld vernünftig umgehen? Machen die dann Nase? Oder wie werden finanzschwache Kommunen bei der Verteilung der Gelder definiert?


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Herr Staudt, wir sind gerade dabei, uns Gedanken zu machen. Wir haben natürlich Vorbilder, wie etwa 2015 - ich komme auf Rüdiger Erben zurück. Es sind rund 20, 25 Kommunen, die darunterfallen würden. Wir werden das noch einmal mit dem Bund abstimmen. Es sind aber nicht diejenigen, die sich in Konsolidierung befinden. Das wäre ein ganz anderes Volumen.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Zuletzt haben wir noch Herrn Kosmehl.


Guido Kosmehl (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Finanzminister, ich habe tatsächlich eine Frage zu der sich abzeichnenden Notwendigkeit der Vorfinanzierung. Ich stelle mir das schwierig vor, sowohl für die kommunale Seite als auch für den Landeshaushalt, wenn wir zunächst in Vorfinanzierung gehen - das geht oftmals nur durch neue Kredite -, um dann die Rechnungen zu bezahlen.

Da würde mich schon interessieren, welches Argument der Bundesfinanzminister der SPD gefunden hat, das über eine Vorfinanzierung zu regeln und erst nachträglich abzurechnen, und warum er offensichtlich nicht das Vertrauen in die Länder und die Kommunen hat, um die Mittel sofort zur Verfügung zu stellen.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Ich bin nicht der Bundesfinanzminister, aber es gibt dabei auch eine fiskalische Erwägung. Er will natürlich nur das Geld aufnehmen, was tatsächlich benötigt wird. Es ist ja nicht so, dass er jetzt 500 Milliarden € aufnehmen und das Geld irgendwohin packen wird. Vielmehr - davon gehe ich einmal aus - will er eine Einschätzung von den Ländern haben, in welcher Größenordnung in den Jahren 2025 und 2026 Beträge anfallen, und danach seine Finanzpolitik betreiben.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Eine kurze Nachfrage.


Guido Kosmehl (FDP): 

Kann ich daraus dann ableiten, dass es sozusagen unsere 2,53 Milliarden € auch nur in den zwölf Jahresscheiben gibt? 


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Nein, nein. 


Guido Kosmehl (FDP): 

Oder könnten wir auch 2,53 Milliarden € vorfinanzieren und sofort abrechnen? 


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Wenn wir das könnten   so zumindest der Entwurf; der sieht da jetzt keine Unterscheidung vor; aber das ist natürlich völlig unrealistisch, weil wir es auch gar nicht könnten  , wäre es denkbar - wenn man, sage ich einmal, in der Lage wäre, planungsrechtlich entsprechende Maßnahmen sehr schnell umzusetzen. Wir müssen gucken, wie wir nachher tatsächlich damit umgehen, wie wir mit den Kommunen dort eine Lösung finden; denn das ist sicherlich ein Riesenthema. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

In Ordnung. Dann sind wir durch und Sie dürfen sich setzen.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Schönen Dank.