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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (Die Linke): 

Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Thema kann man eigentlich die Emotionen ein bisschen zurückschrauben, obwohl genau das in den letzten zehn Jahren bei diesem Thema nicht meine Erfahrung gewesen ist, 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

dass die Emotionen dort so zurückgeschraubt werden. Denn man kann über die Ausweitung der Prüfrech-te des Landesrechnungshofs sowohl in dem einen als auch in dem anderen Fall gut diskutieren. Es gibt eine Menge Argumente dafür und eine Menge Argumente dagegen. 

Wissen Sie, was mich aber erstaunt? - Mich erstaunt, dass sich heute innerhalb von wenigen Stunden, innerhalb von fünf Stunden, die Stimmung hier in diesem Raum hinsichtlich der Frage, was Prüfungen, Kontrollen und Nachweise anbelangt, vollständig gedreht hat. 

Ich erinnere an Aussagen, die hier getroffen worden sind, als es um die ganze Geschichte zum Tariftreue- und Vergabegesetz ging. Der Kollege Olaf Meister hat letztes Mal den Mut bewiesen   das muss man in-zwischen sagen  , zu sagen: Leute, freihändige Vergabe in Höhe von 100 000 €, na ja, ob das immer so klasse ist? Nun wissen wir: Wir haben im Baubereich sogar eine freihändige Vergabe im Umfang von 2,5 Millionen €. Ob das vielleicht doch ein bisschen Korruptionsanfälligkeit erzeugt? Dann musste er sich von Herrn Heuer anhören: Eines haben Sie hier bewiesen, Sie sind die Partei, die die Bürger und die Amts-träger vor Ort kontrollieren will, 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

ohne dass die selbst entscheiden können. Das hat wieder bewiesen, wofür Sie GRÜNE stehen. 

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Jetzt stelle ich einmal die Frage: Wofür stehen jetzt eigentlich die Koalitionsfraktionen, die nicht nur wol-len, dass bei den kleinen Gemeinden jedes Jahr das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises prüft   das muss den Haushaltsabschluss prüfen  , sondern außerdem auch noch den Landesrechnungshof in diese Gemeinde schicken wollen? Das ist immer eine Doppelprüfung; denn jede Gemeinde muss   noch ein-mal   vom eigenen Rechnungsprüfungsamt des Landkreises geprüft werden. In jeder Gemeinde, wo auch noch der Landesrechnungshof hineingeht, ist es eine Doppelprüfung. Insofern ist das schon völlig ausge-schlossen. 

Herr Ruland sagt: Die Prüfungsämter sind so dünn besetzt. Okay, und jetzt haben wir den Landesrech-nungshof, der zusätzlich     Wie viele Stellen kriegt der denn zusätzlich dafür? 

(Stefan Ruland, CDU: Keine!)

- Eine? 

(Stefan Ruland, CDU: Keine!)

Dann haben wir die Probleme in den Landkreisen mit den Rechnungsprüfungsämtern wirklich gelöst. Dann haben wir jetzt also eine Stelle mehr, die im ganzen Land die kleinen Gemeinden prüft. 

(Stefan Ruland, CDU: Keine! - Weitere Zurufe: Keine! - Null!)

- Nicht eine einzige? Also, wir kriegen nicht einmal mehr Personal im Landesrechnungshof. Und der soll jetzt das Problem der unterbesetzten Prüfungsämter in den Landkreisen lösen. Ich muss schon einmal sagen: Das ist etwas Erstaunliches. 

(Zustimmung von Stefan Gebhardt, Die Linke - Zuruf von Marco Tullner, CDU)

Ich frage mich einmal: Wie ist das jetzt mit der Aussage von Herrn Thomas, der vor ein paar Stunden formuliert hat: Dafür haben wir die kommunale Selbstverwaltung, aber auch die kommunale Rechtspre-chung und das kommunale Miteinander. Das kommunale Miteinander haben Sie vor Misstrauen ein biss-chen aus den Augen verloren. - Das waren die Debatten vor drei Stunden hier. Und jetzt brauchen wir auf einmal zusätzliche Prüfkriterien, die natürlich zusätzliche Bürokratie bringen. Ich frage Sie   und wir wer-den diesen Gesetzentwurf überweisen  : Bei aller Liebe, wo ist eigentlich die Logik der Koalition? - Dan-ke. 

(Beifall bei der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, es gibt eine Intervention, und zwar von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort, bitte schön. 


Jan Scharfenort (AfD):

Ich glaube, Herr Gallert, Sie haben das nicht ganz verstanden. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Doch, schon. 


Jan Scharfenort (AfD):

Es geht ja nicht um eine flächendeckende Prüfung. Es geht hierbei um Stichproben. Es geht vor allen Dingen natürlich immer um Wahrscheinlichkeiten. Das wollen wir ja auch nicht. Das ist vielleicht auch das, was uns und vielleicht auch andere Fraktionen unterscheidet. Wir wollen keine flächendeckenden Prüfungen. Wir wollen in erster Linie die kommunale Selbstverwaltung erhalten. Das ist das Wichtige. Die wollen wir stärken. 

Aber natürlich ist es so, wie beim Steuerpflichtigen auch: Wenn ich damit rechnen muss   ich weiß nicht, wann, ob in einem Jahr, in zwei Jahren, in drei Jahren, aber dass doch einmal jemand genauer hingucken wird  dann könnte das schon dazu führen, dass einige Verantwortliche bei den Kommunen die Sache vielleicht in Zukunft ein bisschen ernster nehmen. Genau das ist das Ziel. 

Das ist ein sehr effektives Mittel mit sehr wenig Mitteleinsatz. Es gibt erst einmal gar keine Mehrkosten. Sie werden merken: Es wird eine positive Wirkung entfalten. Natürlich wird es nicht zu einer flächende-ckenden Prüfung führen. Es wird auch weiterhin Missbrauch geben. Aber es geht immer um Reduzierung von Wahrscheinlichkeiten. Dafür ist das ein sehr adäquates Mittel. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Scharfenort, das ist ja alles möglich. Ich sage noch nicht einmal, dass wir dem vollständig, hundertprozentig, ablehnend gegenüberstehen, einmal abgesehen davon, dass Sie das nicht zum Nulltarif kriegen werden. So, wie der Landesrechnungshof bisher ausgestattet ist, wird er auch keine zusätzlichen Stichproben machen können, es sei denn, die Leute, die bisher dort sind, sind nicht ausgelastet. 

Das kann natürlich sein. 

In Bezug auf Artikel 2 sage ich, dass wir dann im wahrsten Sinne des Wortes neue Kompetenzen bei den Mitarbeitern des Landesrechnungshofes brauchen. Ich habe einen Bericht des Landesrechnungshofes über die Betreuung im Hort gelesen - das ist zugegebenermaßen 20 Jahre her - und habe gemerkt, dass diejenigen, die den Bericht erstellt haben, nie eine Schule von innen gesehen haben. 

Natürlich braucht man zusätzliches Personal, wenn man - darum geht es - die Verträge der Sozialverbände, bspw. des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der AWO usw., prüfen will. Dann braucht man auch zusätzliche Qualifikationen im Landesrechnungshof. Ansonsten wird es nicht funktionieren. Man kann durchaus sagen, dies sei klasse und richtig, aber dann frage ich mich, warum diese Argumente bei der Kontrolle von Mindestlöhnen und bei der Kontrolle von Vergaben als grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Handelnden abgewehrt wird und man es an dieser Stelle durchziehen will. - Danke.