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Plenarsitzung

Milchbauern helfen – aber wie am besten?

  • Linke und Grüne fordern kostendeckenden Mindestpreis
  • Minister setzt auf Liquiditätsprogramm und Hilfen aus Brüssel
  • CDU und SPD appellieren an Milchbranche und Verbraucher

Längst hat die Krise auf dem Milchmarkt auch Sachsen-Anhalt erreicht. Derzeit erhalten Milchbauern nur noch 26 bis 28 Cent pro Liter, dem gegenüber stehen Kosten von 36 bis 40 Cent. Dass den knapp 500 Milchviehbetrieben in Sachsen-Anhalt geholfen werden muss, darüber waren sich alle Fraktionen einig. Was die besten Maßnahmen wären und wie weit der Staat regulierend in den Markt eingreifen darf, darüber gab es sehr unterschiedliche Auffassungen.

Kostendeckende Milchpreise gefordert

Die Fraktion DIE LINKE sprach sich in ihrem Antrag für ein umfassendes Milchmarktkrisenmanagement zur Milchpreisstabilisierung aus. Die Initiative soll die Einführung von kostendeckenden Mindestpreisen für Milch prüfen sowie ein Anreizsystem für landwirtschaftliche Betriebe schaffen, ihre Milchproduktion im Krisenfall zu reduzieren, erklärte Hans-Jörg Krause (DIE LINKE). Zudem müsste die Marktposition der Betriebe gegenüber dem Handel gestärkt werden und ein krisenbedingtes Risiko dürfe nicht nur von den Milchbauern getragen werden.

Die Politik setze weiter auf das Prinzip „wachsen oder weichen“, die Beschlüsse des Sonderagrargipfels in Brüssel hält Krause nur für Aktionismus. Den Vorschlag von Agrarminister Aeikens, dass die Bauern ihre Flächen der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt verkaufen, zwischenzeitlich pachten und später zurückkaufen könnten, hielt er für völlig unrealistisch. „Kein Milchbauer wird ernsthaft darüber nachdenken!“

Liquiditätsengpässe auflösen

Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Dr. Hermann Onko Aeikens, erwiderte, Sachsen-Anhalt habe bereits gehandelt, um den Landwirten in der Krise zu helfen und verwies auf den Alternativantrag von CDU und SPD. Zum 1. Juli habe ein Liquiditätsprogramm begonnen, dass unter anderem die Stundung und Herabsetzung von Steuerzahlungen vorsieht sowie Bürgschaften für Kredite.

Den Vorschlag der Linken nach kostendeckenden Mindestpreisen und der Einführung eines Anreizsystems bezeichnete er seinerseits als „Utopie“ und „staatlichen Dirigismus“, mit dem keine Lösung für die aktuellen Probleme gefunden würde. Der Landwirtschaftsminister setzt stattdessen auf intensive Gespräche der Bundesregierung mit dem Handel, um an deren Verantwortung zu appellieren. Dies habe seiner Ansicht nach zu ersten Erfolgen geführt, ein deutscher Discounter will ab Oktober den Preis für einen Liter Milch um fünf Cent erhöhen.

Auch Verbraucher/innen können Beitrag leisten

Jürgen Barth (SPD) erklärte, die finanziellen Mittel aus Europa werden helfen, temporäre Liquiditätsengpässe zu überwinden. Daneben sei es wichtig, auch neue Märkte zu erschließen. Er begrüßte die bereits erfolgten Maßnahmen des Ministers, äußerte jedoch Zweifel daran, ob sie ausreichen werden. Abschließend appellierte der SPD-Politiker an die Verbraucher, mit ihrem Kaufverhalten ihren Teil zum Absatz hochwertiger Milchprodukte beizutragen. Diese sollten eben nicht den Liter Milch für unter einem Euro zu kaufen.

Exportorientierung muss beendet werden

Das Grundproblem liege in den Milchüberschussmengen. Die Molkereien würden ihre Milch nicht los, weil der Exportmarkt weggebrochen ist und um die eigenen Verluste zu vermeiden, zahlten die Molkereien ruinöse Preise, beschrieb Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Situation. Die Milchbauern hätten sich auf den Weltmarkt verlassen und müssten jetzt feststellen, dass dies genau falsch gewesen sei. „Die Exportorientierung ist ein Irrweg, davon muss Abstand genommen werden.“

Eine auf Masse ausgerichtete Produktion wirke sich nicht nur negativ auf Tiergesundheit und Umwelt aus, sondern sei auch ein ökonomisches Vabanquespiel, erklärte die Grünen-Politikerin. Man dürfe nicht zulassen, dass die Milch auf dem Weltmarkt zum Ramschprodukt werde. Frederking stimmte dem Antrag der Linken in vielen Aspekten zu und plädierte für einen auskömmlichen Preis für Milchbauern. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen dagegen sorge nur für kurzfristige Hilfen und ändere nichts an den strukturellen Problemen.

Vernünftige Risikoverteilung innerhalb der Branche

Bernhard Daldrup (CDU) erklärte, die Landesregierung habe im Rahmen ihrer Möglichkeiten einiges getan. Dennoch werden die Hilfsangebote nicht auf jeden Betrieb passen und nicht jeder Betrieb werde überleben. Generell müsste sich die Branche selbst Gedanken machen, wie sie auf die Krise reagieren will. Aufgabe der Politik müsse es sein, die Rahmenbedingungen positiv zu gestalten. Hier sei noch nicht alles getan worden, um sich den Gegebenheiten des Weltmarktes anzupassen. Außerdem müssten die Landwirte in der Vermarktung flexibler werden.

Daldrup räumte ein, dass es einer vernünftigen Risikoverteilung zwischen Handel, Molkereien und Milchbauern bedürfe. „Es kann nicht sein, dass Milchviehhalter nur billige Rohstofflieferanten sind.“ Daher sei der Ansatz, mit dem Handel ins Gespräch zu kommen, durchaus richtig. Darüber hinaus müsse sich die Politik fragen, ob sie die richtigen Akzente für Förderung und Produktionsausweitung von Betrieben setze.

Der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen wurde angenommen, der Antrag der Linken angelehnt.