Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Wir setzen mit der FDP-Fraktion fort. - Bitte.
 Konstantin Pott (FDP): 
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Frage richtet sich an den Bildungsminister. Am gestrigen Dienstag wurde der „Bildungsmonitor“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft veröffentlicht, der die Bildungssysteme der Länder auf unterschiedliche Weise vergleicht. Meine Frage ist: Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse des am gestrigen Dienstag veröffentlichten „Bildungsmonitors“?
 Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 
Herr Minister Riedel, bitte.
 Jan Riedel (Minister für Bildung): 
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrtes Hohes Haus! Zunächst möchte ich Sie herzlich grüßen und meinen Respekt und meine Freude ausdrücken, heute hier und überhaupt in Regierungsverantwortung stehen zu können.
Die Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft stellt zunächst eine bildungsökonomische Vergleichsstudie dar. Das heißt, sie hat einen ganz klar wirtschaftlichen Aspekt. Das möchte ich voranstellen. Natürlich alarmieren uns einerseits einige der Zahlen, die wir darin gesehen haben, die uns aber zum Teil auch nicht neu sind. Zum anderen möchte ich dies auch einordnen. Es handelt sich um eine Vergleichsstudie, in der Zahlen zusammengetragen werden, die bereits existieren, die noch einmal neu gewichtet werden und ins Verhältnis gesetzt werden. Im Ergebnis kommt das für Sachsen-Anhalt heraus, was Sie alle gelesen haben.
Voranstellen möchte ich die Bereiche, in denen wir gut sind. Ich finde, das ist nicht zu unterschlagen. Zunächst ist erstens der Bereich des Förderns anzusprechen. Die Autoren der Studie zeigen uns auf, dass wir im Bereich des Förderns von Schülerinnen und Schülern mit Lernbeeinträchtigungen gute bis sehr gute Ergebnisse im Vergleich erzielen.
Weiterhin ist zweitens die Forschungsorientierung bemerkenswert. Dabei geht es um die Frage, wie Schulen und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, wie sich die Übergänge gestalten und welchen Einfluss die Ergebnisse in unserem Bundesland haben.
Drittens ist die Schulqualität als wichtige Kategorie herauszustellen. Dabei geht es um die Frage, welche Kompetenzen unsere Schülerinnen und Schüler in welcher Art und Weise ausgeprägt haben. Die Studie zeigt, dass wir uns auch in diesem Bereich im bundesweiten Vergleich im vorderen Feld befinden.
Natürlich können wir die Augen nicht verschließen vor den Herausforderungen, die in der Studie formuliert werden. Zwei bis drei dieser Herausforderungen möchte ich herausgreifen.
Zum einen geht es um die Altersstruktur der Lehrkräfte. Das ist zum Teil wiederum ein Kritikpunkt an dieser Studie. Wir kennen die Altersstruktur unseres Lehrkörpers. Wir wissen um die Probleme. Sie alle hier im Haus wissen um die mannigfachen und mannigfaltigen Anstrengungen, die wir im Bildungsministerium und damit im ganzen Land auf uns nehmen, um Lehrkräfte zu gewinnen. Wir stellen zehnmal so viele Lehrkräfte wie noch vor zehn Jahren ein. Wir aktivieren Kategorien von Lehrkräften, an die wir vor fünf oder zehn Jahren noch nicht einmal gedacht hätten. Wir versuchen, sie auch in einer vernünftigen Art und Weise zu qualifizieren und langfristig im System zu implementieren. All das sind Anstrengungen, die wir unternehmen, bis hin zu Einstellungen von pädagogischen Mitarbeitern und pädagogischen Unterrichtshilfen. Diese Aufzählung könnten wir noch beliebig fortführen.
Ich denke, es werden sehr viele Aktivitäten unternommen und dennoch kommen wir nicht an gegen die demografische Hürde, die vor uns steht, dass nämlich der Großteil unserer Kolleginnen und Kollegen zwischen 55 und 65 Jahre alt ist und uns diese sogenannten Babyboomer in den nächsten Jahren wohl sicher verlassen werden. Ich denke, an dieser Stelle spricht die Studie auf etwas an, das wir aus heutiger Sicht erst einmal nur schwerlich steuern können und zu dem wir die Ursachen natürlich in der Vergangenheit suchen müssen. Dafür trage ich aber an der Stelle auch keine Verantwortung. Wir versuchen alles, um der Verantwortung gerecht zu werden.
Weiterhin werden uns in der Studie Aspekte im Bereich der Digitalisierung vorgeworfen. Dabei hebt man ab auf folgende Faktoren - das fand ich ganz spannend : Wie viele Studenten, die Informatik studieren, gibt es im Land? Wie viele Auszubildende gibt es in der IT-Branche? Das sind für ein strukturschwaches Land wie Sachsen-Anhalt Kategorien, die man ziehen kann bspw. im Vergleich zu Hessen oder Baden-Württemberg, die aber aus meiner Sicht nicht ganz so generalisierbar sind, wie es von der Studie dargestellt wird.
Wenn wir betrachten, dass wir Informatik als Unterrichtsfach anbieten, dass wir auch im Sekundarschulbereich, im Gemeinschaftsschul- und Gesamtschulbereich in diesem Jahr damit beginnen, Informatik und Technik zu trennen, gerade weil wir wissen, dass informatische Bildung zukünftig noch stärker gebraucht wird, bis hin zu der Frage, wie programmiert wird und was außer der Endanwenderperspektive eigentlich dahintersteckt, dann halte ich diese Zahlen durchaus für kritisierbar.
Zudem wird herausfordernd in der Studie der Aspekt der Integration herausgestellt; dies hat wesentlich auch in den Medien eine große Rolle gespielt. Dabei geht es um Frage, wie es uns in Sachsen-Anhalt gelingt, Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund - ich glaube, hierbei wird besonders auf ausländische Schülerinnen und Schüler abgehoben, also auf Schüler ohne deutsche Staatsbürgerschaft -, so zu integrieren, dass sie einen Abschluss erreichen. Man muss feststellen, dass wir uns in diesem Bereich im bundesweiten Vergleich auf Platz 16 befinden. Das treibt uns natürlich um. Dafür gibt es auch nicht viele entschuldigende Worte von meiner Seite.
Ich möchte nur sagen, dass wir auch in diesem Schuljahr wieder exzessiv Sprachkurse beginnen bzw. solche weiterführen. An 24 Standorten sind wir gerade dabei, durch externe Anbieter Sprachunterstützung zu geben. Diese Kurse finden in der Regel an Schulen in herausfordernden Lagen mit sehr vielen ausländischen Schülerinnen und Schülern statt. Das schaffen wir aus eigener Kraft aufgrund unserer Altersstruktur nicht. Wir haben auch zu wenige DaZ-Lehrkräfte. 150 dieser Lehrkräfte sind im System vorhanden. Diese Lehrkräfte gibt es auch nicht beliebig und vor allen Dingen auch nicht in Sachsen-Anhalt. Somit sind wir auf externe Ressourcen angewiesen. Das kostet natürlich auch Geld. Die Mittel sind eingestellt und werden auch für diese Maßnahmen ausgegeben.
Dennoch haben wir vor allen Dingen ein Problem im Hinblick auf die Flüchtlingsbewegungen und darauf, diese Kinder adäquat in das allgemeinbildende oder in das berufsbildende Schulwesen zu integrieren und sie dann auch zu Abschlüssen zu führen. Ich denke, an dieser Stelle ist das Bild ein bisschen verzerrt, weil wir in Sachsen-Anhalt ohnehin und von vornherein eine relativ niedrige Migrantenquote haben und damit der Umgang und die Erfahrungen anders sind. Nun kommen diese Flüchtlingsströme dazu, die uns in den letzten Jahren im Schulwesen besonders beschäftigen und uns vor besondere Herausforderungen stellen, auf die wir nicht immer und in jeder Schule bereits die adäquaten Antworten haben.
Aber ich möchte ganz klar sagen, dass das ganz oben auf unserer Agenda steht. Das haben wir im Blick. Ich denke, dass die Maßnahmen, die wir sowohl in diesem Schuljahr als auch im letzten Schuljahr dazu getroffen haben, sicherlich eine Wirksamkeit entfalten. Die vorliegende Studie bezieht sich auf das Jahr 2024. Ich denke, dass wir auch besser werden.
Nichtsdestotrotz - ich will es nicht schönreden - müssen wir, sei es darum, wie diese Studie zusammengestellt wurde und welche Faktoren darin wie gewichtet wurden, eine bessere Position im Ranking der Bundesländer erreichen.
Wichtig ist mir trotzdem noch einmal die folgende Aussage: Schulqualität, Förderqualität und auch die Forschungsorientierung stimmen in unserem Bundesland bereits und an den anderen Dingen sind wir dran.

