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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 29

Beratung

Würdigung der Lebensleistung von Gustav Adolf „Täve“ Schur

Antrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/5920


Die Einbringung lässt noch auf sich warten. Herr Gürth, Sie sind mit der Einbringung dran.

(Detlef Gürth, CDU: Nein! Herr Silbersack! - Lachen)

- Sie haben getauscht? Bei mir steht: Einbringung Herr Detlef Gürth. Ich kann nur das vorlesen, was hier steht. Sie haben also getauscht.

(Andreas Silbersack, FDP: Nein, wir haben nicht getauscht! Das war schon immer so! - Unruhe)

- Dann habe ich eine falsche Meldung. Tut mir leid, Herr Silbersack, bei mir steht: Einbringung Herr Gürth. 

(Andreas Silbersack, FDP: Alles gut!)

Dann macht die Einbringung Herr Silbersack. Bitte. Das ist kein Thema.


Andreas Silbersack (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hinter diesem Antrag können sich sicherlich viele versammeln, einschließlich Detlef Gürth. Worum geht es? - Es geht um die Würdigung der Lebensleistung von Gustav Adolf „Täve“ Schur. Täve Schur kennen eigentlich alle hier im Saal zumindest vom Namen her. Er ist Sportler gewesen, im Jahr 1931 in Heyrothsberge geboren, also nah bei Magdeburg. In den 50er-Jahren ist er aufgestiegen zu einem Idol für ganze Generationen. 

Er hat in den Jahren 1958 und 1959 die Radweltmeisterschaften gewonnen. Er war mehrfach Sieger der Friedensfahrt. Er war mehrfach DDR-Meister und zigfach Sportler des Jahres. Das hat ihn als Spitzensportler unvergessen gemacht. 

Für die Menschen in Ostdeutschland und in Sachsen-Anhalt hat ihn unvergessen gemacht, dass er Horst Eckstein im Jahr 1960 den Vortritt ließ, sodass dieser am Sachsenring Weltmeister wurde. 

(Beifall bei der FDP, bei der CDU, bei der Linken und bei der SPD - Zustimmung bei der AfD und bei den GRÜNEN)

Das begründete den Mythos von Täve Schur als jemand, der die Fairness im Sport erfunden und begründet hat. Wenn wir über Täve Schur sprechen, dann reden wir über sportliche Fairness, über ein Idol, einen Mythos. Der Mensch Täve Schur, wie wir ihn kennen und schätzen, hat dies zu seiner Lebensmaxime erklärt. Bis ins hohe Alter   er ist jetzt 94 Jahre alt   hat er die Maxime von Fairness im Sport, von Mitmenschlichkeit und von sportlichen Werten gelebt. 

Vor diesem Hintergrund bin ich dem Land, dem Ministerpräsidenten und dem Landessportbund, vertreten durch seine Präsidentin Silke Renk-Lange, die heute hier auch zu Gast ist, dankbar dafür, dass der Antrag eingereicht wurde, Gustav Adolf Schur am 17. September 2025 den Landesverdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt zu verleihen.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU) 

Gerade in einer sehr aufgewühlten Zeit ist es aus meiner Sicht eminent wichtig, dass wir Personen wertschätzen, die mit ihrer sportlichen Leistung und mit ihrer sportlichen Fairness einen Mythos erschaffen haben, auch für diejenigen, die, wie ich, nicht selbst an der Straße standen, sondern von ihren Eltern und Großeltern erzählt bekommen haben, wie sie am Straßenrand standen und „Täve! Täve!“ riefen. 

Es ist gerade in dieser Zeit wichtig zu unterscheiden zwischen der Frage, was ein sportliches Idol ist und wie wir ein sportliches Idol und den Mythos, die sportliche Fairness werten, und der Frage, wie wir es werten, was dieser Mensch darüber hinaus in seinem Leben gemacht hat. Deshalb haben wir in unserem Antrag geschrieben: Wir verkennen nicht, dass seine politischen Ideale, d. h. sein Sitz in der Volkskammer von 1958 bis 1990 und auch sein Sitz im Bundestag für die PDS von 1998 bis 2002, in keiner Weise darüber hinwegtäuschen können und in keiner Weise verkleinern können, was er für die Menschen in diesem Land getan hat und was er für sie bedeutet, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der Linken und bei der SPD) 

Daher ist es für mich persönlich umso unverständlicher, dass ich persönlich und natürlich auch viele andere Sportfreunde es seit 15 Jahren nicht vermocht habe, dass der deutsche Sport Täve Schur in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen hat. 

Es lief immer gleich ab: Es wurden zwei Anträge gestellt, hinter denen sich der DOSB und die Landessportbünde versammelt haben, und dann kam immer die Diskussion, die politische Diskussion. Diese ist durchaus berechtigt und enthält Argumente, die man sich sicherlich anhören kann. Aber sind wir wirklich in der Situation, dass wir die Sozialisierung, die Idole aus 40 Jahren DDR -  ich mit meiner eigenen Geschichte bin sicherlich der Letzte, der an dieser Stelle irgendetwas idealisieren möchte   und die Ideale der Gesellschaft aus dieser Zeit einfach nicht benennen, wegwischen, darüber hinweggehen? - Ich glaube, nein. 

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb ist es auch wichtig, dass wir darüber reden und dass wir es schaffen, und zwar zu Lebzeiten, dass Gustav Adolf Schur in die Hall of Fame des deutschen Sports kommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bei den Bemühungen, bei den zwei Versuchen, die wir gestartet haben, gab es immer Gespräche. Es gab auch Gespräche mit der Person, die sich im Wesentlichen und mit aus ihrer Sicht berechtigten Gründen dagegen gewandt hat. Das war Frau Ines Geipel. Ich selbst habe Gespräche mit ihr und Täve Schur geführt, in denen es um die Frage der Abwägung zwischen Schuld und dem Wert der sportlichen Leistung ging. 

Wenn man sich die Hall of Fame des deutschen Sports anschaut, dann wird man feststellen, dass es dabei offensichtlich im Wesentlichen um sportliche Leistungen geht. Würde man nämlich genauer in die Geschichte, in die Vita Einzelner, die in der Hall of Fame des deutschen Sports vertreten sind, schauen, dann müssten eigentlich viel mehr Fragen gestellt werden, die sicherlich Jahrzehnte zurückreichen. 

Deshalb habe ich mir immer die Frage gestellt: Warum macht man das gerade bei Täve Schur? Ich glaube, es ist gerade in dieser Zeit wichtig, dass wir aus Sachsen-Anhalt heraus klar sagen: Wir wissen um die politische Einstellung, wir wissen um die politische Vita von Täve Schur, aber das ändert nichts an dem Wert, an seinem Mythos und an seiner Bedeutung für die Menschen in unserem Bundesland, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD)

In der Hall of Fame des deutschen Sports, die eine virtuelle Einrichtung ist und von der Stiftung Deutsche Sporthilfe geführt wird, stammt ein Anteil von 2,5 % der zu Ehrenden bzw. derer, denen Ehre gebührt, aus den ostdeutschen Bundesländern - 2,5 %! Ich bin wirklich der Allerletzte, der an dieser Stelle eine Ost-West-Debatte eröffnen möchte. Aber wir sind in der Situation, klären zu müssen, welche Einstellung wir zu den Idealen und den Idolen unserer Eltern und Großeltern und unseren eigenen Idolen haben. Für die Klärung dieser Frage ist Täve Schur ein sehr berühmtes, wenn nicht das berühmteste Beispiel. 

Insofern ist es wichtig, dass wir uns in dieser aufgeheizten und schwierigen Zeit klarmachen, wofür wir stehen, wofür wir auch dann stehen, wenn es vielleicht politisch nicht ganz unserer Richtung entspricht, weil vielleicht auch im Hinblick auf die politische Vergangenheit in der DDR Fragen bestehen und wir dabei nicht einer Meinung sind. 

Aber   und das steht für mich hierbei im Vordergrund   wir sollten heute von hier aus das Signal aussenden, dass dieser Landtag sich von Herzen wünscht, dass Täve Schur in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen wird, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.