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Plenarsitzung

Gemischte Bilanz zur Arbeit der Koalition

20. Dez. 2017

Ein Drittel der Regierungszeit der Kenia-Koalition ist vorbei. Diesen Umstand nahm die Fraktion DIE LINKE zum Anlass für eine Aktuelle Debatte – um Bilanz zu ziehen. Nach den letzten Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt im März 2016 ist erstmals eine Koalition aus CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Regierungsverantwortung. DIE LINKE und die AfD befinden sich in der Opposition.

Das Magdeburger Palais am Fürstenwall ist der Amtssitz des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt. Hier finden auch die Kabinettssitzungen der Kenia-Koalition statt. Foto: Werner Klapper/Bilddatenbank Sachsen-Anhalt

Deutliche Kritik an der Koalition

Es sei kaum vorstellbar, dass die Kenia-Koalition noch weitere 40 Monate für „Stillstand und Rückschritt“ im Land sorgen werde, sagte Thomas Lippmann (DIE LINKE). Ministerpräsident Haseloff schaffe es nicht, das Schiff „Landesregierung“ zu führen; Offiziere und Deckmannschaft würden sich nur gegenseitig drangsalieren. Querelen erkenne seine Fraktion in der Amtsführung im Justizministerium („Skandalfall Oury Jalloh“) und im Finanzministerium („sinnlose Haushaltsbeschlüsse“).

Bildungsminister Marco Tullner bezeichnete Lippmann als „glatte Fehlbesetzung“. Zur medialen Isolation hätten die Äußerungen des Kultusministers Robra zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk geführt. Auch die „Spielchen der CDU mit der AfD“ kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Linken. Die Koalition sei von Uneinigkeit, Missgunst und Ignoranz geprägt. Dabei gelte es doch, das Land zu gestalten und nicht nur die eigene Macht zu verwalten.

Schon viele Erfolge erzielt

„Der Gabentisch der Koalition ist reich gedeckt – und wir bescheren gern etwas früher“, erklärte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) augenzwinkernd in Richtung DIE LINKE, der sich über das neue Format der „Drittel-Bilanz“ ein wenig wunderte. Wenn der Redebeitrag von Lippmann repräsentativ gewesen wäre, stünde es schlecht um die Demokratie im Land, so Haseloff. Im Sinne des Koalitionsvertrags sei schon vieles erreicht worden, für noch ausstehende Ziele stünden aber noch zwei Drittel der Amtszeit zur Verfügung.

Haseloff wies darauf hin, dass die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Stand seit 1991 sei. Die Lohnzuwächse hätten in den vergangenen beiden Jahren über dem Bundesdurchschnitt gelegen. Das Investitionsvolumen in der Wirtschaft sei deutlich gestiegen. Das Programm „Sozialer Arbeitsmarkt“ soll Arbeit für 2 000 Langzeitarbeitslose bringen. Seit Beginn der Legislaturperiode seien 1 100 neue Lehrer eingestellt worden. Deutlich mehr Geld gebe es für den Kulturbereich. Die Finanzausstattung der Kommunen sei – wie versprochen – verbessert worden. Auch die Zahl der Polizeibeamten werde kontinuierlich erhöht. „Diese Koalition macht ihre Hausaufgaben“, versicherte Ministerpräsident Haseloff.

Heft des Handelns nicht in der Hand

Bei der derzeitigen Landesregierung handele es sich um „ein politisches Experiment, das gescheitert ist“, konstatierte André Poggenburg (AfD). Es werde nicht regiert, sondern lediglich reagiert. Es herrschten Bildungschaos und dramatisch steigende Kita-Gebühren. Dazu „tobt ein Kultur- und Verteilungskampf zwischen den Deutschen und den Fremden“, sagte Poggenburg. Kinder- und Altersarmut seien täglich Thema. Die CDU habe das Heft des Handelns noch immer nicht in der Hand. „Diese Kenia-Koalition ist eigentlich am Ende.“

Hinsichtlich der Fraktion DIE LINKE stellte der AfD-Fraktionsvorsitzende ein „Oppositionsversagen“ fest. Es gehe ihr nicht um Inhalte, sondern nur um politische Propaganda.

„Sachsen-Anhalt wird ordentlich regiert“

Die SPD sei aus Verantwortung für die Demokratie in die Koalition eingetreten, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). „Wir wollten und wollen es schaffen, dass demokratische Parteien über alle Unterschiede hinweg das Land voranbringen.“ Man wolle „denen die Stirn bieten, die unsere Demokratie von rechts angreifen“. In der Koalition müssten viele pausenlos über ihren eigenen Schatten springen, aber sie sei auch kein Jammertal, versicherte Pähle.

„Sachsen-Anhalt wird ordentlich regiert“, leider werde zu oft über den internen Streit berichtet, nicht jedoch über die guten Ergebnisse aus diesen Streits. Sachsen-Anhalt habe bundesweit die beste Kinderbetreuung, weise eine hochangesehene Forschungslandschaft vor und glänze in der Tourismusentwicklung.

Zwar werde die Kultur des „halbvollen Glases“ negativ registriert, noch schlimmer würde allerdings die Menschenfeindlichkeit von rechts – ob im Landtag oder auf der Straße – wahrgenommen. „Die einzige Waffe, die Sie im Landtag führen können, ist die Dreckschleuder“, sagte Pähle in Richtung AfD. Die SPD-Fraktionsvorsitzende wünscht sich eine klare Haltung gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus und für die parlamentarische Demokratie.

Gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft

Die Koalition sei – wenn auch nicht immer emotional – auf der Sachebene geeint, betonte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Ihre Partei habe mit 98 Prozent dem Koalitionsvertrag zugestimmt, daher werde viel Engagement darauf verwendet, die vereinbarten Ziele auch zu erreichen. „Natürlich haben wir noch viel zu tun.“

Aber schon jetzt seien die Kommunen mit mehr Spielraum ausgestattet worden, mehr Geld fließe in die Kitas, es gebe die neue Meistergründungsprämie und mehr Geld für die Grundfinanzierung der Hochschulen. Die Grünen würden sich weiter für erneuerbare Energien und moderne Speichertechniken einsetzen, für einen bezahlbaren ÖPNV, die Stärkung des Radverkehrs und eine nachhaltige Landwirtschaft.

Die „Koalition der Mitte“ habe sich auch als Bollwerk gegen rechts gegründet, sagte Lüddemann. „Wir werden uns auf der Straße und im Parlament gegen Nazis stellen und gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft agieren. Ein weltoffenen und buntes Sachsen-Anhalt ist unser Ziel – und dafür werden wir streiten!“

Zweckbündnis mit Erfolgen

Die CDU habe in der vergangenen Zeit verantwortungsbewusst und sehr besonnen agiert, betonte den Fraktionsvorsitzende Siegfried Borgwardt (CDU). Den Linken dagegen warf er eine realitätsferne Politik vor. Die Kenia-Koalition sei keine Liebeshochzeit, sondern ein Zweckbündnis – „aber das ist nicht schlecht, wenn es der Sache dient“.

Man habe einen soliden Doppelhaushalt auf die Beine gestellt; die bereitgestellten Mittel würden nun klug und nachhaltig eingesetzt. Die Förderung des Wirtschaftswachstums sei oberstes Ziel. Existenzgründungen sollen hier verstärkt werden. Die CDU-Fraktion spreche sich nach wie vor für eine Integrationsobergrenze von Geflüchteten und die Forcierung der freiwilligen Ausreisen aus, sagte Borgwardt. Ein modernes Gleichstellungsgesetz und die touristische Weiterentwicklung des Landes stünden ebenso auf dem Plan.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.