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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (Die Linke): 

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe soeben auf einen Nachsatz verzichtet, Herr Hövelmann, weil ich jetzt ohnehin das Wort habe. Wir haben daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen, da von der Koalition bis hin zur AfD sehr deutlich geworden ist, dass das Problem der Nicht-Einhaltung des Mindestlohns im Ausschuss keine Rolle spielen soll. Wir werden eine eigene Anhörung mit den Betroffenen durchführen. Das ist unsere Konsequenz daraus und es ist uns auch im Ausschuss empfohlen worden: Wenn wir uns dafür interessieren, dann sollen wir doch etwas Eigenes machen. Gut.

Kommen wir aber nunmehr zum Thema. Ja, wir haben als Fraktion Die Linke deutlich eine Regierungserklärung von der Landesregierung gefordert, weil wir die Situation bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung, und zwar bei Kernelementen, im Land Sachsen-Anhalt als bedroht ansehen. Ich glaube sogar, dass wir an der Stelle - es ist vielleicht die einzige Stelle - mit der FDP einer Meinung sind: Jawohl, es brennt tatsächlich im Maschinenraum. Oder sagen wir es einmal so: Es ist kurz davor, dass der Brand ausbricht. 

Wir haben einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes in Sachsen-Anhalt um 0,9 % im Jahr 2024 erlebt.

Normalerweise wäre das jetzt die Stunde der Opposition zu geißeln, welche vernichtenden Fehler diese Landesregierung bei der wirtschaftlichen Entwicklung gemacht hat, dass völlig falsche Schwerpunkte gesetzt worden sind und dass dies die logische Konsequenz der Politik dieser Landesregierung bzw. dieser Koalition ist. 

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen, und zwar nicht aus Sachsen-Anhalt, sondern aus Mecklenburg-Vorpommern, wo Ihr Amtskollege, Herr Heuer, als CDU-Fraktionsvorsitzender vor dem Hintergrund der Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern die wirtschaftliche Kompetenz der dortigen Landesregierung charakterisiert. Er sagt: Die rot-rote Koalition interessiert sich nicht für die Belange der Wirtschaft. Wo linke Politiker regieren, geht es den Menschen schlechter. - Das ist seine Antwort auf diese Debatte. Und wissen Sie, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern im letzten Jahr unter der rot-roten Regierung vollzogen hat? - Es gab ein Plus von 1,3 % beim Bruttoinlandsprodukt. Das ist die zweitbeste Entwicklung aller Bundesländer. Und trotzdem urteilt der CDU-Fraktionsvorsitzende im dortigen Landtag so.

Herr Schulze, Sie hören zwar gerade nicht richtig zu - das merke ich schon  , aber liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können sich sicher sein, dass wir uns auf das Niveau des CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Mecklenburg-Vorpommern nicht herablassen werden. Dazu ist die Situation viel zu ernst. 

(Beifall bei der Linken)

Erstaunlich allerdings - das will ich auch sagen - ist die Aktuelle Debatte der FDP: ein vernichtendes Urteil über die eigene Bundesregierung. Was von dem Kollegen Silbersack wieder gekommen ist, das war typisch: Die Grünen mit ihrer Ordnungswut - bla, bla, bla. Aber wenn wir uns einmal anschauen, was in der alten Bundesregierung nicht funktioniert hat, waren es unter anderem Fragen wie Strompreisstützungen. Diese sind jetzt auf einmal keine Subventionen mehr, weil sie nötig sind. - Subventionen können übrigens auch Subventionen sein, wenn sie nötig sind, Herr Silbersack. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

Erinnern wir uns einmal daran, wer in dieser Bundesregierung permanent ein Veto dagegen eingelegt hat - die einen oder anderen werden sich noch erinnern  : Es war der FDP-Bundesvorsitzende in seiner Funktion als Finanzminister, der jedes Mal, wenn es um solche Dinge ging, sein Veto eingelegt hat. 

(Zustimmung bei der Linken und von Olaf Meister, GRÜNE)

Es war die FDP, die diese Dinge in der letzten Bundesregierung verhindert hat. Das kann man an der Stelle noch einmal sagen. Aber entweder hat die FDP in den letzten drei Jahren vollständig vergessen, wo sie herkommt oder sie distanziert sich von ihrem eigenen Bundesvorsitzenden. Das würden wir nun wiederum richtig gut finden. Ich weiß allerdings nicht, ob Ihnen das noch hilft, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Zustimmung bei der Linken)

Aber auch die CDU hat einen erheblichen Anteil an dieser Bilanz. 

(Zuruf von der Linken: Auf jeden Fall!)

Schauen wir uns einmal diesen Koalitionsvertrag an. Darin sind für den Industriebereich, über den wir reden, Entlastungen im Umfang von 50 Milliarden € vorgesehen. Einer der größten Posten ist übrigens die Deckelung der Netzentgelte. Außerdem gibt es die Aussage, dass der Preis pro Kilowattstunde um 5 ct gesenkt werden soll. - Das finde ich völlig richtig. Ich glaube nicht, dass es ein Zuschuss zu den Netzentgelten in Höhe von 11 Milliarden € inklusive faktischer Beseitigung der Stromsteuer für den Privatverbraucher allein bringen wird. Da wird man wohl noch einiges dazugeben müssen. 

Jetzt erinnern wir uns einmal daran, dass die Situation schon einmal da war, und zwar vor zweieinhalb Jahren, als die ganze Misere als unmittelbare Folge des Ukrainekrieges anfing. Damals gab es eine Ampelregierung, deren Wirtschaftsminister, Herr Kollege Habeck, genau das tun wollte. Er wollte genau 13 Milliarden € aus dem KTF herausnehmen, um die Netzentgelte zu deckeln, um damit die Energiepreise zu reduzieren. Und es gab eine Verständigung zwischen der Ampelregierung und der CDU dazu, wie man das machen kann; ob man eventuell sogar eine Grundgesetzänderung - vielleicht damals schon im Sinne dessen, was jetzt passiert ist - realisiert. Dann gab erst die Intervention des Herrn Lindner. Als die überwunden war, gab es eine ganz knallharte Absage von der CDU. Und als es dann über den KTF versucht wurde, gab es eine erfolgreiche Verfassungsklage der CDU, genau gegen das, was jetzt viel, viel zu spät angekündigt wird. Das hat die Industrie auch in Sachsen-Anhalt so maßgeblich in die Bredouille gebracht. Auch das gehört zur Aufarbeitung der Vergangenheit. 

(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)

Jetzt soll das gemacht werden. - Gut, sage ich jetzt noch einmal ganz klar. Wir kommen nachher noch einmal bei der Zolldebatte und bei Trump auf die Situation von Dow Chemical. Wir haben uns bereits vor dieser Betriebsversammlung, auf der der Wirtschaftsminister und der Ministerpräsident gewesen sind, mit dem Betriebsrat dort unterhalten. Der hat uns deutlich aufgezeigt, was die größten Hemmnisse und was das größte Problem für Dow sind. Dabei ist übrigens das Problem Trump inzwischen größer als das Problem der Energiepreise. Er sagte eindeutig   ich zitiere ihn hier  : „Inzwischen ist die Situation so: Sie könnten uns den Strom schenken, das würde uns nicht retten.“ Das ist die Situation, die entstanden ist, weil in dem Augenblick, als man hätte handeln müssen, nicht gehandelt wurde. Und wir haben das hier auszubaden, werte Kolleginnen und Kollegen. 

(Beifall bei der Linken)

Jetzt ist die Frage, wie schnell diese Koalition dazu in der Lage ist, die entsprechenden Entlastungen vor allen Dingen im Energiebereich umzusetzen. 

An noch einer Stelle - das ist schon die zweite Stelle - stimme ich Herrn Silbersack ausdrücklich zu: Wir müssen jetzt an der Stelle auch einmal schauen, was die Interessen des Ostens sind. Die Interessen des Ostens sind bei der Energiepolitik eindeutig beschrieben. Die Interessen des Ostens liegen darin, dass man diejenigen unterstützt, die die Energiewende mit dem massiven Ausbau erneuerbarer Energien vorangebracht haben. 

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Die hat man bisher bestraft, weil die Netzentgelte immer noch für den regionalen Bereich definiert sind. Das heißt, diejenigen, die am meisten ausgebaut haben, haben die meisten Kosten. Das Problem Herr Silbersack - Sie haben meine Frage nicht verstanden   ist Folgendes: Die Strompreisbieterzonen in der Bundesrepublik Deutschland haben einen riesigen Nachteil. Es gibt in dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nur eine Strompreisbieterzone. Wir wissen, dass nach dem Merit-Order-System man immer das bezahlt, was an irgendeiner Stelle in der Bundesrepublik der höchste Preis ist. Und der höchste Preis ist in 80 % aller gemessenen Zeitpunkte in Baden-Württemberg und in Bayern. Denn die haben nicht genug Energie und müssen durch Gaskraftwerke aus der Lombardei und aus Österreich versorgt werden, während wir hier oben zu den meisten Zeiten einen Überschuss an erneuerbarer Energie haben. Eine Trennung der Strompreisbieterzonen zwischen Nordost und Südwest würde dazu führen, dass bei uns die Industriestrompreise und die Verbraucherstrompreise maximal sinken würden. Wer hat sich bisher dagegen gesperrt? - Die alte Bundesregierung und bisher leider auch die CDU. Das wäre einmal etwas für den Osten. Dann setzen Sie sich doch einmal ein und versuchen, auch diese Dinge gegenüber der Bundesregierung durchzusetzen. 

(Beifall bei der Linken)

Die Europäische Kommission verlangt das seit Jahren, und zwar im Interesse Ostdeutschlands. Dort gibt es ein Boykott; ehrlich gesagt, nicht nur bei Regierungen, sondern auch beim DGB. Ich finde das ausdrücklich falsch. Das muss sich endlich ändern, dann kommen wir auch weiter. 

Ich bleibe bei der Differenzierung. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die uns in diesem Kontext interessieren müssten. Ich glaube übrigens, dass der große Begriff Bürokratieabbau - der übrigens immer von denjenigen geführt wird, die die Bürokratie eingeführt haben - eigentlich nicht so wahnsinnig viel bringt. Wir haben übrigens hinsichtlich der Idee „Jetzt müssen wir endlich einmal einen Unternehmer daransetzen, der den Staat aufräumt“ ein hervorragendes Vorbild. Der Kollege Elon Musk in den USA sollte genau das machen. Der hat inzwischen nach vier Monaten hingeworfen, und zwar weil er genau dazu nicht in der Lage ist. Denn einen Staat kann man nicht wie ein Unternehmen führen. Deswegen funktionieren solche Dinge nicht. Deswegen brauchen wir andere Ansätze.

(Zuruf von der AfD)

Vielleicht noch ein letzter Punkt. Wir haben in dieser Bundesrepublik tatsächlich ein wirtschaftliches Problem und wir haben einen riesigen Investitionsstau. Warum? - Keine vernünftige Vermögensbesteuerung und der Tanz um das goldene Kalb, die schwarze Null. Daher kommt dieser Investitionsstau. Dafür bekommen wir jetzt möglicherweise etwas. Die Frage ist, ob wir in der Lage sind, das umzusetzen, wenn der Finanzminister gleichzeitig sagt: Aber die Bauverwaltung können wir jetzt erst einmal richtig zusammenstreichen. - Das macht Sinn. Wir bekommen vielleicht 2,6 Milliarden €, sind dann aber nicht mehr in der Lage, das umzusetzen, weil wir niemanden mehr haben, der diese Planung macht. Was will diese Landesregierung eigentlich? Will sie nach vorn gehen und investieren oder will sie weiter Leute entlassen und damit den Staat nicht in die Lage versetzen, diese Dinge umzusetzen? - Das fragen wir Sie und das müssen Sie als Wirtschaftsminister und Sie, Herr Haseloff, als Ministerpräsident beantworten. 

(Beifall bei der Linken)

Wir sehen, dass wir eine ganze Menge zu tun haben und dass wir eine ganze Menge Möglichkeiten haben, nach vorn zu gehen. Lassen Sie uns wirklich einmal gemeinsam überlegen, wie wir vorangehen können und vor allen Dingen lassen Sie uns nicht die alten Fehler wiederholen. - Danke.