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Plenarsitzung

Pflegeberufegesetz gerät unter Hochdruck

18. Okt. 2019

Der Ausschuss für Bildung und Kultur hatte sich darauf verständigt, zum Gesetzentwurf der Landesregierung (Ausführungsgesetz zum „Pflegeberufegesetz“) eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durchzuführen; diese fand am Freitag, 18. Oktober 2019, im Landtag statt.

Der Pflegeberuf soll modernisiert und attraktiver gestaltet werden. Foto: fotolia.com

Mit dem Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes im Januar 2020 wird die Ausbildung grundlegend reformiert, der Pflegeberuf soll dadurch deutlich aufgewertet werden. Die zusätzlichen Karrieremöglichkeiten mit dem EU-weit anerkannten Berufsabschluss als Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann und das Angebot eines primärqualifizierenden Studiengangs in der Pflege sollen den Pflegeberuf ebenfalls stärken. Nach dem Beschluss im Bund sind nun die Länder für die Ausarbeitung eines sogenannten Ausführungsgesetzes verantwortlich. Im August 2018 brachte die Landesregierung einen solchen Gesetzentwurf in den Landtag ein.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung sollen die für die Ausführung der Ausbildung an den neuen Pflegeschulen notwendigen gesetzlichen Regelungen geschaffen werden, d. h. Regelungen zur staatlichen Anerkennung und Aufsicht über Pflegeschulen sowie Übergangsregelungen für bestehende Altenpflege- und Krankenpflegeschulen. Weiterhin enthält der Gesetzentwurf notwendige Verordnungsermächtigungen, insbesondere für den Bereich der praktischen Ausbildung sowie der hochschulischen Pflegeausbildung.

Ausbildungssituation in Sachsen-Anhalt

Für das kommende Jahr haben nach aktuellen Zahlen 46 Pflegeschulen 1 828 Ausbildungsplätze für Schüler und Schülerinnen gemeldet. Alle 47 Krankenhäuser und 431 stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen wollen ausbilden. Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt pro Jahrgang insgesamt circa 1 200 Auszubildende.

Die Zahlen zeigen aber auch, dass von allen insgesamt 1 400 Praxisträgern bisher lediglich jeder Dritte ausbilden will. Ziel müsse sein, die Zahl der Ausbildungsbetriebe zu erhöhen und damit noch mehr Ausbildungskapazitäten zu schaffen. Deshalb sei es gut, wenn sich Ausbildungs- und Kooperationsverbünde bildeten, heißt es aus dem Sozialministerium Sachsen-Anhalts.

Wortmeldungen aus der Anhörung

Klärungsbedarf sah Prof. Dr. Gabriele Meyer vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unter anderem bei den im § 9 Abs. 3 formulierten Verordnungsermächtigungen des Bildungsministeriums hinsichtlich der Anrechnung von bereits erworbenen pflegerischen Fähigkeiten auf die hochschulische Ausbildung. Hinzu kommend sei bisher nur eine „Ermächtigung“ im Gesetz verzeichnet, das Land müsse allerdings verpflichtet sein, die Praxiseinsätze der Studierenden zu finanzieren, dazu gehörte auch die Übernahme der Kosten für die Tätigkeitsvergütung in den Praxen. Die Bachelorabsolventen seien trotz didaktischer Kenntnisse nicht zum Lehren ausgebildet, erklärte Meyer, sie seien allerdings befähigt, ein entsprechendes Lehramtsstudium anzuschließen. Grundsätzlich sei das Ziel des Pflegestudiums aber, „am Bett zu arbeiten“.

Es gebe in Deutschland rund 80 pflegebezogene Studiengänge (zumeist in Hochschulen), also einen bunten Mix an Zugangsvoraussetzungen und Abschlüssen, hielt  Daniel Behrendt, Pflegedienstleiter am Städtischen Klinikum Dessau, fest. Dabei gebe es aber keine expliziten länderübergreifenden Regelungen. Behrendt warb für die Erstellung von Transparenzkriterien für Einzelfallprüfungen bei der Anerkennung des Pflegedienststudiengangs. Hinsichtlich der vom Land zu übernehmenden Miet- und Investitionskosten kritisierte er, dass Letztere „nicht fließen“, wodurch die Pflegeschulen in den Krankenhäusern benachteiligt würden.

„Viele Träger von Pflegeschulen möchten bereits zu Jahresbeginn neue Schüler nach dem novellierten Gesetz aufnehmen, es besteht also schon ein enormes Zeitproblem“, erklärte Jürgen Banse, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt e. V. Optimierungsbedarfe sehe der Verband beispielsweise beim Rechtsstatus der Pflegeschulen: Es müsse möglich sein, alle Pflegeschulen einheitlich unter dem Schulgesetz des Landes zu betrachten, sagte Banse. Dies sei auch in anderen Bundesländern so geregelt. Schulförderprogramme des Bundes und der EU würden automatisch auch für die Pflegeschulen gelten. Klärungsbedarf bestehe bei der Refinanzierung von Mieten und Investitionen: „Die konkrete Höhe dieses Zuschusses kann nicht nur in der Gesetzesbegründung benannt werden, sie muss in jedem Fall klar im Gesetz aufgeführt werden, da es verfassungsrechtlich vorgesehen ist, dass der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss“, legte Banse dar. Die bereits aufgeführten Zuschüsse seien allerdings zu gering bemessen. Es gelte, eine finanzielle Planungssicherheit für das ganze Ausbildungsjahr zu schaffen.

Die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt dagegen begrüßt, dass die Pflegeschulen nicht unter das Schulgesetz fallen sollen, konstatierte deren Vertreterin Susanne Richter-Heinz. Sie bedauerte, dass von der Krankenhausgesellschaft in einer Anhörung der Landesregierung erhobene Kritikpunkte nicht durch die Landesregierung umgesetzt worden seien. Die Einführung einer Zuschusspauschale für die Mieten der Pflegeschulen werde grundsätzlich begrüßt, denn es sei zwingend nötig, ihnen finanzielle Sicherheit und eine gewisse Unabhängigkeit zuzubilligen. Doch die Zuschüsse sollen nicht für alle Pflegeschulen gleich gelten (§ 8 Abs. 3) – dies werde „massiv kritisiert“. Die wirtschaftliche Existenz aller Pflegeschulen sei unbedingt sicherzustellen. Als ebenso notwendig werde eine Härtefallregelung bei der Überleitung einer vor dem Außerkrafttreten alter Regelungen begonnenen Ausbildung im Pflegebereich (nun nach dem neuen Pflegeberufegesetz) erachtet.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. bewertet den Entwurf eines Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Pflegeberufegesetz als einen wesentlichen Beitrag zur Wahrnehmung der landesrechtlichen Zuständigkeit für das Pflegeberufereformgesetz“, erklärte dessen stellevertretender Vorsitzender Stephan Richter. Von prioritärer Bedeutung sei, dass mit der Etablierung des Pflegeberufegesetzes alle Schulen im Land Sachsen-Anhalt unabhängig von ihrer Trägerschaft unter den gleichen gesetzlichen Vorgaben im Sinne des Schulgesetzes ausbildeten. „Vor diesem Hintergrund sprechen wir uns ausdrücklich gegen die Regelung, dass Pflegeschulen keine Schulen im Sinne des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt sind, aus.“ Auch hinsichtlich der Übernahme von Investitionskosten (beispielsweise pauschale Bemessungsgrundsätze) müsse noch nachgebessert werden.

Mit dem Pflegeberufegesetz trete ein Paradigmenwechsel in der Pflege ein, der den Beruf verändern und verbessern werde, zeigte sich Christina Heinze vom Berufsverband für Lehrende in Gesundheits- und Sozialberufen e. V. überzeugt. Sie sprach sich dafür aus, Fortbildungen im Pflegebereich nicht nur im LISA (Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt) und nicht nur in den Ferien in Anspruch nehmen zu können. Es gebe weiterhin Klärungsbedarf bei der Refinanzierung der Mietkosten.

Es bestehe ein großer Zeitdruck bei der Erstellung der Curricula für das kommende Jahr, monierte H.-E. Sonntag, stellvertretender Schulleiter der Berufsbildenden Schule für Gesundheits-, Sozial- und Laborberufe „Dr. Otto Schlein“ Magdeburg. Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten, ist aber noch immer nicht beschlossen, entsprechende Entscheidungen auf Schulebene könnten demnach noch nicht getroffen werden. Zu achten sei zukünftig auf eine eindeutige Dokumentation und Belehrung der Pflegeberufler/innen bei der Richtungsentscheidung hinsichtlich der spezialisierten Ausbildung.

Der Ausschuss für Bildung und Kultur wird sich weiter mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung beschäftigen. Ziel ist die Erstellung einer Beschlussempfehlung, die dem Landtag dann zur Abstimmung vorgelegt werden kann.