Ulrich Thomas (CDU):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ich bin den Initiatoren der heutigen Debatte äußerst dankbar dafür, dass wir uns über den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt unterhalten. Ich glaube, dass wir trotz der Abrechnung mit der Politik der Ampelregierung erst einmal gut daran tun zu schauen, woher wir als Sachsen-Anhalt eigentlich kommen. Das beginnt in meiner Zeitrechnung im Jahr 1990, als wir hier die Wende hatten, als wir ein Bundesland hatten, das wirtschaftlich vollkommen am Boden lag. Hätten wir damals nicht Unternehmer gehabt, die gesagt haben, wir gehen in das Risiko, wir wollen uns hier engagieren, dann sähe Sachsen-Anhalt nicht so aus, wie es heute aussieht: ein Land der Innovation, der Industrie und der Wissenschaft.
(Zustimmung bei der CDU, von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)
Wir haben in den letzten 35 Jahren hier einiges erlebt mit allen Höhen und Krisen. Das Ergebnis spricht dafür, dass wir hier Menschen haben, die sich immer gekümmert haben. Viele, die länger dabei sind, haben hier viele Täler durchschritten und sich viele Sorgen gemacht, aber eines ist uns klar - das sage ich einmal in Richtung der Kollegen der AfD -: Wir sind deswegen wirtschaftlich so erfolgreich, weil wir immer modern gedacht haben und nicht Deutsch gedacht haben. Denn wer modern denkt, der denkt auch Deutsch, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD)
Ich sage das auch aus eigener Erfahrung, denn ich habe im Mai 1990 ein Unternehmen gegründet. Das werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Ehrlich gesagt: Gott sei Dank habe ich damals manche politische Rede nicht gehört und nicht wahrgenommen. Denn wenn ich das gehört hätte, hätte ich noch einmal überlegt, ob ich das, was ich da vorhabe, wirklich machen möchte.
(Guido Kosmehl, FDP, lacht)
Ich glaube, es ist doch erst einmal das Wichtigste, dass wir in unserem Land einen Unternehmergeist haben, der von Vertrauen und nicht von Misstrauen,
(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)
der von Anerkennung und nicht von Missgunst geprägt ist, meine Damen und Herren.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Andreas Silbersack, FDP)
Ich rufe alle im Saal dazu auf, dass wir uns zunächst die Leute anschauen, die uns jetzt durch dieses schwere Wetter, durch diese schwere Situation steuern. Es sind nun einmal die Unternehmer und Unternehmerinnen, die Verantwortung tragen, auch für die Arbeitsplätze, die daran hängen. Deswegen ist es richtig, dass wir in Sachsen-Anhalt übrigens schon im Jahr 2021 in unserem Koalitionsvertrag formuliert haben, dass wir hier der wirtschaftsfreundlichste Standort in Deutschland werden wollen, meine Damen und Herren. Das ist unser Auftrag und an dem Ziel bleiben wir auch dran, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der CDU, von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)
Wenn sich Infrastruktur, Forschung und Wissenschaft entwickeln, dann entwickelt sich auch die Wirtschaft positiv. Wir haben starke Unternehmen, wir haben starke Industrien: Maschinenbau, Chemie und Agrarwirtschaft. Das sind Säulen unserer regionalen und nationalen Wirtschaft. Und waren es in den 90er-Jahren Probleme hinsichtlich der Arbeitsproduktivität, hohe Arbeitslosenzahlen und ein Wegbrechen ganzer Wirtschaftsbranchen, dann haben wir heute das Problem des demograsfischen Wandels, der uns hier fordert. Es gibt ein Problem mit Arbeitskräften. Ich glaube, selbst wenn wir alle zurückholen, die Sachsen-Anhalt jemals verlassen haben, werden sie nicht reichen.
(Zustimmung bei der CDU, von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)
Wir brauchen vielmehr qualifizierte Zuwanderung und wir brauchen auch bei uns hier in Sachsen-Anhalt eine gewisse Internationalität; denn jeder, der Wirtschaftspolitik betreibt, weiß doch eines ganz sicher: Abschottung hat noch nie geholfen. Denken Sie an die DDR. Das hat noch niemanden geholfen.
(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, von Guido Kosmehl, FDP, und von Olaf Meister, GRÜNE)
Auch Zölle in der Weltwirtschaft haben noch niemandem und schon gar nicht unserer Wirtschaft geholfen.
(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, von Guido Kosmehl, FDP, und von Olaf Meister, GRÜNE)
Deswegen brauchen wir hier die Internationalisierung und da müssen wir dranbleiben. Natürlich brauchen wir auch den Übergang zu einer Produktion, die nachhaltiger wird - das sind neue Wettbewerbschancen -, aber wir brauchen sie marktgerecht.
Herr Siegmund, Sie haben davon gesprochen, dass wir hier ideologisch geprägt wären: Das sind wir schon, und zwar durch die soziale Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard.
(Ulrich Siegmund, AfD: Ja, aber davon merkt man nichts bei Ihnen!)
Das ist unsere Ideologie, die Deutschland diesen Wohlstand gebracht hat, und nach dieser werden wir auch weiter verfahren. Das lassen wir uns auch nicht ausreden; denn das ist das erfolgreichste Modell, das wir weltweit wirtschaftspolitisch haben.
Nun geht es darum, wie wir uns in Sachsen-Anhalt in diesen schweren Zeiten weiterentwickeln. Es gibt drei Faktoren, die uns nachhaltig beeinträchtigt haben. Das war erstens die Coronakrise, über die wir viel zu schnell hinweggehen. Dabei reden wir immer gesellschaftspolitisch über Menschen, die nach wie vor unter Post Covid und dergleichen leiden. Ich finde das ganz schlimm. Aber wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass auch die Wirtschaft unter den Folgen der Coronapandemie leidet und sich daraus, was dabei weltwirtschaftlich passiert ist, zu befreien versucht. Dabei sind wir doch auf einem guten Weg, meine Damen und Herren. Wir haben es mit den Coronahilfen, die wir seinerzeit im Landtag beschlossen haben, geschafft, unsere Wirtschaft durch die Krise zu führen, sodass wir heute noch die wirtschaftliche Stärke haben, die wir haben, meine Damen und Herren.
(Zustimmung von Lars-Jörn Zimmer, CDU)
Der zweite Punkt - und auch den konnten wir nicht beeinflussen - war der Ukrainekonflikt.
Und ja, in der Tat, da ist ein wichtiges Fundament für unsere Wirtschaft weggebrochen. Das war der günstige Energielieferant Gas und Öl.
(Lothar Waehler, AfD: Ja!)
Das war ein Problem.
(Lothar Waehler, AfD: Ja!)
Aber, meine Damen und Herren, Probleme sind da, um gelöst zu werden. Auch dieser Herausforderung haben wir uns gestellt und sind doch dabei, diese Probleme zu lösen. Man löst sie allerdings nicht -
(Lothar Waehler, AfD: So!)
das will ich auch ganz deutlich in Richtung der Akteure sagen, die in Berlin Verantwortung getragen haben , indem wir mehr oder minder halsbrecherisch irgendwelche Dinge beschließen in dem Glauben, es könnte funktionieren.
Jeder in der Ampel hätte dafür sorgen können, dass bspw. sechs Atomkraftwerke noch laufen würden
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
und uns CO2-armen Strom liefern könnten. So geht die Ampelregierung mit einem grünen Wirtschafts- und Energieminister in die Geschichte ein,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der geradezu Unmenschliches geleistet hat, sagt seine Nachfolgerin! - Unruhe bei der CDU)
der dafür steht, die dreckigste Energie in Deutschland produziert zu haben, weil wir an Kohlekraftwerken und an Gaskraftwerken festgehalten haben. Herr Striegel, ich kann es doch nicht schönreden.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Ich hätte mich gern mit Herrn Habeck unterhalten, aber er wollte nicht in unseren Ausschuss kommen. Dort hätte er die Frage beantworten können.
(Zustimmung bei der CDU, von Guido Kosmehl, FDP, und von Andreas Silbersack, FDP)
So viel zu dem Respekt, den Sie diesem Landesparlament erwiesen haben in Form Ihres grünen Wirtschaftsministers.
Ja, meine Damen und Herren, wir haben ein Problem mit Insolvenzen. Wir merken das. Wir spüren es an jeder Ecke, dass Unternehmen überlegen: Wie geht es weiter? Wir merken das an dem geringen Wirtschaftswachstum, und wir merken das vor allen Dingen auch an der Stimmung, die in der Wirtschaft herrscht.
Dementsprechend ist es jetzt angezeigt, nach vorn zu schauen und den Leuten Hoffnung und Zuversicht zu geben. Die Leute erwarten von uns, was sie in den letzten drei Jahren eben nicht hatten: Klarheit und Verlässlichkeit bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und in Sachsen-Anhalt. Und dafür steht meine CDU-Fraktion, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU - Florian Schröder, AfD, lacht)
Ich bin ganz froh, dass bestimmte Dinge nicht in Vergessenheit geraten werden. Denken Sie an das Durcheinander beim Gebäudeenergiegesetz. Erst wurde uns erklärt, jeder solle jetzt auf eine Wärmepumpe umsteigen. Das wurde dann ein Jahr später relativiert mit: Das war ein Versuch, wie weit man in Deutschland gehen kann, was denn machbar ist. - Alle waren verunsichert: Wie geht es denn bei mir in der Firma weiter? Wie geht es bei mir zu Hause weiter?
Ich denke an das Hin und Her mit der Elektroautokaufprämie. Erst wurde sie unheimlich gehypt, dann wurde sie nach wenigen Tagen ausgesetzt, weil das Geld nicht reichte. All das sind Beispiele dafür, wie man Wirtschaftspolitik eben nicht machen soll. Ich meine, man muss aus seinen Fehlern lernen.
(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)
Deswegen finde ich es durchaus bemerkenswert, dass auch die FDP sich hier einer gesunden Selbstkritik unterzieht. Denn letztendlich muss man aus Fehlern lernen. Das ist das Mindeste, was man erwarten darf.
Dementsprechend will ich, weil das hier auch Thema war, noch sagen: Kollege Siegmund, vielleicht lesen Sie den Koalitionsvertrag in Berlin einmal richtig, auch das Kleingedruckte. Das steht nämlich schon darin: Für eine Regel sollen zwei herausfallen. Das steht im Koalitionsvertrag. Lesen Sie es nach. Was Sie hier fordern, haben die Kollegen in Berlin schon aufgeschrieben. Dementsprechend sollte man den Kollegen in Berlin jetzt erst einmal zutrauen, dass sie es schaffen, den Schaden, der angerichtet wurde, wieder zu reparieren.
Aber Sie wissen ja, wie das in der Physik ist nicht alle, aber die meisten :
(Florian Schröder, AfD, lacht)
Wenn ein Wagen bergab fährt, muss er, bevor er wieder bergauf fahren kann, erst einmal angehalten werden. Allein das Anhalten der Talfahrt verlangt schon immense Kraft. Ihn dann wieder hochzuschieben, verlangt noch mehr Kraft.
(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Nein, mit dem Schwung, den man beim Bergabfahren hat, kommt man eine ganze Weile!)
Daher bin ich froh, dass wir mit Friedrich Merz und Katherina Reiche jetzt Sachverstand an diesen Stellen haben. Ich traue es ihnen zu.
(Hendrik Lange, Die Linke: Idealerweise kommt nach dem Tal wieder ein Berg!)
Ich glaube aber, wir sollten ihnen auch die Zeit geben; das gebietet die Fairness in der Politik. Wir sollten die Reparaturen abwarten, meine Damen und Herren.
Ich komme zu den Aussichten, wie wir aus der Sicht der CDU die Dinge hier wieder in Ordnung bekommen. Wir sind dabei in einer guten Tradition. Ich darf daran erinnern, dass die Qualität des Wirtschaftsstandortes seinerzeit eingeleitet wurde von einem Wirtschaftsminister Reiner Haseloff, der schon damals dafür gesorgt hat, dass Schlüsselindustrien nicht nur hiergeblieben sind, sondern auch hierhergekommen sind, bis hin zu Sven Schulze, der das heute außerordentlich gut macht. Als Beleg nenne ich die Intel-Investition - nicht jedoch, dass sie gerade infrage gestellt wird.
(Olaf Meister, GRÜNE, lachend: Schlechter Witz! - Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)
Jeder, der sich daran freut, dass Intel bis heute noch nicht hundertprozentig zugesagt hat,
(Lachen bei den Grünen)
sollte seine wirtschaftliche Kompetenz hinterfragen.
(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)
Denn noch steht die Investition im Raum. Und noch ist es so, dass wir als Sachsen-Anhalt allein durch die Ankündigung so auf die Weltkarte gekommen sind, dass selbst wir im Harz Anfragen von Unternehmen bekommen, was ich früher nicht für möglich gehalten hätte. Wir sollten die Hoffnung und die Zuversicht nicht aufgeben, dass weitere Investitionen, wie bspw. die von UPM mit 1,2 Milliarden €, weiterhin den Weg nach Sachsen-Anhalt suchen, und sollten das nicht schlechtreden.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)
Die Koalition macht große Schritte in der Form, dass wir nun das Geld aus dem Sondervermögen des Bundes möglichst schnell und unbürokratisch hier auf die Straße bekommen, indem wir das Tariftreue- und Vergabegesetz aussetzen. Ich weiß, Kollege Hövelmann, das fällt Ihnen schwer. Aber es ist richtig, dass wir das machen, um dieses Geld zügig auf die Straße zu bekommen.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Andreas Silbersack, FDP)
Ich werbe dafür, dass wir diesen Weg, die Verwendung der Mittel des Bundes hier in Sachsen-Anhalt zügig diskutieren, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen, Herr Grube, damit wir über alle Brücken in Magdeburg wieder genau so sicher fahren können wie bei mir im Harz, vierspurig von Egeln nach Halberstadt, und was mir dazu sonst noch alles einfällt. Dazu lade ich Sie ein. Lassen Sie uns jetzt hoffnungsvoll und mit Zuversicht in die Zukunft gehen. Denn das erwartet die Wirtschaft, das erwarten die Menschen, das erwartet dieses Land von uns. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Thomas. - Es gibt eine Zwischenintervention von Herrn Dr. Tillschneider und dann eine Frage von Herrn Gallert. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Sie haben am Beginn Ihrer Rede gesagt, Sachsen-Anhalt stünde so gut da, weil Sie modern denken würden, nicht deutsch. Das ist doppelt falsch. Zum einen steht Sachsen-Anhalt nicht gut da, Sachsen-Anhalt steht miserabel da. Der Grund dafür ist, dass Sie nicht an Deutschland denken.
Zum anderen opfern Sie unsere Wirtschaft auf dem Altar einer aberwitzigen Klimaideologie. Von Ihnen kommt kein grundsätzlicher Widerspruch. Sie opfern unsere Wirtschaft auf dem Altar einer russlandfeindlichen, hochgradig destruktiven und letztlich auch deutschlandfeindlichen Politik.
Ihnen ist die Klimaideologie wichtiger als Deutschland. Ihnen ist die Zerstörung unserer Beziehungen zu Russland wichtiger als Deutschland. Sie täten gut daran, einmal etwas mehr an Deutschland zu denken. Dann stünde auch Sachsen-Anhalt besser da.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Thomas.
Ulrich Thomas (CDU):
Herr Kollege Tillschneider, ich weiß, was ich gerade gesagt habe. Ich habe gesagt, wer modern denkt, der denkt deutsch. Sie denken nur deutsch; das ist nicht modern.
(Zustimmung bei der CDU - Sandra Hietel-Heuer, CDU, lacht)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Jetzt die Frage von Herrn Gallert.
Wulf Gallert (Die Linke):
Ich möchte Sie zu einer Bemerkung fragen, die Sie jetzt gegenüber der alten Ampelregierung gemacht haben. Sie haben gesagt so habe ich Sie verstanden; Sie können sich gern korrigieren , dass die Energiefrage unter anderem deswegen so verschärft worden ist, weil die Ampel nun keine Verlängerung der Atomkraftwerke machen wollte und dort auch keinen Wiedereinstieg diskutiert hat.
Sie haben außerdem die neue CDU-Wirtschaftsministerin Frau Reiche erwähnt bzw. ein Stück weit zitiert, jemanden, der in den letzten Jahren als Managerin tätig war und sich in dem Bereich sozusagen wirklich auskennt. Sie hat gleich zu Anfang Ihres Amtsantritts eine ganz klare Position geäußert: Eine Rückkehr zur Kernenergie, wie sie auch CDU und CSU noch im Wahlkampf zum Teil lautstark gefordert haben, schloss Reiche aus. Der Ausstieg ist vollzogen. Der Wiedereinstieg würde nicht nur viel Geld erfordern, sondern auch Unternehmen, die das nicht machen wollen.
Jetzt frage ich einmal, weil wir diese Atomstromdebatte hier schon tausendmal geführt haben:
(Guido Kosmehl, FDP: Na ja, tausendmal nicht!)
Teilen Sie die Position von Frau Reiche? Oder haben Sie dazu eine andere Position?
Ulrich Thomas (CDU):
Zunächst zitiere ich aus dem Koalitionsvertrag, das ist für mich geschriebenes, nicht gesprochenes Wort. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht wörtlich: Der erste Kernfusionsreaktor der Welt wird in Deutschland stehen. Das ist eine klare Ansage. - Das stelle ich erst einmal fest.
(Zustimmung bei der CDU - Olaf Meister, GRÜNE: Wann rechnen Sie damit? - Wulf Gallert, Die Linke: In 30 Jahren? - Thomas Lippmann, Die Linke: Kernfusion ist ja noch etwas anderes als Kernspaltung!)
Ich will Ihnen einen zweiten Punkt nennen.
(Thomas Lippmann, Die Linke: Die Kernfusion ist ja auch okay! - Wulf Gallert, Die Linke: Ja! - Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
- Herr Lippmann, Sie sind doch Pädagoge. Da hört man sich doch zu, oder nicht? Sie können sich doch danach zu Wort melden. Oder haben Sie Ihre Klassen auch so unterrichtet?
(Lachen bei der AfD)
Ich hoffe nicht.
(Zustimmung bei der CDU - Dorothea Frederking, GRÜNE: Er ist doch interessiert!)
Ich will auf die Frage antworten. Ich hatte noch eine Frage zur Abschaltung der Atomkraftwerke. Bevor wir die Dinge jetzt ganz durcheinanderbringen: Wir reden jetzt über den Zeitraum 2022, 2023, als die Atomkraftwerke noch am Netz waren
(Hendrik Lange, Die Linke: Und sehr teuren Strom produziert haben!)
und als selbst Herr Habeck und die GRÜNEN zugestimmt haben, die Kraftwerke länger laufen zu lassen. Man hätte sie auch noch länger laufen lassen können. Das ist mittlerweile belegt. Man hätte sie noch länger laufen lassen können.
(Olaf Meister, GRÜNE: Ja!)
Dazu war man aber nicht bereit. Jetzt sind sie seit zwei Jahren vom Netz. In der Tat ist in diesen zwei Jahren so viel passiert der Rückbau und der Verlust von Facharbeitern, die das bedient haben , dass das heute unheimlich schwierig wäre, manche sagen: unmöglich machbar ist natürlich alles ,
(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)
diese alten Meiler wieder ans Netz zu bringen. Deswegen sagt Frau Reiche sicherlich, aus heutiger Sicht macht es keinen Sinn mehr. Aber damals, als wir den Strom gebraucht haben, hätte man die Entscheidung treffen müssen: Sie laufen eben noch einmal ein Jahr länger, um hier günstigen Strom zu bringen.
(Olaf Meister, GRÜNE: Das war mehrfach!)
Und weil ich gerade wieder etwas gehört habe, das mich wirklich richtig ärgert: Frau Frederking, wissen Sie, wann ein Auto am wenigsten Energie verbraucht?
(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Wenn es steht! - Dorothea Frederking, GRÜNE: Wenn man es nicht fährt!)
- Nein, wenn es bergab rollt. Ist nur blöd, wenn der Berg dann zu Ende ist und Sie wieder hochmüssen.
(Olaf Meister, GRÜNE: Dann müssen Sie anhalten!)
Das stellen Sie sich bitte vor bei einer Dunkelflaute.
(Dorothea Frederking, GRÜNE: Speicher!)
Wenn Sie keine erneuerbaren Energien haben in Dunkelflauten, dann fragen die Menschen: Wo kommt jetzt der bezahlbare Strom her?
(Dorothea Frederking, GRÜNE: Speicher!)
Das sind doch die Fragen, die wir beantworten müssen.
(Zustimmung bei der CDU)
Es geht nicht darum, immer wieder Idealfälle zu beschreiben, was im Labor geht, sich aber nicht praktikabel darstellen lässt. Also insofern: Versachlichen Sie bitte die Diskussion. Ich bin noch gar nicht bei dem Begriff erneuerbare Energien. Das sind Zufallsenergien, aber das ist ein anderes Thema.
(Olaf Meister, GRÜNE: Aber die Kernfusion! Alles klar!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Gallert, noch eine Nachfrage?
Wulf Gallert (Die Linke):
Sie haben ja recht damit, dass man bei der Frage der Kernenergie jetzt genauer sein muss. Das stimmt schon. Man muss zwischen Kernspaltung und fusion unterscheiden, das ist richtig.
(Dorothea Frederking, GRÜNE: Aber die Fusion gibt es ja gar nicht!)
Mein Problem war nur, dass die CDU noch bis Anfang März dieses Jahres nicht vor drei Jahren gesagt hat: Wenn wir ans Ruder kommen, wird es wieder Atomstrom geben, und zwar Energie aus der Atomspaltung.
(Olaf Meister, GRÜNE: Ja! Vor acht Wochen!)
Und innerhalb von vier Wochen oder, sagen wir, sechs Wochen sagt die neue CDU-Wirtschaftsministerin: Das könnt ihr vergessen, das ist Blödsinn.
(Olaf Meister, GRÜNE: Ja!)
Das war nicht das erste Wahlversprechen, das hier gebrochen worden ist.
(Zuruf von Eva von Angern, Die Linke)
Aber ich hätte gern Ihre persönliche Meinung dazu gehört. Und noch eine Frage. Kernfusion - ein völlig anderes Thema. Was, glauben Sie, ist eine realistische Annahme dafür, wann es den ersten Kernfusionsreaktor in Deutschland geben wird?
(Hendrik Lange, Die Linke: Der auch funktioniert!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Das war aber nicht nur eine Nachfrage.
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Wulf Gallert, Die Linke: Doch, doch!)
Herr Thomas, wenn Sie wollen.
Ulrich Thomas (CDU):
Ich bin nicht das Orakel von Magdeburg und weiß nicht, wann das kommen wird. Ich hoffe nur, so schnell wie möglich.
Weil wir gerade bei dem Thema sind. Es ist übrigens bezeichnend, dass im Grunde der erste Fusionsreaktor von den Deutschen schon da ist. Herr Gallert, Sie wissen bestimmt, wo der gerade gebaut wird. Bei Ihrer Expertise wissen Sie das bestimmt; denn Sie kennen sich ja sehr gut in Kernfragen aus.
(Hendrik Lange, Die Linke: Ja, ja!)
Der wird nicht in Deutschland gebaut, der wird in Ruanda gebaut - in Ruanda, in Afrika. Warum in Ruanda? - Weil dort die bürokratischen Hemmnisse am geringsten sind. So weit sind wir gekommen,
(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
dass wir unsere Neuentwicklungen dort aufbauen, weil wir dort mehr Unterstützung erhalten. Ich bin ein bisschen entsetzt, Kollegen von den Grünen, dass Sie diese Energiefragen immer so belächeln.
(Olaf Meister, GRÜNE: Gar nicht!)
Kollege Meister, Sie kommen einmal mit nach Harzgerode, und erzählen dort den 600 Leuten bei Trimet, die jetzt Angst um ihren Arbeitsplatz habe, weil die Energie so teuer ist, dass Sie das lustig finden.
(Olaf Meister, GRÜNE: Nein, ich war nicht belustigt! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)
Das finde ich unangemessen, das will ich Ihnen einmal persönlich sagen.
(Zurufe von Olaf Meister, GRÜNE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
- Doch, das finde ich unangemessen. Denn Sie haben dafür gesorgt, dass die Energie so teuer geworden ist, wie sie es ist, meine Damen und Herren.
(Zurufe von Olaf Meister, GRÜNE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Wir werden immer wieder sagen, dass Sie das waren. Sie finden es doch in Ordnung. Das ist doch in Ordnung.
(Zurufe von den GRÜNEN)
Das machen wir so - und ich persönlich als Erster.