Die Situation in der Europäischen Union ist nicht zuletzt durch den drohenden Austritt Großbritanniens angespannt. Finnland hat derzeit den Vorsitz im Europäischen Rat inne. Um das Programm der finnischen Regierung vorzustellen, empfing der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien des Landtags den Gesandten der Botschaft Finnlands Dr. Antti Kaski während seiner Sitzung, die diesmal im Bundesrat in Berlin stattfand.
Seit Juni 2019 habe Finnland eine neue Regierung und der erste Punkt des Regierungsprogramms sei der Klimawandel, betonte Dr. Antti Kaski, und die Bekämpfung des Klimawandels sei auch einer der Schwerpunkte der EU-Ratspräsidentschaft Finnlands. Das Vorsitz-Motto Finnlands laute „Ein nachhaltiges Europa, eine nachhaltige Zukunft“, denn die Einigkeit der EU sei wichtiger denn je, nur geeinigt könne die EU dem Wandel in der Welt erfolgreich begegnen.
Finnlands vier Schwerpunkte für die EU-Ratspräsidentschaft
Stärkung der gemeinsamen Werte und des Rechtsstaatlichkeitsprinzips
- Ergreifung effizienter Maßnahmen, um die Einhaltung der gemeinsamen Werte in den Mitgliedsstaaten sicherzustellen
- Fortsetzung der Verhandlungen über eine Kopplung von Förderungen aus EU-Mitteln an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit
- Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter
Wettbewerbsfähigere und sozial inklusive Union
- Voraussetzungen für Wachstum und Wohlstand seien ein umfassender Binnenmarkt, eine ambitionierte, offene und regelbasierte Handelspolitik und die Schaffung einer inklusiven Wirtschaftsunion.
Stärkung der EU als Vorkämpferin gegen den Klimawandel
- bis Jahresende 2019 sollen die zentralen Elemente der langfristigen EU-Klimastrategie bis 2050 definiert werden
- Umsetzung der Energieunion und Durchsetzung von Emissionsverringerungen
- Ausweitung der Kreislaufwirtschaft
- alle Sitzungen in Finnland im Zusammenhang mit der Ratspräsidentschaft finden in Helsinki statt
Sicherheit für alle Europäerinnen und Europäer
- EU als starke, geeinte und effiziente außenpolitischer Akteurin präsentieren
- Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit für Schutz und Sicherheit in der EU
- Vorbeugung und Abwehr hybrider Bedrohungen (künstliche Intelligenz, Cyberkriminalität)
- Stabilität der EU gewinne auch durch die Erweiterung der Gemeinschaft (Finnland baut auf Beitrittshandlungen mit den Ländern Mazedonien und Albanien)
Nachfragen der Ausschussmitglieder
Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wollte das Thema Klimaschutz noch einmal präzisieren. Finnland wolle den Erwartungen der jungen Menschen entgegenkommen: „Wie kommen wir schneller ins Handeln? Welche Impulse will Finnland senden?“ – „Leicht wird es nicht“, räumte Kaski ein, denn es gebe aufgrund des Widerstands einiger Mitgliedsstaaten noch keine EU-einheitliche Regelung, dass die EU bis 2050 klimaneutral werde. Finnland werde sich jedoch vehement für Klimaneutralität einsetzen und habe dazu bereits verschiedene Maßnahmen im eigenen Land geplant und umgesetzt.
Holger Hövelmann (SPD) Wie realistisch ist das Ziel, Fördermittel an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen? Wie könnten Sanktionen aussehen, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt würden? – Man werde weniger über Sanktionen regeln können, sagte Kaski, vielmehr bedürfe es geeigneter Institutionen, die bereits im Vorfeld überprüften, dass die Mittel richtig eingesetzt würden.
25 Prozent aus dem EU-Haushalt sollen für das Ziel Klimaschutz eingesetzt werden, wie solle das vonstattengehen, fragte Tobias Rausch (AfD). – Diese Mittel sollten ressortübergreifend eingesetzt werden, erklärte Kaski, und so beispielsweise in die Finanzierung von Forschung und die Unterstützung von Mobilität unter der Prämisse des Klimaschutzes fließen.
Die Entwicklungshilfe für Afrika werde kritisch bewertet, sagte Ulrich Siegmund (AfD), jene Länder, die seit den 1960er Jahren am meisten Geld erhalten hätten, gehe es heute am schlechtesten. „Sollten nicht Maßnahmen geprüft werden, die nicht-finanzieller Natur sind?“, fragte Siegmund. – Es sei notwendig, die dorthin fließenden Mittel genau zu überprüfen, räumte Kaski ein. Es sei freilich schwierig, zu entscheiden, wohin die Unterstützung gehe; auch die Menschen vor Ort würden stark unter der Korruption leiden. Genauere Auskünfte über die Entwicklungshilfe vonseiten der EU konnte Kaski zu diesem Zeitpunkt aber nicht geben.
Im Anschluss an die Sitzung des Ausschusses gab es für die Dame und die Herren noch eine Führung durch das Gebäude, inklusive Besuch im Plenarsaal, in dem sich regelmäßig die Vertreterinnen und Vertreter der 16 deutschen Länder für Verhandlungen treffen.
Webauftritt der EU-Ratspräsidentschaft Finnlands: EU2019.fi