Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetz-entwurf - ich probiere es einmal ohne Zahnmetaphern, diese kann ich so früh am Morgen noch nicht - benennt die Problematik im Bereich der zahnärztlichen Versorgung sehr prägnant. Für Sachsen-Anhalt werden bis zum Jahr 2035 bis zu 750 Zahnärztinnen und Zahnärzte benötigt, um den aktuellen Versor-gungsstand aufrechtzuerhalten. Mit den 40 Studienplätzen an der Universität Halle wird das nicht zu er-reichen sein. Das ist jetzt kein Schwarzmalen, sondern das ist uns, glaube ich, allen klar, keine Frage.
Daher liegt es auf der Hand, dass wir als Land weitere Schritte gehen müssen. Dass die Einführung einer Landzahnarztquote ein guter Schritt ist, versteht sich im Grunde von selbst. Das ist ein Weg, den wir schließlich mit der Landarztquote und der Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst - diese war heu-te noch nicht im Gespräch - hier im Land bereits gegangen sind und den wir GRÜNEN stets unterstützt haben. Das tun wir auch in diesem Fall, auch wenn drei Studienplätze pro Semester, die über die Quote vergeben werden, natürlich quantitativ nur einen sehr, sehr kleinen Beitrag leisten können. Aber auch kleine Stellschrauben müssen gedreht werden, wenn wir die Versorgung sichern wollen.
Dazu gehören selbstverständlich auch Stipendienprogramme. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung hat sich dazu schon auf den Weg gemacht. Einen Schulterschluss mit einem Landesstipendienprogramm be-grüßen wir an dieser Stelle ebenso, auch wenn ich nicht weiß, ob die Feststellung im Gesetz, die vom Land zu finanzierenden Stipendien ergänzen die Stipendien, die die KZV LSA bereits vergibt, wirklich zu-trifft. Zumindest entnehme ich dem Gesetzentwurf, dass die Stipendien der KZV LSA für die Studienplätze an der Universität Pécs in Ungarn im Wintersemester 2026/2027 auslaufen sollen. Das hieße, von dort an müsste das Land die Stipendien im Ausland allein finanzieren. Wenn das wirklich so gedacht ist, dann würde ich ein großes Fragezeichen dahinter setzen. Wir alle wissen, der Sicherstellungsauftrag liegt bei der KZV LSA. Sie leistet die Pflicht, das Land kann die Kür leisten. Es kann nicht sein, dass einzig der Lan-deshaushalt Stipendien finanziert und dann der KZV LSA für die Administration auch noch Geld überwie-sen wird.
Zu der Zukunft des Stipendienprogramms und der Selbstverwaltung hätte ich im Gesetzgebungsverfahren noch Fragen. Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, dann lasse ich mich gern eines Besseren be-lehren. Aber dazu habe ich Fragen.
Auch wenn der quantitative Blick auf die Versorgung seine Berechtigung hat - ja, es geht schlicht auch um die Anzahl der Köpfe im System , sollten wir nicht vergessen, es geht auch um neue Versorgungsmo-delle,
(Beifall bei den GRÜNEN)
um kommunal getragene Zahnarztpraxen, um Rotationssprechstunden, um mobile Angebote. Die bis zum Jahr 2035 fehlenden 750 Ärztinnen und Ärzte werden wir nicht eins zu eins in die bestehenden Strukturen bringen können. Das heißt, wir müssen auch die Strukturen ändern und modernisieren; denn auch im Be-reich der Zahnärzte ist die klassische Einzelarztpraxis in eigener Niederlassung vielleicht nicht mehr die Musterlösung und auch nicht mehr das, was die Studierenden und die jungen Menschen anstreben.
Zudem ist gerade im Bereich der Zahngesundheit Prävention wichtig und wirksam. Fördern wir Zahn-gesundheit von der Kita bis zum Pflegeheim, dann lässt sich ggf. der Bedarf nach ärztlicher Versorgung mindern. Die Stärkung der Zahngesundheit im neuen Bildungsprogramm für die Kitas begrüße ich deshalb ausdrücklich. Aber schon im Bereich Schule bricht das dann ab. In der Kita ist Zähneputzen absolut üb-lich, mit dem Grundschulalter hört das meistens vollständig auf.
Anderes Thema: Auch ein Verbot von Werbung für ungesunde, insbesondere stark zuckerhaltige Lebens-mittel gerade für Kinder
(Beifall bei den GRÜNEN)
wäre eine Maßnahme für mehr Zahngesundheit, wäre eine Maßnahme für wirksame Prävention. Diese Initiative aus dem damaligen grünen Landwirtschafts- und Ernährungsministerium ist aber leider blo-ckiert worden - schade. Wenn wir in der Prophylaxe von Karies und Co. besser werden, nicht nur als Land, sondern als Bundesrepublik, dann braucht es vielleicht auch die eine oder andere Behandlung we-niger und dann schließt sich die Lücke der Unterversorgung auch aus der anderen Richtung.
Es braucht ein solches Gesamtpaket samt Stipendien und Zahnarztquote. Dafür stehen wir ausdrücklich bereit. Es braucht aber noch mehr. Das können wir als Land diskutieren und voranbringen, z. B. wenn wir unser diesbezügliches Gesundheitsziel des Landes evaluieren und fortentwickeln würden. Auch dafür stehen wir sehr, sehr gern bereit und werden das immer wieder anstoßen. - Vielen Dank.