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Plenarsitzung

Mehr Geld für Flüchtlinge geplant

Die Landesregierung hat dem Landtag ihren Entwurf zum Nachtragshaushaltsgesetz 2015/2016 vorgelegt und stellt damit einen neuen aktualisierten Einnahmen- und Ausgabenplan auf. Im neuen Entwurf werden unter anderem die jüngsten Steuerschätzungen vom Mai 20015 und die Kosten für die gestiegene Zahl an Flüchtlingen berücksichtigt.

Im Entwurf des Nachtragshaushaltes sind für dieses Jahr etwa 33 Millionen Euro und für nächstes Jahr noch einmal 67 Millionen Euro zusätzlich für Flüchtlinge veranschlagt. Foto: Stefan Müller

Sachsen-Anhalt will mehr als bisher für notleidende Flüchtlinge tun. „Das ist ein Gebot der Menschlichkeit“, sagte Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) während der Landtagssitzung am 1. Juli bei der Einbringung eines Nachtragshaushaltes für die Jahre 2015/2016. Am Geld dürfe die Hilfe nicht scheitern. Im Entwurf des Nachtragshaushaltes seien deshalb für dieses Jahr etwa 33 Millionen Euro und für nächstes Jahr noch einmal 67 Millionen Euro zusätzlich zu den schon im ursprünglichen Haushalt veranschlagten Ausgaben für die Flüchtlingshilfe eingeplant worden. „Insgesamt liegen die Ausgaben in diesem Bereich mittlerweile bei über 200 Millionen Euro in den beiden Jahren“, so Bullerjahn weiter. „Ich denke, dass das Land damit die finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen hat, um den Flüchtlingen, aber auch den Kommunen zu helfen.“

Der Finanzminister machte zugleich deutlich, dass sich die Hilfe nicht nur auf das Notwendigste – nämlich auf Unterkunft und Verpflegung – beschränken solle. „Wir wollen mit dem Geld Angebote für eine bessere Integration schaffen.“ Leitgedanke des Handelns sei: „Sachsen-Anhalt – Weltoffen Willkommen.“ Zu den Angeboten gehöre die Einrichtung von „Integrations-Lotsen“, die den Menschen über alle Anfangsschwierigkeiten in einem fremden Land hinweghelfen sollen, die Schaffung von mehr Sprachklassen für Deutschkurse, die Erweiterung der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Halberstadt sowie der Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Für die Betreuung der Flüchtlinge wird den Kommunen eine Pauschale von 8600 Euro je Asylsuchenden zur Verfügung gestellt. „Damit haben wir die Lasten der Kommunen weitgehend finanziert“, sagte Bullerjahn. Mehr als 54 Millionen Euro dieser zusätzlichen Ausgaben kommen vom Bund. Insgesamt sieht der Entwurf des Nachtragshaushaltes eine Erhöhung der Landesausgaben um insgesamt 174 Millionen Euro vor, die aus zusätzlichen Steuereinnahmen (31 Millionen Euro), aus Bundesmitteln sowie durch einen Rückgriff auf die Steuerschwankungsreserve des Landes finanziert werden sollen.

Mit dem Nachtragshaushalt soll außerdem das Förderprogramm STARK V auf den Weg gebracht werden. Der Bund stellt zusätzlich für die nächsten vier Jahre für Sachsen-Anhalt 111 Millionen Euro für Investitionen finanzschwacher Kommunen bereit. Das Land wird die erforderliche Kofinanzierung der Bundesmittel in Höhe von zehn Prozent übernehmen, so dass den finanzschwachen Kommunen keine Kosten entstehen. Schließlich sieht der Entwurf des Nachtragshaushaltes die Schaffung von 100 zusätzlichen Lehrerstellen für einen Vertretungspool sowie die zusätzliche Einstellung von 50 Polizeianwärtern vor.

Für den haushaltspolitischen Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Swen Knöchel, ist die von Bullerjahn genannte Pauschale für die Flüchtlingsbetreuung zu niedrig angesetzt. Sie reiche bei weitem nicht aus. Zugleich kritisierte er namens seiner Fraktion, dass bei der Bemessung der Gelder für die Unterbringung kein Unterschied zwischen Gemeinschaftsunterkünften und der Unterbringung in Wohnungen gemacht werde.

Damit sei die Möglichkeit von Geschäftemacherei mit der Not von Flüchtlingen gegeben. „Meine Fraktion hält im Übrigen nichts von Pauschalen, wir denken, Gleiches sollte Gleich und Besonderes Besonders behandelt werden. So müssen direkte, einheitlich durch Bundesgesetz geregelte Leistungen eins zu eins den Kommunen erstattet werden.“ Für die Gesundheitsversorgung sollte es künftig eine Behandlungskarte für die Flüchtlinge geben. „Die jetzige Praxis der Gesundheitsscheine muss beendet werden“, so Knöchel.

Für den Fraktionsvorsitzenden der CDU, André Schröder, ist der Entwurf des Nachtragshaushaltes die „Fortsetzung der bisherigen soliden Haushaltspolitik“. Es bleibe beim gewohnten Dreiklang von Investieren, Konsolidieren und Vorsorge. „So können wir mit diesem Nachtragshaushalt auf aktuelle Probleme reagieren, den Kommunen mehr Geld geben und dennoch alte Schulden abbauen“, sagte Schröder. Außerdem würden die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um auf die gegenwärtigen Herausforderungen reagieren zu können.

Die Botschaft des Nachtragshaushaltes laute: „Wir helfen den Kommunen!“ Mit der Finanzpolitik in dieser Wahlperiode sei ein guter Grundstein für die Zukunft unseres Landes gelegt worden, so der CDU-Fraktionschef weiter. „Der Nachtragshaushalt ist kein Haushalt des Kurswechsels, sondern des Kurshaltens bei gleichzeitiger Reaktion auf die Herausforderungen der Gegenwart.“

Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Olaf Meister, kritisierte die geplante Finanzierung des Nachtragshaushaltes. Das Vorhaben des Finanzministers, der Steuerschwankungsreserve insgesamt 100 Millionen Euro zu entnehmen, sei „finanzpolitisch heikel“. „Die Landesregierung will jetzt diese Reserve bei wachsenden Steuereinnahmen mal eben um die Hälfte senken“, sagte Meister.

„Wann soll denn die Schwankungsreserve aufgebaut werden, wenn nicht in guten Zeiten?“, fragte er. Stattdessen plündere man sie jetzt. Als erfreulichen Anlass für den Nachtragshaushalt bezeichnete Meister dagegen die Umsetzung des Kommunalinvestitionsprogramms des Bundes. „Wir dürfen aber nicht davor die Augen verschließen, dass die Probleme der finanzschwachen Kommunen schon darin bestehen, die Aufwendungen für den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur zu stemmen.“

„Die Botschaft des Nachtragshaushaltes ist nicht: 100 Millionen Euro mehr für Flüchtlinge und Asylbewerber. Sondern: 100 Millionen Euro mehr für ein besseres Zusammenleben.“ Das erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende Katrin Budde. Denn die zusätzlichen Mittel kämen insbesondere auch der Aufnahmegesellschaft zugute. Kommunen werden finanziell entlastet. „Wir wollen mit den zusätzlichen Mitteln ein Klima der Integration schaffen“, sagte sie.

Budde erinnerte daran, wer im internationalen Maßstab die größten Belastungen aus den weltweiten Flüchtlingsströmen zu tragen habe: „Unter den zehn Ländern, die – Stand Ende 2014 – weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, ist nur ein europäisches Land. Deutschland ist es nicht. Es ist die Türkei, gefolgt von Pakistan, Libanon, Iran und Äthiopien.“ Diese teils bitterarmen Länder beherbergten zusammen mehr als 40 Prozent aller Flüchtlinge auf der Welt. „Das sollten wir vor Augen haben, wenn wir über die Lasten reden, die Deutschland, Sachsen-Anhalt und seine Kommunen zu tragen haben.“

Der Entwurf des Nachtragshaushaltes (Drucksache 6/4185) wurde zur Beratung an die Fachausschüsse, federführend der Finanzausschuss, überwiesen. Finanzminister Bullerjahn hofft, dass der Nachtragshaushalt bereits im September während der ersten Sitzung nach der Sommerpause verabschiedet werden kann. „Denn die Flüchtlinge und Kommunen warten auf die Unterstützung“, appellierte er an die Abgeordneten.