Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Tobias Krull (CDU):

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Welche Bedeutung das Thema des Antrags für die Deutschland-Koalition hat, macht schon allein die Überschrift des entsprechenden Unterabschnitts im Koalitionsvertrag deutlich; sie lautet: „Willkommen in Sachsen-Anhalt - Integration und Zusammenleben“.

Es ist relativ unüblich, umfänglich aus dem Koalitionsvertrag zu zitieren, aber die Worte, die wir darin gefunden habe, machen klar und deutlich, worauf es ankommt. Deshalb möchte ich daraus zitieren:

„Sachsen-Anhalt ist ein vielfältiges Land, in dem sich Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und persönlichen Merkmalen willkommen fühlen sollen. Um den wachsenden Fach- und Arbeitskräftemangel zu bewältigen und wirtschaftlich leistungsfähig zu bleiben, ist Sachsen-Anhalt auf Zuwanderung angewiesen.“

Der Anteil der Zugewanderten in Sachsen-Anhalt ist in den letzten Jahren gestiegen. Schutzsuchende, Unionsbürgerinnen und  bürger und Zugewanderte aus Drittstaaten sind die wichtigsten, etwa gleichstarken Zuwanderungsgruppen. Mit einer gezielten Zuwanderungs- und Integrationspolitik werben wir im Interesse des Landes dafür, dass sich die Menschen dafür entscheiden, ihre Zukunft in Sachsen-Anhalt aufzubauen. Wir wollen erreichen, dass Sachsen-Anhalt im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern um internationale Fachkräfte noch besser vom Fachkräfteeinwanderungsgesetz profitiert. Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarktintegration für Zugewanderte und Geflüchtete sind daher ein zentrales Anliegen des Landes.

Gelungene Zuwanderung bereichert auch das kulturelle und soziale Leben. Integration in Sachsen-Anhalt gelingt umso besser, wenn sich Zugewanderte und Einheimische begegnen, kennenlernen und das gesellschaftliche Zusammenleben gemeinsam gestalten.

Integration ist sowohl eine Leistung der Aufnahmegesellschaft als auch der Zugewanderten. Wir wollen dafür sorgen, dass geflüchtete und zugewanderte Menschen früh und praxisnah Informationen über das Leben in Deutschland, über Rechte, Regeln und Grundwerte, über Institutionen, über das Bildungssystem und das Alltagsleben, über Traditionen und Vielfalt an Lebensstilen erhalten und erfahren, was von ihnen verbindlich erwartet wird.

Das Zusammenleben funktioniert nur auf der Grundlage unseres Rechtssystems und der im Grundgesetz verankerten Werte unserer Demokratie. Die Grundrechte bilden die Basis für die Vielfalt von Lebensstilen, kulturellen Ausdrucksformen und religiöser Praxis, die in Deutschland gelebt wird.

Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung treten wir entschieden entgegen. Einbürgerungen betrachten wir als Zeichen einer gelungenen Integration. Deshalb werben wir für die Einbürgerungen. Unser Ziel ist es, dass sich diejenigen, die die formalen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, zeitnah einbürgern lassen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus zahlreichen Gesprächen, Debatten und persönlichen Schilderungen sind mir viele Herausforderungen in diesem Bereich bekannt, zum Beispiel wenn es darum geht, ausländische Berufsabschlüsse anzuerkennen. Dabei müssen wir aber auch bedenken, dass das Ausbildungsniveau in anderen Ländern, gerade im handwerklichen Bereich, nicht mit dem im dualen Berufsausbildungssystem in Deutschland vergleichbar ist, sondern die Ausbildungen im Regelfall schlechter sind. Trotzdem sind wir gefordert, in Abstimmung mit den Kammern und den berufsständischen Vertretungen den Prozess der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, gegebenenfalls mit entsprechenden Nachschulungen, zu beschleunigen. Gleichzeitig müssen wir denjenigen, die nach Deutschland kommen und eine Bleibeperspektive haben, deutlich machen, welche mittel- und langfristigen Vorteile die Absolvierung einer solchen Ausbildung bietet.

Wir stehen auch vor der großen Aufgabe, dass diejenigen, die an den Hochschulen unseres Landes ein Studium absolvieren, eine berufliche Perspektive in unserem Bundesland finden. Es ist grundsätzlich positiv, wenn sich Menschen aus der ganzen Welt für eine Hochschulausbildung bei uns entscheiden und dann als Botschafter unseres Landes in ihre Heimatländer zurückkehren. Es ist aber ebenso erstrebenswert, dass sie hierbleiben, um als hoch qualifizierte Fachkräfte unserem hiesigen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.

Neben der Existenz entsprechender Arbeitsstellen gibt es viele weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass sich Menschen für Sachsen-Anhalt als Wohn- und Lebensort entscheiden - oder leider auch nicht.

Ein kurzer Blick in die Statistik macht deutlich, dass unser Land bezüglich der Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, auch weil es Menschen dorthin zieht, wo sie auf Personen treffen, die ähnliche persönliche Hintergründe haben oder über ähnliche Erfahrungen verfügen. Dabei sind andere Bundesländer weiter, als es Sachsen-Anhalt ist. Wir stehen also vor der Aufgabe, deutlich zu machen, dass es sich lohnt, hier in Sachsen-Anhalt zu leben, weil man hier gut leben kann.

Die Antragsteller gehen in Ihrem Antrag auf die von Landrat Götz Ulrich   übrigens mit CDU-Parteibuch   gegründete Migrationsagentur ein. Dies ist tatsächlich ein Positivbeispiel. Auch in der Landeshauptstadt Magdeburg ist mit dem geplanten internationalen Haus eine solche Willkommensbehörde geplant.

Aus meiner Sicht müssen wir unsere politische Aufmerksamkeit noch mehr den EU-Ausländern widmen, gerade weil sie keinen Anspruch auf die zahlreichen Integrationsangebote haben. Hierfür, aber nicht nur hierfür, spielen die Migrantenselbsthilfeorganisationen inklusive des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt oder Projekte wie „Resonanzboden“ sowie die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt mit ihren Mitgliedsorganisationen als Ansprechpartner und Multiplikatoren eine große Rolle.

Eines möchte ich ganz deutlich machen. Natürlich geht es nicht darum, unser Problem im Bereich der Fachkräfte nur dadurch zu lösen, dass wir Menschen nach Sachsen-Anhalt holen. Es geht auch darum, die Menschen, die hier sind, entsprechend zu qualifizieren, damit sie mit einer beruflichen Tätigkeit ein selbst gestaltetes Leben führen können.

Wir haben also in vielen Punkten durchaus Schnittmengen, aber auch erhebliche Unterschiede, zum Beispiel in Fragen des Wahlrechts. Die Komplexität des Antrags ist dermaßen hoch, dass darüber natürlich in den Ausschüssen beraten werden muss.

Jetzt bitte ich um etwas Aufmerksamkeit, weil die Liste für die Ausschussüberweisungen etwas länger ist. Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung soll federführend sein. Mit der Mitberatung sollen beauftragt werden der Ausschuss für Inneres und Sport, der Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Finanzen, der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien sowie Kultur

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

und schlussendlich auch der Bildungsausschuss.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Sag doch lieber, wohin nicht!)

Ich bitte darum, den Antrag in die genannten Ausschüsse zu überweisen, und freue mich auf die inhaltliche Auseinandersetzung in einem fairen Kontext in den entsprechenden Ausschüssen.