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Plenarsitzung

Qualität in der Ausbildung sichern

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat sich in seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch, 16. November 2016, mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE beschäftigt. Dieser trägt den Titel „Ausbildungsabbrüche in Sachsen-Anhalt reduzieren“ und setzt sich speziell mit aufgelösten Ausbildungsverträgen im Land auseinander. Diese liegen bei rund 34 Prozent. Die Gründe für die Vertragsauflösung sind – auf Seiten der Auszubildenden und der Betriebe – recht vielfältig. Die Maßnahmen, diese zu verringern, aber ebenso.

Einer gelungenen Berufswahl geht nicht selten ein Praktikum voraus. Foto: amh-online

In seiner vorangegangen Sitzung hatte sich der Sozialausschuss darauf verständigt, den Antrag der Linken in einem öffentlichen Fachgespräch zu behandeln. Gut ein Dutzend Institutionen, die mit der Vermittlung und Betreuung von Auszubildenden zu tun haben, waren zum Fachgespräch eingeladen worden.

Stellungnahmen der Fachgesprächsgäste

Das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH wies zunächst auf eine begriffliche Unschärfe hin. So handelt es sich in den meisten Fällen nicht eigentlich um Ausbildungsabbrüche, sondern um Vertragslösungen. Der Auszubildende verbliebe nämlich im dualen System, wechsle lediglich den Ausbildungsbetrieb. Es handle sich um einen Akt der Suche und Neuorientierung. Die Gründe für eine Vertragslösung seien vielfältig, die Schuld würde aber von den Auszubildenden (Druck, schlechtes Arbeitsklima, Überstunden, Schichtdienst) und den Unternehmen (Unpünktlichkeit, unzureichende Leistungen, falsche Vorstellungen von der Arbeit) jeweils auf der anderen Seite gesucht. Der Umgang mit innerbetrieblichen Konflikten müsse deutlich verbessert werden.

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft wies auf die relativ hohe Vertragslösungsquote von 33,5 Prozent in Sachsen-Anhalt hin. Den hauptsächlichen Grund sieht der Verband in der nicht ausreichenden Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf das spätere Berufsleben. Ein „Unterricht in der Produktion“ wäre daher – als ein Baustein der Vorbereitung – wünschenswert.

Schüler auf die Realität in den Unternehmen vorzubereiten, erachtet auch der Arbeitgeberverband der Wirtschaft Sachsen-Anhalt als unbedingt notwendig. Komme es zur Lösung eines Ausbildungsvertrags, sei nicht selten die Abwanderung in ein anderes Bundesland die Folge. Zugleich gebe es bereits jetzt zu wenige geeignete Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz besetzen könnten. Die Unternehmen sollten weiter motiviert werden, Praktikumsplätze anzubieten; diese müssten dann allerdings auch von den Verantwortlichen (Lehrer, Dozenten) weitervermittelt werden.

Eine Vertreterin der Arbeitsagentur Oschersleben stellte die unterschiedlichen „Wellen“ bei Vertragsauflösungen dar: Zunächst würde eine Vielzahl der Verträge gelöst, weil es zu Mehrfachabschlüssen der Azubis gekommen war und diese sich nun für einen Ausbildungsplatz entschieden hätten. Eine zweite Welle der Abbrüche erfolge nach den ersten 14 Tagen, wenn man sich der Realität des Berufs bewusst geworden sei. Eine weitere größere Welle gebe es nach dem Ende der Probezeit: Grund sei ein regelrechter Realitätsschock, dass das Arbeitsleben ganz anders sei als das Schulleben. Die Vertreterin der Arbeitsagentur warb für ein besseres Betriebsklima, eine ausgeglichene Ausbildungsstruktur und eine beiderseitige Konfliktbewältigung.

Man dürfe nicht vernachlässigen, dass in Befragungen gut 70 Prozent der jungen Menschen in Sachsen-Anhalt mit ihrem Ausbildungsplatz zufrieden seien, betonte eine Vertreterin der DGB-Jugend, Landesverband Sachsen-Anhalt. Es gebe Branchen, in denen es „super laufe“. Die hohen Fahrtkosten zu den Ausbildungs- und Lehreinrichtungen seien ein häufiger Grund für ein Missbehagen in der Ausbildungszeit. Es gelte, bei den Azubis und den Ausbildern „Frühwarnmechanismen“ zu aktivieren, um Vertragslösungen unnötig zu machen.

Eine der Berufseinstiegsbegleiter/innen des Bildungswerks der Wirtschaft Sachsen-Anhalt erklärte, die Berufsorientierung in den Schulen funktioniere bereits recht gut. Es gebe eine Vielzahl von Projekten und Messen für die Berufsinformation und -vorbereitung. Allerdings seien die von Unternehmen angebotenen Praktikumsplätze oft nur schwer für die Schülerinnen und Schüler zu erreichen (Minderjährige, die auf öffentliche Verkehrsanbindungen angewiesen sind).

Je vielfältiger die Möglichkeiten der Auswahl an Ausbildungsplätzen, umso höher sei auch die Quote der Vertragslösungen, so das Statement der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau. Werde eine Vertragsauflösung erst nach dem 1. August des Ausbildungsjahres gemeldet, zähle diese in die Statistik hinein, auch wenn es sich eigentlich nur um eine „Stornierung“ (da Mehrfachabschlüsse) handele. 80 Prozent der Azubis seien allerdings in ihrem Wunschberuf angekommen. Die IHK Halle-Dessau regt an, das Schulgesetz dahingehend zu ändern, dass eine größere räumliche Nähe zu den Berufsschulen hergestellt werde. Dies sei bei der Neugliederung der Landkreise nicht berücksichtigt worden. Jetzt gebe es oft unnütz lange Anfahrtswege zu den Berufsschulen.

Dem stimmte auch die Industrie- und Handelskammer Magdeburg zu. Sie warb zudem für eine attraktive Gestaltung der dualen Ausbildung und für deren Qualitätssicherung: Das Netz aus Beratern und Betriebsbesuchen müsse gut gewirkt sein.

Die Betriebe seien die letzten Jahre über mit einer großen Auswahl an Azubildenden „verwöhnt“ worden, konstatierte die Handwerkskammer Halle (Saale). Die Schülerzahlen seien nun deutlich geringer, so auch die Zahl der möglichen Azubis. 53 Prozent von ihnen stammten aus den Sekundarschulen, 30 Prozent von Hauptschulen, zehn Prozent seien Abiturienten, sechs Prozent seien ohne Hauptschulabschluss. Die Handwerkskammer achte darauf, Technikvermittlung schon in Kindergärten und in der Grundschule voranzubringen, um frühzeitig das Interesse für Handwerksberufe zu wecken. Gelobt wurden zudem die Pflichtpraktika in den Sekundarschulen.

Die Vertragsabschlüsse für eine Ausbildung hätten im Bereich der Handwerkskammer Magdeburg in diesem Jahr um fünf Prozent zugelegt. Die hauseigene Imagekampagne zeige Wirkung. Coaching bei der Ausbildung (für Betriebe) und Inklsuionsberatung seien nur zwei Aspekte, wie die Handwerkskammer ihre Betriebe bei der Ausbildung junger Menschen unterstütze.

Die gelungene Berufsorientierung ist auch für den Zentralverband des Deutschen Handwerks von großer Bedeutung. Sie sei wichtig für alle Schulformen. Die Ausbildungsqualität in den Betrieben müsse dauerhaft sichergestellt werden. Die beruflichen Perspektiven seien nach einer dualen Berufsausbildung oftmals besser als die von Akademikern. Daher müsste die Attraktivität der Karrierewege im Handwerk aufgezeigt werden.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration wird sich weiter mit der Thematik und dem Antrag der Linken beschäftigen. Am Ende der Beratungen soll eine Beschlussempfehlung erarbeitet werden, die dem Plenum zur Entscheidung vorgelegt werden soll.