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Plenarsitzung

Bürgerdialog: Mit der Politik im Gespräch

Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt wird in diesem Jahr 25 Jahre alt. Am 15. Juli 1992 war sie von den Abgeordneten der 1. Wahlperiode im Magdeburger Landtag verabschiedet. Einen Tag später, am 16. Juli 1992, wurde sie dann feierlich unterzeichnet und konnte kurz darauf in Kraft treten. Um diesen Geburtstag auf besondere Weise zu feiern, lädt der Landtag von Sachsen-Anhalt zu einer Veranstaltungsreihe ein, die unter dem Titel „Bürgerdialog: Sind wir in guter Verfassung?“ steht. 

Sieben Mal empfängt Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch Gäste aus Landtag und Gesellschaft, um den Status der Landesverfassung und die aktuelle Politik zu diskutieren. Den Auftakt der Reihe machte eine Diskussionsrunde auf Schloss Hundisburg bei Haldensleben (Börde). Zu Gast waren Christel Kinast (langjährige Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Börde Oschersleben), Gunther Hirschligau (Pfarrer i. R., Schriftsteller), Ralf Geisthardt (MdL und Mitglied des früheren Verfassungsausschusses), Jörg Gebur (Leiter des Polizeireviers Börde) sowie Ivar Lüthe (Volksstimme, Moderator der Veranstaltung).

„Miteinander sprechen und Probleme ausräumen“

„Mit der Verfassung regeln wir unser Zusammenleben in einer Demokratie in Sachsen-Anhalt“, erklärte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Aus der geschriebenen Verfassung müsse jedoch eine gelebte Verfassung werden, mahnte Brakebusch. Es gelte dabei, Respekt als unsichtbares Polster zwischen allen politischen Gegnern zu wahren. „Wenn es klemmt im Leben, ist es das Beste, wenn man miteinander spricht und so die Probleme aus dem Weg räumt.“

In sechs weiteren Veranstaltungen werden je ein Mitglied der Koalition und der Opposition und eine sogenannte Ankerperson (prominente Persönlichkeit aus der jeweiligen Region) mit den Gästen ins Gespräch kommen. Ziel ist, ein Feedback aus der Bevölkerung zur Situation der Politik im Land zu erhalten: Werden die richtigen Dinge im Auge behalten, welche Initiativen müssten gestartet werden?

Konstruktive Entscheidungen treffen

Besondere Schwerpunkte bei der Diskussionsrunde auf Schloss Hundisburg waren unter anderem die Förderung einer belastbaren Wirtschaft oder die zunehmende Aggressivität in der Gesellschaft – in allen Bereichen des Lebens, egal ob am Arbeitsplatz oder in der Freizeit. Christel Kinast kann davon ein Lied singen: In der Sparkasse habe sie den einen oder anderen aufgrund von Entscheidungen des Hauses die Fassung verlieren sehen. „Da bekommt man es bisweilen schon mit der Angst zu tun.“

Werden 25 Jahre nach dem Schreiben der Verfassung überhaupt noch die richtigen Akzente im Alltag der Politik gesetzt? Politik dürfe nicht zum Selbstzweck gestaltet werden, sondern müsse der Gesellschaft als Ganzer dienen, sagte Ralf Geisthardt. Er hatte im Zuge der Veranstaltung eine seiner Reden aus dem Jahr 1992 zur Verfassung wiedergelesen und sich einem Faktencheck gestellt. Nach wie vor denke er, dass sachgerechte Entscheidungen essenziell für das Funktionieren des Miteinanders seien. Dafür müssten Für und Wider abgewogen und dann konstruktiv entschieden werden.

Viele Sorgen im engeren Umfeld

Ist die Politik zu weit von den Menschen entfernt oder sind die Menschen zu weit entfernt von der Politik? Die Sorgen der Leute fangen jedoch schon im viel näheren Umfeld an als bei der direkten Landespolitik, die im Grunde nur den Rahmen für die Gesellschaft vorgeben kann. So brachte ein Bürger seine Sorgen mit verschiedenen Ämtern vor, die nur sehr schleppend oder gar nicht auf seine vorgebrachten Schwierigkeiten reagierten – eine Folge verfehlter Politik? Vielleicht schon ein Fall für den Petitionsausschuss des Landtags? Kann der Gesetzgeber, folglich der Landtag, wirksam werden, gibt es Ermessungsspielräume? „Wir müssen – auch für spezielle, singuläre Fälle – eine Lösung finden“, erklärte Landtagspräsidentin Brakebusch.

Ist das Land beim Thema Bildung und frühkindliche Erziehung gut aufgestellt?, wandte sich ein Bürger an den runden Tisch der Diskussion. Selbst früher Erzieherin, konnte die Landtagspräsidentin hier erwidern: Unter dem Haushaltsdruck sei das Thema Bildung, insbesondere die Einstellung von neuen Lehrern, etwas stiefmütterlich behandelt worden. „Zu sagen, wir müssen 500 Lehrer sofort einstellen, ist zwar eine wünschenswerte Aussage – aber so viele Fachkräfte gibt es derzeit gar nicht auf dem Markt.“

Mit den Möglichkeiten aus dem Kinderförderungsgesetz seien auch die Ansprüche von Eltern und Kommunen gestiegen, die Elternbeiträge seien ortsweise explodiert, räumte Brakebusch ein. Eine Kindereinrichtung solle erziehungsbegleitend sein und nicht die Erziehung durch die Eltern ersetzen. Hier müssten die Eltern wieder mehr in die Betreuungspflicht genommen werden.

Weitere Themen der Diskussionsrunde waren die noch mangelhafte Digitalisierung im Land (an vielen Stellen stockt der Breitbandausbau) und die komplizierte Steuerpolitik, sowohl in Deutschland als auch EU-weit. Problematisch sei unter anderem, dass zwar viele Unternehmen ihre Produkte in Sachsen-Anhalt herstellten, die anfallenden Steuern allerdings an anderen Orten bezahlten.

Nächster Treffpunkt für den Bürgerdialog ist Zerbst: am 18. Mai um 19 Uhr im Fasch-Saal der Stadthalle. Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich willkommen!