Eva von Angern (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nur noch einmal kurz zu Frau Tschernich-Weiske. Ich hoffe, dass ich nicht falsch verstanden worden bin. Ich hoffe wirklich, dass nicht irgendwann eine Föderalismuskommission auf die Idee kommt, das Strafgesetzbuch zu einem Landesrecht zu machen.
Ehrlicherweise leiden wir noch immer darunter, dass die Strafvollzugsgesetze Landesgesetze geworden sind. Das war tatsächlich eine enorme Herausforderung - nicht nur im Strafvollzug, sondern auch in der Gesetzgebung. Ich halte es nach wie vor nicht für eine sehr kluge Regelung. Sie ist vor vielen Jahren gefasst worden. Wir müssen das akzeptieren. Aber um Gottes Willen, meine Äußerung bezog sich nicht darauf, das Strafgesetzbuch zu Landesrecht zu machen. Das soll bitte nicht passieren.
Selbstverständlich müssen wir uns als Land, als Landtag von Sachsen-Anhalt positionieren; denn wir haben über die Landesregierung eine Stimme im Bundesrat und können dort selbstverständlich auch Änderungen anregen. Nicht ohne Grund hat die Justizminister*innenkonferenz genau diesen Vorschlag gemacht. Dem möchte ich ausdrücklich folgen. - Das vielleicht zur Richtigstellung.
Mir scheint es wichtig zu sagen, dass wir trotz aller Unbestimmtheit zweifelsohne noch einmal über den Begriff „Femizid” reden müssen. Hierbei geht es tatsächlich um Tötungen, die durch ein hierarchisches Geschlechterverhältnis motiviert sind.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Das heißt, wir müssen auch darauf schauen, welche strukturelle Dimensionen und welches Motiv der Tat zugrunde liegen.
Dabei hilft das BGH-Urteil von Ende August dieses Jahres eben nicht für alle Fälle, Herr Kosmehl. Das Urteil liegt noch nicht vor. Wir haben nur die Pressemitteilung und die Presseberichterstattung. Ich habe noch einmal hineingeguckt, weil ich die genaue Begründung nicht parat hatte. Darin wird noch einmal klargestellt, dass die besondere Schwere der Tat, also der niedere Beweggrund, vom Gericht - im Übrigen schon vom Landgericht Berlin - aufgrund dessen bestätigt wurde, dass es sich um einen absoluten Tötungswillen in Form einer öffentlichen Hinrichtung gehandelt hat.
Das, was ich gerade dazu dargelegt habe - im Übrigen auch von der Bundeszentrale für politische Bildung untersetzt , was unter einem Femizid verstanden wird, ist eben nicht so vorhanden. Natürlich habe ich in dieser Anhörung im Rechtsausschuss gut zugehört. Natürlich habe auch ich gedacht: Okay, wenn die Gerichte das tatsächlich so anwenden, wie sich die Herren Rechtswissenschaftler das vorstellen, dann ist alles gut. Dann kam das Urteil des Landgerichts Stendal. Das war für mich der Punkt, an dem ich mir gesagt habe: Okay, ich will jetzt nicht noch einen Selbstbefassungsantrag im Innenausschuss, sondern wir müssen jetzt als Land Sachsen-Anhalt aktiv werden.
(Beifall bei der Linken)
Dazu noch ein Punkt, Herr Kosmehl: Ich finde, es klang ein bisschen despektierlich, dass wir ständig Selbstbefassungsanträge gestellt haben, die Ihrer Einschätzung nach in der Wiederholung dem Anliegen nicht entsprechen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich war nicht bei allen vertraulichen Sitzungen dabei, habe aber sehr wohl versucht, anwesend zu sein, wenn sie im Innenausschuss behandelt worden sind. Ich finde, wir haben immer wieder Fehlstellen entdeckt. Die langen im Übrigen nicht bei der Polizei. Deswegen gab es vorhin auch ausnahmsweise mein Lob an die Polizei und das Krisenmanagementsystem.
(Unruhe)
Aus meiner Sicht hat es in den zumindest bekannten, vorliegenden Fällen, die dort berichtet worden sind, funktioniert. Aber Sie erinnern sich: Es gab dort Fehlstellen.
(Zuruf)
Allein im Rahmen einer Selbstbefassung bestand die Möglichkeit dazu, das herauszufinden. Deswegen werden wir das immer und immer wieder aufrufen, weil aus unser Sicht jeder Femizid die gleiche Beachtung verdient.

