Natürlich gebe es Unterschiede im Umgang mit dem Thema Wolf, allein aus dem Grund, dass in Polen – anders als in Deutschland – der Wolf nie ausgerottet war, erklärte der Vorsitzende des Umweltausschusses Jürgen Barth (SPD), nach seiner Rückkehr von einer Delegationsreise nach Polen. Gänzlich ohne Probleme funktioniere das Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf allerdings auch bei unseren Nachbarn nicht. So komme es, wie in Deutschland, immer wieder zu Tierrissen und auch die Jäger würden sich über den Wolf beschweren. „Grundsätzlich geht man mit dem Thema aber gelassener um“, betonte Barth.
Nach Angaben des International Fund for Animal Welfare leben derzeit etwa 1300 Wölfe in Polen. Eines der Hauptverbreitungsgebiete ist der Nordosten des Landes an der Grenze zu Weißrussland, einschließlich des Białowieża-Nationalparks, der ebenfalls auf dem Programm der dreiköpfigen Landtagsdelegation stand. Das Waldgebiet gilt als letzter „Tiefland-Urwald Europas“ und bietet zwischen 50 und 55 Rudel Wölfen eine Heimat. Ein Teil des Waldes wurde zum Biosphärenreservat der UNESCO erklärt und ist Weltnaturerbe.
Wolfspopulation in Sachsen-Anhalt?
In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit zwischen 70 und 80 Wölfe – Tendenz steigend. Experten rechnen mit einer jährlichen Zuwachsrate von 30 Prozent. Während Umweltschützer die Rückkehr des Wolfes als Beleg für ein intaktes Ökosystem sehen, fürchten Nutztierhalter um ihre Existenz und manche Bürger haben Angst, allein in den Wald zu gehen.
Wolf auch in Polen „geschützte Art“
Analog zu Deutschland ist der Wolf in Polen eine geschützte Art nach Anhang 4 der FFH-Richtlinie. Allerdings, so der Vorsitzende des Umweltausschusses, gebe es eine spezielle Vereinbarung zwischen Polen und der Europäischen Union. Demzufolge kann der Wolf ohne größere Probleme in Anhang 5 übernommen und damit auch ins Jagdrecht aufgenommen werden, wenn es nötig sein sollte. „Außerdem wurde uns versichert, dass in den letzten 50 Jahren in Polen kein Fall bekannt geworden ist, in dem ein Mensch durch einen Wolf zu Schaden gekommen ist“, betonte Jürgen Barth.
Im Gegenteil, die polnischen Kollegen berichteten, wie wichtig der Wolf für das Ökosystem in den polnischen Wäldern sei. Denn Waldbesitzer hätten sich immer wieder über die von einer zu großen Population an Rothirschen verursachten Schäden beschwert. Mittlerweile würden sich die Wölfe zu 80 Prozent von Rothirschen ernähren.
Reise bestätigt bisheriges Handeln
Der Vorsitzende des Umweltausschusses konstatierte: „Im Großen und Ganzen fühlen wir uns nach der Reise in unserem bisherigen Handeln bestätigt.“ Wichtig sei nun die schnelle Erarbeitung des Leitbildes für den Umgang mit dem Wolf. Nach Ansicht des SPD-Abgeordneten werde sich der Wolf in Europa nur soweit ausbreiten, wie es die entsprechenden Lebensräume zuließen. Wenn alle möglichen Territorien besetzt seien, würde die Wolfspopulation von selber stagnieren, da auf jedem Gebiet immer nur ein Rudel leben könne. Wie der Mensch danach mit den Wölfen umginge, die kein für sie passendes Territorium fänden, müsste noch diskutiert werden.