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Plenarsitzung

Ein Jahr nach dem Anschlag in Magdeburg

Die Landeshauptstadt Magdeburg gedachte mit einer Gedenkveranstaltung am 20. Dezember 2025 der Opfer des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt vor genau einem Jahr. Über 420 Menschen nahmen in der Johanniskirche teil, darunter auch Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger. Die Veranstaltung wurde nach draußen übertragen. Es sprachen Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris, Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Bundeskanzler Friedrich Merz. In einer Zeremonie wurden die Namen der sechs Todesopfer verlesen.

Bereits am Vormittag hatte es einen ökumenischen Gottesdienst mit anschließender Einweihung eines Gedenksteins an der Ecke Hartstraße/Breiter Weg gegeben.

Gedenken und Kranzniederlegung vor dem Westportal der Johanniskirche in Magdeburg.

Gedenken und Kranzniederlegung vor dem Westportal der Johanniskirche in Magdeburg.

„Tag der Verbundenheit“

Es sei schwer, das Erlebte in Worte zu fassen, sagte Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris, die als erste Rednerin an diesem Gedenkabend ans Mikrofon trat. Der Anschlag habe die Stadt als Ganze tief erschüttert, er habe sichtbare und unsichtbare Wunden geschlagen. „Viele tragen nun Lasten, die man nicht mehr ablegen kann.“ An diesem Abend schon sei tiefes Mitgefühl, Solidarität und Respekt für die Opfer, die Angehörigen und alle Helfenden empfunden worden. „Wir wollen dafür sorgen, dass niemand mit seinem Schmerz allein bleibt“, betonte Borris. Der 20. Dezember bleibe ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag der Verbundenheit, „an dem wir Verantwortung füreinander übernehmen ‒ heute, morgen und in Zukunft“.

„Zeugnisse der Betroffenheit“

Vier Personen waren dazu eingeladen worden, „Zeugnisse der Betroffenheit“ abzugeben. Notarzt Dr. Christoph Keil schilderte den damaligen Abend als „gänzlich andere Einsatzsituation, als extreme Herausforderung. „Auch viele Rettungskräfte haben noch heute mit dem Erlebten zu kämpfen“, erklärte er. „Alle Helfenden vor Ort und in den Krankenhäusern haben in dieser Nacht ihr Bestes gegeben.“ Sie alle, hofft er, würden mit der Zeit lernen, mit dem Erlebten umzugehen. Das Engagement und die Hilfsbereitschaft an diesem Abend hätte zweifellos dazu geführt, dass nicht noch mehr Menschen ihren Verletzungen erlegen gewesen seien.

Susanne Staab sprach für die Gruppe der Angehörigen, die durch den Anschlag ein Familienmitglied verloren hatten. Ihre Mutter und die Oma ihrer beiden Kinder sei gestorben – „die coolste Oma, die für jeden Quatsch zu haben war“ und die immer nur wollte, „dass es allen gutgeht“, erinnerte sich die Hinterbliebene. Auf dem Weihnachtsmarkt habe sie ihre Töchter und Enkel verwöhnen wollen, „und dann kam der eine Augenblick, der alles verändern sollte“. Der Tod der Mutter habe ein so großes Loch hinterlassen, das nicht mehr gefüllt werden könne. Der Abend des Gedenkens sei auch eine Mahnung, die Betroffenen zu unterstützen und zu beschützen, so Staab.

„64 Sekunden veränderten das ganze Leben“, sagte Annekathrin Hollburg, die mit ihrem Mann auf dem Weihnachtsmarkt war und vom Attentäter verletzt wurde. Es gebe nun ein Leben vor dem Terrorakt und eines danach. Die Bilder, Geräusche und Schreie an diesem Abend hätten sich ins Gedächtnis eingebrannt, sie führten zu Panikattacken und Konzentrations- und Schlafproblemen. Jede erdenkliche Hilfe sei seitens Stadt und Land versprochen worden, oftmals komme sie jedoch nicht oder nur über einige Hürden an.

Am Abend des Attentats habe sich eine Welt aus Licht und Dunkelheit gezeigt, erinnerte sich Seelsorgerin Franciska Müller. Sie habe Seite an Seite mit den Betroffenen gestanden und den Schock und die Fassungslosigkeit erlebt, Tränen, Wut und Dunkelheit. „Aber eben auch das Licht, das die Menschen füreinander wurden.“ Die dunklen Stunden sollten nicht das letzte Wort behalten, betonte Müller: „Danke, dass Sie heute da sind, sich erinnern und weitermachen!“

Der Verlust eines geliebten Menschen sei eine der schwierigsten zu bewältigenden Aufgaben, sagte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. „Aber wir dürfen die Freiheit und die Würde nicht preisgeben, nur weil wir Hass im Herzen spüren.“

Der Verlust eines geliebten Menschen sei eine der schwierigsten zu bewältigenden Aufgaben, sagte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. „Aber wir dürfen die Freiheit und die Würde nicht preisgeben, nur weil wir Hass im Herzen spüren.“

„Freiheit und Würde nicht preisgeben“

Der Anschlag habe einen Schatten auf die Stadt Magdeburg und das ganze Land geworfen, konstatierte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. Der Schrecken sei immer noch allgegenwärtig, die feige Tat habe Stadt und Land verändert. „Wir werden die Opfer niemals vergessen.“ Der Täter habe sechs Menschen das Leben genommen und Hunderte verletzt, „aber er konnte uns nicht brechen“, sagte Haseloff. „Wir kapitulieren nicht vor dem Terror und leben unsere Traditionen – auch in diesem Jahr.“ Gleichwohl bleibe der Verlust eines geliebten Menschen eine der schwierigsten Aufgaben, die man zu bewältigen habe. Der Staat tue sein Möglichstes, um Terror dieser Art schon im Vorfeld zu verhindern, der Täter werde mit der vollen Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen. „Aber wir dürfen die Freiheit und die Würde nicht preisgeben, nur weil wir Hass im Herzen spüren.“ 

„Ich hoffe, dass Trost und Kraft darin liegt, gemeinsam an sie [die Opfer] zu erinnern und zu trauern – aber auch Wut und Zorn gemeinsam auszuhalten“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz. Die Bundesregierung stehe an der Seite aller Opfer und Betroffenen.

„Ich hoffe, dass Trost und Kraft darin liegt, gemeinsam an sie [die Opfer] zu erinnern und zu trauern – aber auch Wut und Zorn gemeinsam auszuhalten“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz. Die Bundesregierung stehe an der Seite aller Opfer und Betroffenen.

„Auch Wut und Zorn gemeinsam aushalten“

„Es gibt Tage, da will die Dunkelheit nicht weichen“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz. „Wir tragen gemeinsam schwer an der Trauer, sind vor Entsetzen wie erstarrt.“ Die herzzerreißenden Bilder vom Anschlagsort hätten gezeigt, wie die damaligen Festtage binnen weniger Sekunden von Schrecken überschattet worden seien. „Und das in einem Land, das nichts höher stellt als den Menschen, als das Leben eines Menschen.“ Das Verbrechen vom 20. Dezember 2024 habe Leben zerstört und zugleich das Leben von Familien aus der Bahn geworfen. Diese Menschen seien unersetzbar, sie würden immer fehlen, so Merz. „Ich hoffe, dass Trost und Kraft darin liegt, gemeinsam an sie zu erinnern und zu trauern – aber auch Wut und Zorn gemeinsam auszuhalten.“ Die Bundesregierung stehe an der Seite aller Opfer und Betroffenen, erklärte Merz. Wenn irgendwo Unterstützung fehle, dann müsse da nachjustiert werden. Er dankte allen Helfenden an diesem „Tag der großen Mitmenschlichkeit“.

Menschen-Lichter-Kette

Im Anschluss an die Redebeiträge wurden von Landesbischof Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland), Gemeindeleiter Dr. Moawia Al-Hamid (Islamische Gemeinde Magdeburg) und Rabbiner Zeev-Wolf Rubins (Synagogengemeinde Magdeburg) Totengebete gesprochen.

Superintendent Stephan Hoenen und Domprediger i. R. Giselher Quast hatten durch die Veranstaltung geführt, die musikalisch vom MDR-Rundfunkchor bereichert wurde. Am Westportal wurden Kränze niedergelegt, anschließend beteiligten sich auch Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger, Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, Bundeskanzler Friedrich Merz und Oberbürgermeisterin Simone Borris an einer Menschen-Lichter-Kette rund um das Areal des Magdeburger Weihnachtsmarkts.