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Plenarsitzung

Beratungsangebote „aus einer Hand“

Ziel eines Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU und SPD zur Änderung der Familienförderung und zur Neuordnung der Förderung sozialer Beratungsangebote ist eine verbindliche Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beratungsstellen im Sinne einer integrierten psychosozialen Beratung in Anlehnung an das Konzept der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus soll eine Einbindung der Beratungsangebote in die kommunale Sozial- und Jugendhilfeplanung erreicht werden.

Infrastruktur vor Ort einheitlich planen

Ein Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2009 forderte die Landesregierung auf, für die unterschiedlichen Beratungsangebote im Land entsprechenden planerischen Grundlagen zu erarbeiten. Die veränderten Beratungsbedarfe sollten vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung dargestellt und die Finanzierungsmodalitäten ab 2012 abgestimmt werden. Die Beratungslandschaft sollte langfristig abgesichert und finanziert werden. Fünf Jahre später nun legen CDU und SPD einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor, der den Intentionen von 2009 folge und die zwischenzeitlichen Entwicklungen berücksichtige, so Petra Grimm-Benne (SPD).

In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es: „Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es, eine verbindliche Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beratungsstellen im Sinne einer integrierten psychosozialen Beratung in Anlehnung an das Konzept der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt e.V. sowie eine Einbindung der Beratungsangebote in die kommunale Sozial- und Jugendhilfeplanung zu erreichen.“ Deshalb sollen neben den vom Land bereitgestellten Fördermitteln für die Suchtberatung künftig auch die Fördermittel für die Insolvenzberatung, die Schwangerschaftsberatung sowie die Ehe-, Lebens-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Finanzierung der Beratungsangebote zugewiesen werden.

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die soziale Infrastruktur vor Ort auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte einheitlich zu planen. Synergieeffekte sollen erschlossen werden, indem Beratungsangebote verbunden werden, die bislang nebeneinander bestanden. Beratungssuchende Bürgerinnen und Bürger mit Multiproblemlagen können so künftig Beratungsangebote „aus einer Hand“ in Anspruch nehmen. Obwohl die Insolvenzberatung und die Schwangerenberatung weiterhin nach dem bestehenden Landesausführungsgesetzen behandelt werden, finden sie Berücksichtigung im vorgelegten Gesetzentwurf, weil sie im Rahmen des Konzepts der integrierten psychosozialen Beratung mit den anderen sozialen Beratungsstellen zusammenarbeiten sollen.

Modernes Konzept vorgelegt

Das im Gesetzentwurf von CDU und SPD vorgelegte Konzept sei gemeinsam mit den Spitzen- und Wohlfahrtsverbänden abgesprochen worden, erklärte Kultusminister Stephan Dorgerloh. Hierin seien Art und Umfang der Zusammenarbeit der Akteure und der finanziellen Beteiligung des Landes geklärt. Dorgerloh äußerte sich wohlmeinend über die integrierte psychosoziale Beratung „aus einer Hand“, die Ratsuchenden mit Multiproblemlagen in Sachen Sucht, Gewalt, Verschuldung, familiäre Probleme und Schwangerschaft durch integrierte beziehungsweise vernetzte Beratungsstellen schnelle und effektive Hilfe ermögliche. Den Kommunen soll bei den administrativen Aufgaben eine wichtige Rolle zukommen. An die Kreise und kreisfreien Städte würden auf Basis ihrer Größe und Einwohnerzahl finanzielle Mittel ausgereicht. Es handle sich insgesamt um ein neues und modernes Konzept, das in dieser Art in keinem anderen Bundesland zu finden sei.

Synergieeffekte bei den Beratungsangeboten

Der Beschluss aus dem Jahr 2009 sei nicht der Auslöser des jetzt vorgelegten Gesetzentwurfes, machte Peter Rotter (CDU) klar. Die damaligen Vorgaben an die Landesregierung seien nur in Teilen oder gar nicht erfüllt worden. Die Beratungsbedarfe vor dem Hintergrund des demographischen Wandels seien von der Landesregierung nicht ermittelt worden, kritisierte Rotter. Durch den Gesetzentwurf würden diese Informationen aber nun nicht mehr benötigt. Rotter hob hervor, dass durch die Novellierung Synergieeffekte im Beratungsangebot erschlossen werden könnten. Mit dem Gesetzentwurf sei es gelungen, die Förderung der sozialen Beratungsstellen und der Kinder- und Jugendarbeit verbindlich zu regeln. „Was lange währt, wird endlich gut“, so der Abgeordnete abschließend.

Kommunen mit in die Pflicht genommen

Der Gesetzentwurf sei in einem langen Diskussionsprozess entstanden, an dem viele Akteure beteiligt worden seien, betonte Silke Schindler (SPD). Im Sinne der sozialen Vorsorge solle Menschen in unterschiedlichen Problemlagen geholfen werden. Schindler begrüßte, dass die verschiedenen Beratungsangebote zusammengefasst und auch zusammen betrachtet und mit einem niedrigschwelligen Zugang zu den Beratungsangeboten ausgestattet werden sollen. Die Landesmittel für die Beratungsangebote seien bis 2014 stabil geblieben; nun sei das Land eine weitere Verpflichtung eingegangen, der Betrag sei festgelegt worden, was den Einrichtungen wiederum Planungssicherheit verschaffe. Die Kommunen würden per Kofinanzierung in die Pflicht genommen, sagte Schindler.

Geld an Bedarfen ausrichten, nicht an Einwohnerzahl

„Gut“, wie von Peter Rotter deklariert, treffe auf den Gesetzentwurf nicht zu, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) enttäuscht. Der im Jahr 2008 stattgefundene Protest der Zivilgesellschaft und der LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände habe das Novellierungsverfahren angeschoben, nicht etwa ein Beschluss aus dem Landtag, stellte sie richtig. Als positiv bewerteten die Grünen die Absicherung der Jugendförderung im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Bei der Finanzierung würde jedoch nach jetziger Entwurfslage der schlechte Status quo für die Beschäftigten der Beratungslandschaft auch noch gesetzlich festgeschrieben. Die selbsternannten Ziele „soziale Gerechtigkeit und Sicherheit“ seien nicht ausreichend unterfüttert. Großer Kritikpunkt seitens der Grünen ist, dass die unterschiedlichen Bedarfe in den Landkreises und kreisfreien Städten keine Auswirkungen auf die Verteilung der Mittel hätten. „Man kann Geld nicht nur nach Bevölkerungszahlen verteilen, man muss auf die sozialen Umstände eingehen“, betonte Lüddemann.

Deutliche Kürzung der Mittel

Ähnlich negativ wie bei den Grünen fiel auch die Kritik in den Reihen der Linken aus: „Was so lange währt, wird endlich Wut“, resümierte Sabine Dirlich (DIE LINKE) den Gesetzentwurf von CDU und SPD. Mit etwas Häme verwies sie auf den „erfolgreichsten niemals beschlossenen Antrag“ der Linken aus dem Mai 2011, in dem die Linken ein Moratorium forderten, das dem Prozess der Neustrukturierung der Beratungslandschaft Zeit einräumen sollte. Zwar sei der Antrag seinerzeit nicht beschlossen worden, das „Moratorium“ hätte es unfreiwillig dennoch gegeben. Der Prozess der Neustrukturierung der Beratungsangebote hätte schon Ende 2012 abgeschlossen sein sollen, kritisierte Dirlich. Der vorliegende Gesetzentwurf sei auch nur als nächster Schritt dorthin zu werten, es werde noch einiges an Beratung und Diskussion folgen.

Der Prozess der Neustrukturierung sei seinerzeit in Gang gebracht worden, weil weniger Geld für die Beratung ausgegeben werden sollte, so Dirlich. Die Probleme hätten mit Abnahme der Bevölkerung jedoch nicht auch abgenommen, stattdessen seien die Problemlagen komplexer geworden. Den Status quo gesetzlich zu verankern, hält Sabine Dirlich für falsch: Der Gesetzentwurf enthalte eine deutliche Kürzung der Mittel, denn die Tarife und Betriebskosten seien in den vergangenen Jahren gestiegen und nicht mehr auf dem Niveau von 2003. Man müsse also von einer Kürzung der Mittel zwischen 10 bis 20 Prozent ausgehen. Es werde nun noch schwieriger, eine Dynamisierung der Mittel einzufordern.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf von CDU und SPD in den Ausschuss für Arbeit und Soziales (federführend) sowie in die Ausschüsse für Inneres und Sport und für Finanzen (mitberatend) überwiesen.