Elke Simon-Kuch (CDU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer ganz persönlichen Erinnerung beginnen. Vor 35 Jahren hatten wir uns als Familie in meinem Elternhaus selbstständig gemacht und nach und nach alle Räume für Druckmaschinen und Plotter umfunktioniert. Während eines Unwetters im Frühjahr wurde der Keller des Hauses binnen weniger Minuten überflutet, obwohl das Haus auf einem Hügel steht, kein Fluss weit und breit. Die Wassermassen schossen vom gegenüberliegenden Feld durch das Gelände direkt in den Keller, in dem mittlerweile unsere Belichtungsanlage stand.
Die ganze Familie war in Panik und hat sofort mit angepackt. Wir standen knietief im Wasser. Der Strom war ausgefallen und nur mit einem Diesel-Notstromaggregat konnten wir Schlimmeres verhindern.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Diesel!)
Als die Gefahr gebannt war, saßen wir erschöpft zusammen. Meine Eltern sagten ernst: Seht ihr, es war doch richtig, uns auch gegen Elementarschäden zu versichern.
Diese Nacht hat sich eingebrannt. Naturgewalten kennen keine Postleitzahlen und halten sich nicht an Risikozonen. Sie zeigen uns, wie verletzlich wir sind, aber auch, wie stark Gemeinschaft, Eigeninitiative und Vorsorge sind.
(Zustimmung von Kerstin Godenrath, CDU)
Deshalb sagen wir als CDU-Fraktion: Ja, es braucht einen besseren Schutz gegen Elementarschäden, aber nicht mit der Gießkanne, nicht mit Zwang und Pauschallasten.
(Zustimmung bei der CDU)
Was der Antrag der GRÜNEN fordert, ist eine Pflichtversicherung, bei der alle zahlen sollen, unabhängig davon, ob sie selbst Vorsorge getroffen haben, vorgesorgt haben oder überhaupt eine Versicherung bekommen könnten. Das ist keine Solidarität.
(Zustimmung bei der CDU und von Jörg Bernstein, FDP)
Für uns als CDU ist klar: Solidarität beginnt mit Verantwortung.
(Zustimmung bei der CDU und von Jörg Bernstein, FDP)
Wer vorsorgt, wer in sichere Bauweise investiert oder sich freiwillig versichert, der darf nicht am Ende derjenige sein, der noch für alle anderen mitbezahlt.
(Zustimmung bei der CDU)
Es stellt sich die Frage, die in dem Antrag leider überhaupt nicht beantwortet wird: Wie gehen wir mit Menschen um, die sich schlicht nicht versichern können, weil ihre Häuser in Hochrisikogebieten stehen und sie von den Versicherungen abgelehnt werden? Und was passiert mit denjenigen, die heute schon kaum ihre Beiträge zahlen können?
Solidarität ist kein Freibrief für staatliche Gleichmacherei. Sie braucht Maß, Gerechtigkeit und Anreize für Vorsorge. Mit Blick auf das bewährte Absicherungssystem der Kfz-Versicherungen erscheint die Einstufung auf der Grundlage des ZÜRS-System eher fragwürdig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Antrag in die Ausschüsse überwiesen werden soll;
(Zuruf: Aha!)
denn dieses Thema braucht mehr als Symbolpolitik. Es braucht ernsthafte und differenzierte Arbeit. Dafür müssen wir eben auch wissen, wie viele Haushalte in Sachsen-Anhalt bereits versichert sind. Welche sozialen Folgen hätte eine Pflichtversicherung, gerade im ländlichen Raum? Und wie können wir Menschen befähigen, besser vorzusorgen, anstatt sie zu bevormunden?
Ja, der Schutz gegen Elementarschäden ist wichtig. Aber er muss durchdacht, gerecht und vor allem praxistauglich sein. Eigenverantwortung, gezielte staatliche Lenkung und bessere Aufklärung statt pauschaler Pflichtbeträge, die am Ende alle treffen, aber nicht allen helfen.
(Zustimmung von Kerstin Godenrath, CDU)
Lassen Sie uns gemeinsam in den Ausschüssen nach echten Lösungen für die Menschen in unserem Land suchen. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Simon-Kuch, es gibt zwei Fragewünsche. Die erste Frage kommt von Herrn Hövelmann. Wollen Sie diese beantworten?
Elke Simon-Kuch (CDU):
Sehr gern.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Offensichtlich. Dann kann er sie stellen.
Holger Hövelmann (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegin Simon-Kuch, ich habe eine Frage bezüglich einer Aussage, die Sie getätigt haben. Sie sagten, wenn wir das über eine Versicherung regeln würden, dass dann Kosten auf die Allgemeinheit verlagert würden, auch für die, die das eigentlich nicht brauchen oder sich das selbst leisten könnten. Ist es nicht auch heute schon so? Wenn Sie sich die letzten Großschadensereignisse in Sachsen-Anhalt anschauen,
(Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD, und von Kerstin Eisenreich, Die Linke)
dann können Sie feststellen, dass wir diese Situation schon hatten: Aus Steuermitteln und damit aus unser aller öffentlichen Haushalten wurden auch die entsprechenden privaten Schäden nicht nur die öffentlichen, das ist klar, sondern auch die privaten Schäden beglichen, neben vielen Spenden, die es Gott sei Dank gegeben hat. Ist das nicht auch eine Form der, ich sage einmal, solidarischen Umverteilung, die Sie mit der Versicherung ja nicht möchten?
Elke Simon-Kuch (CDU):
Lieber Kollege Hövelmann, Sie sprechen genau das Thema an, über das wir in den Ausschüssen präzise diskutieren müssen. Denn das, was Sie gerade geschildert haben, ist, glaube ich, auf Dauer auch nicht die Lösung, die uns allen hilft. Es ist eben nicht damit getan, dass wir irgendeine Pauschale erheben. Wir müssen genau hingucken, wie wir das lösen können, sodass wir niemanden übervorteilen und die Gefahren bzw. die Risiken gerecht verteilen.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Es gibt noch eine Frage von Frau Eisenreich. Wollen Sie diese auch beantworten?
Elke Simon-Kuch (CDU):
Sehr gern.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Eisenreich, Sie können sie stellen.
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Vielen Dank. - Frau Kollegin, Sie sprachen immer wieder von Anreizen und Freiwilligkeit. Wie hat es Baden-Württemberg geschafft, dass mehr als 90 % der Eigentümer dort mit einer solchen Versicherung versichert sind?
Elke Simon-Kuch (CDU):
Da ich Sachsen-Anhalterin bin, kann ich, glaube ich, nicht darüber diskutieren, wie das in Baden-Württemberg konkret geregelt ist. Aber Ihre Frage macht deutlich, dass wir dazu in den Ausschüssen diskutieren müssen und auch schauen müssen, wie das andere Länder machen, um daraus zu lernen und die beste Möglichkeit für Sachsen-Anhalt zu finden.
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Ich ergänze kurz: über eine Pflichtversicherung.
Elke Simon-Kuch (CDU):
Aber auch eine Ausgestaltung wenn Sie das noch kurz erlauben dieser müssen wir doch passend für unser Land festlegen. Darum der Vorschlag, diesen Antrag in die Ausschüsse zu überweisen, um dann dort entsprechende Lösungen gemeinsam zu erarbeiten.