Eva von Angern (Die Linke):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, Kritik an der Landesentwicklung ist nötig. Wir als linke Opposition kritisieren den Kurs der Landesregierung immer dann, wenn wir es für erforderlich erachten.
Diese Regierung gefällt sich im geräuschlosen Miteinander, man könnte auch sagen, in einer geräuschlosen Schlafmützigkeit. Und es reicht eben nicht, dass FDP, SPD und CDU in Sachsen-Anhalt so etwas wie ein Stillhalteabkommen haben. Hinzu kommt, dass niemand, tatsächlich niemand in der Regierungskoalition den Mumm hat, sich einmal aus der eigenen Komfortzone der eigenen Klientel herauszubegeben.
Man möge sich eine Verkehrsministerin der FDP vorstellen, die sich für das 9-€-Ticket eingesetzt hätte, für den Ausbau der Schiene - das wäre doch einmal etwas gewesen ,
(Zustimmung bei der Linken)
oder einen Wirtschaftsminister der CDU, der fände, dass der Arbeitgeber einmal anständigen Lohn bezahlen möge
(Ach! bei der CDU - Zuruf von der CDU: Wo leben Sie denn!)
und nicht der Staat den Aufstockern helfen müsse das wäre doch einmal etwas ,
(Zustimmung bei der Linken)
oder gar eine Sozialministerin, die sich gegen den Kurs der Bundesregierung gerade macht, sich gegen Krankenhausschließungen stemmt und eine wirksame Mietenbremse fordert, weil Wohnen eben immer mehr zur sozialen Frage wird. Das wäre wirklich einmal etwas und überfällig.
Oder, meine Damen und Herren, stellen Sie sich ein Kabinett vor, das für ostdeutsche Rentnerinnen einen Härtefallfonds aufgelegt hätte, so wie in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen. Das hätte ich erwartet, aber vor allem die 1 000 Betroffenen. Aber nichts davon verbindet sich mit Politik der Landesregierung in Sachsen-Anhalt. Der Blick auf ostdeutsche Interessen, den der Ministerpräsident durchaus mit langer Erfahrung hat, führt zu keiner Initiative im Land oder im Bundesrat mit großem Nachhall.
Meine Damen und Herren! Trotzdem stehe ich hier und sage: Sachsen-Anhalt steht nicht vor dem Abgrund. 2 Millionen Menschen leben und arbeiten hier. Viele engagieren sich im Sport und im Ehrenamt. Viele schicken ihre Kinder nach Sachsen-Anhalt zum Studium. Immer mehr kehren auch zurück zu den Eltern in ihre alten Heimatregionen. Viele haben sich zurückgekämpft, zurückgearbeitet nach 30 Jahren. Diese Menschen haben sicherlich Sorgen, die wir allerdings durch Alarmismus allein nicht auflösen werden können.
(Zustimmung bei der Linken)
Ja, es ist richtig, drei Jahre in Folge kein wirtschaftliches Wachstum. Die Industrie hält das Geld zusammen. Investitionen bleiben aus, und viele Menschen fragen sich, wie sie die nächste Stromrechnung oder die Nebenkosten bezahlen sollen.
(Zuruf von der AfD: Ach!)
Das ist keine Kleinigkeit und das ist eine Herausforderung, die wir hier auch ernst nehmen müssen.
Aber was macht die AfD? - Die ruft nur ständig „Eisberg voraus!“, ohne wirklich einen Kurs zu zeigen.
(Zuruf von der AfD: Das ist überhaupt nicht wahr! - Weitere Zurufe von der AfD)
Das ist kein Kompass, das ist eine Alarmglocke im Dauerbetrieb.
(Zustimmung bei der Linken - Zuruf von der AfD: Nein, das ist eine Lüge!)
Meine Damen und Herren! Damit gewinnt man vielleicht Schlagzeilen, aber mit Sicherheit nicht die Zukunft. Man könnte meinen, Herr Siegmund ist ein Aluhutträger. Aber wir wissen es besser. Er gefällt sich darin, Ängste zu schüren, Feuer zu legen und dann die Feuerwehr noch beim Löschen zu behindern. Das ist seine Stärke.
(Zustimmung bei der Linken - Zuruf von der AfD: Was für ein Unsinn!)
Meine Damen und Herren! Wir brauchen Konzepte, die die Menschen überzeugen, für Lösungen, die die Menschen auch tatsächlich spüren, sozial, wirtschaftlich klug und eben auch zukunftsfest.
Wir schlagen erstens vor: Die Menschen dürfen mit den Kosten der Transformation eben nicht alleingelassen werden. Wir fordern als Linke eine gezielte soziale Flankierung, eine Preiskontrolle, eine Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel, einen Härtefallfonds für die Rentnerinnen und Rentner, eine echte Mietpreisbremse und eben mehr Investitionen in bezahlbaren Wohnraum.
(Beifall bei der Linken)
Wir müssen endlich in das solidarische oder nennen Sie es auch gern soziale Sachsen-Anhalt investieren, in die Schulen und Kitas. Sie müssen gestärkt werden. Das Personal muss unterstützt werden und auch der öffentliche Personennahverkehr muss ausgebaut werden. Das hält Regionen lebendig und gibt jungen Menschen eine Bleibeperspektive.
(Zustimmung bei der Linken)
Und ja, wir müssen Energiepreise senken. Das geht nur mit einem echten Ausbau der erneuerbaren Energien, mit mehr Tempo bei Wind und Sonne, mit weniger Bürokratie und mit gezielten Investitionen in Netze und Speicher. Wir sind in Sachsen-Anhakt weit vorn mit der Produktion von grüner Energie, haben aber wie die gesamte Bundesrepublik das dazugehörige Transport- und Speichernetz eben nicht ausgebaut. Das hat auch nicht irgendeine Landesregierung allein versäumt, sondern eben CDU und SPD über viele Jahrzehnte hinweg, in einer Zeit, als übrigens viele von der AfD noch selbst Mitglied in der CDU waren.
Meine Damen und Herren! Die Ampel hingegen hat in den vergangenen dreieinhalb Jahren tatsächlich einen schweren Fehler gemacht: Sie hat über die technische Klimawende gesprochen, aber eben nicht über die soziale. Sie hat denen genutzt, die sich das E Auto leisten können und es meistens schon vor dem Eigenheim vor der Tür stehen haben.
Unser Vorschlag als Linke ist eine soziale Abfederung der Energiepreise und eine schnelle Hilfe für energieintensiven Unternehmen in unserem Land.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren! Unsere Nachbarn in Europa investieren längst massiv in grüne Technologien, Wasserstoff und eben moderne nachhaltige Industrie. Wer da nicht mitzieht, der verliert nicht nur Jobs, sondern eben auch Wohlstand und Einfluss.
Die Transformation ist kein Selbstzweck, sondern überlebenswichtig für alle auf der Welt. Sie gelingt nur gemeinsam mit Bund und Europa im Schulterschluss, nicht im nationalen, nicht im landespolitischen Alleingang.
Ja, ich sage Ihnen auch mit Blick auf die Situation in der Bildung: Wir brauchen ein echtes Sondervermögen, ein echtes Investitionsprogramm in unsere Bildung, in die Kinder und Jugendlichen, in die Gegenwart und in die Fachkräfte der Zukunft.
(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)
Wir konnten es nun heute wieder hören, aber nicht nur heute: Die AfD geißelt die Regierung als ideologiegetrieben. Ausgerechnet die AfD, das ist schon ein bisschen lustig. Das ist es aber nicht, weil das Land, das die wollen, so vielen Menschen eben wirklich Angst macht.
Jetzt Achtung! Zynismus: Es wird Dessau sicherlich zum Erblühen bringen, wenn die AfD zukünftig die Bauhaus-Strukturen zerstören wird. Ich sehe schon die Ströme von Touristen, von Investoren und von Studierenden. Ich sehe die Theaterpreise, die Sachsen-Anhalt winken, wenn die AfD ihren gänzlich ideologiefreien Kurs durchziehen kann. -Zynismus aus.
Meine Damen und Herren! Die Politik der AfD nutzt nur der AfD selbst und Ulrich Siegmund,
(Zuruf von der AfD: Ach!)
dem selbsternannten Retter von Magdeburg,
(Florian Schröder, AfD: Von Sachsen-Anhalt!)
der immer nur auf das nächste große Unglück hofft und der, wenn Sachsen-Anhalt dann am nächsten Morgen doch noch steht, schon ein bisschen enttäuscht ist.
(Ulrich Siegmund, AfD: Und wer sind Sie? - Lachen bei der AfD)
Sie sind keine Vision für unser Land, sondern Sie sind ein Alptraum.
(Zustimmung bei der LINKEN - Lachen bei und Zurufe von der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen das wird live übertragen, Herr Ministerpräsident , lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen,
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
dass Sachsen-Anhalt eben nicht zum Spielball von kognitiv unterkomplexen Politikern wird.
(Zuruf von der AfD: Oh, wie ich das liebe! - Unruhe bei der AfD)
Wer den Untergang herbeisehnt, der hat nur das eigene Fortkommen im Sinn. Wir aber wollen verantwortliche Politik machen, mutig, sozial und mit klarem Blick nach vorn.
Meine Damen und Herren! Wir alle haben viele Besuchergruppen. Ich werde immer öfter gefragt, wie wir das eigentlich hier aushalten,
(Oliver Kirchner, AfD: Wir auch!)
den Hass, die Hetze,
(Zuruf von der AfD: Wie wir das aushalten, nicht wie Sie das aushalten!)
das martialische Auf-den-Tisch-Klopfen, diese Art und Weise des Umgangs miteinander.
(Zuruf von der AfD: Wir grüßen wenigstens!)
Ich kann Ihnen sagen, wie es mir persönlich geht: Mir wird speiübel, wenn ich von homogenen Klassen ohne Störfälle höre.
(Zustimmung bei der Linken - Lachen bei der AfD - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja! - Zurufe von der AfD: Oh! - Sie wollen also Störfälle hier in den Klassen, ja? Dann kriegen Sie auch keine vernünftige Bildung!)
Und es geht mir wie dem Ministerpräsidenten: Ich werde alles dafür tun, dass dieses Land niemals von einer AfD regiert oder mitregiert wird.
(Zurufe von der AfD)
Herr Ministerpräsident, wir nehmen Sie beim Wort.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der AfD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau von Angern, es gibt eine Intervention und eine Nachfrage. Wir starten mit der Intervention. - Herr Lizureck, bitte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Frau von Angern, Sie fordern eine Mietpreisbremse und mehr sozialen Wohnungsbau. Ich frage mich, wer das finanzieren soll.
(Unruhe)
Sie fordern Wasserstoff, obwohl das quasi die teuerste Art ist, Energie zu generieren. Und Sie kriegen nicht mit, dass die Wirtschaft aus Sachsen-Anhalt flieht und dass die Zahl der Insolvenzen so hoch wie nie war. Ich frage mich, ob Sie sich überhaupt einmal durchgelesen haben, was Sie uns hier vorgetragen haben. Das war einfach unerträglich. - Danke.
Eva von Angern (Die Linke):
Ich frage mich ehrlicherweise, ob Sie mir überhaupt zugehört haben.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Die Frage kommt noch. Sie kommt von Herrn Tillschneider.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Nein!)
Eva von Angern (Die Linke):
Nein, die lasse ich nicht zu.