Stefan Gebhardt (Die Linke):
Bisher liefen doch die Debatten zu dem Thema Kultur immer sehr
(Unruhe)
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Herr Gebhardt, ich glaube, Sie müssen warten, bis sich die Gemüter wieder etwas beruhigt haben. - Nun können Sie anfangen. Bitte schön, Herr Gebhardt.
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Erst einmal finde ich es immer wieder gut, wenn wir hier über Kultur re-den; denn so häufig ist das hier nicht der Fall. Das hat auch ausdrücklich etwas damit zu tun, dass wir versuchen, in der Kulturpolitik immer im guten Konsens miteinander zu arbeiten, um unser Kulturland Sachsen-Anhalt gemeinsam voranzubringen. Ich denke, das sollte auch weiterhin so bleiben.
(Zustimmung bei der CDU)
Ich finde, mit dem Kulturpass hatte die Ampel-Koalition tatsächlich eine gute Idee. Das will ich auch gar nicht kleinreden. Auf Initiative der damaligen Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist der Kulturpass ein-geführt worden. Das Ziel war von Anfang an klar: Man wollte jungen Menschen gerade nach der Pande-mie kulturelle Teilhabe ermöglichen.
Die Zahlen wurden schon genannt. Im Jahr 2023 bekamen Jugendliche ab dem 18. Lebensjahr einen Zu-schuss in Höhe von 200 € für den Kauf von Konzert-, Kino- oder Ausstellungstickets, Theaterkarten, Bü-chern, Musikinstrumenten oder auch Museumskarten. Leider wurde der Betrag ein Jahr später schon halbiert. Es waren dann nur noch 100 €.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt jetzt 200 € für den Kulturpass Sachsen-Anhalt. Mich würde interessieren, wie Sie damals argumentiert haben, als bundesweit auf einmal 100 € ausgereicht haben. Das war damals Ihr eigener Vorschlag. Vielleicht könnten Sie dazu noch etwas sagen.
Doch nun steht das Projekt quasi vor dem Aus. Kulturstaatsminister Herr Weimer hat offenbar kein Inte-resse daran, das Projekt fortzuführen oder ein ähnliches auf den Weg zu bringen. Aber, meine Damen und Herren, kulturelle Teilhabe von jungen Menschen sollte uns doch weiterhin sehr wichtig sein.
Ich weiß nicht, warum es als so kritikwürdig empfunden wird, dass junge Leute von diesem Geld Kinokar-ten oder Bücher gekauft haben. Selbst wenn das zum Teil so war, dann freuen wir uns doch immer, wenn junge Leute anfangen zu lesen.
Herr Silbersack hat darauf hingewiesen: Wir hatten eine sehr interessante Anhörung mit dem Verlagswe-sen. Wir alle waren uns darin einig, dass wir junge Leute mehr zum Lesen animieren wollen. Junge Leute sollen sich wieder Bücher kaufen. Nun stellen wir fest, dass vom Kulturpass vorwiegend Bücher gekauft wurden, und darüber regen sich alle auf und sagen: Dafür war der nicht gedacht. Also was denn nun?
Das Buch gehört schon zum deutschen Kulturgut. Ich glaube, dass junge Leute animiert werden sollten, wieder mehr zu lesen.
(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei der CDU)
Insofern kann ich es nur begrüßen, dass das Geld auch für Bücher und Literatur ausgegeben wurde.
Herr Weimer sieht das offenbar anders. Er betrachtet die Dinge an dieser Stelle ausdrücklich anders und zeigt, dass er kein Interesse daran hat, kulturelle Bildung fortzuführen. Er versteckt sich dabei Herr Aldag hat es bereits gesagt hinter dem Bericht des Bundesrechnungshofs.
(Marco Tullner, CDU: Das ist aber sehr versimpelt!)
Nun kann man natürlich auch einiges am Kulturpass kritisieren. Herr Hövelmann hat einiges genannt. Der Pass ist bspw. vorwiegend in städtischen Gebieten und weniger im ländlichen Raum attraktiv gewesen. Er ist zu wenig von 18 Jährigen angenommen worden und er ist vor allem in Bezug auf die Anmel-dung Personalausweis usw.; Sie haben es geschildert viel zu kompliziert.
Aber das heißt doch im Umkehrschluss nicht, dass das Angebot, wenn wir den Kulturpass abschaffen, besser wird. Wenn das Angebot vollständig verschwindet, dann kann es doch nicht besser werden. Es ist dann einfach nicht mehr vorhanden. Wir alle hätten uns doch bemühen können, ein solches Angebot für junge Leute attraktiver zu gestalten. Ich weiß nicht, welche Logik hinter der Aussage stecken soll: Wenn wir das Angebot abschaffen, dann wird es besser. Es ist dann einfach nicht mehr vorhanden. Das gehört doch zur Ehrlichkeit dazu.
(Zustimmung bei der Linken)
Hunderttausende junge Menschen stehen dann ohne diese Unterstützung da. Natürlich haben diejeni-gen, die das Angebot angenommen haben, davon Kultur konsumiert. Das wird jetzt in der Kulturland-schaft fehlen.
Zum Buchhandel habe ich schon etwas gesagt. Wir hatten im Ausschuss kürzlich den Börsenverein des Deutschen Buchhandels zu Gast. Der Buchhandel hat von dem Kulturpass deutlich profitiert; es wurden 600 000 Bücher mehr verkauft. Das ist doch eine tolle Zahl. Ich finde, dass wir damit in bestimmten Be-reichen eine aktive Wirtschaftsförderung betrieben haben. Das ist unterm Strich doch eine typische Win-Win-Situation.
Ich will zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisch sagen, dass er finanziell über-haupt nicht untersetzt ist. Wir haben uns die Mühe gemacht und uns den Kulturetat
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
- Herr Meister, Sie lachen. Sie erinnern uns immer an die finanzielle Untersetzung, wenn Anträge dieser Art von uns kommen.
Aber das hätten wir uns an dieser Stelle wirklich nicht getraut, weil es Augenwischerei ist. Wir haben nachgeschaut. Es gibt in Sachsen-Anhalt zum Stichtag 31. Dezember 2024 mehr als 21 000 Menschen im Alter von 18 Jahren. Wenn man einen Kulturpass für alle einführen und für jeden 200 € bereitstellen will, dann benötigt man dafür ein Gesamtbudget im Umfang von mehr als 4 Millionen €, 4,2 Millionen €. Diese sind im Kulturhaushalt im Moment aber nicht ohne Weiteres zu finden. Es gibt in dem aktuell beschlos-senen Kulturhaushalt keine freien Mittel in dieser Höhe. Es stehen maximal 2,7 Millionen € an freien Mitteln zur Verfügung. Aber davon könnten wir den Kulturpass, so wie Sie ihn beschrieben haben, nicht finanzieren.
Wir haben ursprünglich gedacht: Okay, wir überweisen diesen Antrag vielleicht an den Ausschuss und re-den einmal darüber, was man damit überhaupt machen kann, und versuchen, eine Debatte darüber hin-zukriegen. Vielleicht hätten wir auch eine kleine Evaluierung des Kulturpasses für Sachsen-Anhalt hinbe-kommen. Nun liegt
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Herr Gebhardt, Sie sind am Ende Ihrer Redezeit.
 Stefan Gebhardt (DIE LINKE): 
- ich komme zum Schluss der Antrag
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Es gibt sogar eine Frage, sodass sich Ihre Redezeit vielleicht verlängert.
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Nun liegt der Antrag der Koalitionsfraktionen vor. Ich denke, er wird hier eine Mehrheit finden. Allerdings steht darin nur, dass alles so weiterlaufen soll wie bisher. Herr Hövelmann, erklären Sie bitte, was nach dem Antrag besser werden soll. Ich habe wirklich nichts gefunden. Insofern können wir diesem Antrag als Opposition nicht zustimmen und plädieren weiterhin für eine Ausschussüberweisung. - Besten Dank.
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Herr Gebhardt, ich habe eben gesagt, es gibt eine Frage, und zwar eine von Frau Lüddemann, wenn Sie sie zulassen.
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Ja.
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Frau Lüddemann, bitte schön.
 Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 
Ich fand es ja ein bisschen putzig, dass ausgerechnet Sie als Vertreter der Linken sich darüber mokieren, dass wir einen Antrag stellen, der noch nicht finanziell untersetzt ist.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf: Ja, das ist schon sehr komisch!)
Ich kann mich an viele Anträge aus Ihrer Fraktion erinnern, die sehr, sehr viel Geld kosten und die nicht untersetzt waren.
(Zustimmung bei der CDU)
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Frau Lüddemann, können Sie ein wenig näher an das Mikrofon gehen? Ich verstehe Sie ganz schlecht.
 Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 
Aber ich glaube, die Kollegen haben verstanden, was ich sagen wollte.
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Ja, aber Sie stellen die Frage doch mir und nicht den Kollegen.
 Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 
Geht es jetzt? - Sehr viel näher kann ich nicht herangehen.
Ich gebe Ihnen recht, dass es, je nachdem, wie viele junge Menschen in dem Jahr 18 Jahre alt werden, 3 Millionen € bis 4,5 Millionen € kosten wird.
(Marco Tullner, CDU: Aha!)
Aber würden Sie mir recht darin geben,
(Xenia Sabrina Kühn, CDU: Nein!)
dass es, selbst wenn der Antrag Mitte September 2025 beschlossen werden würde, eine große Leistung wäre, wenn wir zum Beginn des Schuljahres 2026/2027 damit starten könnten? Ich will darauf hinaus, dass wir dann nämlich keine 4 Millionen € mehr brauchen, sondern vielleicht nur noch 1 Million €. Geben Sie mir zudem darin recht, dass es in jedem Haushaltsplan Haushaltsreste gibt, die das dann abbilden würden? Wir haben uns nämlich sehr genau überlegt, wie man diesen Pass finanzieren könnte.
 Stefan Gebhardt (Die Linke): 
Frau Lüddemann, vielen Dank für die Frage. Sie sagten, Sie haben sich das sehr genau überlegt. Ich finde in Ihrem Antrag kein Wort zur Finanzierung, kein Wort dazu.
(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Deswegen kann ich auch nicht feststellen, dass Sie sich das irgendwie überlegt haben. Sie haben jetzt darüber spekuliert, wie viele Jugendliche den Pass dann in Anspruch nehmen würden. Ich glaube, Ihr An-trag sagt eindeutig, dass sie ihn allen 18 Jährigen zur Verfügung stellen wollen. Dann muss man auch erst einmal für alle 18 Jährigen das Geld einstellen. Die Summe, die dafür erforderlich ist, habe ich eben ge-nannt. Alles andere wäre unseriös und Augenwischerei.
Wir müssen zumindest einen entsprechenden Titel ausbringen, damit das Geld abfließen kann.
(Zustimmung bei der CDU)
Aber das geht nur im Rahmen der Haushaltsverhandlungen. Wir haben mehrfach einen Nachtragshaus-halt gefordert. Schließen Sie sich doch der Forderung an, dass wir einen Nachtragshaushalt machen, und dann basteln wir den Kulturpass mit hinein. An uns wird es nicht scheitern.
(Zustimmung bei der Linken - Zuruf von Matthias Redlich, CDU)
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Vielen Dank, Herr Gebhardt.
  

