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Plenarsitzung

Debatte über die Berliner „Ampel“

„Mehr Fortschritt wagen!“, lautet der Titel des Koalitionsvertrags der sogenannten Ampelregierung aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf Bundesebene. Doch was bedeuten Regierungsbildung und Koalitionsvertrag im Bund für die Zukunftschancen Sachsen-Anhalts? Dieser Frage gingen die Fraktionen in einer von der SPD initiierten Aktuellen Debatte nach.

Ausschnitt des Titelbilds des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene.

Ausschnitt des Titelbilds des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene.

Einladung zur Mitgestaltung

Der reibungslose Machtwechsel in Berlin inmitten der Krise sei ein Beweis für die Stärke unseres politischen Systems, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). Der Wechsel werde erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit von Bund und Ländern haben. Die neue Bundesregierung werde sich den drängenden Problemen der Zeit stellen, darunter die Corona-Impfkampagne und der Kampf gegen Rechtsextremismus, der „größten Bedrohung der Republik“.

Deutschland stehe vor einem umfassenden Strukturwandel, die neue Bundesregierung arbeite auf eine CO2-neutrale Energiewirtschaft hin: Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze müsse aber deutlich beschleunigt werden. Die grüne Umweltministerin im Bund – aus Sachsen-Anhalt! – sei ein echter Gewinn. Pähle lobte den Mindestlohn von zwölf Euro als einen positiven Aspekt für Ostdeutschland. Beim Thema Zuwanderung sprach sie von einer menschlichen Einwanderungspolitik als gute Nachricht für die Fachkräftesicherung. Der Koalitionsvertrag sei eine Einladung an alle Länder, die Republik mitzugestalten, konstatierte Pähle abschließend.

Neue Schützengräben gegen die Bevölkerung

Würde die AfD die Regierung stellen, hieße das Motto „Rechts vor Links“, betonte Oliver Kirchner (AfD). Die Bundesregierung würde bereits „neue Schützengräben gegen ihre eigene Bevölkerung ausheben“. Die Bundesregierung sei mit ihrem Personal eine Schande, so Kirchner. Er kritisierte zudem geplante Maßnahmen in der Gleichstellungspolitik, der Klimapolitik (Kohleausstieg, erneuerbare Energien) und der Zuwanderungspolitik. Die Corona-Politik des Bundes führe zur Spaltung der Gesellschaft, meinte der AfD-Abgeordnete, man müsse offen über Impfen und Impffolgen sprechen.

Kompromisse zum Wohl der Bevölkerung

„Populismus in Reinform“ habe die AfD abgelassen, resümierte Andreas Silbersack (FDP) den Vorgängerbeitrag, er rief stattdessen zu mehr Demut und Selbstreflexion auf. Die Koalitionen in Bund und Land hätten beide sehr konstruktiv und auf Augenhöhe miteinander verhandelt. Es gebe bisweilen deutliche Differenzen, dann müssten Kompromisse zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger gefasst werden. Deutschland stehe ein besonderer Transformationsprozess bevor; Silbersack nannte unter anderem den Digitalpakt 2.0, reguläre Migration, die Fortsetzung der Wasserstoffstrategie und die Rolle des Sports in der Gesellschaft (zum Beispiel „Special Olympics World Games“).

Angekündigte Maßnahmen kommen nicht

Das Leitmotiv des Koalitionsvertrags im Bund solle an Willy Brandt erinnern, aber diese Aktuelle Debatte diene lediglich als vorgezogene Lobeshymne auf eine Regierung, die noch nichts geleistet habe, kritisierte Eva von Angern (DIE LINKE). Die Herausforderungen seien groß, die positiven Aspekte seien bisher nur angekündigt, darunter fielen die Senkung des Wahlrechts auf 16 Jahre, der Wegfall des § 219a StGB und die Einführung einer Kindergrundsicherung. Einige zuvor angekündigte Maßnahmen kämen allerdings nicht, beispielsweise das Tempolimit auf deutschen Autobahnen, Steuererhöhungen und die höhere Belastung von Schwerreichen, auch die Schuldenbremse bleibe. Außerdem werde eine große Rentenreform benötigt. Die Kosten der Klimawende dürften nicht auf die Schwachen und Geringverdienenden der Gesellschaft abgewälzt werden, forderte von Angern.

Koalition an ihren Taten messen

Es genüge nicht, eine Wahl zu gewinnen, sondern man müsse die politische Gestaltungsmacht zu halten wissen, rekapitulierte Siegfried Borgwardt (CDU) und verwies auf die Kanzlervorgänger Adenauer, Kohl und Merkel. Die neue Bundesregierung verspreche eine Erneuerung des Sozialstaats, eine moderne Klimapolitik und einen Modernisierungsschub in der Arbeitswelt, sagte Borgwardt, zeigte sich hinsichtlich der Umsetzung aber skeptisch. Allein von einem Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 zu sprechen, sei ein Schlag für viele Menschen in Mitteldeutschland. Wirtschaft und Verbraucher würden in den kommenden zehn Jahren noch stärker belastet. Die CDU werde die Koalition an ihren Taten messen müssen, denn der Koalitionsvertrag sei zu unbestimmt formuliert.

Paradigmenwechsel in mehreren Bereichen

Es gebe zwei unterschiedliche politische Konstellationen: In Sachsen-Anhalts Landesregierung zeichne sich eine Unkonkretheit ab, die kaum zu überbieten sei, im Bund dagegen habe man die neuen gesellschaftlichen Realitäten anerkannt und gehe mit „Mut zur Veränderung“ an die Arbeit, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Zukünftig werde es mehr Mitbestimmung für junge Menschen geben (Absenkung des Wahlalters), durch sogenannte Bürgerräte würde auch zwischendurch die Expertise der Menschen im Land eingeholt werden. Einen weiteren Paradigmenwechsel werde es im Asylrecht geben, dieses werde zu einem Bleiberecht für alle, die sich im Land einbringen wollen, weiterentwickelt. Lüddemann freute sich über die Berufung Steffi Lemkes aus Sachsen-Anhalt als Bundesumweltministerin.

Am Ende der Aktuellen Debatte wurden gewohnheitsgemäß keine Beschlüsse gefasst.