Hendrik Lange (Die Linke):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich bin ich der AfD dankbar für diesen Antrag, auch wenn es müßig ist, sich mit den kruden Gedanken der extremen Rechten auseinanderzusetzen. Ich bin deswegen dankbar, weil hier schwarz auf weiß steht, was die AfD machen wird,
(Zuruf von der AfD: Ja!)
nämlich die Freiheit der Wissenschaft einschränken,
(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
und weil hier steht, wohin die AfD mit diesem Land will, nämlich zurück zu tradierten Geschlechterverhältnissen.
(Zustimmung von der AfD - Zurufe von der AfD)
Geschlechterverhältnisse muss man an der Stelle als Wort begreifen. Es geht nicht um das Verständnis von Geschlechtern, sondern um die Verhältnisse, und die sollen so bleiben, wie sie sind.
(Eva von Angern, Die Linke: Im Sinne der Männer! Männer voran! - Zurufe von der AfD)
Alles, was dabei verunsichert, soll möglichst erst gar nicht gedacht werden und schon gar nicht wissenschaftlich. Die AfD geht dabei so weit, sich tief in wissenschaftliche Diskurse politisch einzumischen, weil diese nicht genehm sind. Alle Denkschulen zu canceln, die sich auf Judith Butler beziehen, ist so, wie im 16. Jahrhundert das heliozentrische Weltbild und die Lehren von Kopernikus zu verbieten. Das ist die Herangehensweise der AfD.
(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen von der AfD)
Die wahre Cancel Culture wird durch die AfD stattfinden, so wie unter Trump in den USA oder wie es in den Dreißigerjahren in Deutschland gang und gäbe war.
(Zuruf von der AfD: Genau! - Weitere Zurufe von der AfD)
Das zeigen dieser Antrag und diese Debatte deutlich.
(Zurufe von der Linken, von der CDU und von der AfD)
Meine Damen und Herren, über welche Konstruktion schleicht sich die AfD da an? - Neben der volksnahen Formulierung eines Schachtelsatzes über acht Zeilen machen die Rechtsextremen Folgendes: Sie behaupten einfach, dass ein wissenschaftlicher Diskurs politisch motiviert sei, und deswegen solle er an staatlichen Hochschulen nicht stattfinden.
(Zuruf von Christian Hecht, AfD)
Sie unterstellen der Wissenschaft, das, was sie selbst ständig im Parlament kundtun und was Sie selbst machen: Sie kehren die Wirklichkeit einfach um.
(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE - Zuruf von der AfD)
Denn es ist doch so, dass die Geschlechterforschung Erkenntnisse über die Diskriminierung in der Gesellschaft, stereotype Zuschreibungen, Hierarchien usw.
(Zuruf von Felix Zietmann, AfD)
- ist doch gut jetzt, Mensch, regen Sie sich doch nicht so auf -
(Zuruf von Felix Zietmann, AfD)
erforscht und damit Bewusstsein dazu schafft. Daraus leitet sich dann politisches Handeln ab - ein ganz normales Wechselspiel zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Die AfD stört sich daran, weil sie mit den Ergebnissen nicht klarkommt. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
(Zustimmung von der Linken und von den GRÜNEN)
Das ist ja auch klar: Spricht die AfD von traditionellen Geschlechterverhältnissen, ist höchste Aufmerksamkeit geboten.
(Lachen bei der AfD)
Hört man Krah, Höcke, Tillschneider zu, dann wollen sie zurück zu „Frauen an den Herd und Männer an die Macht“. Der Schritt zu dem in den USA schon weitverbreiteten Spruch „Your body, my choice“ - dein Körper, meine Entscheidung - ist dann nicht mehr weit: Vati kommt abends von der Arbeit, schlürft Muttis Suppe und darf dann mit ihr machen, was er will.
Ich bin froh, dass wir von der Akzeptanz dieser tradierten Geschlechterverhältnisse weg sind. Danke an die Frauenbewegung und alle Feministen, die diesen Kampf geführt haben und führen, auch wenn noch viel zu tun ist.
Meine Damen und Herren, der Angriff auf die Gender Studies ist nur ein Anfang. Schon jetzt werden die Hochschulen mit Anfragen gepiesackt. Sie sollen Abschlussarbeiten und Lehrmodule aufschlüsseln, was ihre Studiengänge mit postkolonialer Theorie zu tun haben.
Wer sieht, dass Trump alle Wissenschaftsprogramme einstellen lässt, die Wörter wie „Vielfalt“, „Klima“ oder „Geschlecht“ enthalten - egal ob Forschung zur Vielfalt von Vogelgenomen oder Brustkrebsforschung -, fühlt sich zu Recht an das Herangehen der AfD an den Landeshaushalt erinnert. Da wird alles, was Gender-Ziele sind, im Vorwort gestrichen. Dann glaubt man, man hätte viel Geld. Im Wirtschaftsausschuss führte das so weit, dass Programme zur Unternehmungsgründung gestrichen werden sollten, weil dort Frauen gefördert werden sollen, obwohl mehr Männer davon profitieren.
Meine Damen und Herren, sehen Sie hin, was Trump macht, und glauben Sie der AfD, was sie an Unheil in der Gesellschaft anrichten will.
(Christian Hecht, AfD: Ja, genau!)
Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die Rassismus und Chauvinismus verbreitet, die die Demokratie aushöhlen und durch ein autoritäres Regime ersetzen will. Die AfD gehört verboten.