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Plenarsitzung

#TDE2021: „Blüh im Glanze dieses Glückes“

Die Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990 sollte eine kurze werden, denn nichts weniger als der Beitritt der DDR zum Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland, im Volksmund schlicht Wiedervereinigung genannt, stand auf der Agenda und sollte – so nicht schon intensiv vorher geschehen – das Leben der Menschen insbesondere im Osten der Republik, den „neuen Bundesländern“, vor viele, zum Teil völlig neue Herausforderungen stellen.

31 Jahre Deutsche Einheit: Ein Zeitstrahl (Link)

Blick in die Händelhalle während des Festakts zum Tag der Deutschen Einheit. Aufgrund der Corona-Hygienemaßnahmen sind große Lücken zwischen den Sitzenden zu sehen.

Die Händelhalle in Halle (Saale) war beim Festakt aufgrund der Corona-Hygienemaßnahmen vergleichsweise dünn besetzt. Foto: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt/Schlüter

31 Jahre sind seit der Wiedervereinigung vergangen, turnusgemäß zeichnete Sachsen-Anhalt – in dessen Händen in diesem Jahr die Präsidentschaft des Bundesrats liegt – für die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit verantwortlich. Die Feierlichkeiten erstreckten sich über drei Tage und fanden in Halle (Saale) statt. Erwartet waren und gekommen sind die Politikspitzen aus Bund und Ländern. Coronabedingt war der Zutritt zum ökumenischen Gottesdienst und zum eigentlichen Festakt in der Pauluskirche zu Halle (Saale) streng limitiert.

Menschen und Ereignisse in Halle (Saale)

Seit Mitte September war in Halle die sogenannte Einheits­EXPO 2021 zu sehen gewesen. Die Großraumausstellung wird bis zum 3. Oktober in der Innenstadt von Halle gezeigt. Die Bundesländer, Verfassungsorgane und die Ausrichterstadt Halle nutzten die Möglichkeit, sich unter anderem in von allen Seiten einsehbaren Glascubes zu präsentieren.

Auf Initiative Sachsen-Anhalts hat jedes Bundesland zum Tag der Deutschen Einheit zwei Einheitsbotschafter ernannt. Es sind Bürgerinnen und Bürger, die beschreiben, was für sie Deutschland ist, was für sie die Deutsche Einheit bedeutet. Sie erzählen, welches Projekt, welche Familiengründung, welches Erlebnis ohne die Deutsche Einheit vielleicht nicht möglich gewesen wäre. So werden Bürgerinnen und Bürger mit ihren Geschichten und ihren Eindrücken in den Fokus der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit gerückt!

Zum Projekt „Einheitsbotschafter“ (Link)

Ökumenischer Gottesdienst

Unter dem Leitwort „Die Frucht der Gerechtigkeit wird der Friede sein“ fand am Morgen zunächst ein ökumenischer Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit in der Pauluskirche Halle (Saale) statt, der auch live im Internet und im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Gestaltet wurde der Gottesdienst von den leitenden Geistlichen der christlichen Kirchen in Sachsen-Anhalt, aber auch von einem Rabbiner und einem Vertreter des Dachverbandes islamischer Gemeinden. So wandten sich Pfarrer Friedhelm Kasparick (Evangelische Paulusgemeinde Halle), Rabbiner Andreas Nachama (Allgemeine Rabbinerkonferenz), Djamel Amelal (Islamische Gemeinden in Sachsen-Anhalt), Dechant Magnus Koschig (Katholische Pfarrei Carl Lampert, Halle), Landesbischof Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland) und Bischof Gerhard Feige (Bistum Magdeburg) an die Anwesenden und die Zuschauer der Liveübertragung.

Am Gottesdienst nahmen unter anderen Bundesratspräsident Reiner Haseloff, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel teil, außerdem zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Gesellschaft sowie Bürgerdelegationen aus den Bundesländern.

Ministerpräsident Reiner Haseloff spricht am Rednerpult am Tag der Deutschen Einheit.

Ministerpräsident Reiner Haseloff während seiner Rede beim Festakt am Tag der Deutschen Einheit in Halle (Saale). Foto: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt/Schlüter

Festakt in der Händelhalle in Halle (Saale)

Nach vielen Jahrzehnten der Teilung sei aus einem Provisorium ein Definitivum geworden, eine weitere Chance für die Lösung der „deutschen Frage“ schien es nicht zu geben, erinnerte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff an das geteilte Land. Er verwies auf die demokratischen Prozesse in den (ost-)europäischen Nachbarländern, die wegweisend für die Geschehnisse in der DDR gewesen seien. Es habe keine schlichte Wende gegeben, sondern eine Revolution mit einem radikalen Systemwandel ohne Blutvergießen. Die Friedliche Revolution präge ganz bewusst den Gründungsmythos der Wiedervereinigung. Sie sei einer der glücklichsten Momente der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Das Ereignis präge aber noch immer viel zu wenig das Selbstbewusstsein der Menschen im Land. „Wir brauchen Projekte, die die Menschen zusammenführen und das Land einen.“ Man habe sehr viel erreicht, enorm viel aufgebaut; „wenn es darauf ankommt, halten wir vorbehaltlos zusammen“, so Haseloff.

Jeweils eine Frau aus Sachsen-Anhalt und Hamburg erzählen auf der Bühne der Händelhalle vom Projekt der Einheitsbotschafterinnen.

Die Einheitsbotschafterinnen aus Sachsen-Anhalt und Hamburg erzählen auf der Bühne vom gleichnamigen Projekt. Foto: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt/Schlüter

Einheitsbotschafterinnen berichten vom Projekt

Anschließend berichteten zwei Einheitsbotschafterinnen (aus Sachsen-Anhalt und Hamburg) über das gleichnamige Projekt. Zweiunddreißig Menschen aus allen sechzehn Ländern der Bundesrepublik waren zu Begegnungen zusammengekommen. Wie viele der Lebenswege der Menschen im ganzen Land von der Wiedervereinigung verändert wurden, machten allein die beiden Sprecherinnen klar: Beide leben nicht mehr im Geburtsland, sondern im „anderen Teil“ des Landes, sie haben ein neues Zuhause gefunden und leben die deutsche Wiedervereinigung auch in der Familie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht am Rednerpult in der Händelhalle Halle (Saale) zum Tag der Deutschen Einheit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Festrede am Tag der Deutschen Einheit in Halle (Saale). Foto: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt/Schlüter

Bundeskanzlerin Merkel: „Das ist wahrhaftiger Mut!“

„Unser Nationalfeiertag geht nicht auf ein jahrhundertealtes Ereignis zurück, sondern auf eines, das die meisten im Land selbst miterlebt haben“, staunte Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir stehen in der Schuld derer, die so viel gewagt haben, die mutig und hoffnungsvoll auf die Straße gingen, denn wer damals für die demokratischen Rechte sprach, konnte nicht sicher sein, dass die Revolution auch gelingen würde – das ist wahrhaftiger Mut!“ Auch das demokratische Engagement der Menschen in Osteuropa sei bestimmend gewesen.

Man müsse sich fragen: Wie gehen wir miteinander um? Wie viel wechselseitigen Respekt gewähren wir einander? Vorurteilen und Unwissen könne und müsse man entgegenwirken. „Unsere Demokratie lässt unterschiedliche Lebensentwürfe zu und schützt sie“, so Merkel. Verbale Verrohung und Radikalisierung mündeten – die letzten zwei Jahre hätten es gezeigt –allzu schnell in Gewalt.

Die Lebenswege in Ost und West seien zunächst unterschiedlich verlaufen, „aber warum müssen deswegen die Menschen aus dem Osten auch nach mehr als dreißig Jahren Wiedervereinigung immer wieder beweisen, dass sie zur Bundesrepublik dazugehören?“, fragte die Kanzlerin. Das Leben im Osten vor der Wiedervereinigung sei keine Last, kein unnützer Ballast, „wir haben auch im Osten ein Leben gelebt“, so Merkel. Man habe zu wenig gesehen, dass nach der Wiedervereinigung für die meisten Menschen im Westen das Leben so weitergegangen sei wie zuvor. Aber im Osten habe sich quasi alles verändert: Politik, Arbeitswelt, Gesellschaft. Die Herkunft dürfe nicht gegen jemanden veranschlagt werden, vielmehr sollten Zuversicht und Stärke für den Prozess des Neuanfangs wertgeschätzt werden. Jede und jeder Einzelne müsse sich gehört und dazugehörig fühlen können.

Parlamentsspitzen in Gesprächen

Die Präsidentinnen und Präsidenten sowie die Direktorinnen und Direktoren der Landesparlamente nutzten das Festwochenende für Gespräche zu aktuellen Themen wie etwa die Bewältigung der Coronapandemie und das Voranbringen der Digitalisierung. Die Parlamentsspitzen aus den Ländern wurden von Landtagspräsident Gunnar Schellenberger und dem Direktor beim Landtag von Sachsen-Anhalt Torsten Gruß aber nicht nur als politische Gesprächspartnerinnen und -partner begrüßt, sondern auch – deswegen die Stationen in der Moritzburg Halle (Saale) und im Goethe-Theater Bad Lauchstädt – als kulturelle Botschafterinnen und Botschafter für das Land Sachsen-Anhalt empfangen.