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Plenarsitzung

Transkript

Wir kommen in der Fragestunde nunmehr zu der Möglichkeit, weitere Themen aufzugreifen. Zunächst erhält die AfD die Möglichkeit, eine Frage zu stellen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wir greifen das prekäre Thema „Versorgung in der pädiatrischen Versorgung“ auf. Das ist für viele Eltern gerade eine extreme Belastung. Deshalb möchten wir, dass darüber heute diskutiert wird, weil es wirklich wichtig ist und weil da die Zukunftsaussichten nicht besonders rosig sind.

Die Versorgungslücke ist gerade in der Kreisstadt Bernburg im Bereich der pädiatrischen ambulanten Versorgung seit Monaten katastrophal; das wissen wir. Eltern sind verängstigt und müssen stellenweise zwischen 20 und 40 km mit dem Auto zurücklegen, um einen Kinderarzt aufzusuchen.

Bernburg verfügt im Notfall ebenso wenig über eine Kinderstation; auch das wissen wir. Und so, wie die derzeitige Situation in dieser Stadt ist, betrifft es mittlerweile viele Bereiche in Sachsen-Anhalt. Die Tendenz: schlechter werdend. Gerade im ländlichen Bereich ist eine schnelle Lösung nicht in Sicht. Wir alle wissen, das war lange absehbar. Aber jetzt ist das Kind sprichwörtlich leider fast in den Brunnen gefallen. Grund sind die Nachrichten, dass die vorhandenen Kinderkliniken vor dem Kollaps stehen; das war auch der Presse zu entnehmen.

Deshalb fragen wir die Landesregierung:

Der Kinderarztmangel in Bernburg ist prekär; das steht außer Frage. Welche Informationen hat die Landesregierung diesbezüglich? Wie sieht die Kommunikation zwischen dem Oberbürgermeister, aber auch dem Landrat des Salzlandkreises aus? Wie sieht die Kommunikation mit dem dort ansässigen MVZ-Arzt und mit der Kassenärztlichen Vereinigung aus? Wie möchte die Landesregierung die Versorgung zukünftig sicherstellen, natürlich in dem Zusammenhang auch für alle anderen Landesteile in Sachsen-Anhalt?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Siegmund. - Ich möchte die Ministerin Frau Grimm-Benne bitten, darauf zu antworten, natürlich nur den Bereich betreffend, zu dem sie antworten kann. Die Antwort auf die Frage, wie die Kommunikation zwischen dem Oberbürgermeister und dem Landrat aussieht, entzieht sich wohl der Kenntnis der Ministerin. Aber vielleicht kann sie auch dazu etwas sagen.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die ambulante pädiatrische Versorgung ist seit Langem prekär. Das haben wir mehrmals in den dafür zuständigen Ausschüssen in der letzten Legislaturperiode analysiert. Dennoch gibt es keine unmittelbare Zuständigkeit beim Land, diese Versorgungslücke zu schließen. Im ambulanten Bereich liegt der Versorgungsauftrag eindeutig und bislang ausschließlich im Bereich der kassenärztlichen Versorgung, also bei der KV, wie Sie das selbst schon ausgeführt haben. Diese ist dabei, Pädiater zu finden, die im ambulanten Bereich tätig sind.

Die Versorgungsproblematik innerhalb Bernburgs ist bekannt. Dennoch haben sich die stationären Kliniken dort so aufgestellt, dass die Klinik in Aschersleben in erster Linie die stationäre Versorgung hinsichtlich der Pädiatrie übernimmt.

Seit Kurzem hat das Universitätsklinikum Magdeburg wieder einen Pädiater zum Chefarzt berufen, sodass wir die Lage so einschätzen, dass die fachärztliche Betreuung auch in Notsituationen nach wie vor gewährleistet ist.

Hinsichtlich Ihrer Ausführungen zu den Gesprächen der KV vor Ort mit dem Landrat und mit dem Oberbürgermeister kann ich nichts sagen. Diese sind bislang nicht auf unser Ministerium zugegangen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke für die Antwort. - Gibt es eine Nachfrage, Herr Siegmund?


Ulrich Siegmund (AfD):

Ja. - Sie haben ja selbst gesagt, die Situation ist lange bekannt. Das wissen wir beide aus der letzten Legislaturperiode. Mich würde Folgendes interessieren: Die Situation spitzt sich jetzt doch in den Augen vieler Eltern so zu, dass es für viele Familien eigentlich nicht mehr auszuhalten ist. Das ist jedenfalls das, was wir als Fraktion entgegennehmen.

Hat das jetzt auch Auswirkungen auf die Bedarfsplanung der zukünftigen Ausbildung von Medizinstudenten? Das hatten wir auch in der letzten Legislaturperiode. Wie stellen Sie sich das vor? Gibt es jetzt Anlass, da auch mal gegenzusteuern? - Sicherlich kann man die Verantwortung auf die Kreise abwälzen, aber wir wissen beide, wo die Probleme liegen. Was ist jetzt konkret die Konsequenz aus dieser Situation?

Danach würde ich gern noch wissen: Wenn es denn zu einer Situation kommt, dass keine Klinik in Sachsen-Anhalt mehr die Versorgung sicherstellen kann, gibt es dann Notfallpläne, auch mit anderen Bundesländern um uns herum hierfür Aushilfe zu schaffen? Gibt es Kooperationspläne? Was macht man im Fall X, wenn ein Kind gar nicht mehr unterkommt?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Wir haben in der Koalitionsvereinbarung mit CDU und FDP vereinbart, dass wir neue Versorgungsmodelle etablieren. Ganz konkret haben wir jetzt Kooperationsvereinbarungen im Bereich Gardelegen geschlossen. Zum Beispiel haben die Salus-Gesellschaft und die Altmark-Kliniken Kooperationsverträge mit dem Universitätsklinikum und mit dem Städtischen Klinikum geschlossen, um auch mit Stendal, mit Salzwedel und Gardelegen Ausbildungsverbünde aufzumachen, damit gerade im Kinder- und Jugendbereich ein Austausch läuft, bei dem dann auch über Ausbildungsverbünde sowohl die Versorgung gesichert wird als auch die Ausbildung in dem Bereich Kinder- und Jugendmedizin ausgerichtet wird.

Das soll so positiv laufen, dass wir dann   ich will es einmal ein bisschen flapsig sagen   zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können. Wir können damit dann auch die Versorgung im ländlichen Raum sichern. Sie wissen, in Haldensleben gibt es auch keine Kinderklinik mehr. In dem Bereich wäre man darauf angewiesen, bei der stationären Versorgung bis nach Wolfsburg zu fahren. Das wollen wir eben nicht. Wir wollen deshalb auch die Telemedizin und die Digitalisierung nutzen, um tatsächlich schnellstmöglich ein Angebot zu machen.

Letztens hat die Universität Halle zusammen mit der AOK ein Angebot für eine Videosprechstunde gerade in dem prekären Bereich Kinder- und Jugendmedizin gemacht. Damit sollen Eltern, die chronisch erkrankte Kinder haben, die wirklich oft einen Besuch beim Arzt benötigen, ein niederschwelliges Angebot und ihre Fragen sehr schnell beantwortet bekommen. Nach den ersten Resultaten, die ich mitbekommen habe, wird das auch sehr rege in Anspruch genommen. Man redet dann nicht mit einem Computer, sondern tatsächlich mit dem behandelnden Professor, der dann auch Hinweise geben kann, was man tun kann. Wir sind also nicht untätig.

Außerdem   das ist, wie ich finde, bahnbrechend   sind wir jetzt nicht nur darauf angewiesen, dass wir diese Pilotprojekte mit den Krankenkassen starten. Dann müssten wir als Land sozusagen immer betteln, dass die das mitfinanzieren. Vielmehr wollen wir als Land selbst in Vorleistung gehen. Denn wir sagen: Wer wenn nicht wir als ein Land mit viel ländlichem Raum müssen Prototypen entwickeln, die dann möglicherweise über die bundesweite Gesetzgebung, zum Beispiel hinsichtlich des SGB V, als Leistung allen zur Verfügung stehen, um daraus zu lernen.

Es gibt noch einen weiteren Punkt. Das Versorgungsmodell ist das eine. Auf der anderen Seite müssen wir natürlich auf Folgendes achten: Wenn wir die Bereiche ambulant und stationär miteinander verbinden, dann gibt es im Augenblick im Vergütungssystem, im DRG-System, keine Abbildung für diese Art von Leistung. Wir hoffen, dass das, wenn die neue Bundesregierung steht, alsbald im Bund angegangen wird, damit wir auch da etwas mehr Unterstützung bekommen können.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke für die Antwort. - Gibt es weitere Fragen?


Ulrich Siegmund (AfD):

Eine kurze Nachfrage noch.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine kurze Nachfrage noch.


Ulrich Siegmund (AfD):

Gestatten Sie mir noch eine Frage. Die hätten wir zwar auch im Ausschuss klären können, aber dieses Thema ist gerade wichtig und wird fast alle Mitglieder im Hohen Hause betreffen. Mir ist in Ihrer Antwort eines besonders aufgefallen. Sie haben gesagt, dass Sie die Verantwortung mehr bei den Landkreisen sehen, was die Versorgung im Salzlandkreis betrifft. Ich bin Mitglied im Kreistag. Sie waren es, soweit ich weiß, in den letzten Jahren auch. Sie wissen deshalb selbst, dass die meisten Landkreise mit dieser Situation aktuell überfordert sind. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen jeweils aussieht, aber bei uns ist es definitiv so. Der Landkreis Stendal ist ziemlich überfordert, seine Versorgung langfristig zu sichern. Die Probleme sind bekannt.

Planen Sie denn in dieser Legislaturperiode eine andere Kooperation zwischen Ihnen als Ministerium und den einzelnen Landkreisen? Soll es weiter so laufen wie bisher, dass man sich gegenseitig   leider Gottes, wie man gerade sieht   die Verantwortung zuweist oder soll das in der neuen Legislaturperiode neu gedacht werden?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Ministerin.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herr Abgeordneter, Sie haben mich möglicherweise falsch verstanden. Ich wälze keine Verantwortung auf den Landrat ab. Sie haben mich vorhin hinsichtlich der ambulanten Versorgung gefragt. Diese liegt im Land in der Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung. Insoweit muss geprüft werden, ob ein Landkreis für die Niederlassung von Ärzten möglicherweise noch zusätzliche Rahmenbedingungen schaffen kann, indem er beispielsweise Praxisräume zur Verfügung stellt, damit sich zusätzlich jemand niederlässt. Es ist aber eine originäre Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung. Ich kann auch nur mit deren Chef, Herrn Böhme, darüber reden, wie sich die KV das in einem Bereich vorstellt, in dem im ambulanten Bereich etwas fehlt, also ob man mit einem Stipendium oder über andere Möglichkeiten dahin gehend etwas macht.

Die Kassenärztliche Vereinigung ist sehr daran interessiert   ähnlich, wie ich es gerade gesagt habe  , neue Versorgungsmodelle zu entwickeln, damit sich, wenn der ambulante Bereich das nicht mehr abdecken kann, die stationären Einrichtungen auch für den ambulanten Bereich öffnen, um auch insoweit die Versorgung abzusichern. Nach dem Krankenhausgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sind die Landkreise immer noch für die stationäre Krankenhausversorgung zuständig. Nur das wollte ich damit zum Ausdruck bringen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Gibt es weitere Nachfragen? - Ich sehe keine. Danke, Frau Ministerin.