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Plenarsitzung

Transkript

Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist heute - das will ich durchaus sagen - ein sehr guter Tag für Sachsen-Anhalt. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden ja ab und an - vielleicht manchmal auch zu Recht - kritisiert, wenn wir sagen, dass bestimmte Themen in Brüssel oder Berlin gelöst werden müssen, weil wir nicht so viel zu tun haben. Dann fragt man zu Recht: Gibt es denn nicht auch Dinge, die ihr allein lösen könnt, die uns helfen? - Dieses Vergabegesetz ist einschließlich aller Regelungen, die wir jetzt hier haben und die jetzt auf den Weg gebracht werden sollen, ein Thema ausschließlich für Sachsen-Anhalt, womit wir gezeigt haben, dass wir dieses Land auch allein voranbringen können. Hier haben wir nicht nach Berlin oder Brüssel gezeigt, sondern haben die Sache selbst in die Hand genommen. Deshalb ist es für unser Bundesland heute ein wichtiger und guter Tag. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das, was der Kollege Ulrich Thomas gesagt hat, kann ich vollumfänglich unterstützen. Ich könnte seine Worte eins zu eins wiederholen; denn man kann es gar nicht oft genug sagen. Fakt ist, dass wir dazu in mehreren Ausschüssen diskutieren werden. Wir haben das entsprechend auf den Weg gebracht. 

Es gibt einen weiteren Punkt, der in der Politik wichtig ist. Der Politik in Gänze - egal wer regiert - wird oft vorgeworfen, dass etwas, dass sie auf den Weg gebracht hat - egal ob es die Vorgängerregierung war oder man selbst  , nicht so gut ist, und es wird weggeredet. Dann sagt man: Es ist ein Gesichtsverlust für die Politik, wenn man etwas novelliert. Das haben wir hier gemacht. Das Vergabegesetz gab es bereits. Wir hätten es nach fünf Jahren, also irgendwann in der nächsten Legislaturperiode, novellieren müssen. 

Wir als Koalition - nicht die CDU, die FDP oder die SPD allein, sondern wir alle - haben jedoch festgestellt, dass es Punkte gibt, die aktuell einfach nicht in Ordnung sind. Deswegen haben wir beschlossen, nicht fünf Jahre zu warten, sondern es jetzt anzugehen. Wir fassen es jetzt an, mit allen Herausforderungen. Das wird in so einer Koalition natürlich unterschiedlich betrachtet. Aber wir haben auch hierbei wieder gezeigt, dass wir gut zusammenarbeiten können und wir jetzt etwas Neues auf den Weg bringen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden - dafür bin ich dem Landtag sehr dankbar; weil es sehr schnell gehen wird  , noch in diesem Jahr diese neuen Regelungen haben. 

Diese neuen Regelungen - auch das will ich sagen - setzen natürlich nicht das gesamte Tariftreue- und Vergabegesetz außer Kraft. Das darf man als Fraktionsvorsitzender so sagen. Als Minister muss ich jedoch sagen, dass das nicht ganz richtig war. 

Am Ende des Tages ist es wichtig zu wissen, dass es viele Themen gibt, die insgesamt für uns wichtig sind. Deswegen habe ich als Minister vor einigen Monaten viele Player zusammengeholt: Kommunen, Unternehmen, Vertreter von Verbänden und Institutionen wie die IHK; auch die Gewerkschaft saß mit am Tisch. Wir haben gesagt: Lasst uns alle Punkte auflisten, die wir hier regeln können, damit es für die Unternehmen einfacher wird, an Aufträge zu kommen, und damit es überhaupt interessant wird, an Aufträge zu kommen, weil man sagt: Das ist mit wenig Bürokratie machbar; es ist für die Vergabestellen einfach. All das haben wir gemacht. 

Ich bin - das will ich sagen - auch dem Sozialministerium, Petra Grimm-Benne bzw. ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sehr dankbar, weil sie sich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengesetzt haben und gefragt haben: Wie kriegen wir die Dinge auf einen Nenner? Wir haben in den nächsten Wochen noch ein paar Hausaufgaben zu machen, damit es insgesamt einfacher wird. 

Ich habe es - das sage ich durchaus - immer für falsch gehalten, dass man, wenn es um Tarifverträge geht, ewig über bürokratische Themen diskutiert und hin und her sucht. Ich erwarte einfach - das ist tatsächlich auch so  , dass unsere Unternehmen in Sachsen-Anhalt vernünftige Löhne zahlen. Dort, wo sie das können, machen sie das auch. In Sachsen-Anhalt gibt keinen Unternehmer, der sagt: Ich behandele meine Mitarbeiter schlecht. Denn dann sind die Mitarbeiter ganz schnell weg. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber es ist genauso wichtig - auch das will als CDU-Wirtschaftsminister sagen  , dass man, wenn man schwarze Schafe hat, sie herausfiltert. Das ist das, was wir immer wollen. Deswegen ist der Weg, den wir jetzt gehen, auch der richtige. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt bestimmte Themen - etwa wenn ich prüfen muss, ob Kinderarbeit bei Leistungen, die man liefert, zugelassen wird oder nicht  , bei denen jeder sagen wird: Das ist bei uns verboten. Das gibt es nicht und das wollen wir auch nicht. Deswegen muss man auch nicht fünfmal bestätigen, dass es so ist, sondern das sind Themen, über die wir diskutiert haben.

Wir haben es insgesamt auf den Weg gebracht. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir jetzt etwas auf den Weg bringen, das in den Ausschüssen sicherlich diskutiert wird, das aber weitgehend, denke ich, schon so geeint ist, dass wir dabei ganz schnell sein werden. 

Ich denke bspw. an die 100 000-€-Schwelle. Wir diskutieren immer darüber, wie wir es eigentlich hinbekommen, dass unsere Unternehmen aus der Region an Aufträge kommen, ohne dass wir Gesetze brechen oder es ein Problem gibt. Bei solchen Aufträgen, die von der Summe nicht so riesengroß sind, wird eine Kommune wie Köthen nicht nach Konstanz gucken und sagen: Dort ist das Unternehmen, das diesen Auftrag vergibt. Zeitz wird auch nicht sonst wohin schauen, sondern es werden Aufträge für die direkte Umgebung sein. Der Malermeister aus dem Nachbardorf wird den Auftrag bekommen und der Tischler aus der Nachbarstraße kann vielleicht im Kindergarten etwas machen, ohne dass wir Riesenausschreibungen und Ähnliches haben. Das kommt am Ende des Tages allen zugute. 

(Zustimmung bei der CDU)

Die Regelungen, die in dem Gesetzentwurf enthalten sind, sind vernünftig. Deswegen sage ich ganz offen: Ich bin sehr stolz darauf, was wir hiermit gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Gestern habe ich eine sehr emotionale Debatte gehört, in der gesagt wurde, die kriegen ja überhaupt nichts hin. Hieran sieht man, dass das populistisch ist. Wahrscheinlich wird heute auch wieder gesagt, dass alles ganz schlecht ist. 

Am Ende des Tages habe ich aus den Kommunen schon lange nicht mehr so viel positives Feedback bekommen. Ich habe von den Unternehmen, von den IHK und von den Handwerkskammern lange nicht mehr so viel positives Feedback bekommen wie für uns als Deutschland-Koalition für dieses Vergabegesetz. Das zeigt, dass diese Regierung, dass diese Parteien vernünftig handeln. Und es zeigt, dass wir auch hierbei auf dem richtigen Weg sind. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Minister. - Herr Gallert möchte gern eine Frage loswerden. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Minister, bevor wir das bewerten, würde ich gern verstehen, was jetzt eigentlich geregelt wird. Sie haben gerade noch einmal gehört, dass die Schwellenwerte, wie Herr Thomas es gesagt hat, mit diesem Gesetz für Bauaufträge auf 200 000 € bzw. auf über 5 Millionen € - ich glaube, 5,2 Millionen € oder so - angehoben werden. 

(Zuruf: 5,5 Millionen €! - Zuruf von Guido Heuer, CDU - Weitere Zurufe)

- 5,5 Millionen €, in Ordnung. - Ich lese einmal die Begründung zu diesem Gesetzentwurf vor. Diese besagt genau das Gegenteil. Darin steht: „Die Vorschriften des TVergG LSA finden nur im sogenannten Unterschwellenbereich Anwendung finden.“ Das heißt: unter diesen Grenzen von 200 000 € und 5,5 Millionen €. Das wird wie folgt begründet: 

„Da der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Oberschwellenbereich abschließend Gebrauch gemacht hat, besteht für die Länder eine Sperrwirkung für abweichendes, ergänzendes und inhaltsgleiches Landesrecht.“ 

Das ist die Begründung zu dem Gesetzentwurf, über den wir hier beraten. Er besagt also, dass alle Regeln, die in diesem Gesetz enthalten sind, ab sofort nicht mehr oberhalb der Grenzen 200 000 € bzw. 5,5 Millionen €, sondern nur noch für den Bereich darunter gelten; denn das dürfen wir nicht anders handhaben. Ich finde die Begründung sowieso falsch. Natürlich dürften wir das trotzdem machen. 

Ich würde gern wissen: Ist es so, dass mit diesem Gesetzentwurf die Anwendungsgrenzen des Vergabegesetzes im Dienstleistungsbereich auf über 200 000 € angehoben werden oder, wie es darin steht, auf unter 200 000 € festgesetzt werden? Diesbezüglich gibt es offensichtlich eine Menge Unklarheiten. Verschiedenen Pressemitteilungen des DGB gehen erst in die eine, dann in die andere Richtung. In dem Gesetzentwurf steht „unterhalb dieser Grenze“. Herr Thomas hat gerade „oberhalb dieser Grenze“ gesagt. 

In diesem Gesetzentwurf steht übrigens auch, dass Sie die Grenzen jetzt frei festlegen können. Das ist der nächste Punkt. Ich sage Ihnen: Das widerspricht sich alles hundertprozentig. Ich würde gern wissen, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen, dass Sie hiermit etwas Gutes gemacht haben. Wofür gilt es dann überhaupt noch? 

(Unruhe)


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Darf ich antworten? - Ich gebe zu, ich habe überlegt, was man im Einzelnen kritisieren könnte; denn es gibt eigentlich nur Positives. Jetzt kommt eine juristische Sache. Deswegen diskutieren wir das ja. Das können wir gern im Ausschuss intensiv diskutieren. Es ist ja nicht so, dass es hier durchgeht und morgen schon umgesetzt wird. Wir werden das im Wirtschaftsausschuss und, wie ich es verstanden habe, auch im Sozial- und im Innenausschuss entsprechend diskutieren. 

Fakt ist: Es gibt drei Werte. Der eine ist 100 000 €. Bis zu dieser Summe kann man, um es ganz einfach zu sagen, eine Vergabe 

(Beifall bei der CDU)

- noch nicht klatschen; ich will es noch sagen - quasi machen, ohne dass man sich an diese gesetzliche Regelung halten muss. 

Das ist übrigens nicht spezifisch für Sachsen-Anhalt. Das machen andere Bundesländer jetzt auch. Deswegen haben wir uns unter den Wirtschaftsministern abgesprochen; denn wir gucken auch, was andere Bundesländer als Best Practice machen. Wir haben das auch auf den Weg gebracht. 

Diese Werte, die Sie genannt haben, sind nicht aus der Luft gegriffen. Das hat mit der Europäischen Union zu tun. Das ist das, was sie zulassen. Bis zu diesem Wert muss man Angebote einholen und diese entsprechend bewerten. Nach den gesetzlichen Regelungen muss man am Ende des Tages auch die Vorgaben erfüllen, die darin enthalten sind. 

Lassen Sie uns das im Ausschuss diskutieren; ich habe es jetzt nicht vor mir liegen. Lassen Sie uns das von den Juristen noch einmal erklären lassen. Fakt ist, dass es jetzt die Möglichkeit gibt, ich vermute, drei Angebote einzuholen, aus denen dann entsprechend ausgewählt werden kann. Das diskutieren wir im Ausschuss. Dort haben wir die Möglichkeit, die Kolleginnen und Kollegen vom juristischen Dienst hinzuzuziehen, die uns das im Detail erklären können. 

Am Ende des Tages ist die Bewertung, es ist viel Bürokratie abgeschafft worden, die nicht nötig ist. Das ist die Nachricht des Tages.