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Plenarsitzung

„Den Mangel beenden“ – erster Schritt getan?!

Der Ausschuss für Petitionen hat in den Belangen der Volksinitiative „Den Mangel beenden – Unseren Kindern Zukunft geben!“ eine Beschlussempfehlung erarbeitet. Darin heißt es unter anderem, dass das Stellenziel von 14 500 sogenannten Vollzeitäquivalenzen (Lehrer/innen in Vollzeit) bei Bedarf bereits im Haushaltsjahr 2019 erreicht werden könne. Zudem wird die Landesregierung gebeten, freiwerdende Stellen unverzüglich und flexibel auszuschreiben und sicherzustellen, dass auch in ländlichen Gebieten eine gute Unterrichtsversorgung gewährleistet wird. Die Fraktion DIE LINKE brachte einen Änderungsantrag, die AfD-Fraktion einen Alternativantrag ein.

Thomas Jäger von den Vertrauenspersonen der Volksinitiative hatte noch einmal die Möglichkeit, im Plenum Stellung zu beziehen. Archivfoto: Stefanie Böhme

Mehr als 77 000 gültige Unterstützerstimmen

Christina Buchheim (DIE LINKE) erinnerte als Vorsitzende des für die Volksinitiative zuständigen Petitionsausschusses daran, dass mehr als 77 000 Menschen mit ihrer gültigen Unterschrift die Volksinitiative unterstützt hätten. Sie forderten eine bedarfsgerechte Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern. Unter anderem sollten demnach 1 000 zusätzliche Lehrer/innen und 400 pädagogische Mitarbeiter/innen eingestellt sowie alle neu ausgebildeten Lehrer in Sachsen-Anhalt gehalten werden.

Die Forderungen der Volksinitiative waren bereits im Oktober 2017 Thema im Plenum. Hier hatte eine der Vertrauenspersonen die Möglichkeit erhalten, vor den Abgeordneten zu sprechen. Das Papier war nach der Debatte in den Ausschuss für Petitionen, in den Ausschuss für Bildung und Kultur sowie in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden. In Abstimmung zwischen den Ausschüssen war eine Beschlussempfehlung erarbeitet worden, die nun in der Zweiten Beratung im Plenum behandelt wurde.

„Mangelnde Bildungsquantität“

Thomas Jäger, eine der Vertrauenspersonen der Volksinitiative, kritisierte, dass viele der Abgeordneten den Ernst der Lage der derzeitigen Schulsituation im Land nicht erkennten. Parteiliche Zwänge müssten bei den Entscheidungen außen vor bleiben, denn es herrsche ein Ausnahmezustand. Unterricht und Bildung seien in den Schulen des Landes in den Hintergrund gerückt, so Jäger. Die Zahl der Lehrkräfte und der erteilten Unterrichtsstunden sei eklatant zurückgegangen: „Es herrscht fehlende Bildungsqualität durch mangelnde Bildungsquantität.“ Der Landtag solle endlich eine Bildungswende einleiten und mit seiner Entscheidung einem Volksbegehren zuvorkommen.

„Werden die Probleme lösen“

„Wir stehen in Sachsen-Anhalt vor großen Problemen in der Bildungspolitik“, räumte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) ein. Man habe die Bildungspolitik in den vergangenen Jahren zu sehr auf finanzpolitische Aspekte fokussiert. Mit der neuen Legislaturperiode sei allerdings schon eine Trendwende eingeleitet worden. Die Fachbedarfe und Einstellungsperspektiven seien geklärt, die Grundlagen für eine personal- und sachgerechte Ausstattung seien geschaffen.

Jetzt gehe es darum, die geschaffenen Stellen auch zeitnah zu besetzen; 1 000 Ausschreibungen zum neuen Schuljahr würden ausgesandt. Hier müssten allerdings gewisse Qualitätsstandards sichergestellt werden. „Wir haben Ihre Nöte nicht nur wahrgenommen, wir haben auch begonnen, sie zu lösen“, versicherte Tullner den Vertrauenspersonen, dies gehe nur nicht von heute auf morgen.

„Sind auf einem guten Weg“

Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD) dankte den Vertrauenspersonen der Volksinitiative für deren fachlichen Input in den vergangenen Wochen. „Sie haben in deutlicher und sehr öffentlicher Weise den Finger in die Wunde ‚Lehrermangel‘ gelegt.“ Man sei mit dem Beschluss nun ein gutes Stück vorangekommen, auch wenn er zunächst nur ein Zwischenschritt sein könne.

„Die Herausforderungen sind so groß, dass wir ein Umsteuern in der Bildungspolitik brauchen“, erklärte Kolb-Janssen. „Ich bin optimistisch, dass wir auf einem guten Weg sind.“

„Gesellschaft in Auflösung begriffen“

Durch die Forderungen der Volksinitiative würden nur Symptome kuriert, die Lösungsansätze seien nicht tauglich, erklärte Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD). „Das Bildungswesen ist im Auflösen begriffen, weil sich die Grundlagen der Gesellschaft in Auflösung befinden“, so Tillschneider. Die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses könne die Krise nicht abwenden. Daher habe die AfD einen Alternativantrag eingebracht, in dem sie unter anderem 80 Millionen Euro mehr für den Bildungshaushalt und eine Mindesteignung (abgeschlossenes Hochschulstudium/Master) von Lehramtsbewerbern fordert.

„Es hat sich etwas bewegt!“

Die Beschlussempfehlung sei vor dem Rahmen einer sinnvollen Haushaltsführung gefasst worden, sagte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Der Lehrermarkt sei derzeit sehr begrenzt, dennoch: „Es hat sich etwas bewegt!“ Das Lehrer-Stellenziel der Legislaturperiode sei auf 2019 vorgezogen worden, also zwei Jahre eher als geplant. Alle freiwerdenden Stellen für pädagogische Mitarbeiter/innen könnten neu besetzt werden, 300 Neueinstellungen seien zusätzlich möglich. Aldag rief die Abgeordneten auf, den Schülerinnen und Schülern einen bestmöglichen Start zu ermöglichen und das Vorhaben weiter kritisch und engagiert zu begleiten.

„Verantwortungsvolle Beschlussempfehlung“

Das Parlament habe sich umfänglich mit den Anliegen der Volksinitiative in verschiedenen Ausschüssen beschäftigt, um eine verantwortungsvolle und realistische Beschlussempfehlung vorlegen zu können, sagte Angela Gorr (CDU). „Wir sprechen in der Tat über einen Zwischenschritt.“ Die Zahl der nötigen Lehrer/innen soll an der wachsenden Zahl der Schüler/innen orientiert werden. Zudem erwarte sie vom Bildungsminister eine klare Perspektive hinsichtlich des gemeinsamen Unterrichts zwischen Regel- und Förderschulen.

„Noch zu viele ungedeckte Schecks“

Es hätte etwas substanziell Besseres als Beschlussempfehlung erarbeitet werden sollen, bemängelte Thomas Lippmann (DIE LINKE). „Wir brauchen endlich ein Bekenntnis zum Bedarf für den Unterricht – von den Kindern aus gedacht. Alles andere müssen wir von da aus justieren“, forderte Lippmann. In der Beschlussempfehlung steckten zu viele „Lehrformeln und ungedeckte Schecks“. Zumindest sei aber ein Anfang versucht worden, „wir hoffen, dass es nicht schon das Ende ist“.

Im Anschluss an die Debatte wurde über die verschiedenen Drucksachen abgestimmt. Zunächst wurde der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE nach namentlicher Abstimmung abgelehnt. Die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses wurde mit den Stimmen der Koalition angenommen. Der Alternativantrag der AfD war dadurch gegenstandslos geworden.