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Plenarsitzung

Zustand der Fähren im Land – Meinungen

Die Meinung der Anzuhörenden im Einzelnen

Im Landkreis Wittenberg gebe es vier landesbedeutsame Fähren, deren Fortbestand dringend erforderlich sei, erklärte Peter Müller für den Landkreis. Das habe sowohl wirtschaftliche als auch touristische Gründe. In der ländlich geprägten Region hätten die Fähren eine enorme Bedeutung. Nach Ansicht des Landkreises müsse „die Infrastruktur Fähre an die Baulastträgerschaft angepasst werden“. Trotz 90-prozentiger Übernahme der Revisionskosten durch das Land reichten die Einnahmen bisher nicht aus, um die Fähren kostenneutral zu betreiben. In der Stellungnahme Landkreise hieß es weiter: „Es ist schwer vermittelbar, dass durch fehlende finanzielle Mittel der Kommunen, Fähren geschlossen und keine Verbindung der klassifizierten Straßen mehr vorhanden sind.“

Als Bürgermeister der Stadt Zahna-Elster fügte Peter Müller hinzu, seine Kommune bezuschusse die Fähre pro Jahr durchschnittlich mit 35.000 Euro. Dies sei eine enorme Summe. Als Bürgermeister würde er sich freuen, wenn die Revisionskosten zukünftig zu 100 Prozent  vom Land übernommen würden. Die Stadt wolle die Verantwortung für die Fähre gern weiter übernehmen. Denn er habe den Eindruck, dass die Fähre bei der Landesstraßenbaubehörde – wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen – nicht so gut aufgehoben wäre.

Stefan Dressler, ein Vertreter des Landkreises Jerichower Land, unterstrich, problematisch seien vor allem die Niedrigwasser der Elbe, wodurch jede Fähre irgendwann zum Sillstand komme. Langfristig könne hier nur eine Brücke den Verkehr über die Elbe absichern. Dies sei insbesondere für die Entwicklung des ländlichen Raumes wünschenswert. Aus seiner Sicht sei der jetzige Paragraph 2 des Straßengesetzes ausreichend. Die vorgesehene Übertragung auf den Straßenausbauträger werde kritisch gesehen. Nicht die Zuständigkeiten sollten geändert werden, sondern dass Land müsste „zu seiner Verantwortung stehen und für eine verlässliche und ausreichende Finanzierung sorgen“.

Thomas Lötsch vom Landkreis Stendal betonte ebenfalls wie wichtig die Fähren für seinen Landkreis seien. Das Betreiben sei jedoch immer schwieriger geworden, einmal durch die Revision an Land aber auch durch Niedrigwasser. Die größten finanziellen Posten seien die alle fünf Jahre vorgeschriebenen Landrevisionen, hier falle es schwer, die nötigen Gelder aufzubringen, obwohl bereits 90 Prozent des Landes übernommen werden. Eine reine Übertragung auf die Baulastträger würde leider auch keine langfristige finanzielle Sicherheit schaffen. Denn der Landkreis Stendal habe für die Fähren nur bedingt Geld und könnte nicht garantieren die fehlenden 10 Prozent zu übernehmen.

Ihre Gemeinde habe seit 2011 die Fähre Ferchland-Grieben selbst betrieben, im vergangen Jahr jedoch ein Defizit von 94.000 Euro eingefahren, erklärte Nicole Golz, Bürgermeisterin der Gemeinde Elbe-Parey. Grund seien vor allem die hohen Betriebskosten gewesen. Deshalb habe man sich im Sommer entschieden, den Fährbetrieb zunächst einzustellen. Golz habe den Eindruck, dass erst mit dieser Entscheidung das Bewusstsein für die Bedeutung der Fähre gewachsen sei. Das Ziel des Antrages über den beraten werde, sei der richtige Weg, eine Gesetzesänderung sei jedoch nicht nötig. Für Golz ist wichtig, „dass die Fördermittel des Landes von der Revision abgekoppelt werden“. Sie zeigte sich skeptisch, dass der Regelverkehr einer Fähre wie  Ferchland-Grieben überhaupt wirtschaftlich betrieben werden könne. Selbst in einem normalen Jahr würde die Fähre etwa 40.000 Euro Minus machen, diese Verluste müssten auf mehrere Schultern verteilt werden.

Gregor Pokorni vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erläuterte am Telefon, es gebe aus seinem Haus rechtliche Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf, wenn man versucht, die Fähren als Bestandteil der Straße zu definieren. Denn es gebe den allgemeinen Grundsatz, dass keine abweichenden Regelungen auf Landesebene getroffen werden können, wenn es bereits andere Regelungen auf Bundesebene gebe. Durch bundesrechtliche Regelungen sei klar, dass Fähren Verkehrsmittel und keine Straßen seien. Eine Fähre könne daher nicht einem Baulastträger zugeordnet werden.

Die Stadtwerke Aken-Elbe betreibe die Fähre Aken seit vielen Jahren. Bei durchgängigem Betrieb könne die Fähre wirtschaftlich betrieben werden, konstatierte Birgit Mertens von den Stadtwerken. Gebe es allerdings Niedrigwasser oder Ausfälle durch andere unvorhergesehene Probleme sei dies schwierig bis unmöglich. Außerdem seien die regelmäßigen Revisionen ohne Fördergelder nicht mehr zu stemmen. Die Stadtwerke Aken verfügten über große Erfahrung beim Fährverkehr, es gebe unkomplizierte eingeübte Abläufe. Dies sieht Mertens gefährdet, falls die Trägerschaft, wie vorgeschlagen, verändert würde. Außerdem könnte es sein, dass der Baulastträger aus wirtschaftlichen Gründen die Fähre stilllege, die Kommune hätte keinen Einfluss mehr. Ihr Fazit: „Wir sind für eine Festschreibung der 100 prozentigen Förderung durch das Land!“

Fähren seien ein sensibles Thema und kulturhistorisch lange mit den jeweiligen Regionen verbunden gewesen, sagte Axel Klaus, Bürgermeister der Stadt Coswig. Die Fähre in Coswig habe eine sehr wichtig touristische Bedeutung. Er erwähnte zudem, wie umweltfreundlich Gierseilfähren sind und kritisierte, dass sie nur eine freiwillige Aufgabe der Kommunen sind. Seiner Ansicht nach könnten sie jedoch nie wirklich wirtschaftlich betrieben werden, aber das gelte ja für den Kulturbereich auch und man leiste ihn sich trotzdem. Wenn der Baulastträger zum Landkreis wechsle, sehe er die Gefahr, seinen Einfluss über die Fähre zu verlieren. Im Zweifel könnten die Landkreise auch die Schließung vollziehen, um Geld zu sparen oder die Kosten über die Kreisumlage refinanzieren, obwohl die Fähren eine wichtige Bedeutung für die Region und die Bürger haben.

Martin Röthel, Bürgermeister der Stadt Bad Schmiedeberg, sprach über die Fähre Pretzsch, die eine wichtige Bedeutung für Berufspendler und Touristen habe. Die weiten Entfernungen zu den nächsten Brücken machten die Fähren unabdingbar für die Region. Deshalb wolle die Stadt die Fähre dauerhaft erhalten und nicht stilllegen, auch wenn es eine freiwillige Aufgabe sei. Allerdings sehe man sich zunehmend außer Stande, die Fähre finanziell zu bewirtschaften. Er forderte eine entsprechende finanzielle Ausstattung durch das Land für Revisions-, Instandsetzung- und Betriebskosten. Dabei wolle er jedoch nicht die Kontrolle über den Fährbetrieb an die Straßenbaulastträger abgeben. Daher lehnte er eine generelle Übernahme der Fähren durch das Land Sachsen-Anhalt und damit den Gesetzentwurf ab. Rötel wünschte sich, dass die Fähren als Pflichtaufgabe akzeptiert würden.

Ein Wechsel der Trägerschaft der Fähre – wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen – würde aus Sicht der Stadt Annaburg bedeuten, ihren Einfluss zu verlieren, beispielsweise auf Fährzeiten, Unterhaltungssachverhalte und letztlich auf regionale Besonderheiten, wie den Pendlerverkehr, Tourismus und Landwirtschaft, sagte Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer. Es wäre möglich, das kommunale Eigentum an einer Fähre aufrecht zu erhalten, wenn das Land sich verpflichte mindestens 90 Prozent der Revisionskosten zu übernehmen. Außerdem sollten die Verwaltungsmodalitäten bei der Abrechnung der Fördermittel vereinfacht werden (Stichwort: Immer weniger Werften in der Region). Daneben sei ihm wichtig, die Voraussetzungen für Pächter zu verbessern (Verringerung der Anforderung an das Führen von Gierseilfähren). Eine Änderung des Straßengesetzes sei für ihn nicht notwendig.

Torsten Reinharz, Bürgermeister der Stadt Barby, erläuterte, einerseits seien die Fähren eine freiwillige Aufgabe, andererseits verpflichte sich die Kommune, die Fähren mindestens fünf Jahre nach einer Revision weiter zu betreiben. Den Ansatz des Gesetzentwurfes und des Antrages die Fähren zu sichern und zu unterstützen, finde er grundsätzlich gut. Ziel müsste es sein, eine auskömmliche Finanzierung für die Fähren zu erreichen. Er setzt sich für die Schaffung einer Förderrichtlinie des Landes ein, welche die Kostendeckung regelt. Das Betreiben sollte eine Pflichtaufgabe für die Kommunen werden, bei Übernahme der Revisionskosten von 100 Prozent. Er plädierte außerdem für einen jährlichen Defizitausgleich der Fährkosten nach Gewinn- und Verlustrechnung, die vorgeschriebenen Landrevisionskosten sollten vollständig übernommen werden.

René Schernikau, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck, sprach gleichzeitig für die Hansestadt Werben und die Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land. Die Verbandsgemeinde habe kein Interesse daran, dass die Fähren auf die Baulastträger übertragen werden, aus Angst, dass sie dann schnell wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt werden. Die Fähren könnten nur wirtschaftlich geführt werden, wenn es keine Stillstandzeiten durch Eiszeiten und Niedrigwasser gebe. Schernikau kritisierte, dass Neuanschaffungen nicht durch das Land übernommen werden, seine Gemeinde habe dafür keine Rücklagen. Den Vorschlag, die Revisionskosten zu 100 Prozent zu übernehmen, begrüßte er.

Marko Knuth, Fähreigentümer aus Rogätz, verdeutlichte, dass er durch den Fährenbetrieb wenig Umsatz erziele. Das monatliche Einkommen seines Personals hänge allein von den Einnahmen aus dem Fährbetrieb ab. Dementsprechend äußerte er sich für die Zahlung der Zuschüsse, gemäß der Resolution des Landkreises Stendal. Dort ist bereits im Sommer eine Resolution beschlossen worden, dass Straßengesetz so zu verändern, dass Fähren bezüglich der Trägerschaft und Finanzierung zur Straße gehören.

Im Anschluss an die öffentliche Anhörung haben die Abgeordneten noch keine Beschlüsse gefasst. Die Meinungen und Anregungen der Gäste werden zunächst ausgewertet. Danach wird sich der Ausschuss erneut mit dem Thema beschäftigen. Ziel ist es eine Beschlussempfehlung für den Landtag vorzubereiten.