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Plenarsitzung

Neue Aufgaben für die Landesbeauftragte

  • Die Aufgaben der Landesbeauftragen werden erweitert
  • CDU, SPD und Grüne begrüßen Gesetz
  • Linke lehnen Umgestaltung der Institution ab

Die Aufarbeitung allein auf die Behörden der Staatssicherheit zu beschränken, werde den vielen Einzelschicksalen mit anderen Unrechtserfahrungen in der DDR und aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 nicht gerecht, zeigten sich die Fraktionen von CDU und SPD im Juni dieses Jahres überzeugt und legten daher den Entwurf eines Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes vor. Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung hatte nun eine Beschlussempfehlung zur Annahme des veränderten Gesetzentwurfes erarbeitet, der die Mehrheit des Parlaments gefolgt ist.

Die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Birgit Neumann-Becker, im März 2015 bei der Übergabe des 21. Tätigkeitsberichts ihrer Behörde an Landtagspräsident Detlef Gürth. Foto: Ulrich Grimm

Der Beschluss, das Amt der/des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Sachsen-Anhalt neu auszurichten, wurde bereits im März 2014 getroffen. Die Untersuchung des Gesamtsystems staatlicher Repression und auch die Verfolgung in der Zeit der SBZ, also vor der Gründung der DDR, soll nun neben der Stasi-Aufklärung in den Aufgabenbereich der Landesbeauftragten fallen.

Erweiterung der Aufgaben sinnvoll

Die Aufarbeitung des SED-Unrechts gehe weit über die Grenzen der Stasi-Aufarbeitung hinaus, erklärte Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) (in Vertretung von Justizministerin Angela Kolb). Die DDR-Geschichte soll in all ihren Facetten und im Gesamtzusammenhang analysiert werden. Es sei der Aufgabe angemessen, das Amt des/der Landesbeauftragten beim Landtag anzusiedeln. Der Bildungsauftrag könne nur sichergestellt werden, wenn die Aufarbeitung über die Stasi-Vergangenheit hinausgeht. Deshalb spreche sich auch die Landesregierung für die Erweiterung des Aufgabenspektrums der/des Landesbeauftragten aus.

Aufarbeitung lieber in Forschungsstelle

Die Linken halten die Aufarbeitung der Geschichte in der SBZ und der DDR für unabdingbar, gleichwohl kritisieren sie einige zentrale Inhalte des Gesetzes. Wichtigster Kritikpunkt sei, dass die Aufarbeitung außerhalb der Wissenschaftsstrukturen des Landes geleistet werden soll. „Wir lehnen die Ausweitung der Befugnisse der Landesbeauftragten ab, die Auseinandersetzung wird an anderer Stelle (Universitäten, Vereine, Verbände) schon richtig geleistet“, so Eva von Angern (DIE LINKE), es bedürfe keiner staatlichen Stelle. Die staatliche Einrichtung sei der Einhaltung von wissenschaftlichen Standards nicht unterworfen. Die Einrichtung eines wissenschaftlichen Aufarbeitungsinstituts wäre sinnvoller und ein wichtiges Signal an die Hochschulen des Landes gewesen. Aus politischen und fachlichen Gründen wäre es richtiger, mit der Neuausrichtung auch eine personelle Neubesetzung zu ermöglichen, so von Angern.

Gelebte Zusammenarbeit zwischen den Institutionen

Die SPD-Fraktion begrüße ausdrücklich die Annahme des Gesetzentwurfs, erklärte Silke Schindler (SPD). Die Opfer der Gewaltherrschaft von Diktaturen müssen immer noch erst erkannt und anerkannt werden. Der neuen Landesbeauftragten werde diese Aufgabe – insbesondere für die Zeit der SBZ und der DDR – konkret zugewiesen. Neue Erkenntnisse sollen erfasst, die Öffentlichkeit informiert werden. Es herrsche schon eine gelebte Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, lobte Schindler. Die Anbindung der Landesbeauftragten an den Landtag (das Parlament wählt sie auch) sei begrüßenswert.

Werden Aufgaben besser gerecht

Auch 26 Jahre nach der Friedlichen Revolution seien noch viele Fragen hinsichtlich der kommunistischen Diktatur unbeantwortet, noch viele Täter unbehelligt, erklärte Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Herbst zeigte sich zufrieden, dass nicht an einem Schlussstrich, sondern an einer weiteren Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit gearbeitet werde. Um das Ausmaß systematischen Unrechts erkenntlich zu machen, bedürfe es des Blickes über die Grenzen der Stasi hinaus. Mag die Stasi auch vielfach verantwortlich für die Auswahl der Opfer gewesen sein, so hätten die Rechtsverletzungen doch andere Stellen ausgeführt. Herbst zeigte sich davon überzeugt, dass das Land der Aufgabe der Aufarbeitung durch die Neuausrichtung der Landesbeauftragten besser gerecht werde.

„Sind an der Seite der Opfer“

Die Stasi habe dem autoritären Führungsanspruch der SED Genüge geleistet, die Unrechtserfahrungen gingen aber weit über die Stasi hinaus, so Ralf Wunschinski (CDU). „Wir stehen an der Seite der Opfer des Regimes“, versicherte Wunschinski und lobte die enorm wichtige Arbeit der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen seit 20 Jahren. Die Institution sei eine verlässliche Ansprechpartnerin für alle, die unter dem Unrechtsregime der SED gelitten hätten. Es habe sich gezeigt, dass die Opferberatung noch immer notwendig sei, dass auch heute noch neue Unrechtsfälle bekannt würden. Durch das Aufarbeitungsbeauftragtengesetz würden die Arbeitsbereiche neu gefasst, die Beauftragte werde nun institutionell an den Landtag gebunden und gewählt, so Wunschinski.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Die Linken enthielten sich oder sprachen sich gegen das Gesetz aus.

Gesetzentwurf von CDU und SPD (PDF)

Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf (PDF)