Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Strukturwandel im Revier unterstützen

30. Jan. 2020

In ihrem Antrag vom Mai 2018 setzte sich die AfD-Fraktion dafür ein, den Braunkohlestandort Sachsen-Anhalt zu erhalten. Sie geht davon aus, dass der heimische Bodenschatz „zur Wahrung der Importunabhängigkeit bzw. Versorgungssicherheit sowie zum Erhalt von Arbeitsplätzen im Land über das Jahr 2035 hinaus langfristig unter Verwendung modernster Filtertechniken energetisch und unter Anwendung innovativer Verarbeitungsverfahren stofflich genutzt“ werden sollte.

Die Fraktion DIE LINKE hatte einen Alternativantrag eingebracht, in dem sie unter anderem forderte, „den notwendigen Strukturwandel zur Wahrung der Wirtschaftsstandorte mit allen Akteuren sofort einzuleiten und sozial zu gestalten“. Nach Beratung im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung empfiehlt dieser dem Landtag den Antrag nun in der vorliegenden geänderten Fassung anzunehmen.

Blick von oben auf eine Tagebauland-Landschaft mit viel brauner Erde und zwei Baggern.

Deutschland steigt aus dem Kohleabbau aus. Das betrifft auch Sachsen-Anhalt. Foto: Braunkohletagebau Schleenhain/MIBRAG

Beschlussempfehlung mit neuem Tenor

Der Tenor der Beschlussempfehlung ist nun jedoch ein anderer und trägt den mittlerweile auf Bundesebene beschlossenem bundesweiten Kohleausstieg Rechnung. Unter der Überschrift „Mitteldeutsches Revier im Strukturwandel stärken“ empfiehlt der Ausschuss unter anderem Folgendes:

„Der Landtag stellt fest, dass der in der Kommission Wachstum, Beschäftigung und Strukturwandel erzielte, gesellschaftlich breit getragene Kompromiss zum Kohleausstieg zur Erreichung der Klimaschutzziele die Grundlage für die weitere Entwicklung des Mitteldeutschen Reviers ist und appelliert an die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, ihn in allen seinen Teilen umzusetzen.“

Zudem solle der Landtag jegliche Anstrengungen der Landesregierung unterstützen, die einen erfolgreichen Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier durch den Aufbau neuer industrieller Strukturen und durch die Stärkung der wirtschaftsnahen Infrastruktur ermöglichen.

Neue Arbeitsplätze müssen her

Mit dem Kohleausstiegsgesetz liege nun ein konkreter Plan zum Kohleausstieg in Deutschland vor, erklärte Arbeits- und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Damit gebe es nun auch Klarheit über das Kraftwerk Schkopau, bei dem eine frühere Schließung verhindert werden konnte. Sie erinnerte an die geplanten Finanzhilfen in Höhe von 4,8 Mrd. Euro in den nächsten 20 Jahren durch das Strukturstärkungsgesetz. Bis Ende 2034 gebe es nun Zeit, den Strukturwandel voranzubringen und neue gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen.

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff ergänzte, dass es durch den Strukturwandel keinen Abbruch der Energieversorgung geben dürfe. Nur so würden große Firmen weiterhin in Sachsen-Anhalt investieren, dazu müssten eventuell Verwaltungsmaßnahmen schneller und flexibler erfolgen, um Planungssicherheit zu erhalten. „Die Menschen haben das Versprechen von uns, dass Arbeitsplätze zuerst kommen und wenn wir das nicht einhalten, dann werden wir das Vertrauen der Menschen verspielen.“

Beschlussempfehlung zu abstrakt und zu spät

Das Thema Kohleausstieg habe in den vergangenen Monaten die Gemüter der Bürger erhitzt, resümierte Lydia Funke (AfD). Die Beschlussempfehlung des Ausschusses werde ihrer Ansicht nach schlichtweg zu spät kommen, weil ihn die Realität teilweise schon überholt hätte. Funke forderte 6 000 neue Industriearbeitsplätze für die Region, nur dies könnte den Kohleausstieg abfedern. Außerdem sei die Beschlussempfehlung „viel zu abstrakt“ formuliert und zu wenig konkret.

SPD begrüßt Anpassungsgeld

Holger Hövelmann (SPD) begrüßte, dass mit dem Kohleausstiegsgesetz das „Anpassungsgeld“ eingeführt wurde, das älteren Angestellten den Weg in die Rente ohne größere Abschläge ermöglicht. Sachsen-Anhalt leiste einen wichtigen Beitrag für den Strukturwandel und den Klimaschutz in ganz Deutschland. Dafür hätten die Menschen im Gegenzug das Recht auf neue attraktive Arbeitsplätze.

Linke kritisiert Entschädigungszahlungen 

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses  für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung begnüge sich mit Appellen und schönen Worten, kritisierte Kerstin Eisenreich (DIE LINKE). Obwohl alle mit dem Kompromiss unzufrieden seien, sei es dennoch kein guter Kompromiss. Eisenreich verwies auf die geplanten Abschaltungszenarien, die fehlende Energiesicherheit und die vergebene Chance Innovationen im Energiesektor frühzeitig auf den Weg zu bringen. Außerdem kritisierte sie diverse Entschädigungszahlungen für Kohlekraftwerksbetreiber. Dies sei Beleg dafür, dass sich die „Kohle-Lobby“ mal wieder durchgesetzt habe. 

„Dreister Bruch mit Kohlekompromiss“

Es ist gut, dass der Kohleausstieg kommt und unumkehrbar ist, konstatierte Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aber: Das gerade beschlossene Kohelausstiegsgesetz sei „ein dreister Bruch mit dem Kohlekompromiss.“ Frederking plädierte in dieser Situation dringend für den Ausbau der alternativen Energien. „Wir können uns eine Versorgungslücke nicht erlauben und damit eine Rechtfertigung für das Weiterlaufen von Kohlekraftwerken zu bieten.“ 

Kohleausstieg kein Erfolgmodel „Made in Germany“

Lars-Jörn Zimmer (CDU) kritisierte, dass mit dem Kohleausstieg, das weltweit beste Energiesystem einfach einer zweifelhaften Klimapolitik geopfert werde, während die Welt weiter mit alten Kohlekraftwerken produziere. Die deutsche Energiewende sei kein Erfolgsmodel „Made in Germany“, sondern werde weltweit als „Desaster“ betrachtet. Sachsen-Anhalt müsste unbedingt als Rohstoffstandort gesichert werden, unabhängig von der energetischen Verwertung der Kohle. Mit Blick zu den Kollegen der Grünen forderte der CDU-Abgeordnete, dass die geplanten Infrastrukturmaßnahmen im Zuge des Strukturwandels zukünftig auch nicht von einem Hamster oder einer Kröte gefährdet werden dürften!

Am Ende der Debatte hat die Mehrheit der Abgeordneten der Beschlussempfehlung des Ausschusses zugestimmt.

Das könnte Sie auch interessieren