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Plenarsitzung

Pisa-Ergebnisse fordern zum Handeln auf

Anfang Dezember wurde die neue PISA-Studie 2022 veröffentlicht. Im Vergleich zu 2018 sank die durchschnittliche Leistung in den OECD-Ländern um 10 Punkte im Lesen und fast 15 Punkte in Mathematik. Auch für Deutschland fielen die Durchschnittsergebnisse in Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften 2022 schwächer aus als 2018. Ursachen für das schlechte Abschneiden seien laut den Autoren der Studie die Folgen der Corona-Pandemie und fehlende Sprachkenntnisse, so die CDU-Fraktion. Die Ergebnisse der PISA-Studie gäben in jedem Fall Anlass für eine grundlegende Debatte zur Qualitätssicherung der schulischen Bildung in Sachsen-Anhalt. Daher hatte die CDU-Fraktion unter dem Titel „Bildungsqualität sichern ‒ Lehren aus der PISA-Studie“ eine Aktuelle Debatte beantragt. 

  • Was untersucht die PISA-Studie?

    Die Internationale Schulleistungsstudie der OECD (PISA) evaluiert die Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schülerinnen und Schüler in Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften. Anhand von Tests wird untersucht, wie gut sie komplexe Probleme lösen, kritisch denken und effektiv kommunizieren können. Dies gibt Aufschluss darüber, wie gut die Bildungssysteme die Schülerinnen und Schüler darauf vorbereiten, Alltagsprobleme zu bewältigen und künftige Erfolge zu erzielen. Deutschland nahm im Jahr 2000 zum ersten Mal an PISA teil. Durch den internationalen Vergleich der Ergebnisse können Politikverantwortliche und Pädagoginnen und Pädagogen in Deutschland aus der Bildungspolitik und -praxis anderer Länder lernen. Quelle: GERMANY_Country-Note-PISA-2022_DEU.pdf (oecd.org)

„Schule vermittelt immer mehr irrelevantes Wissen“

Trotz aller Probleme gebe es Lichtblicke, erklärte Carsten Borchert (CDU). Seit der Corona-Krise seien immerhin 83 Prozent der Schulen mit schnellem Internet versorgt, damit belege Sachsen-Anhalt Platz zwei im deutschlandweiten Vergleich. „Ich glaube, der Großteil der Lehrer versteht, dass die Zusatzstunde im Sinne der Schüler alternativlos ist.“ Aber kein Lehrer verstehe, warum er mittlerweile fünf verschiedene Sprachen sprechen und die Rolle von Sozialarbeitern oder Psychologen übernehmen müsse.

Der CDU-Abgeordnete kritisierte weiterhin: „Schule vermittelt immer mehr irrelevantes Wissen.“ Gleiches gelte für die Universitäten. Zudem sei es unglaublich, dass 50 Prozent der Lehramtsstudenten ihren Abschluss nicht schafften. Wenn man aber seine Schüler oder Studenten nicht mehr erreicht, müsse sich etwas ändern. Borchert meinte: „Unser Schulsystem ist nicht falsch, aber es ist nicht mehr zeitgemäß!“ Sollte man nicht darüber nachdenken, den Schulen mehr Freiheit zu geben? Außerdem warb er dafür, dass Schüler erst die deutsche Sprache erlernten, bevor sie ins Schulsystem integriert würden.

„Stärkung der Kernfächer und basalen Kenntnisse"

„Keine Frage: Die Ergebnisse der PISA-Studie sind schlecht!“, räumte Bildungsministerin Eva Feußner(CDU) ein. Die Leistungen lägen geringfügig über dem OECD-Durchschnitt, grundsätzlich seien sie aber deutlich schlechter gewesen als vor der Corona-Pandemie. Ein Grund: Deutschland hätte besonders lange Schulschließungszeiten im Vergleich zu anderen Ländern gehabt, erklärte Feußner. Zudem habe sich die Zusammensetzung der Schülerschaft deutlich geändert. Immer mehr Schüler kämen aus einem Umfeld, in dem die Bildungsanstrengungen nicht ausreichend unterstützt würden. Darüber hinaus sei der Migrationshintergrund bei den Schülern deutlich gestiegen, viele würden die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen.

Spitzenreiter bei der PISA-Studie würden viel mehr in Bildung investieren – finanziell und ideell. Außerdem würden alle über ein Ganztagsangebot verfügen. Des Weiteren betonte die Ministerin: „In allen Spitzenländern ist der Besuch einer Vorschule verbindlich!“ Bei Spitzenreitern gebe es auch eine höhere intrinsische Motivation, dort sei der Leistungsgedanke viel stärker ausgeprägt. Natürlich könne man nicht alles eins zu eins übernehmen, allerdings gebe es dringenden Handlungsbedarf. Schulen müssten wieder Orte werden, in denen in Ruhe gelernt und Wissen vermittelt werden könne. Zudem dürfe nicht immer alles schlechtgeredet werden. „Es muss eine Stärkung der Kernfächer und basalen Kenntnisse erfolgen.“ Die Schüler müssten zum selbstständigen Lernen animiert werden, zentrale Voraussetzung sei das Erlernen der deutschen Sprache.

Ein Junge hält ein Zeugnis mit schlechten Noten vor sein Gesicht.

Die Pisa-Studie war Thema einer Aktuellen Debatte im Landtag.

„Deutsche Schüler sind so schlecht wie nie“

Die PISA-Studie belege: „Deutsche Schüler sind so schlecht wie nie“, besonders bei den Kernkompetenzen wie Lesen und Rechnen seien die Ergebnisse deutlich schlechter geworden, konstatierte Dr. Hans- Thomas Tillschneider (AfD). Niemand bestreite, dass der Bildungserfolg auch von der genetisch determinierten Intelligenz abhängig sei. Kinder von Niedrig- und Unqualifizierten könnten nicht zu höheren Bildungsabschlüssen bewegt werden, ohne das Niveau abzusenken. Das könne jedoch nicht die Lösung sein.

Nach Meinung des AfD-Abgeordneten sollten über den Bildungserfolg allein Begabung und Fleiß entscheiden und nicht der Geldbeutel der Eltern. Neben Intelligenz sei die Erziehung der Schüler ein wichtiger Erfolgsfaktor. In Deutschland gebe es oft das Lebensmotto „Nicht mehr tun als nötig“. In China wäre so eine Einstellung undenkbar, dort sei die Leistungsbereitschaft viel höher. Zwar könne man eine Mentalität nicht schnell ändern, aber die Politik könnte mehr Leistungsbereitschaft einfordern. Es brauche keine Schwätzer und Taugenichtse, so der AfD-Abgeordnete.

„Keine Entscheidung darf in Sackgasse führen“

Dr. Katja Pähle (SPD) zeigte sich nicht überrascht von den Ergebnissen der PISA-Studie 2022. Der Lernrückstand umfasse fast ein gesamtes Schuljahr. Die Gründe lägen nicht allein an der Corona-Pandemie und dem gestiegenen Migrationshintergrund. Es müsse gelingen, auch Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern zu befähigen, einen guten Job zu finden. „Mit diesem Befund können wir uns nicht abfinden, denn auch in diesen Kindern schlummern Talente, wie in allen anderen!“ Wer werde denn in Zukunft das Auto reparieren oder die Wärmepumpe? Wer als Polizistin oder Lehrer arbeiten? Pähle sprach sich dafür aus, die Basiskompetenzen (Lesen und Schreiben) zu stärken und Sprachkenntnisse zu fördern. Frühkindliche Bildung sei ein weiterer wichtiger Faktor, kein Kind dürfe zurückgelassen werden. „Keine Entscheidung auf dem Bildungsweg darf jemals in eine Sackgasse führen.“

Bildungsabstieg hat schon vor Corona begonnen

Der Abstieg habe nicht erst jetzt begonnen und sei nicht von Corona ausgelöst worden, meinte auch Thomas Lippmann (DIE LINKE). Es sei ein erschütterndes Zeugnis, wie ein Land wie Deutschland sein wichtigstes Kapital verspiele. Für den Niedergang gebe es klare Gründe. Das Schulsystem sei nicht in der Lage, allen Schülern gleiche Chancen zu gewährleisten. Ein Problem sei die Personalausstattung, ein anderes die strukturelle Gliederung. Außer den Gymnasien könnten kaum noch Schulen den Anforderungen gerecht werden. Zwei Drittel der Schüler würden jedoch ihren Abschluss an Sekundar- und Förderschulen machen. Für diese Schulformen gebe es immer weniger Lehrer. Daher brauche es eine offene Debatte über diese Schulform.

„Schule kein Reparaturbetrieb für Gesellschaft“

Jörg Bernstein (FDP) stellt eine gewisse Form von „Gleichmacherei“ in der heutigen Schule fest. Zum nötigen Talent gehörten auch immer Fleiß und Disziplin, um erfolgreich zu sein. Ein günstiges sozio-ökonomisches Umfeld sei sicher hilfreich. Ein Fehlen dürfe aber nicht immer als alleinige Entschuldigung gelten. Es gelte immer noch der Spruch: „Jeder ist seines Glückes Schmied!“ Wichtig sei, dass Eltern ihren Kindern gute Vorbilder sein könnten, so der FDP-Abgeordnete. Außerdem werde heutzutage versucht, immer alles konsensmäßig auszuhandeln, es brauche aber auch klare Regeln und Hierarchien. Abschließend pflichtete er der Bildungsministerin bei: „Es ist nicht die Schule, die als Reparaturbetrieb für alle Probleme der Gesellschaft auftreten kann.“

Längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 6

Der Aufschrei nach einer PISA-Studie sei jedes Jahr groß, leider folge daraus selten eine grundsätzliche Veränderung im Bildungssystem, stellte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fest. In Estland, einem PISA-Spitzenreiter, würden die Kinder zum Beispiel von der Vorschule bis zur neunten Klasse gemeinsam beschult. Die Grünen-Abgeordnete schlussfolgerte, dass mindestens die Grundschulzeit bis zur sechsten Klasse verlängert werden sollte. Gemeinsames Lernen schade der Exzellenz nicht, sondern sie fördere diese sogar. Sziborra-Seidlitz sprach sich des Weiteren für die Förderung von Sprachkompetenz aus. PISA-Gewinner Irland hätte sich mutig verändert und damit Erfolg gehabt.

Am Ende der Aktuellen Debatte wurden naturgemäß keine Beschlüsse gefasst.