Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gallert, Sie zitieren immer gern aus dem Bereich der Unterstufenlehrer.
(Lachen und Beifall bei der CDU - Wulf Gallert, Die Linke: Das unterschreitet manchmal leider das Niveau, das stimmt!)
Ich zitiere gern aus dem Bereich der Juristen. Ein Blick ins Gesetz hilft bei der Rechtsfindung.
(Zustimmung bei der CDU)
Ich lese Ihnen die Begründung auf Seite 10 vor, um Ihre Irritation, die Sie zu verbreiten versuchen, die die aber eigentlich keiner versteht, aufzulösen.
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)
In der Begründung zu Artikel 1 heißt es:
„Die Vorschriften des TVergG LSA finden nur im sog. Unterschwellenbereich Anwendung. Da der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Oberschwellenbereich abschließend Gebrauch gemacht hat, besteht für die Länder eine Sperrwirkung für abweichendes, ergän-zendes und auch inhaltsgleiches Landesrecht.“
Was sagt uns das? - Dass Ihre Frage insofern hinfällig ist, als nur dieser Unterschwellenvergabebereich gemeint ist. Das ist vielleicht für Sie und für die Darstellung auch etwas einfacher, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Ich bin der Koalition sehr dankbar dafür, dass wir in dieser Deutschlandkoalition die Fähigkeit haben, Feh-ler einzugestehen, nämlich dass das Tariftreue- und Vergabegesetz eben nicht so gut war, wie wir es uns im ersten Schritt erhofft haben, und dass wir bereit sind, Fehler auch zu korrigieren.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU)
Wir nehmen für uns also nicht die Unfehlbarkeit in Anspruch, sondern sind bereit, für das Land das Richti-ge zu tun.
(Zuruf von Marco Tullner, CDU)
Insofern ist es gut, richtig und wichtig, dass wir als Koalition sagen - dabei schließe ich die SPD, die CDU und die FDP ein -, wir hören zu, was die Unternehmer sagen, wir hören zu, was die Kommunen und Ver-bände sagen, und werden dann entsprechend agieren.
Dieses Agieren hieß für uns ganz konkret, dass wir dieses Tariftreue- und Vergabegesetz entschlacken mussten, und zwar, weil die Praktikabilität des Gesetzes eben nicht in der Weise gegeben war, wie wir uns das eigentlich gewünscht haben.
(Zuruf von Matthias Lieschke, AfD)
An welchen Stellen haben wir gehandelt? Weg mit der Bürokratie im Bereich der Losvergaben. Bei dem Thema ILO-Kernarbeitsnormen brauchen wir keine Regelungen, weil wir europarechtliche Regelungen diesbezüglich haben. Aber das Wichtigste - das ist offensichtlich auch Ihr Narrativ - ist das Thema der Schwellenwerte. Dieses Thema der Schwellenwerte ist für uns entscheidend. Warum ist es entschei-dend? - Weil es den Vergabepartnern im Prozess die Möglichkeiten gibt, Dinge umzusetzen, die möglich sind.
Wir können nur die Botschaft in das Land senden: Wir möchten euch als Vergabepartnern die Möglich-keit geben, zu vergeben und Aufträge anzunehmen. Wir erleben doch selbst, dass Unternehmen fragen, warum sie sich überhaupt bewerben sollen und sich den Aufwand antun sollen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Guido Kosmehl, FDP: Richtig!)
Das ist doch im Grunde genommen eine Art und Weise, die uns in die Sackgasse führt, weil im Grunde genommen keiner mehr an den Vergabeverfahren teilnehmen möchte. Die Unternehmer sagen auf der einen Seite, sie nehmen nicht teil, weil das zu aufwendig ist. Die Vergabestellen in den Kommunen, in Landkreisen und wo auch immer führen andererseits an, dass es für sie kaum händelbar ist. Stellen Sie sich einmal eine kleine Kommune vor. Hat die überhaupt eine Vergabestelle, hat die Juristen? Hat jede kleine Kommune in dem Land Juristen, die darüber Kenntnis haben? - Nein.
Deshalb ist es richtig - dafür bin ich dem Minister und der Landesregierung sehr dankbar -, dass wir uns gemeinsam auf den Weg gemacht haben, zu schauen, wie wir das Gesetz insgesamt digitaler, bürokra-tieärmer und praxisnäher gestalten können. Das, meine Damen und Herren, ist uns gelungen.
Deshalb, so glaube ich, ist das heute ein guter Tag für uns. Deshalb möchte ich auch den Blick in Richtung Bund wagen und ihn mit einer Hoffnung verbinden. Ich weiß, dass auch das Kabinett im Bund einen Ge-setzentwurf beschlossen hat, der diese Aspekte möglicherweise nicht beinhaltet, denn es steht eine überbordende Bürokratie durch eine neue Kontrollbehörde im Raum, gerade kleine Betriebe sollen mög-licherweise unzumutbare Nachweispflichten haben. Diesbezüglich werden wir möglicherweise zwischen Groß- und Kleinbetrieben einen relativ verzerrten Wettbewerb haben.
Insofern würde ich mich freuen und schaue in Richtung der Koalitionspartner, dass unser starkes Zeichen, das wir mit diesem Tariftreue-und Vergabegesetz setzen, auch nach Berlin getragen wird und wir letzt-lich kein Vergabe- und Tariftreuegesetz auf der Bundesebene haben, das möglicherweise das konterka-riert, was wir als FDP mittragend gemeinsam beschlossen haben, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es, so glaube ich, wichtig, dass wir hier gemeinsam den Weg gehen, den wir gegangen sind. Ich verstehe die Thematik. Ich habe natürlich auch die Zeilen der Gewerkschaften gelesen. Es wurde auf ein Unternehmen angespielt. Ich habe mich dazu einmal kundig gemacht. Es ist mitnichten so, dass die-ses Unternehmen und die Vergabe diesbezüglich allein bei dem Thema Tariftreue- und Vergabegesetz gescheitert wäre bzw. dies eine Rolle gespielt hätte, sondern es waren ganz andere Gründe, die an dieser Stelle eingewirkt haben.
Summa summarum lässt sich Folgendes sagen: Wir sind dankbar dafür, dass es dieses Tariftreue- und Vergabegesetz in dieser Form gibt, dass wir das so auf den Weg gebracht haben.
Ich möchte noch Folgendes in Richtung AfD sagen: Wenn es gar kein Gesetz gibt, heißt das ja nicht, dass es keine Regeln gibt, sondern dann gelten im Zweifel die Bundesgesetzgebung und die europäische Ge-setzgebung. Ob uns das helfen würde, wage ich tatsächlich zu bezweifeln, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Insofern können wir, glaube ich, sagen: Als Koalition haben wir uns den Weg nicht leicht gemacht. Wir haben die Dinge richtig sortiert und haben den Vergabepartnern, das heißt denjenigen, die sich um eine Vergabe bemühen, und denjenigen, die sie ausschreiben, den richtigen Fingerzeig geben. Ich glaube, es ist ein Entlüften, es ist für dieses Land ein kraftvoller Schub nach vorn. Und genau das ist die Aufgabe die-ser Koalition. - Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Herr Silbersack, es gibt eine Intervention, und zwar von Herrn Gallert. - Herr Gallert, bitte.
 Wulf Gallert (Die Linke): 
Herr Silbersack, manchmal ist es vielleicht auch gut für Juristen, die Grundkompetenzen an den Tag zu le-gen.
(Christian Hecht, AfD, lacht)
Deswegen sage ich Ihnen noch einmal an der Stelle Es war interessant, dass Sie ausgerechnet diese Stelle vorgelesen haben. Nun weiß ich nicht, ob Sie in der Ausschusssitzung, in der Beratung dazu nicht anwesend waren.
 Andreas Silbersack (FDP):
Ich war immer anwesend.
 Wulf Gallert (Die Linke): 
Denn, Herr Silbersack, der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat dezidiert gesagt, dass das völlig falsch ist und dass wir natürlich eine Möglichkeit haben, im Oberschwellenbereich gesetzliche Regelun-gen zu erlassen, wie übrigens elf andere Bundesländer in dieser Bundesrepublik. Seit der letzten Geset-zesnovellierung, wo wir das getan haben, hat es keine bundesrechtlichen Änderungen gegeben. Nicht einmal jemand von der Koalition oder vom Ministerium hat diese Begründung überhaupt noch verteidigt.
Ich frage mich: Wo waren Sie denn, wenn Sie mir jetzt vorlesen, dass das uns die Möglichkeit nimmt, im Oberschwellenbereich etwas zu regeln? Die Aussagen waren doch nun wirklich klar und deutlich.
 Andreas Silbersack (FDP):
Ich kann das jetzt noch einmal so vorlesen, wie ich es gerade vorgelesen habe.
(Wulf Gallert, Die Linke: Ja, das ist falsch! - Zuruf von Thomas Lippmann, Die Linke)
Ich habe gerade gesagt, dass wir bei der Vergabe im Unterschwellenbereich die Möglichkeit haben, als Länder Dinge zu regeln. Und davon machen wir Gebrauch, nichts anderes.
(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU - Wulf Gallert, Die Linke: Und im Oberschwellenbereich auch!)
 Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 
Vielen Dank, Herr Silbersack.

