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Plenarsitzung

Geschichtsunterricht mit einer Zeitzeugin

Der 11.-Klasse-Geschichtskurs des Gymnasiums Haldensleben kam am Dienstag, 10. Mai 2022, in der alten Synagoge – die heute der musealen Bildungsarbeit dient – mit einem besonderen Gast zusammen: Dr. Eva Umlauf aus München. Die 79-Jährige ist eine der jüngsten Überlebenden des Holocausts, überstand mit ihrer Mutter die Strapazen der Deportation und die Inhaftierung im Konzentrationslager Auschwitz. Im Januar 1945 gehörte auch sie zu den wenigen Tausend Befreiten des Lagers.

Im Rahmen des Gedenkens zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger die Zeitzeugin nach Sachsen-Anhalt eingeladen. Nach einer Lesung und einer Begegnung mit Schülerinnen und Schülern in Halle (Saale) traf sie nun auch junge Menschen in Haldensleben. Diese hatten sich im Geschichtsunterricht bereits auf das Thema und den Besuch von Eva Umlauf vorbereitet und nutzten die Chance, ihre Fragen an die Münchnerin loszuwerden.

Gesprächskreis mit Eva Umlauf in der alten Synagoge in Haldensleben.

Gesprächskreis mit Eva Umlauf in der alten Synagoge in Haldensleben. Der Ort dient heute als Begegnungsort für Bildungsangebote.

Eine der zentralen Fragen des Vormittags war, wie man ein Leben nach Auschwitz habe führen können – auch vor dem Hintergrund, als Zeitzeugin quasi in der Verantwortung zu stehen, den nachkommenden Generationen das Wissen über den Holocaust und das Überleben mitzugeben. Eva Umlaufs Mutter war am Ende des Kriegs 21 Jahre alt, brachte noch in Auschwitz die zweite Tochter zur Welt, ihr Vater war in einem KZ-Außenlager in Österreich im Alter von nur 33 Jahren ermordet worden. Für die junge Mutter habe zunächst gezählt, die Mädchen aufzuziehen und auf ihr späteres Leben vorzubereiten, so Eva Umlauf. Über ihr eigenes Schicksal habe die Mutter nie geredet.

Gesprächskreis der Schülerinnen und Schüler mit Eva Umlauf. Sie beantwortete viele Fragen.

Die Mädchen und Jungen der 11. Klasse hatten viele Fragen für Eva Umlauf vorbereitet.

Die Zeitzeugung verurteilte den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine – „für manche zählt ein Menschenleben nicht viel“, das scheine auch für den russischen Präsidenten zu gelten. „Die Menschheit hat nicht so viel aus der Vergangenheit gelernt.“ Eva Umlauf sprach auch von der Aufarbeitung des Geschehenen nach dem Krieg: in der Slowakei habe es diese eigentlich nicht gegeben, stattdessen sogar Nachkriegspogrome gegen Juden und antisemitische Schauprozesse (Stichwort „Der Slánský-Prozess“). Aber nach über 70 Jahren fange dort die Aufarbeitung an, es gebe Erinnerungsveranstaltungen und Erinnerungsorte.

Eva Umlauf im Portrait, im Hintergrund Schülerinnen, die ihr zuhören.

Zeitzeugin Eva Umlauf berichtete von ihrem Aufwachsen, ihrem Leben nach Auschwitz.

Die gebürtige Slowakin lebt mittlerweile seit über 50 Jahren in Deutschland. „Der Anfang war nicht leicht“, erzählt sie den wissbegierigen Schülerinnen und Schülern. Ihr Ehemann sei nach fünf Jahren Ehe tödlich verunglückt, plötzlich habe sie als alleinerziehende Mutter einen Job annehmen müssen und sei als einzige ausländische und jüdische Ärztin in der Klinik angestellt worden. „Die Stelle als Ärztin zu bekommen, war durch meinen mich zunächst ablehnenden Chef schwer gewesen, aber als ich sie erstmal hatte, habe ich auch viel Unterstützung erfahren.“

Wie geht man nun mit den Erinnerungen und der eigenen Geschichte um, wie verarbeitet man das alles?, wird Eva Umlauf gefragt: Nun, man habe ein ganzes Leben lang Zeit, zu lernen und zu verarbeiten und zu erkennen, wem man vertrauen könne. „Es gibt kein Patentrezept“, gibt sie zu, als sie gefragt wird, was sie jungen Menschen als „Lebensweisheit“ mit auf den Weg geben kann. „Geht mit offenen Augen durch die Welt, schützt die Demokratie – und dann macht ihr alles richtig!“