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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ist ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen. Die UN-Behindertenrechtskonvention als Konkretisierung der universellen Menschenrechte zeigt auf, dass die Zugänglichkeit für alle das alles entscheidende Kriterium und Ziel für die Gleichberechtigung und Gleichstellung in verschiedenen Lebenslagen ist.

Auf dieser neuen Bewusstseinsebene wurde deutlich, dass Nachteilsausgleiche erforderlich sind. Viele Überlegungen führten zur Idee des sogenannten universellen Designs, das besagt, dass Produkte, Geräte, Umgebungen und Systeme derart zu gestalten sind, dass so viele Menschen wie möglich sie ohne weitere Anpassungen nutzen können. Der Weg zur Zugänglichkeit für alle bedeutete sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen und Maßnahmen zur Zielerreichung zu entwickeln.

Wir haben den im Jahr 2013 eingeführten Landesaktionsplan „einfach machen - Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft“ in eigener Regie mit verschiedenen Beteiligungsformaten evaluiert und so im Jahr 2021 den Landesaktionsplan 2.0 verabschiedet. Mit diesem und den darin verankerten Maßnahmen liegt die nötige behindertenpolitische Programmatik zur tatsächlichen Umsetzung des umfassenden Rechts auf uneingeschränkte, gleichberechtigte Teilhabe vor.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage wird ein umfangreicher Überblick über eine Vielzahl von Sachverhalten, Entwicklungen und Maßnahmen seit 2009 in unserem Land gegeben. Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt zudem deutlich, dass in allen Lebensbereichen wichtige Maßnahmen ergriffen und erfolgreich umgesetzt wurden. Beispiele hierfür sind unter anderem die Initiativen zur Inklusion in der Arbeitswelt und zur Verbesserung der Beschäftigtenquote.

An dieser Stelle möchte ich mich nicht in Rechtfertigung ergehen, aber ich möchte die Bemühungen unseres Behindertenbeauftragten insbesondere würdigen, der extra einen Unternehmenspreis geschaffen hat - für inklusives Arbeiten für Menschen, die auf den ersten Arbeitsmarkt kommen. Das werden immer mehr Menschen, und ich möchte denjenigen danken, die diese kleinen Pflänzchen in unserem Land nach vorne bringen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte bei der Herstellung von Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden anmerken, dass wir eines der wenigen Länder sind - ich glaube, wir sind fast das einzige Land -, die eine Landesfachstelle für Barrierefreiheit haben. Diese berät alle Menschen, immer mehr auch im privaten Bereich, damit es insbesondere eine inklusive Gesundheitsversorgung gibt. Diesen Beschäftigten möchte ich an dieser Stelle sehr danken, weil sie hilfreiche Berater in unserem Land in diesem ganzen gesellschaftlichen Bereich sind.

Die Antwort der Landesregierung zeigt auch, dass die Instrumente in verschiedenen Bereichen weiter geschärft und das Handeln intensiviert werden muss, um den Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden.

Die Landesregierung erstellt derzeit einen Teilhabebericht. Es ist schon interessant, dass wir mit unseren Teilhabemanagern und -managerinnen, die wir vom Land finanzieren, damit sie in ihren Kommunen wirksam sind, eine stärkere Zusammenarbeit führen. Ich bin Frau Abg. Gorr sehr dankbar dafür, dass sie das noch einmal hervorgehoben hat, weil sich diese Teilhabemanagerinnen und -manager in den Bereichen Bildung, Tourismus und in allen weiteren Bereiche, die in den Landkreisen und kreisfreien Städten wichtig sind, sehr bewährt haben. Auch das ist ein inklusives Angebot, das wir hier in Sachsen-Anhalt haben, auf das in anderen Bundesländern neidvoll geblickt wird.

Wie gesagt, erstellen wir derzeit einen Teilhabebericht. Die aus den Antworten zur Großen Anfrage gewonnenen Erkenntnisse werden selbstverständlich in die Weiterentwicklung behindertenpolitischer Maßnahmen und perspektivisch in die Fortschreibung des Landesaktionsplans einfließen. 

Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, kurz UN-Fachausschuss genannt, überwacht die Verwirklichung der UN-Behindertenrechtskonvention. Er verfasst Stellungnahmen und gibt Empfehlungen. Auch diese Ergebnisse werden im Land ausgewertet und bei der Weiterentwicklung der Zugänglichkeit berücksichtigt.

In Sachsen-Anhalt bestehen verschiedene Gremien, die auf die Umsetzung im Land ausgerichtet sind. Dazu zählen unter anderem die interministerielle Arbeitsgruppe „Aktionsprogramm barrierefreies Sachsen-Anhalt“, der Inklusionsausschuss und der Landesbehindertenbeirat. Über die Letzteren wird die von der UN-Behindertenrechtskonvention und den Selbstvertretungsorganisationen geforderte und im Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt rechtlich geregelte Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an Maßnahmen, die sie betreffen, sichergestellt.

Wir haben auch noch die Geschäftsordnung des Behindertenbeirats geschärft, und wir sind damit im unmittelbaren Austausch. Das ist nichts „über uns“, sondern es wird im Behindertenbeirat auch manchmal sehr gestritten über die Forderungen, die hier im Land umgesetzt werden müssen. All das stellt eine geregelte Beteiligung von Menschen mit Behinderung an Maßnahmen, die sie betreffen, sicher.

Teilhabeberichte, UN-Fachausschussstellungnahmen und weitere Informationsdokumente, Studien und Gutachten werden öffentlich zugänglich gemacht und in den Gremien vorgestellt, bewertet und beraten sowie für die Planung weiterer Maßnahmen und deren Umsetzung herangezogen, sodass Inklusion stetig verbessert und für alle Realität wird.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Aus der großen Menge der zusammengetragenen Daten und aus den Antworten zu den Fragestellungen der Großen Anfrage jetzt einzelne Aspekte herauszugreifen - ich habe es dennoch gerade getan -, wird dem Anliegen der Großen Anfrage nicht gerecht. Um zu zeigen, dass auch in der Zwischenzeit weitere Maßnahmen ergriffen wurden, möchte ich darauf hinweisen, dass im nächsten Monat, am 28. Juni 2025, das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz des Bundes wirksam wird. Dieses Gesetz geht auf die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 882 aus dem Jahr 2019 zurück. Mit ihr wurde der Grundstein für Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in Europa gelegt. Auf viele Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen kommen je nach bisher erreichtem Stand der Barrierefreiheit Anpassungen zu. Über die Einhaltung der Vorschriften wird die Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen wachen, die, wie Sie wissen, hier in Magdeburg angesiedelt ist und bald ihre Arbeit aufnehmen wird. 

Wenn Sie zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr vor einem Automaten stehen, der auf nichts reagiert, wenn Sie versuchen, sich einem Beförderungsschein zu kaufen, werden dann möglicherweise Sprache und andere Dinge eingesetzt, damit die Nutzung des ÖPNV auch ohne Personen möglich sein wird. Das wird in vielen Bereichen im ländlichen Raum die Zukunft sein.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es bedarf planvoller, abgestimmter und auf das gesamte Land bezogener Maßnahmen, damit die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen Normalität wird. Nicht zuletzt die Erarbeitung der Antwort auf die Große Anfrage verdeutlichte, dass Politik für Menschen mit Behinderungen eine Querschnittsaufgabe aller Landesressorts ist und bleibt. Ich denke, gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Alterung unserer Gesellschaft müssen wir unsere Anstrengungen zur Schaffung inklusiver Teilhabestrukturen vertiefen und fortsetzen. - Ich danke Ihnen an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit.