Das Bestattungsgesetz von Sachsen-Anhalt ist ab sofort liberaler. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Landesregierung wurde am Donnerstag, 11. September 2025, vom Landtag beschlossen. Ein bereits vorher eingebrachter Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bestattungsgesetzes fand dagegen keine Mehrheit.

Das Bestattungsgesetz von Sachsen-Anhalt wurde geändert.
Ministerin stellt Änderungen vor
Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, stellte in ihrer Einbringungsrede wesentliche Punkte des Gesetzentwurfes der Landesregierung vor. „Der vollumfängliche, würdevolle Umgang mit sogenannten Sternenkindern wird zukünftig sichergestellt werden“, so die Ministerin. Auch im Kampf gegen Kinderarbeit bei der Herstellung von Grabsteinen werde das Gesetz einen Beitrag leisten. Mit der Einführung einer zweiten Leichenschau vor jeder Art der Bestattung würde das Land eine Vorreiterrolle einnehmen und eine zentrale kriminologische Forderung umsetzen.
Bundeswehrangehörige, die im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes zu Tode kamen, erhielten ein dauerhaftes Ruherecht „und somit eine angemessene und ehrenvolle Würdigung“. Auch sei die Aufhebung der Sargpflicht aus religiösen Gründen zeitgemäß. „Öffentliche Belange dürfen einer Tuchbestattung nicht entgegenstehen.“ Die Ministerin resümierte: „Ich bin davon überzeugt, dass es uns gelungen ist, ein modernes Bestattungsgesetz auf den Weg zu bringen“.
AfD sieht Benachteiligung
Oliver Kirchner (AfD) monierte, die Landesregierung gebe „zum Nachteil der Bürger unsere Bestattungskultur auf." „Wir jedenfalls lehnen eine Bestattung in Tüchern ab, nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern auch, weil es eine Ungleichbehandlung der einheimischen Bevölkerung mit sich bringt“. Damit bezog sich Kirchner auf die Regelung, Tuchbestattungen nur aus religiösen Gründen zu erlauben. In einer Intervention erklärte CDU-Abgeordnete Stefan Ruland, dass eine Tuchbestattung nicht günstiger sei als etablierte Bestattungsformen.
Kirchner erklärte, man werde den Gesetzentwurf der Grünen „mit begraben“. „Der Gesetzentwurf der Landesregierung, den lehnen wir trotz einigen sinnvollen Punkten wie den Bundeswehr-Ehrengräbern, der verpflichtenden zweiten Leichenschau für alle Bestattungen, der sechsmonatigen Frist für Urnenbeisetzung oder der Dokumentationspflicht bei der Einäscherung ab.“
CDU: Was vorliegt ist ein Kompromiss
„Was hier heute zur Beschlussfassung kommt, ist ein Kompromiss“, befand Tobias Krull (CDU). Viele Punkte seien unstrittig gewesen, wie die Regelungen zur Leichenschau oder den Bundeswehrgräbern. Andere dagegen hätten für Diskussionen gesorgt – etwa zu neuen Bestattungsformen oder der Möglichkeit, Asche zu entnehmen. „Für uns als CDU-Fraktion war die geforderte Aufhebung der Friedenspflicht in keiner Weise akzeptabel. Die Bestattung auf privaten Grundstücken oder gar im öffentlichen Raum nach dem Motto 'Das war die Lieblingsbank der verstorbene Person im Stadtpark' lehnen wir strikt ab.“
Linke: Es fehlt etliches
Eva von Angern (Die Linke) zeigte sich „an einigen Stellen“ froh über den Kompromiss. In diesem Zusammenhang nannte sie das Thema Leichenschau und die Bestattung sogenannter Schmetterlingskinder. Krtik übte sie daran, dass Kommunen laut Koalitionsentwurf die Möglichkeit bekämen, Tuchbestattungen zu verwehren. „Allein es fehlen mir noch etliche Forderungen, die wir über die vielen Wahlperioden aufgemacht haben.“
FDP will weitere Liberalisierung
Konstantin Pott (FDP) bezeichnete den Koalitionsentwurf als „guten Kompromiss, der vor allem auch mehr Selbstbestimmung für die Menschen ermöglicht.“ Als FDP-Fraktion sei man der Meinung, „dass Selbstbestimmung nicht mit dem Tod endet. Und wenn Menschen sich anders bestatten lassen wollen, dann sollte der Staat nicht Steine in den Weg legen, sondern dann sollte er es den Menschen ermöglichen.“ Die Fraktion wolle sich künftig für weitere Liberalisierungsschritte einsetzen.
Grüne sehen „keinen großen Wurf“
„Das ist zugegebenermaßen nicht nichts, aber eben auch kein großer Wurf nach über 20 Jahren“, resümierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zum Koalitionsantrag. Einige Regelungen darin hob sie positiv hervor. Scharfe Krtik übte sie daran, dass Friedhofsträger Tuchbestattungen widersprechen könnten. Das sei „eine absurde Umdrehung der Normhierarchie“, da Friedhofssatzungen auf diese Weise über dem Grundgesetz und der darin verbürgten Religionsfreiheit stünden. In einer Intervention merkte Stefan Ruland (CDU) an, dass unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten es manchmal nötig machten, Tuchbestattungen zu untersagen, um den Verwesungsprozess zu gewährleisten.
SPD lobt interkulturelle Regelung
Katrin Gensicke (SPD) befand: „Die Koalition hat gerade bei diesem sehr hoch emotionalen Thema ihre Fähigkeit bewiesen, dass sie Kompromisse gemeinsam finden kann.“ Auch sie lobte die Regelungen zur zweiten Leichenschau und der Beerdigung von Sternenkindern. „Sachsen Anhalt ist keine Insel, sondern mit vielen anderen Ländern und Kulturen durch Menschen verbunden.“ Die interkulturelle Öffnung des Gesetzes sei deshalb „Ausdruck von Respekt vor der religiösen Überzeugung.“ Ihr Fazit: „Wir bringen ein Bestattungsgesetz auf den Weg, was den Wünschen und den Bedürfnissen der Menschen entspricht.“
So wurde abgestimmt
In der folgenden Abstimmung wurde der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Dagegen stimmten die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Damit folgten sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmte gegen die Beschlussempfehlung. Die Fraktion Die Linke sowie eine fraktionlose Abgeordnete enthielten sich.
In einer weiteren Beschlussempfehlung sprach sich der Ausschuss dafür aus, den Gesetzentwurf der Landesregierung anzunehmen. Für diese Empfehlung stimmten die Koalitonsfraktionen. Die Fraktionen der Grünen und Linken enthielten sich, die AfD-Fraktion stimmte dagegen. Der Gesetzentwurf wurde damit angenommen.