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Plenarsitzung

Transkript

Jörg Bernstein (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung von mir vorweg: Würden wir den heute eingebrachten Entwurf eines Bildungszeitgesetzes unkommentiert und unverändert und auch zügig im Verfahren passieren lassen, dann würde das aus meiner Sicht zeigen, wie weit wir uns von den realen Sorgen unserer Unternehmer im Land entfernt haben. 

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ah! und Zustimmung bei der AfD)

Jetzt kann man, wie es Kollege Lippmann gerade sagte, damit argumentieren, dass die bisherige Inanspruchnahme kein Grund für die Aufregung im Vorfeld ist. Aber aus meiner Sicht ist genau diese Ausweitung der möglichen Bildungsinhalte der sprichwörtliche Tropfen für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer im Lande, der dann dieses Fass zum Überlaufen bringt. 

Für die Freien Demokraten kann ich versichern, dass die im Vorfeld geäußerten Bedenken und Hinweise von uns ernst genommen werden und wir diese in die parlamentarische Beratung einbringen werden. 

(Beifall bei der FDP)

Aus meiner Sicht sollte die Bildungszeit eine Investition sein, die den Arbeitnehmerinnen, den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern gleichermaßen zugutekommt. Deshalb sollte der Fokus weiterhin auf der berufsnahen Weiterbildung liegen. 

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Genau!)

Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen wollen wir Freien Demokraten nicht noch zwingen, gesellschaftliche Aufgaben mit ihrem Geld zu fördern, wofür sie aus unserer Sicht gar nicht in erster Linie verantwortlich sind. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Wenn man daran denkt, welche vielfältigen Aufgaben Unternehmen übernehmen   von der Zurverfügungstellung von Arbeitsplätzen und dem Zahlen von Steuer einmal ganz abgesehen; viele Unternehmen unterstützen die Vereine vor Ort durch Sponsoring und Ähnliches; das sind diese gesellschaftlichen Aufgaben, die wir für wichtig erachten  , sollte man nicht noch zusätzliche Aufgaben hineinbringen. 

Die Bildungsangebote und die Bedingungen für die Anerkennung und die Freistellung müssen aus unserer Sicht so gestaltet werden, dass sie unsere Unternehmen in Sachsen-Anhalt gerade in der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht noch zusätzlich belasten. 

Neben diesen generellen Anmerkungen zum Bildungszeitgesetz möchte ich ein paar Punkte nennen, die wir in den Ausschussberatungen zusätzlich besprechen werden müssen. Das sind gewisse Unstimmigkeiten. Als Beispiel für das ehrenamtliche Engagement wird hier die Arbeit im Katastrophenschutz und bei den freiwilligen Feuerwehren angeführt - völlig richtig. Schaut man sich dann aber z. B. das Erwachsenenbildungsgesetz an, dann sind gerade diese thematischen Veranstaltungen Ausschlusskriterien für die Förderung von Bildungsmaßnahmen. 

(Zustimmung bei der FDP und von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)

Über solche Widersprüche sollte man diskutieren und diese dann im Verfahren auflösen.

Kleinigkeiten sind es bspw. auch bei der Freistellung von Auszubildenden. Hierbei wird von vier Unterrichtsstunden pro Tag ausgegangen. Schaut man in das Berufsbildungsgesetz, dann ist es so, dass ein Berufsschultag erst als vollständiger Tag gilt, wenn er fünf Stunden Unterricht umfasst. 

(Zustimmung bei der FDP)

Das sind solche Ungereimtheiten. 

Ein Punkt, der mir ganz besonders wichtig ist, ist die Frage der Anerkennung weiterer Träger. Warum wird bspw. diese Bevorzugung der öffentlichen Volkshochschulen nicht auch auf anerkannte Träger nach dem BAMF oder der Arbeitsförderung angewendet. All das sind Dinge, über die wir gern diskutieren möchten. 

Grundsätzlich erkennen wir als Freie Demokraten den hohen Stellenwert des lebenslangen Lernens an. Aber wir sind auch der Meinung, dass dazu viel Selbstbestimmung gehört 

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja!)

und nicht staatliche Planung. 

(Beifall bei der FDP)

Wir beantragen eine Überweisung zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss, den Finanzausschuss, den Innenausschuss und den Sozialausschuss. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Bernstein. - Herr Lippmann hat eine Frage. 


Jörg Bernstein (FDP): 

Herr Lippmann.


Thomas Lippmann (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Kollege Bernstein, aus der Vorgeschichte heraus war zu erwarten   das sieht man auch in der Begründung zu dem Gesetzentwurf  , dass die Auseinandersetzung sich um die Erweiterung der Sachbereiche drehen wird, für die eine solche Bildungszeit genommen werden kann, und zwar insbesondere in Bezug auf die Frage der politischen Bildung und der Bildung im Ehrenamt.

Nun wird in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt, dass gerade mit der Erweiterung auf die politische Bildung eine Lücke geschlossen wird, weil Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland ist, das diesen Sachverhalt, diesen Bereich in seinem bisherigen Bildungsfreistellungsgesetz, jetzt Bildungszeitgesetz, nicht in seinem Portfolio hat. Wie beurteilen Sie das? Steht die FDP, stehen Sie dafür, dass Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland bleibt, das diese Themenerweiterung nicht in sein modernes Bildungszeitgesetz aufnimmt? 

Ich gehe davon aus, dass sich Ihre Kritik auch gegen die Fortbildung im Bereich des Ehrenamtes richtet. Können Sie ausführen, warum dies von der FDP abgelehnt wird, obwohl das Ehrenamt eine große Rolle spielt und wir ein Ehrenamtsgesetz zur Beratung an die Ausschüsse überwiesen haben, in dem auch die Weiterbildung eine Rolle spielt? Warum wird also von der FDP abgelehnt, dass Weiterbildungen im Ehrenamt die Erweiterung erfahren, die vorgeschlagen worden ist?

(Zuruf von der AfD: Sie können sich doch weiterbilden, aber nicht auf Kosten der Unternehmer!) 


Jörg Bernstein (FDP): 

Kollege Lippmann, ich habe ausgeführt: Eine vernünftige Bildung im lebenslangen Kontext sollte aus meiner Sicht auch die Bildung im Ehrenamt einschließen. Das ist kein Thema. Das, was wir anzweifeln, ist z. B. der Punkt, dass Unternehmen hierfür in die Zahlungspflicht genommen werden sollen. Das ist eine zusätzliche Belastung, die wir ausschließen möchten. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Denn es handelt sich hierbei um gesellschaftliche Aufgaben und diese sollten dann bitte auch von der Gesellschaft übernommen werden. 

Wir wissen aus den Vorbesprechungen im Landesausschuss für Erwachsenbildung, dass es geplant war, gerade kleinere Unternehmen   ich glaube, die Grenze lag bei 20 Mitarbeitern   hierbei finanziell zu entlasten. Dies wurde aufgrund der knappen Haushaltslage jedoch gestrichen. Unsere Position ist: Die Kosten für diese Bereiche können wir nicht unbedingt den Unternehmern aufbürden.

Jetzt muss ich überlegen. - Politische Bildung, warum wir die Einzigen sind. Ich sage es einmal so: Man muss nicht immer allen hinterherlaufen. Wenn man eine feste Überzeugung hat, dann kann man auch allein auf weiter Flur sein und dazu stehen. Und in dem Fall stehen wir ggf. auch dazu. Ganz klare Antwort.

(Beifall bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Bernstein.