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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (Die Linke): 

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, bei diesem Gesetz noch einmal ganz deutlich werden zu können, weil es nötig ist. Dieses Gesetz hat angeblich zwei Zielstellungen gehabt. CDU und FDP - ganz klar: Wir wollen es entschlacken und vereinfachen. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zumindest nach der Rede des Herrn Hövelmann war ganz klar, dass es einen Kompromiss geben soll zwi-schen Unternehmer- und Arbeitnehmerinteressen. Ich sage: An diesen beiden Anforderungen ist dieses Gesetz knallhart gescheitert, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Beifall bei der Linken - Frank Bommersbach, CDU: Oh, oh, oh!

Das geht schon damit los, dass diejenigen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, nämlich Herr Thomas und Herr Hövelmann - ich zitiere einmal aus Ihren Einbringungsreden - dieses extrem einfache Gesetz nicht verstanden haben, obwohl sie es hier eingebracht haben. Zum Beispiel sagte Herr Thomas zur Geltung des Gesetzes: 

„Wir wollen die Schwellenwerte für Dienstleistungen von 40 000 € auf 221 000 € anheben. […] Bei Bauleistungen steigt dieser Betrag von 120 000 € auf 5,53 Millionen €.“

Das ist falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie hatten es nur nicht verstanden, weil Sie es nicht richtig gelesen haben, Herr Thomas. 

(Beifall bei der Linken)

Nun kommen wir gleich noch einmal zu Herrn Hövelmann. Ich habe ihn gefragt, wie die Grenzen angeho-ben werden. Seine Antwort: Von 40 000 € auf 200 000 € und von 200 000 € auf 5,53 Millionen €. - Nicht nur, dass er dieses Gesetz nicht verstanden hat und mir eine völlig falsche Antwort gegeben hat, er hat auch noch eine andere falsche Antwort gegeben als Herr Thomas. 

Wenn man sich in der Koalition zumindest über die falsche Auslegung einig gewesen wäre     Aber selbst die Interpretationen zwischen beiden sind extrem unterschiedlich gewesen. Deswegen sage ich es ganz deutlich: Das ist an dieser Stelle nicht besser geworden. Dieses Gesetz ist extrem unklar. 

(Stefan Ruland, CDU: Wichtig!)

Ich sage ihnen auch, an welcher Stelle es unklar ist. Sie können überhaupt gar nicht mehr wissen, wann Sie es anwenden sollen. Es ist einzig klar, an welchen Stellen Sie es nicht mehr anwenden sollen, nämlich oberhalb der EU-Schwellen von 221 000 € und 5,3 Millionen €. Ob Sie es darunter anwenden sollen, ist extrem fraglich. 

Es ist ein Schwellenwert für Dienstleistungen von 40 000 € enthalten. Diesen Wert kann der Minister aber anpassen. Wie, ist nicht ganz genau und zu 100 % geregelt. 

Zudem gilt die Regel, dass Sie es bis zu einer Schwelle von 100 000 € auch nicht anwenden müssen, weil bis zu dieser Schwelle direkte Vergaben erfolgen können. Weiterhin gilt die Regel, dass in dem Fall, in dem das Gesamtvolumen der Lose 221 000 € oder 5,3 Millionen € übersteigt, die Schwelle für die Teillose auch nicht mehr angewendet werden muss; denn nach einer alten Regelung gilt, dass die Gesamtsumme der Lose der entsprechenden Schwelle entspricht. Wenn Sie mit dem Gesamtlosen über den beiden Schwellenwerten liegen, müssen Sie auch für die Teillose diese ganzen Regelungen nicht mehr anwen-den. 

Das bedeutet, am Ende des Tages wissen die Leute, dass die Regelungen oberhalb der Schwellen nicht mehr anzuwenden sind; unterhalb müssen sie eventuell, vielleicht angewendet werden, aber das können wir nicht zu 100 % wissen. 

Es war kein Zufall, dass ich auch im Ausschuss, übrigens von Vertretern des Ministeriums, unterschiedli-che Aussagen dazu bekommen habe. Also ist dieses Gesetz mitnichten klar. 

Eines sage ich auch noch einmal ganz klar: Nein, es ist kein Kompromiss. Es ist ganz klar ein Sieg von AfD, CDU und FDP und es ist eine radikale Niederlage der SPD, 

(Zuruf von der CDU)

die mit ihrem zentralen Wahlversprechen an dieser Stelle gescheitert ist, weil sie es nicht mehr umset-zen will. 

(Zuruf von der AfD)

Dies ist ein Verrat an Arbeitnehmerinteressen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der Linken - Guido Kosmehl, FDP: Oh! - Zurufe von der AfD)

Nein, der DGB, Ver.di und EVG haben nicht nur deswegen protestiert, weil es für das Personal, übrigens nicht nur für SPNV-, sondern auch für ÖPNV-Vergaben, keine landesspezifischen Regelungen mehr gibt. Die Briefe haben wir alle erhalten. Nein, sie haben auch schon vorher dagegen protestiert, weil es ganz klar gegen Arbeitnehmerinteressen geht. Denn das, was unter Entbürokratisierung verstanden wird, ist an dieser Stelle nichts anderes als die Untergrabung von Regelungen im Interesse von Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmern. Das ist der Skandal bei diesem Gesetz

Ab hier, rechts von mir, können Sie sich feiern. Ja, das haben Sie geschafft. Aber ich frage: Wie will die SPD eigentlich demnächst noch mit Gewerkschaften in diesem Land zusammenarbeiten? Ich kann es mir nicht mehr vorstellen.

(Beifall bei der Linken)

Insofern ist dieses Gesetz an diesen beiden Kriterien gescheitert. Weil es an diesen beiden Kriterien ge-scheitert ist, werden wir es natürlich ablehnen. 

Trotzdem versuchen wir eines noch einmal: Die Begründung dafür, warum dieses Gesetz oberhalb der EU-Schwellen nicht mehr angewendet wird, lautet gemäß Gesetzentwurf, dass wir es nicht machen dür-fen, weil der Bund seine Regelungskompetenz ausgeschöpft hat. Klare Ansage im Ausschuss - völliger Fake. Die Begründung war völlig falsch. Natürlich dürfen wir auch an dieser Stelle regeln. Wenn wir dort regeln dürfen und wenn es wirklich um die kleinen Handwerker geht und nicht um die großen ÖPNV-Unternehmen, wie Sie immer behauptet haben, dann stimmen Sie jetzt unserem Änderungsantrag zu, auch oberhalb der EU-Schwellen dieses Gesetz gelten zu lassen. - Danke. 

(Beifall bei der Linken - Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)