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Plenarsitzung

„Das Gedächtnis des Parlaments“

Rund 130 Beschäftigte arbeiten in der Landtagsverwaltung. Zwölf davon stellen wir Ihnen in einer Reihe vor und blicken monatlich einer Kollegin oder einem Kollegen über die Schulter. 

Eigentlich verrückt: Per Zehn-Finger-System kann er an der Computertastatur nicht schreiben, aber über die Stenografiermaschine fliegen seine beiden Hände wie die eines Klavierspielers über die weißen und schwarzen Tasten seines Flügels. Denn als einer von zehn Parlamentsstenografen ist Ringo Ulrich dafür zuständig, alles, was in Plenar- und Ausschusssitzungen gesagt wird, schnellstmöglich in Papierform zu bringen. „Es geht aber nicht darum, alles eins zu eins niederzuschreiben, sondern das wiederzugeben, was der Redner gemeint hat“, betont Ulrich. 

Landtagsstenograf Ringo Ulrich bei der Arbeit, hier stenografiert er eine Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft. Foto: Stefanie Böhme

Die eigentliche Arbeit beginne daher erst, nachdem eine Rede stenografiert wurde – der Text wird von der Stenografiermaschine in den Computer übertragen und dort weiter bearbeitet. So müssen unter anderem Versprecher korrigiert, aus abgebrochenen Sätzen ganze gemacht und Zahlenangaben und Fachbegriffe recherchiert oder auf Richtigkeit geprüft werden, beschreibt Ulrich die umfangreichen Nacharbeiten, bevor ein stenografisches Protokoll einer Landtagssitzung fertig ist. „Für eine Stunde stenografiertes Material benötigen wir etwa acht Stunden zur Nachbereitung.“ Am Ende des gesamten Prozesses müssen die Abgeordneten das Protokoll freigegen, erst danach wird es veröffentlicht.

Mischung aus Klavier und Akkordeon

Die Anfänge der Parlamentsstenografie gehen auf die alten Römer zurück, die bereits zu Ciceros Zeiten einen Vorläufer der Handstenografie entwickelten. Heute stenografieren nur noch wenige von Ulrichs Kollegen per Hand, die meisten nutzen eine Stenografiermaschine. Sie lässt sich vielleicht am ehesten mit einer Schreibmaschine vergleichen, mit dem Unterschied, dass es viel weniger Tasten gibt und diese nicht mit Buchstaben belegt sind – zumindest nicht sichtbar. Trotzdem verbirgt sich hinter jeder Kombination ein Wort. Ähnlich wie beim Akkordeon- oder Klavierspielen können mehrere Tasten gleichzeitig gedrückt werden. „Wir können mehrere Silben durch Tastenkombinationen zusammenziehen und nutzen ein komplexes System aus Kürzungen, sodass wir die Reden in Echtzeit mitschreiben können.“ Der Computer übersetzt die Zeichen später wieder in Wörter und ganze Sätze.

Politische Arbeit wird transparenter

Ob des Aufwands könnte sich der eine oder andere jetzt vielleicht fragen: Warum lässt der Landtag nicht einfach von allen Sitzungen eine Tonaufnahme anfertigen? Das werde auch gemacht, erklärt der 36-jährige Ulrich. Die Tonaufnahme diene der Unterstützung der Stenografen, falls doch einmal ein Wort beim Schreiben verloren geht. Sie gebe aber nicht wieder, was der Redner zur Illustration vielleicht mitgebracht hat oder welcher Gesten er sich bedient und welche anderen Vorgänge Anlass zu Heiterkeit, Widerspruch oder Zwischenrufen gegeben haben. Das alles finde sich aber im stenografischen Protokoll, so Ulrich.

Stenografische Berichte sind außerdem ein wichtiges Mittel, um das politische Geschehen transparenter zu machen. So könnten die Bürger anhand der stenografischen Plenarprotokolle nachvollziehen, wie Gesetze entstehen, wie einzelne Abgeordnete zu bestimmten Themen stehen und sogar wie sie abgestimmt haben, sagt Ulrich. Daneben ist es Arbeitsmittel für das Parlament, die Regierung und die Verwaltung. „Unsere Arbeit bildet quasi das Gedächtnis des Parlaments.“