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Plenarsitzung

Was die „Zeitenwende“ in der Praxis bedeutet

Die wirtschaftliche Lage hat sich weltweit nicht erst nach dem russischen Angriff auf die Ukraine verändert, Energie- und Lebensmittelpreise sind in die Höhe geschnellt. Die Regierung im Land und im Bund sei gefordert, schnellstmöglich effektive Maßnahmen umzusetzen, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet sei und das tägliche Leben nicht zur Armutsfalle werde. Die AfD-Fraktion hat zum Thema eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „Leere Taschen und leere Regale – Sachsen-Anhalt zwischen Rekordinflation und Versorgungsmangel“ beantragt.

Leere Regale in einem Supermarkt. Das Speiseöl ist alle.

In den deutschen Supermärkten herrschte nach dem russischen Überfall auf die Ukraine Mangel an Sonnenblumenöl. Zuvor war es zu Hamsterkäufen gekommen. Die Ukraine ist eine der Haupterzeugerinnen von Sonnenblumen.

„Inflation ist nicht vom Himmel gefallen“

Ulrich Siegmund (AfD) erklärte, man erlebe derzeit eine Inflation, die nicht vom Himmel gefallen, sondern absehbar gewesen sei. Einzig der Krieg in der Ukraine soll schuld daran sein, das stimme nicht. Stattdessen lebe der gesamte europäische Raum seit Jahren über seinen Verhältnissen und treibe die Inflation in die Höhe, indem er unendlich viel Geld drucken würde. Ein weiteres Problem sei die Abhängigkeit von anderen Ländern in einzelnen Wirtschaftsbereichen und der Energieversorgung. Außerdem führe die Green-Flation [der Vorrang von Klimaschutz] zu einer steigenden Inflation. Siegmund kritisierte, dass sich viele Politiker gar nicht mehr in Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen hineindenken und verstehen könnten, was die Preissteigerung für sie bedeuten werden.

Energieversorgung hat oberste Priorität

Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) räumte ein, dass es die gestiegenen Preise schon vor dem Ukraine-Konflikt gegeben habe. Seit Kriegsausbruch seien sie aber noch einmal deutlich durch die Decke gegangen. Besonders wichtig sei der Landesregierung, dass die Energieversorgung mit Gas und Öl gesichert sei. Denn beide Rohstoffe würden in Sachsen-Anhalt stofflich genutzt und könnten nicht einfach substituiert werden, betonte der Minister. Letztendlich sei jedoch die Bundesnetzagentur dafür zuständig, welche Unternehmen im Zweifel mit Energie versorgt werden und welche nicht. Zum Thema Lebensmittelversorgung sagte er: Während ein Fachkräftemangel in der Landwirtschaft (Ernte) oder Logistik (Lkw-Fahrer) möglich sein könnten, sei eine Lebensmittelknappheit nicht zu befürchten.

„Zeit des Umbruchs" ehrlich kommunizieren

Der AfD-Antrag versuche, die Menschen zu verunsichern, Panik und Angst zu verbreiten, monierte Elrid Pasbrig (SPD). Jetzt gehe es aber darum, verantwortungsvolle Politik zu machen. „Die Ursachen für die steigende Inflation sind komplex“, so die SPD-Abgeordnete weiter. Ein wichtiger Grund sei bereits die Unterbrechung der Lieferketten wegen der Corona-Pandemie gewesen, parallel zum Material- hätte sich der Personalmangel verschärft. Bereits seit Herbst 2020 steige zum Beispiel der Foodpreis-Index kontinuierlich, der andauernde Krieg verstärke diese Dynamik. Erste Aufgabe der Politik sei es jetzt, den Menschen zu vermitteln, „dass wir in einer Zeit des Umbruchs leben“. Die beschlossenen Entlastungspakete der Regierung könnten die Veränderungen zwar abfedern, aber nicht langfristig beseitigen.

„Preise sind menschengemacht

Die aktuelle Inflation von 7,4 Prozent sei das Ergebnis der über einem Jahr ansteigenden Preise, sagte Kerstin Eisenreich (DIE LINKE). Schon kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie habe es wirtschaftliche Einschnitte gegeben. Millionen Menschen in Deutschland hätten schon vor der Pandemie keinen ausreichenden Zugang zu gesunder Ernährung, Wärmeversorgung, Mobilität und gesellschaftlicher Teilhabe gehabt. Man müsse auch über die nationalen Grenzen hinausschauen: Die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine würden zur Verstärkung von Ernährungsengpässen und Hunger weltweit führen, so Eisenreich. Auch wenn es im Grunde genügend Lebensmittel gebe, seien sie für die Ärmsten doch unerschwinglich. „Preise sind menschengemacht“, betonte Eisenreich, während sich sozial Schwache Lebensmittel nicht mehr leisten könnten, kämen auch die deutschen Lebensmittelriesen vor Lachen nicht mehr in den Schlaf.

Leere Regale Folge von Hamsterkäufen

Eine beginnende Stagflation sei zu beobachten, erklärte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Grundlegende Ursachen hätten schon vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine bestanden, die Bedingungen hätten sich nun noch mehr verschlechtert. Die wirtschaftlichen Auswirkungen in Sachsen-Anhalt würden überwunden. Während in der Ukraine an Tag Menschen stürben, bemängele die AfD panikartig leere Regale in den Geschäften, kritisierte Meister. Doch diese seien nicht ein Zeichen von Mangel, sondern sie seien Resultat einer überlasteten Logistik wegen Hamsterkäufen. Es hätte schon nach der Annexion der Krim eine klare zivile Antwort an Russland bedurft. Man müsse die Wirtschaft so umbauen, dass sie nachhaltig sei, das bringe auch Sicherheit bei wirtschaftlichen und politischen Krisen, so Meister.

Entlastungspaket des Bundes hilft

„Die AfD ist sehr auf Populismus aus“, erklärte Andreas Silbersack (FDP). „Sie instrumentalisieren eine schwierige Situation in ihrem Sinne“, sagte er in Richtung AfD. Auch dass die Linken in der Debatte gegen „Kapital und Preistreiber“ wetterten, überrasche ihn nicht. Das Entlastungspaket des Bundes sei dagegen genau das Richtige. Ziel müsse sein, dass den Spekulationen beispielsweise auf dem Energiemarkt Einhalt geboten werde, um Preissteigerungen zu verhindern. Der steigenden Inflation müsse entgegengewirkt werden; es dürfe nicht passieren, dass die Barvermögen der Menschen im Land entwertet würden. Die Politik bleibe nah an den Unternehmen, um zeitnah auf Engpässe reagieren zu können.

Hamsterkäufe nicht notwendig

Besonders die mittelständischen Unternehmen hätten zurzeit zu kämpfen und Existenzängste, sagte Tim Teßmann (CDU). Die Landesregierung habe in ihrem Wirkungskreis schon gehandelt, so seien beispielsweise Vorschläge der Industrie- und Handelskammer aufgegriffen worden. Zwar gebe es leere Regale in den Märkten, aber diese seien noch nicht Hinweis auf einen allgemeinen Versorgungsmangel. Hamsterkäufe seien nicht notwendig, Debatten, die diese Ängste schürten, seien unverantwortlich, so Teßmann. Schnelle Hilfen seien gefragt – auch als europäische Lösung. Er kritisierte, dass in Deutschland ökologische Vorrangflächen noch nicht für die Landwirtschaft freigegeben worden seien.