Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mitbestimmung in den Angelegenheiten, die einen selbst betreffen, ist Wesensmerkmal einer lebendigen Demokratie. Mehr Demokratie in Schule wird aber nicht allein durch die Schaffung einer Drittelparität in Konferenzen erreicht.

(Zustimmung)

Die Partizipation der Schülerinnen und Schüler und der Erziehungsberechtigten im Schulalltag ist fest im Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt verankert. Über eine Änderung der geltenden Rahmenbedingungen durch die Einführung einer Drittelparität wird hier im Hause schon sehr lange diskutiert. Sie ist immer mehrheitlich abgelehnt worden. Hiergegen spricht bereits allein die Tatsache, dass die Schulleitung und die Beschäftigten der Schule diejenigen sind, die alle Prozesse und Abläufe im Schulalltag umzusetzen und auch zu verantworten haben. Diese dienstlichen und pädagogischen Verantwortlichkeiten setzen bestimmte Qualifizierungen voraus, insbesondere dann, wenn es um die Sicherung der Abschlüsse, höhere Rechtsnormen, fachliche und schulfachliche Sachkenntnisse oder haushalts- und dienstrechtliche Rahmenvorgaben geht. Im Übrigen sind auch beratende Stimmen, die in der Konferenz gehört und auch bedacht werden, dabei. Sie sind damit auch Teil der demokratischen Entscheidungsfindung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schülervertretungen sollen angehört und inhaltlich eingebunden werden - das werden sie bereits jetzt. So wirkt z. B. der Landesschülerrat in allen wichtigen die Belange der Erziehungsberechtigten und der Schülerinnen und Schüler berührenden Fragen mit. Beispielhaft seien hierzu genannt: allgemeine Bestimmungen über Erziehungs- und Bildungsziele sowie Bildungswege der Schulen, die Struktur des Schulsystems, Maßnahmen zur Behebung oder Linderung von Notständen im Bildungs- und Erziehungswesen.

Entsprechende Gesetz- und Verordnungsentwürfe und allgemeine Regelungen legt das Bundesbildungsministerium dem Landesschülerrat vor und erörtert sie dort auch vertrauensvoll.

Die Schülerräte und Klassenverbände sind von den Schulleitungen vor grundsätzlichen Entscheidungen zu hören. Ich glaube, ja, sogar ich weiß, dass Schulen bzw. Schulleitungen dies unterschiedlich realisieren; das ist so.

Aber das Engagement der Schülerräte bzw. Klassensprecher einzubeziehen, ist auch vor Ort nicht immer gleichermaßen ausgeprägt. Ich glaube, an der Stelle sollten wir vielleicht ansetzen, um mehr Engagement auch seitens der Schulleitung und Schule zu initiieren. Ich glaube, wir können noch so viele Verordnungen und Erlasse schreiben; es wird sich nichts ändern, wenn sie das nicht von sich tun. Unterstützt dabei werden die Schülerinnen und Schüler hierbei auch von einer vom Land finanzierten Geschäftsstelle, die für die Schülervertretungen zuständig ist. Sie sind schließlich auch Mitglied im Landesschulbeirat.

Zudem findet ein regelmäßiger und produktiver Austausch zwischen dem Landesschülerrat und dem Ministerium statt. Ich hatte erst gestern wieder eine Beratung mit dem neu gewählten Gremium des Landesschülerrates.

Die Wahrnehmung und die Umsetzung der gesetzlich eingeräumten Rechte liegen bei den Schülerinnen und Schülern und werden nach meinem Erleben mit viel Engagement und natürlich - das habe ich eben schon betont - nicht immer in ausreichendem Maße seitens der Schulen umgesetzt.

Liebe Anwesende! Entgegentreten möchte ich der Behauptung, es käme zu einer Bestrafung der Schülervertretungen durch Fehlstunden, wenn sie sich für ihre Schule engagieren. Wenn uns solche Handlungen bekannt werden, müssen wir uns mit der entsprechenden Schule selbstverständlich auseinandersetzen. Das habe ich auch dem Landesschülerrat versprochen. In der gestrigen Sitzung haben sie mir noch einmal bestätigt, dass damit sehr sensibel umgegangen wird. Es gab nur von einem der Anwesenden eine kleine Beschwerde. Ansonsten, so haben sie gesagt, sind die Schulleitungen da sehr engagiert und gehen mit diesen Dingen sensibel um.

Ein genereller Anspruch auf Freistellung vom Unterricht zur Wahrnehmung allerdings ehrenamtlicher Tätigkeiten jeglicher Art stünde im Widerspruch zu der in § 36 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt geregelten Schulpflicht.

Aktuelle Regelungen ermöglichen es den Schulen bereits jetzt, nach Prüfung des Einzelfalls eine Freistellung zu gewähren und damit das Ehrenamt auch zu unterstützen. Dass im Einzelfall auch hier unterschiedliche Bewertungen eines Sachverhaltes möglich sind, liegt zumindest auf der Hand.

So lobenswert das Engagement von Schülerinnen und Schülern auf den Gebieten, die Sie in Ihrem Antrag zitieren, der Nachbarschaftshilfe, der Altenpflege, der Rassismusbekämpfung, des Sports, des Klimaschutzes, des Tierschutzes usw., auch ist, ein solches Engagement ist - dabei bleibe ich - in der Freizeit zu erbringen.

(Zustimmung)

Die Teilnahme am Unterricht und die Erfüllung der Schulpflicht sind für die jungen Menschen mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch in Sachsen-Anhalt sind alle Schulen gemäß dem Schulgesetz angehalten, politische Bildung und Demokratieerziehung in den Mittelpunkt pädagogischen Handelns zu stellen.

In den Lehrplänen ist Demokratiebildung als fächerübergreifendes und auch handlungsorientiertes Prinzip demokratischer Schul- und Unterrichtskultur verankert. Es gibt in unseren Schulen bereits jetzt eine Vielfalt von Handlungsansätzen, die das Bewusstsein für eine demokratische Struktur stärken. Diese weiterzuentwickeln bzw. zu stärken ist für uns, gerade für die Koalitionsfraktionen und für uns als Ministerium, immer handlungsleitend. - Vielen Dank.

(Beifall)