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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 2

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Herrn Dr. Reiner Haseloff zum Thema: „Wir gestalten Sachsen-Anhalt. Stark. Modern. Krisenfest. Gerecht. Chancen nutzen, Risiken minimieren - für ein modernes und krisenfestes Land“

Regierungserklärung Landesregierung - Drs. 8/231


Wir haben uns im Vorfeld darauf verständigt, hierfür, unabhängig von der Redezeitstruktur, eine neue Variante zu wählen. Die Variante ist: Jede Fraktion hat die Möglichkeit, 15 Minuten zu reden. Der Ministerpräsident kann seine Regierungserklärung in vollem Umfang vortragen, wie sich das gehört; das ist halt so. Aber egal, ob er 25 oder 28 Minuten spricht, daraus ergibt sich für die Fraktionen keine Anpassung ihrer Redezeiten. Das ist ein Konsens im Ältestenrat gewesen. Das möchte ich an dieser Stelle betonen; denn es ist nicht üblich, eine solche Ausnahme zu machen. Ich glaube, es ist ein guter Konsens des Hauses, dass jeder Fraktion, egal ob groß, ob klein, zumindest ein angemessenes Zeitfenster zur Verfügung steht. Wir haben ein Zeitfenster von 15 Minuten als angemessen empfunden und das gemeinsam so festgelegt.

Jetzt kommt die mit Spannung erwartete Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. - Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Herzlichen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag, der die Landesregierung in dieser Legislaturperiode bindet, umfasst 157 Seiten. Eine Regierungserklärung am Anfang einer Legislaturperiode bezieht sich logischerweise auf das, was wir uns insgesamt in der Koalition vorgenommen haben und was wir auf diesen 157 Seiten festgelegt haben. Trotzdem möchte ich mit dieser Regierungserklärung auch die aus der Sicht der einzelnen Ressorts besonderen Schwerpunkte definieren und versuchen, diese auch aus meiner Sicht als Ministerpräsident abzubilden und zur Diskussion zu stellen bzw. als Richtmaß dafür zu hinterlegen, was uns als der Landesregierung in den nächsten fünf Jahren beschäftigen wird und was die Koalition von dieser Landesregierung erwartet.

Am 3. Oktober 2021 haben wir in Halle gemeinsam den Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Sachsen-Anhalt und insbesondere die Stadt Halle haben sich als gute Gastgeber erwiesen. Ich habe sehr viel positive Resonanz erfahren vonseiten meiner Amtskolleginnen und Amtskollegen, vonseiten des Bundes, aber auch vonseiten der Bürgerinnen und Bürger, mit denen ich ins Gespräch kam, nicht zuletzt aus dem Kreis der Bürgerdelegationen und der Einheitsbotschafter aus allen 16 Ländern. Diese Feier in Halle war ohne Zweifel der Höhepunkt der Bundesratspräsidentschaft Sachsen-Anhalts. Wir haben uns als ein gastfreundliches, weltoffenes und modernes Land präsentiert, und wir haben gezeigt, dass wir alle stolz sein können auf das, was wir gemeinsam in 31 Jahren deutscher Einheit und 31 Jahren Sachsen-Anhalt erreicht haben.

Sachsen-Anhalt hat seinen Platz im Kreis der deutschen Länder gefunden. Sachsen-Anhalt ist ein liebens- und lebenswertes Land. Sachsen-Anhalt ist ein Land der Innovationen und der Moderne. Das ist mir erst gestern bei einem zentralen Termin in Berlin von vielen Seiten wieder bestätigt worden. So hat man uns wahrgenommen. Dafür danke ich allen, die daran mitgewirkt haben, insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, die diesen Eindruck zu Recht vermittelt haben.

(Beifall)

Ich möchte, dass alle dies auch in der Zukunft bei ihrem Handeln zugrunde legen und dass uns das auch in der Zukunft bewegt. Dieser Eindruck ist nicht von ungefähr entstanden, sondern er ist Ergebnis dessen, was wir in den 31 Jahren gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Dazu wollen wir gemeinsam, auch diese Landesregierung aus CDU, SPD und FDP, in den kommenden fünf Jahren einen Beitrag leisten. Ich bin fest davon überzeugt, dass uns dies gelingen wird.

Die Bundesratspräsidentschaft unseres Landes haben wir unter das Motto „Gemeinsam Zukunft formen“ gestellt. Dieses Motto soll auch weit über unsere Präsidentschaft hinaus gelten. Für uns in Sachsen-Anhalt, für uns in Deutschland insgesamt soll das weiterhin gelten; denn nur gemeinsam können wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen und selbstbewusst mitgestalten. „Gemeinsam Zukunft formen“ - ich bin mir sicher, wenn wir dies beherzigen, werden wir eine gute Zukunft für unser Land gewinnen können.

Uns ist bewusst, dass die kommenden Jahre nicht einfach werden. Wir stehen vor einer Fülle von Aufgaben und Problemen, die zu bewältigen sind. Aktuell müssen wir die Folgen der Coronapandemie überwinden. Ja   darauf weise ich immer wieder hin  , wir sind noch mittendrin. Wir brauchen uns nur die Zahlen der letzten Tage und Wochen in Deutschland insgesamt anzusehen, auch die Hotspots. Wir haben, wie gesagt, noch eine große Herausforderung, vor allen Dingen in den Wintermonaten, zu bestehen.

Die Herausforderungen, vor allem mit Blick auf die Pandemie, haben gleichzeitig wie ein Katalysator gewirkt und uns auf Defizite aufmerksam gemacht, die wir nun entschlossen beseitigen. Auch müssen wir uns ohne Verzug den Herausforderungen des menschengemachten Klimawandels stellen. Das heißt unter anderem, wir müssen die Energiewende gestalten und zu einem Erfolg führen. Für uns in Sachsen-Anhalt bedeutet das ganz konkret, den Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier voranzubringen, auch als Beispiel für andere europäische Staaten, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Aber auch die Bewältigung der Transformation der Automobilbranche gehört dazu. 25 000 Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt und allein 10 000 Pendler nach Niedersachsen in den Bereich von VW hinein können davon betroffen sein. Diese Transformation wird uns ebenfalls sehr stark fordern und uns entsprechende Lösungen abverlangen.

Wir müssen das Tempo bei der Digitalisierung erhöhen, und zwar nicht nur in Bildung und Wissenschaft. Das ist bei der Regierungsbefragung an verschiedenen Stellen deutlich geworden. Wir haben zum Beispiel, wie es Frau Grimm-Benne ausführte, auch im Gesundheitsbereich Chancen, dadurch die Versorgungssicherheit in diesem Land in vielen Bereichen sicherzustellen. Ebenso gilt das natürlich auch für die Wirtschaft und die Verwaltung.

Wir müssen uns auch weiterhin den Herausforderungen des demografischen Wandels stellen. Das ist kein neues Thema, aber dieses Thema stellt uns in den nächsten Jahren vor besondere Herausforderungen. Dieses Thema zeigt sich auch in den Zahlen, die das Statistische Landesamt vor einigen Tagen ausgewiesen hat. Das Land verliert unter dem Strich weiterhin Einwohner, jedoch nicht, weil zu viele Menschen unser Land verlassen   im Gegenteil: wir verzeichnen schon seit Langem ein Plus im Wanderungssaldo  , sondern wegen des Geburtendefizits. Nicht zuletzt müssen wir weitere Fortschritte in der Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland machen - zwischen Ost und West, aber auch zwischen Nord und Süd, ja, auch innerhalb des Landes, wie wir an den aktuellen Diskussionen im Land immer wieder sehen. Zwischen den strukturschwachen und den stärkeren Regionen darf sich keine Kluft auftun; daher müssen wir für einen Ausgleich sorgen. An dieser Stelle möchte ich das Stichwort Finanzausgleichsgesetz als großen Aufgabenschwerpunkt für diese Legislaturperiode benennen.

In den kommenden Jahren wird sich entscheiden, ob wir die erfolgreiche Entwicklung Sachsen-Anhalts fortsetzen können. Unser Land braucht Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und eine starke Koalition der Demokraten. Nur aus einer breiten politischen Mitte heraus können wir die richtigen Weichenstellungen für Sachsen-Anhalts Zukunft vornehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass uns dies gelingt.

Die Grundlage dafür ist eine starke und leistungsfähige Wirtschaft. Nur wenn sich unsere Unternehmen an den internationalen Märkten behaupten, wenn sie innovative und hochwertige Produkte anbieten, wenn Menschen gute Arbeit bei uns finden, haben wir die Grundlage für ein starkes soziales Netz und für Investitionen, gerade auch in Bildung und Kultur. Ich bin auch froh, dass die aktuellen Bilanzen nach den harten Coronazeiten, die wir schon hinter uns haben, zeigen, dass wir keine erhöhte Insolvenzquote haben. Das heißt, die Förderprogramme   sooft sie auch gescholten wurden   haben durchaus Wirkung gezeigt. Aber ich sage es noch einmal: Wir haben es noch nicht geschafft.

Wir haben erlebt, dass es zwischen den Branchen zu einem, sagen wir einmal, Transfer von Arbeitskräften gekommen ist. Menschen in bestimmten Bereichen, zum Beispiel im Hotel- und Gaststättengewerbe, haben aufgrund der Unsicherheit ihre Arbeitsplätze verlassen und sind in andere Bereiche abgewandert, von denen sie glauben, dass sie ihre Zukunft dort sicherer planen können. Deswegen ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle klare Zeichen setzen, wenn es darum geht, bei der Sicherstellung der Stabilität in den Dienstleistungssektoren zu helfen, damit die Bürgerinnen und Bürger, die dort Arbeit gefunden hatten, dort auch für die Zukunft eine Perspektive sehen.

Wir haben in unserem Koalitionsvertrag daher einen klaren Akzent auf die Stärkung der Wirtschaft gesetzt. Sie muss eine stärkere Unabhängigkeit von internationalen Zulieferern anstreben. Der aktuelle Mangel an Chips ist nur ein Beispiel. Wir merken dies bereits bis in die Lieferketten unserer Automobilbranche hinein. Wir müssen also neue Lieferketten und Strukturen ermöglichen, Innovationen und Digitalisierung im Unternehmensprozess weiter vorantreiben und die Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen zukunftsfest machen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Initiativen sowohl der Branchenverbände als auch der Kammern, aber auch mit den benachbarten Ländern, mit denen wir im mitteldeutschen Raum ebenfalls stark zusammenarbeiten. Dabei sind weiterhin Lösungen gefordert und diese werden wir auch entwickeln.

Die Landesregierung will dazu beitragen, dass die Wirtschaft nach der Coronapandemie schnell wieder ihren erfolgreichen und dynamischen Wachstumskurs einschlagen und ihn beibehalten kann, zum Beispiel ist dazu ein Neustart-Programm zur Förderung von Investitionen aufzulegen. Es soll Unternehmen helfen, die in besonderer Weise von den Folgen der Coronamaßnahmen betroffen sind. Dazu gehört als ein Schwerpunktbereich der Einzelhandel. Der innerstädtische Einzelhandel und die Stärkung des Tourismus müssen dabei besondere Schwerpunkte darstellen.

Das weitere wirtschaftliche Wachstum des Landes wird in Zukunft wesentlich davon abhängen, dass es gelingt, die Innovationspotenziale von kleinen und mittleren Unternehmen auszuschöpfen und auf Märkte zu setzen, die sich für dieses Jahrhundert als nachhaltig und klimafreundlich darstellen lassen. Ich bin optimistisch, dass wir das, was wir bereits auf den Weg gebracht haben, fortsetzen können und dass wir auch die entsprechenden Ergebnisse erzielen werden.

Hierbei setzen wir auch auf staatliche Programme, was zum Beispiel bei der Fachkräfterekrutierung wichtig ist. Dazu möchte ich positive Beispiele des DEHOGA nennen, der unter anderem mit Vietnam gerade sehr gute Modellprojekte auf den Weg gebracht hat, um jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen den Zugang zum Hotel- und Gaststättenwesen zu erleichtern. Ich verweise auch auf eine sehr optimistisch klingende Variante mit El Salvador, die wir im Bereich der Pflege auf den Weg gebracht haben. Hierbei ist noch viel mehr möglich; wir müssen nur unseren Horizont erweitern. Wir müssen bezüglich der Arbeitsmärkte natürlich auf Europa setzen, aber darüber hinaus auch auf andere Kontinente. Ich denke, dass wir die Möglichkeit haben, den Fachkräftesicherungspakt auf diese Themenkomplexe auszuweiten. Es geht darum, den geordneten Zuzug auf der Basis des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für uns noch offensiver zum Tragen zu bringen.

Um die Ausschöpfung von Wachstumspotenzialen und die Steigerung der Produktivität in den Unternehmen zu ermöglichen, gehört die Förderung von Investitionen weiterhin zu den Eckpfeilern der Wirtschaftspolitik. Natürlich gibt es dazu eine ganz klare Ansiedlungsstrategie. Wir haben in den letzten Jahren und Monaten dabei immer wieder Erfolge zeitigen können. Allerdings wissen wir, wie fragil bestimmte Investitionen derzeit in der Planung sind, weil vieles   bis hin zum Energiepreis oder zur Rohstofffrage   die Entscheidungen großer Unternehmen weltweit mitbestimmt. Aber wir haben mit guten Standortfaktoren gute Voraussetzungen, ansonsten hätten wir diese Investitionserfolge nicht gehabt. Wir werden uns auch weiterhin darum bemühen, auch in Abstimmung mit den benachbarten Ländern Brandenburg, Thüringen und Sachsen; denn viele Dinge lassen sich nur gemeinsam tun, zumal oftmals auch die universitären Strukturen landesgrenzenübergreifend relevant sind.

Der Tourismus als Querschnittsbranche muss wieder auf einen so eindrucksvollen Wachstumspfad wie in den Jahren vor 2020 zurückgeführt werden, und ich glaube, dass wir mit einem Masterplan Tourismus hierfür gute Grundlagen schaffen können. Es muss unser Ziel sein, auch im Sinne der Verantwortung für das Klima, Urlauberinnen und Urlauber sehr stark auch für unser Gebiet zu interessieren, damit sie nicht in den Flieger nach Mallorca steigen, sondern mit dem Fahrrad auf dem Elberadweg wandern oder die Welterbestätten besuchen. Dies gelingt immer mehr. Dazu kann jeder beitragen, auch durch Gastfreundschaft und Dienstleistungsbereitschaft, die entscheidend dafür sind, dass eine solche Branche wieder die alten Wachstumszahlen erreichen kann.

Der ländliche Raum mit seinen Siedlungsstrukturen und Kulturlandschaften prägt das Bild Sachsen-Anhalts sehr, sehr stark. Wir wissen, 80 % unseres Landes sind, rein ordnungspolitisch, ländlicher Raum. Deshalb ist neben dem Tourismus auch die Daseinsvorsorge ganz entscheidend. Dabei spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle; sie ist ein wichtiger Motor. Eine starke Ernährungsgüterwirtschaft ist für uns auch deshalb wichtig, weil sie nicht nur wichtige Arbeitsplätze sichert, sondern auch weil sie in der Wertschöpfungskette, angefangen von der landwirtschaftlichen Urproduktion bis in den Vertrieb hinein, etwas sicherstellt, das für die junge Generation Zukunft bedeutet, und damit dazu beiträgt, die Attraktivität des ländlichen Raumes aufrechtzuerhalten.

Wir sehen: Dies alles hängt miteinander zusammen. Die Attraktivität von ausgeschriebenen Arztstellen bzw. von Stellen in medizinischen Einrichtungen ist ganz klar davon abhängig, welches Image eine Region hat und wie die sonstige Qualität bis hin zur Schulstruktur wahrgenommen wird. Deshalb müssen wir den ländlichen Raum weiterhin als Hauptschwerpunkt für unser gemeinsames Agieren definieren.

Eine enge Zusammenarbeit mit allen regionalen und überregionalen Akteuren ist wichtig, wenn es um Strukturwandel generell geht. Dies betrifft sowohl die Automobilbranche, vor allen Dingen in Richtung Niedersachsen, aber auch der anderen Bundesländer, die Zulieferbereiche darstellen bzw. bei denen wir Teil der Wertschöpfungskette sind. Das gilt genauso im Bereich der Strukturänderungen im Kohlebereich. Dazu müssen vor allem Förder- und Planungsverfahren beschleunigt werden. Ich habe die Hoffnung, dass dies auch durch die sich jetzt bildende Bundesregierung so offensiv angegangen wird, dass das, was wir schon jetzt an Problemstellungen sehen, bei der Umsetzung unserer Strukturmaßnahmen systematisch mit abgebaut wird.

Hierbei haben wir auch im Sinne der nachhaltigen und klimapolitischen Herausforderungen durchaus vieles zu bieten. Der Strukturwandel kann nur gelingen, wenn es ein innovationsgetragener Strukturwandel ist. Hierfür haben wir hervorragende Voraussetzungen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Kompetenz im Bereich grüner Wasserstoff: 50 % des in Deutschland produzierten Wasserstoffs kommen aus Sachsen-Anhalt, das muss man immer wieder hervorheben. Wenn dazu Standortdiskussionen laufen, haben wir die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir über Jahre und Jahrzehnte hinweg schon Erfahrungen haben und diese auch ausbauen werden. Dazu wird auch die gesamte Forschungslandschaft ihren Beitrag leisten.

Energiespeicher, Lithiumforschung, digitale Sicherheit   all das sind Stichworte, die wir in diesem Zusammenhang nennen könnten. Diese Schwerpunktsetzungen lassen sich auch im Koalitionsvertrag durchgängig wiederfinden.

Ich möchte auf die Forschungs- und Technologiezentren hinweisen und auch auf die geplante Gründung eines energiewissenschaftlichen Forschungs- und Technologiezentrums der Helmholtz-Gesellschaft im Süden Sachsen-Anhalts kurz eingehen. Ich glaube, dass wir gerade mit diesen zentralen Großforschungs- und Forschungseinrichtungen die Gesamtstruktur in unserem Lande positiv beeinflussen. Denn dort entstehen nicht nur gut bezahlte Arbeitsplätze, sondern diese Einrichtungen strahlen in die gesamte Wirtschaft aus, vor allem in den kleinen und mittelständischen Bereich, dort, wo sich Partnerschaften anbahnen. Demzufolge können wir mit einer verlässlichen Grundstruktur an Forschungseinrichtungen auch im außeruniversitären Bereich gut punkten.

(Zustimmung)

Im Hinblick auf den Strukturwandel ist zu beachten, dass wir eine gesetzliche Grundlage haben, die für uns weiterhin bindend ist. Das heißt konkret, dass Gesetze, die auf den Weg gebracht worden sind, dazu beitragen müssen, den Menschen, die sie betreffen, eine verlässliche Lebensplanung zu bieten.

Deswegen ermahne ich diejenigen, die an der Bildung der neuen Bundesregierung beteiligt sind, darauf zu achten, dass Politik verlässlich ist und dass das, was zugesagt worden ist, bis hin zu Jahreszahlen, auch eine Basis sein muss, zumal es erst einige Monate her ist, dass dieses ganze Paket den Bundestag und den Bundesrat passiert hat. Diese Grundlage sollte auch weiterhin eine verlässliche Planungsgröße für unsere Bürger und Bürger darstellen. Nichts wäre schlimmer   ich sage das an dieser Stelle  , wenn es dazu käme, dass kürzlich beschlossene Gesetze so aufgemacht würden, dass das Vertrauen in Politik verloren ginge und gravierende Eingriffe auch in das persönliche Leben immer wieder hinterfragt, infrage gestellt oder sogar korrigiert würden.

Dabei geht es nicht darum, dass wir die ständig bestehenden Herausforderungen bezüglich der klimapolitischen Zielstellungen, die wir erreichen müssen, infrage stellen oder in irgendeiner Weise korrigieren wollen; vielmehr möchten wir aufzeigen, dass Politik nur dann einen Konsens in der Gesellschaft auch für eingreifende Maßnahmen findet, wenn dort, wo sie getroffen werden, auch die entsprechende Akzeptanz sichergestellt wird. Deswegen müssen wir in unserer Landesregierung gemeinsam mit den Koalitionspartnern darum ringen, dass das, was in Berlin stattfindet, nicht zum Nachteil Sachsen-Anhalts und des mitteldeutschen Raumes passiert; denn dieser Raum ist gravierend von dem betroffen, was wir im Bereich der Energiepolitik realisieren.

(Zustimmung)

Das Gesundheitswesen wird   dies wurde im Rahmen der Regierungsbefragung durch Ministerin Petra Grimm-Benne bereits dargestellt   Potenziale der Digitalisierung weiter nutzen müssen; das ist klar. Digitalisierung ist aber inzwischen zu einem Schlagwort geworden, mit dem alle Probleme in Verbindung gebracht werden. Wir wissen genau, dass das ein Instrument ist, um die Gesellschaft zu formen und weiterzuentwickeln, dass es aber nicht die Lösung in sich birgt. Es ist ein Arbeitsinstrument, und zwar ein modernes Arbeitsinstrument, das vieles erleichtern und verbessern helfen kann. Aber das Entscheidende ist der Mensch. Das Entscheidende ist das, was wir an dieser Stelle der jungen Generation vermitteln: Welche Berufe lohnen sich? Wo kann ich mich einbringen? Wo kann ich eine persönliche, gut planbare Perspektive entwickeln? All das ist eine politische Aufgabe für diese Landesregierung, sodass es neben der technischen Ausrüstung für uns vor allen Dingen auch darum gehen muss, die Infrastruktur und die begleitenden Mechanismen so zu optimieren, dass man sich auf uns und auch auf das, was Politik in diesem Lande gestalten kann, einlässt.

Ich nenne in diesem Zusammenhang auch Schulneubauten und Schulsanierungen. Diese müssen weiterhin finanziert werden; das ist klar. Wir haben im Krankenhauswesen und in den Bereichen, die der medizinischen Grundversorgung im ländlichen Raum dienen, einen Investitionsstau zu verzeichnen. Diese Dinge werden wir investiv anpacken und vor allem auch beschleunigen. Das ist oftmals keine Frage des Geldes   denn Investitionsmittel hatten wir immer zur Verfügung  , sondern es ist oftmals auch eine Frage der Beschleunigung der Planungsverfahren vor Ort und der schnellen Entscheidungen, dass man die Varianten, die man umsetzen will, auch relativ schnell angeht. Es kann nicht unser Anspruch sein, durch zu langwierige Diskussionen in die Situation zu geraten, dass es zu Preiserhöhungen bei den Rohstoffen und den Baumaterialien und infolgedessen zu Neuplanungen und zeitlichen Verschiebungen kommt. Das heißt, wir müssen an dieser Stelle schneller werden.

Wir merken, welche Entwicklung gerade im Bereich der Energie- und der Rohstoffpreise stattgefunden hat und in den nächsten Monaten stattfinden wird. Deswegen ist es gut, dass wir die Dinge, zu denen entsprechende Planungsgrundlagen existieren, auch umsetzen. Dies betrifft auch die Finanzierung im Hochschulbereich. Wir müssen auf der einen Seite investiv und auf der anderen Seite inhaltlich so punkten, dass wir der Zeit immer etwas voraus sind, da unabweisbare und nicht zu erwartende Dinge im Leben passieren können.

Auch in der letzten Legislaturperiode hatten wir einen Koalitionsvertrag, aber es wusste niemand, welche Konsequenzen und gravierende Einflüsse eine Pandemie für uns haben. Insofern müssen wir uns wappnen, damit wir als Landesregierung gemeinsam mit Ihnen als Landtag, als Gesetzgeber, der das Ganze auch haushalterisch begleiten muss, in der Lage sind, Krisen zu managen und Krisen zu bewältigen. Das haben wir in der Vergangenheit hinbekommen und das werden wir auch in der Zukunft gemeinsam hinbekommen.

Die Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft ist ebenfalls eine Herausforderung. Kleine und mittelständische Unternehmen müssen wir durch anreizschaffende Programme immer wieder animieren, sich auch vertraglich darauf einzulassen. Dadurch können wir einen positiven Einfluss auf die Krisenfestigkeit nehmen. Wir haben gemerkt, dass man gerade an den Stellen, an denen innovative und auch mit den Hochschulen verbundene Projekte angegangen und Produkte entwickelt worden sind, am besten durch die Krisen gekommen ist. Ich bin mir sicher, dass dies auch in der kommenden Legislaturperiode unsere Marschrichtung sein muss. Wir müssen zudem die Wirtschaft animieren, auch selber zu schauen, wo sich momentan Märkte eröffnen und in welchen Bereichen   verbunden mit der Klimaproblematik   neue Produktlinien entwickelt werden können.

Für mich ist immer entscheidend, dass man es nicht als Last, sondern als Chance ansieht, klimaneutral zu werden, zu defossilisieren sowie in Bezug auf die Rohstoff- und Energiefrage auch selber Produkte zu schaffen und entsprechende Projekte in Gang zu setzen, damit man nicht nur die eigene Kernproduktion sicherstellt, sondern auch neue und werthaltige Angebote entwickelt. Das muss uns gelingen. Ich glaube, dass das alle verstanden haben. Wenn es uns gelingt, dies zu moderieren und mit haushalterischen Möglichkeiten anzureizen, werden wir diese Entwicklungen positiv bewältigen.

Noch ein Wort zur Polizei und zur Justiz; für einen Rechtsstaat sind beide unabdingbar. Das haben wir gerade in den letzten Jahren gemerkt. Am letzten Sonnabend haben wir in Halle wieder einen tiefen Eindruck davon bekommen. Uns ist klar geworden, was passiert, wenn auf der einen Seite Polizei und Justiz nicht gut ausgerüstet sind und nicht entsprechend funktionieren und wenn auf der anderen Seite eine Gesellschaft Defizite hat und einzelne Bürgerinnen und Bürger nicht in den Blick nimmt, wenn es um Radikalisierungstendenzen, Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit usw. usf. geht.

(Zuruf)

Für uns war es wichtig, bestätigt zu bekommen, dass wir mit dem, was wir in der letzten Legislaturperiode begonnen haben in Bezug auf Sicherheitsmaßnahmen, auf Prophylaxe, auf Ausrüstungsfragen und auch auf eine gemeinsame Sicherheitskonzepterstellung deutliche Schritte nach vorn gekommen sind. Wir können uns auf unsere Polizei verlassen. Wir haben eine gute Justiz.

(Zustimmung)

Wir haben einen der schwierigsten Prozesse, der in den letzten Jahren in Deutschland geführt wurde, bewältigt. Der Attentäter, der aus unserem Lande stammte, wurde zu Recht und Gott sei Dank mit einem sehr harten Urteil versehen und muss seine Strafe verbüßen. Wir werden die Opfer, die wir zu beklagen haben, nicht vergessen.

Es ist wichtig, dass wir an dieser Stelle gezeigt haben, dass der Rechtsstaat belastbar und in der Lage ist, auch diese Herausforderung zu bewältigen.

Aber wir wissen auch um die demografische Herausforderung hier. Nach der Wiedervereinigung sind in unserem Land viele Juristinnen und Juristen neu eingestellt worden. Diese sind jetzt alle an der Pensionsgrenze. In den nächsten Jahren haben wir   die Justizministerin hat mehrfach darauf hingewiesen   einen großen Austauschprozess vor uns, in dem wir mit attraktiven Angeboten neue Juristinnen und Juristen für diese Stellen gewinnen müssen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir das konsequent machen; haushalterisch sind dafür die Vorkehrungen getroffen worden. Wir werden, wie gesagt, viele aus anderen Bundesländern zu uns nach Sachsen-Anhalt holen müssen, um diesen historisch besonderen Vorgang, der in allen ostdeutschen Ländern derzeit eine Rolle spielt, zu bewältigen.

Solche Einschnitte, wie wir sie mit der Transformation und der Wiedervereinigung erlebt haben, gab es in friedlichen Zeiten noch nie in einer Gesellschaft. Aber wir sind dadurch ein starker Rechtsstaat geworden. Deswegen ist es wichtig, dass wir hierbei auf Kontinuität setzen, dass wir bei der entsprechenden Akquise   so möchte ich es einmal bezeichnen   gemeinsam Erfolg haben sowie dass wir gute Juristinnen und Juristen in unsere Gerichte und in die Staatsanwaltschaften bekommen.

Ich hoffe auch, dass wir bei der Personalgewinnung für unsere Polizei weiterhin auf die jungen Menschen zählen können, die wir dringend brauchen, damit dieser Rechtsstaat, also Polizei und Justiz insgesamt, in der Bevölkerung ein gutes Ansehen genießt, damit ein vertrauensvolles Verhältnis entsteht und wir uns als Politik darauf verlassen können, dass dies funktioniert. Dafür möchte ich an dieser Stelle einmal danken. Mir ist gerade in Halle wieder bewusst geworden, sowohl bei der Gedenkveranstaltung als auch am 3. Oktober, dass das alles sehr gut funktioniert. Ich habe auch Quervergleiche zu anderen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Wir als Sachsen-Anhalt haben ein gutes Bild abgegeben. Ich danke auch allen, die aus anderen Bundesländern geholfen haben. Es hat funktioniert. Herzlichen Dank dafür! Das war ein gutes Aushängeschild für unser Land.

(Beifall)

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu den Voraussetzungen sagen, die in den kommenden Jahren für uns von Relevanz sind und die demzufolge immer auch der limitierende Faktor bei Projekten sind, die man in den Fachressorts gut entwickeln sowie in den Ausschüssen und im Landtag gemeinsam besprechen kann. Diese müssen aber auch finanziert werden. Solide Finanzen sind die Grundlage für jedes staatliche Agieren. Das wissen wir. Wir wissen auch, dass wir mit den Sondermaßnahmen zur Bewältigung der Coronaeinbrüche in der Wirtschaft, aber auch in der Gesellschaft, viele Dinge jetzt wieder auffangen und revitalisieren müssen. Wir haben im Koalitionsvertrag und in dem zu gestaltenden Nachtragshaushalt für die Entscheidungen, die im Landtag, also im Hohen Haus, zu fällen sind, die Vorkehrungen getroffen.

Ich bitte Sie, dabei positiv mitzuwirken und sich mit Blick auf Ideen, die man bei der Ausgestaltung eines Haushaltes entwickeln muss, voll einzubringen. Das muss eine Mannschaftsleistung sein. Trotz der Trennung von Exekutive und Legislative befinden wir uns hierbei auf einem Weg, für den es keine Blaupause gibt und bei dem wir alle Suchende sind, alle 16 Länder, auch der Bund, ganz Europa und die Welt; denn die Pandemie ist eine weltweite Herausforderung.

Damit wir die Stabilität in unserer Gesellschaft aufrechterhalten können, wird es keine Rotstiftpolitik geben. Das kann ich hier ganz klar zusagen. Wir sind uns in der Koalition und auch in der Landesregierung, also im Kabinett, darin einig, dass wir mit einer Reduzierung von Leistungsangeboten, die wir hart entwickelt und erarbeitet haben, keine Akzeptanz für Maßnahmen erreichen, die bei der Bewältigung ausstehender Probleme möglicherweise noch erforderlich werden.

Deswegen ist es wichtig, dass wir klar sagen: Es wird keine Rotstiftpolitik geben. Es wird haushalterisch sehr verantwortungsbewusst gearbeitet. Auch das Sondervermögen, das wir schaffen, wird nicht den üblichen Kriterien der Kreditaufnahme aus früheren Zeiten unterworfen; vielmehr wollen wir nach den festgelegten Jahreszahlen die Schulden komplett zurückgezahlt haben. Das muss die gemeinsame Vereinbarung zwischen der Regierung und dem Parlament bleiben. Wir müssen dafür auf der einen Seite Wege finden, weil wir es unabweisbar tun müssen und wir dann auch die Erträge wieder einfahren werden. Auf der anderen Seite müssen wir jedoch in der Lage sein, Mechanismen zur Rückfinanzierung und Refinanzierung zu finden, damit wir der nach uns kommenden Generation keine Altlast aus dieser Zeit hinterlassen;

(Zustimmung)

denn diese Generation wird ihre eigenen Probleme bewältigen müssen. Auch das wird viel Geld kosten. Wir wissen, was alles noch ansteht und dass viele Dinge, die mit der Veränderung des Klimas einhergehen, ebenfalls finanziell zu bewältigen sind.

Dafür brauchen auch nach uns hier stehende und Verantwortung tragende Generationen Spielräume. Deswegen wird dieses Sondervermögen besonders bewirtschaftet. Aber wir brauchen es, damit wir, wie gesagt, die Leistungsgesetze nicht anfassen. Wir haben trotz der Herausforderungen, vor denen wir stehen, sehr gute Chancen, die erfolgreiche Entwicklung fortzusetzen, die Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren genommen hat.

Unser Sachsen-Anhalt wird stark, modern, krisenfest und gerecht sein - ein Land, in dem jeder seine Chance hat, Frauen und Männer, Alt und Jung, Zugereiste wie Einheimische. Wir wollen ein Land mit einer intakten Umwelt und einer starken Wirtschaft, ein Land der Bildung und Wissenschaft und ein Land der Kultur.

Ich bitte Sie alle, zum Wohle Sachsen-Anhalts sowie seiner Bürgerinnen und Bürger daran mitzuwirken. - Herzlichen Dank.

(Beifall)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich danke dem Ministerpräsidenten. - Es gibt eine Frage?

(Zuruf: Ja!)

An der Stelle möchte ich zunächst die Möglichkeit nutzen, mit Ihnen gemeinsam Führungskräfte des Fachbereiches I des Salzlandkreises auf der Tribüne zu begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Zustimmung)

Jetzt gibt es eine Frage von Frau Frederking.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Ministerpräsident, Sie wollen Urlauber nicht in den Flieger nach Mallorca setzen. Meine Frage ist: Wird die CDU nun gemäß der CDU-Logik zur Verbotspartei?

(Lachen)

Sie haben in Ihrer Rede Klimaneutralität und die Energiewende in den Fokus gerückt. Meine weitere Frage ist: Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie 100 % erneuerbare Energien erreichen? Also was steht jetzt konkret an, um unsere Lebens- und Arbeitsgrundlagen zu sichern? Denn wir wissen: Nur, wenn wir klimaneutral werden, können wir das Ziel von Paris einhalten und den Klimawandel, zumindest dessen Auswirkungen, begrenzen.

(Zustimmung)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Frau Frederking. - Herr Ministerpräsident.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Frau Frederking, die Hinweise, die ich vorhin gegeben habe, sind sozusagen unsere Zielstellung als Angebot an den mündigen Bürger und an die mündige Bürgerin.

(Zustimmung)

Wir wissen, dass viele Menschen glauben, auch bei einem solchen Wetter wie jetzt, nur einen schönen Urlaub haben zu können, wenn sie nach Mallorca oder irgendwohin fliegen. Ich bin übrigens noch nie dort gewesen. Ich weiß gar nicht, wie es dort aussieht. Aber es soll schön sein, hat man mir gesagt.

Aber auch bei uns ist es schön. Ich bin zum Beispiel lieber bei uns. Die meisten meiner Urlaube habe ich im eigenen Lande verbracht. Das will ich als Person auch einmal herüberbringen. Warum soll ich in den Süden fliegen und für mich persönlich eine schlechte Ökobilanz erzeugen, wenn ich hier viele Dinge machen kann?

Gerade der 3. Oktober hat gezeigt, wie bei den Einheitsbotschaftern und bei den entsprechenden Bürgerdelegationen aus allen 16 Ländern der Informationsstand zum Osten generell ist. Innerhalb der neuen Länder war das nicht das Problem. Aber in den alten Ländern und auch innerhalb derjenigen, die Sachsen-Anhalt näher in den Blick genommen haben, zeigte sich das Defizit. Wir waren mit den Einheitsbotschaftern mehrere Tage lang unterwegs. Sie sind aus dem Staunen nicht herausgekommen, weil man es im Prinzip gar nicht geschafft hat, die UNESCO-Welterbestätten, von denen es in manchen Bundesländern nur eine oder zwei gibt, zu besuchen.

Sachsen-Anhalt ist wirklich ein vielfältiges Land, sodass ich sage: Lassen Sie uns gemeinsam darum werben, dass das funktioniert.

Dann, denke ich, ist es für die Branche gut und dann ist es letztlich auch für das Klima gut.

Das zweite Thema, das Sie angesprochen haben: Deutschland importiert 70 % der insgesamt benötigten Energie. Nur 20 % umfasst der Strom. Wenn wir immer über erneuerbare Energien sprechen, in Klammern Windräder, solar usw., dann sprechen wir eigentlich über ein Fünftel dessen, was insgesamt an Energie für Mobilität, Heizung, Industrie usw. benötigt wird.

Ich kann Ihnen sagen, die Ressourcen, die Deutschland zur Verfügung hat, werden nicht ausreichen, um diese 70 % abzudecken. In den übrigen 30 % sind noch Kohle und Atomkraft enthalten, die wir auch noch werden substituieren müssen. Wenn wir das alles herausnehmen würden, dann wären wir bei 80 % bis 90 %. Diese Menge an Energie werden wir mit den erneuerbaren Möglichkeiten, die sich derzeit technologisch auftun   Sie wissen, Sachsen-Anhalt ist zusammen mit Brandenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Vorbild; alle anderen Länder im Süden, wie auch immer regiert, müssen noch viel nachholen  , mit welcher Ausbauquote auch immer nicht abdecken können, selbst wenn alle Länder so gut wären wie Sachsen-Anhalt.

Es wird einen internationalen Energieverbund geben, übrigens eine riesige Chance   auch für ein Exportland wie Deutschland   für die internationale Zusammenarbeit, auch was friedliche Projekte anbelangt - Entspannung von Konfliktherden usw. usf. Das ist mindestens ein europäisches Thema, wenn es darum geht, nicht nur die nationale Versorgungssicherheit in den Blick zu nehmen, sondern sich auch international als Energieverbund zu entwickeln.

(Zustimmung)

Das wird die eigentliche Herausforderung sein, nicht die Verdopplung   das kann man alles machen   der Fläche für Windräder von 1 % auf 2 %. Ja, das sind alles kleine Promillebeträge. Es geht um ganz andere Größenordnungen, über die wir reden müssen. Die hat momentan noch keiner angefasst. Das macht mich auch als Naturwissenschaftler momentan sehr betrübt. Deswegen lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. Sachsen-Anhalt wird seinen Beitrag leisten   davon können Sie ausgehen   immer als Vorbild.

(Beifall)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Als Nächster Herr Lieschke, bitte.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Halt! Es gibt eine Nachfrage!)

- Eine Nachfrage?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ja!)

- Ja, dann eine Nachfrage, und als Nächster Herr Lieschke.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sie haben gesagt, niemand habe sich angeschaut, welche Größenordnungen wir substituieren müssen und wie man das erfolgreich schaffen kann. - Doch, unter anderem wir als Landtagsfraktion haben es uns angeschaut. Wir haben ein Energieszenario. Ich würde Ihnen gern empfehlen, es einmal zu lesen. Wir können es sogar schaffen, unser Bundesland und solidarisch anteilig Ballungsräume zu 100 % mit erneuerbaren Energien aus der Fläche Sachsen-Anhalts zu versorgen.

Meine Nachfrage: Kennen Sie dieses Energieszenario? Wenn nicht, darf ich es Ihnen zukommen lassen?


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Sie können es mir immer zukommen lassen. Wahrscheinlich kenne ich es; denn ich habe ja schon oft auch mit Herrn Striegel Diskussionen darüber geführt. Wir hatten sogar einmal einen gemeinsamen Podcast dazu. Wir sind fachlich gar nicht so weit auseinander.

Wenn Sie aber von den Oberzentren und der Eigenversorgung sprechen, dann sprechen Sie weitestgehend immer von einer Untergröße.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

- Nein, lassen Sie mich einmal ausreden. - Überlegen Sie sich einmal, der größte Einzelverbraucher Deutschlands beim Erdgas ist das Stickstoffwerk Piesteritz   in Klammern: derzeit die Produktion gedrosselt aufgrund der Gaspreise.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Frederking, wir machen jetzt hier keine Dialoge. Wenn Sie das möchten, dann können Sie gemeinsam in die Mittagspause gehen.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Wenn Sie Ammoniak, Harnstoff, Düngemittel und AdBlue haben wollen, dann muss dieses Werk funktionieren.

(Beifall)

Allein in dieses Werk geht die Hälfte des Erdgases, das in Sachsen-Anhalt verbraucht wird. Jetzt versuchen Sie einmal, das zu substituieren. Das kann man mit grünem Wasserstoff machen, aber man muss sich einmal die Dimensionen vorstellen, die dahinterstehen. Das bekommen Sie nicht mit Windparks in Sachsen-Anhalt hin und mit Kavernen, die wir in Bad Lauchstädt und an anderer Stelle aushöhlen.

Dort, wo wir welche hätten, haben wir auch unsere Probleme, Kavernen zu nutzen   ich denke nur an CCS; das will ich jetzt nicht vertiefen; das haben wir alles schon durch   usw. usf. Es gibt nämlich auch noch Bürger, die betroffen sind. Die Bürger in der Großstadt sind nicht betroffen; es sei denn, man errichtet ein Windrad auf dem Marktplatz. Es ist schon etwas komplizierter. Wie gesagt, darüber müssen wir reden. Es besteht doch keine Differenz zwischen uns. Es ist eine riesengroße Herausforderung, einen Globus mit acht Milliarden Menschen klimaneutral umzubauen und zu organisieren. Ich habe meine Bedenken, wie gesagt, dass unsere Instrumente, die wir dazu bisher in Gang gesetzt haben, auch politisch ausreichen. Deswegen ziehen wir an einem Strang. Ganz klar.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Okay. Herr Lieschke, bitte.


Matthias Lieschke (AfD):

Werter Herr Ministerpräsident, Sie sprachen eben von einer wichtigen, großen Transformation in der Automobilbranche. Wie passt eine politisch forcierte Transformation in der Automobilbranche mit der im Koalitionsvertrag viel gepriesenen Technologieoffenheit zusammen? Was ist an der politisch einseitigen Fokussierung auf das Elektroauto für Sie technologieoffen?


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Sie haben gesehen, dass wir genau das Problem, dass Sie mit Ihrer Frage verbinden, gesehen haben. Nicht die Politik weiß, wie ein Auto zu fahren hat, sondern das machen die Fachleute, die Unternehmen, die Produkte verkaufen müssen und sich trotzdem an den Klimazielen zu orientieren haben. Sie müssen nämlich eingehalten werden. Die Flottenvorgaben usw. usf. kennt jeder Konzern. Er weiß genau, was die EU festgelegt hat, unabhängig davon, wann der letzte Verbrenner verkauft werden soll oder nicht.

Wir wissen, dass man Verbrenner durchaus auch mit synthetischem Kraftstoff, grün hergestellt, betreiben kann.

(Beifall)

Deswegen steht in unserem Koalitionsvertrag, völlig widerspruchsfrei   von allen Koalitionspartnern wird dies genauso gesehen  , die Technologieoffenheit. Uns geht es doch nicht darum, Skalps zu gewinnen, d. h. also, wir schließen das aus, wir schließen jenes aus, wir schließen diese Technologie aus, sondern es geht um CO2. Wir wollen die Treibhausgase reduzieren und uns nicht von Technologien verabschieden.

Welche Technologien geeignet sind, um CO2 einzusparen, das muss, wie gesagt, die Wirtschaft beurteilen und kann nicht sozusagen in einer Staatskanzlei oder in einem Kanzleramt entwickelt werden. Das ist unsere Meinung. Deswegen hoffe ich, dass auch die Bundesregierung einen Konsens dazu findet, unabhängig davon, was Konzerne entscheiden.

(Beifall)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, es gibt noch zwei weitere Fragen, eine von Herrn Henke, Andreas.


Andreas Henke (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihren Ausführungen völlig zu Recht über die Frage drängender Investitionen und mehr noch über die Auflösung drängender Investitionsstaus gesprochen. Angesichts meiner Erfahrung hinsichtlich der Situation der Städte und Gemeinden des Landes, gerade kleiner und mittlerer Städte, aber auch Landkreise   ich habe gestern Abend im Finanzausschuss des Landkreises Harz zur Kenntnis nehmen müssen, wie hoch das zu erwartende Defizit für das kommende Haushaltsjahr sein wird; hier sitzen Vertreter eines Landkreises, die ebenfalls massive Haushaltsprobleme haben  , frage ich Sie: Wie wollen Sie mit Ihrer Regierung künftig die Kommunen, Städte, Gemeinden und Landkreise, des Landes in die Lage versetzen, die drängenden Haushaltsprobleme endlich in den Griff zu bekommen, ohne massive Einsparungen im sozialen und im kulturellen Bereich oder bei anderen Positionen umzusetzen? Meinen Sie, dass der Coronafonds und 100 Millionen €, die man jetzt eventuell mehr in die FAG-Masse gibt, ausreichen?


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Herr Henke, Sie sind lang genug an der Spitze einer Kommune gewesen und kennen übrigens auch die Vielfältigkeit des kulturellen Lebens in Ihrer Stadt. So ist es in vielen anderen Städten auch. Wir haben ein sehr vielfältiges Leben.

Ich bin   inzwischen sind wir 31 Jahre nach der Wiedervereinigung   viel in Deutschland herumgekommen. Ich habe mir viel angesehen. Wir müssen uns überhaupt nicht verstecken, aber wir dürfen auch nicht ignorieren, dass es gerade auch jetzt bei Gewerbesteuereinbrüchen, teilweise coronabedingt usw. usf., zusätzliche Probleme gibt. Ich war selbst lange genug Kommunalpolitiker. Kommunen brauchen immer Geld. Dass eine Novelle notwendig ist, das wissen wir, und zwar mit einem Zwischenschritt, der mit den kommunalen Spitzenverbänden auch verabredet worden ist. Das ist ebenfalls klar.

Ich verweise aber darauf, dass es noch innere Ressourcen und Reserven gibt, um möglicherweise bestimmte Prozesse auch im kommunalen Bereich zu optimieren. Wenn ich mir die öffentlich zugänglichen Unterlagen meiner Frau ansehe, die auch im Stadtrat ist, dann würde mir aus der Sicht von außerhalb auch einiges einfallen, von dem man sagt: Mensch, ist das notwendig, könnte man das nicht anders machen? Ich halte mich aber zurück, weil ich sage: kommunale Selbstverwaltung. Sie sollen darüber untereinander entscheiden.

Worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Der Landesrechnungshof geht nun wirklich immer sehr kritisch mit einer Landesregierung um. Dort sitzen auch ehemalige Kommunale als Senatoren. Wenn sie objektiv feststellen, dass es keine Situation gibt, in der die Kommunen völlig handlungsunfähig wären   jetzt habe ich eine freundliche Formulierung von hinten herum gewählt; das hat auch zu einem leichten Aufschrei bei den kommunalen Spitzenverbänden geführt  , dann sage ich einmal: die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Einige sind neu im Landtag, andere kenne ich schon lange. Allen sage ich: Wirken Sie hierbei konstruktiv mit, damit wir fachlich das Richtige machen. Wir wollen das FAG anfassen. Das ist ein größerer Brocken, da gibt es eine Vorstufe, bei der es noch einmal um die Familie geht.

Sie wissen ja, dass es in der Familie auf den Ebenen viele gibt, die sich gegenseitig beklagen. Das wollen wir nicht mehr haben. Denn es kann doch nicht sein, dass die Kommunen die Anwaltskanzleien füllen, nur weil sie sich um die Kreisumlage streiten. Dort müssen wir einen Zwischenschlusspunkt setzen und warten, wie wir das auflösen und friedlich klären. Das ist unser Ziel und das werden wir auch hinbekommen. Sie sind herzlich eingeladen, daran mitzuwirken.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Ministerpräsident. - Eine Frage gibt es noch. - Frau Quade, bitte.


Henriette Quade (DIE LINKE):

Herr Ministerpräsident, Sie sprachen richtigerweise in Ihrer Rede kurz nach dem Jahrestag des Anschlags vom 9. Oktober über das Gedenken in Halle und sagten, wie würdig dies gewesen sei. Ich glaube, die Perspektiven gehen an dieser Stelle auseinander.

Die Frage, die ich Ihnen stellen möchte, lautet: Sie wurden in Halle darauf angesprochen, dass Sie seit Monaten nicht auf Anfragen von Überlebenden des Anschlags reagiert und das Gespräch mit ihnen verweigert haben. Sie sagten in Halle, Sie würden dies prüfen, und gingen. Ich frage Sie erstens, ob das die Art von Würde für ein Gedenken ist, die Sie sich vorstellen, und zweitens, was Ihre Prüfung ergeben hat.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Sie nehmen Ihre Information jetzt aus dem Internetdienst Twitter.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Sie war ja dabei! - Weitere Zurufe)


Henriette Quade (DIE LINKE):

Nein, Herr Ministerpräsident, ich war vor Ort und es gab sehr viele Zeugen für diese Situation.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Ich weiß ja, dass die, die mich angesprochen haben, bei Ihnen arbeiten. Ich war allerdings dort auf dieser Straße nicht in der Lage, tiefer einzusteigen, zumal wir, wie gesagt, sehr intensive und dauerhafte Kontakte zu den Betroffenen haben. Wir als Land haben eine eigene Opferbeauftragte, Frau Dr. Theren,

(Zuruf: Es geht um Sie, nicht um die Opferbeauftragte! Es geht um Sie! - Weitere Zurufe)

  Warten Sie jetzt; lassen Sie mich einmal ausreden.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Bitte.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

und der Bund ebenfalls. Mit ihnen stehe ich ständig in Kontakt. Dort sind übrigens auch erhebliche Hilfen gezahlt worden für alles, was in irgendeiner Weise nachweisbar gewesen ist, mit allem Drum und Dran.

Ich habe gesagt, ich prüfe gerne einen Termin, wenn man mir sagt, um welche Problemlagen es geht. Denn ich muss ja auch Leute dazu nehmen. Ich kann hinsichtlich der einzelnen Fallgestaltungen nicht alles selber realisieren. Ich prüfe gern, inwieweit und in welcher Runde man zu weiteren Folgekontakten kommt, notfalls auch in der Staatskanzlei, wenn es anderswo nicht lösbar ist.

Dazu bin ich jederzeit bereit, das wissen alle, die mich kennen. Fragen Sie die Polizeiseelsorgerin. Sie kann Ihnen sagen, was wir im Hintergrund alles an dieser Stelle bearbeitet haben. Sie sollten sich einmal das Gesamtbild zu dieser Problematik anschauen.

Ich bin der Letzte, der sich solchen Gesprächen entzieht. Aber ich muss darauf vorbereitet sein, ich muss wissen, worum es geht. Das lässt sich nicht am Rande einer Gedenkveranstaltung, die mich persönlich auch immer wieder sehr betroffen macht   es ist ja nicht die erste   besprechen.

Gerade dieses Thema hängt mir, solange ich lebe, in den Knochen; davon können Sie ausgehen. Alle Maßnahmen und Aktivitäten, die ich auch politisch zu gewichten habe, werden von diesem Ereignis geprägt sein, und zwar prioritär. Deswegen bitte ich einfach um Verständnis dafür, dass ich gesagt habe, ich werde es prüfen.

Sie sollten mich das nun auch machen lassen. Ich werde Sie auch gern direkt oder indirekt über die Betroffenen bzw. über diejenigen, die mich angesprochen haben   das waren ja nicht die Betroffenen  , informieren. Ich habe in den Medien gelesen, dass der Eigentümer an diesem Tag den Kontakt weder mit dem Bundesbeauftragten noch mit der Landesbeauftragten noch mit mir wollte. Das respektieren wir. Das ist auch eine schwierige und komplexe Situation.

Ich bin auch   damit komme ich zum Schluss   nicht bereit, dieses Thema hier im Landtag zu diskutieren, sondern ich werde das mit den Betroffenen selber tun, und zwar so, wie ich es gesagt habe. Wenn ich weiß, welche ungelösten Probleme es konkret in diesem Fall nach zwei Jahren noch gibt, dann werde ich mich dieser Probleme auch persönlich annehmen.

(Zustimmung)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke.


Henriette Quade (DIE LINKE):

Herr Präsident, ich habe eine Nachfrage.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Die werde ich nicht beantworten.

(Zuruf: Hallo!)


Henriette Quade (DIE LINKE):

Entschuldigung, ich glaube nicht, dass ein Ministerpräsident sich aussuchen kann, welche Frage des Parlaments er beantwortet.


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Ich beantworte jede Frage von Ihnen. Es geht nur darum, ich habe inhaltlich alles gesagt. Aber Sie können gern weiterfragen. Bitte.


Henriette Quade (DIE LINKE):

Herr Ministerpräsident, ich glaube, es geht zum einen beim 9. Oktober 2019 wirklich nicht primär darum, was uns hier in den Knochen steckt, sondern darum, was den Überlebenden in den Knochen steckt.

(Zustimmung)

Zum anderen ist es nicht so, dass Sie vor Ort erstmals darauf angesprochen worden sind, dass die Überlebenden aus dem Kiez-Döner Redebedarf haben, dass sie sich Unterstützung wünschen, dass sie mit Ihnen reden wollen. Es ist so, dass Sie diese Anfragen seit Monaten ignorieren und dass sich deswegen vor Ort niemand zur Staffage für Ihre Fotokulisse machen wollte.

(Zurufe)

Warum haben Sie die Anfragen in den vergangenen Monaten nicht beantwortet und warum konnten Sie am 9. Oktober nicht darauf reagieren?


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Diese Anfragen erreichen die Landesregierung und die Landesregierung ist tätig geworden. Sie können sich gern mit Frau Dr. Theren, die dies im Auftrag der Landesregierung macht, darüber unterhalten, was alles von Kontakten über organisatorische bis hin zu finanziellen Dingen gelaufen ist. Das will ich hier nicht alles ausbreiten.

Sie können sich gern auch persönlich   ich gebe Ihnen die Handynummer   mit dem Bundesbeauftragten unterhalten, mit dem ich auch ständig in Kontakt stehe und der auch diese Veranstaltung mit vorbereitet hat mit allem Drum und Dran. Holen Sie sich auch einmal bei der anderen Seite Informationen und nicht nur bei der, die Ihnen zugänglich ist.

(Zustimmung)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Ministerpräsident. - Jetzt gibt es noch eine weitere Frage. Herr Roi würde gern noch kurz eine Frage stellen. - Herr Roi, Sie können gern schon Ihre Frage stellen. Der Herr Ministerpräsident nimmt nur einen Schluck Wasser.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Ministerpräsident, ich habe eine Frage zu einem Komplex, bei dem unser Bundesland seit ca. einem Jahr bundesweit in den Schlagzeilen steht. Und zwar hat der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt und auch eine Person verhaften lassen, gegen die zu einem Sachverhalt ermittelt wird, den man im Strafgesetzbuch findet, und zwar § 129 Abs. 1. Es geht um die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Der Name Lina E. ist ja durch die Presse bekannt.

Der Grund, warum ich diese Frage hier stelle, ist die Kleine Anfrage, die Kollege Höse, der nicht mehr Mitglied des Landtages ist, und ich an die Landesregierung gestellt haben - also, falls Sie fragen, woher wir unsere Informationen haben. Auf diese Kleine Anfrage haben Sie als Landesregierung geantwortet, dass diese Person mindestens fünf Jahre lang an der MLU in Halle studiert hat.

Ich will jetzt nicht zu Details aus dem Ermittlungsverfahren fragen. Sie sind Ministerpräsident dieses Bundeslandes. Es wird hier gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung ermittelt und der Kopf dieser mutmaßlichen Vereinigung hat in Halle, in unserem Bundesland studiert. Haben Sie sich mit der Thematik einmal befasst und sich mit der Frage beschäftigt, wie es eigentlich sein kann, dass sich Studenten an unserer Universität so radikalisieren, dass sie später in einer terroristischen Vereinigung landen. Das wäre meine Frage an Sie. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident):

Aufgrund der Komplexität Ihrer Anfrage und meines Informationsbedarfes, den ich habe, kann ich Ihnen nicht ad hoc etwas dazu sagen. Alles, was Sie jetzt gesagt haben, kann ich dem Protokoll entnehmen und versuchen, das zu rekonstruieren. Ich werde mich zu gegebener Zeit dazu äußern, wenn es notwendig ist. Ich kann aus dem Stand im Zusammenhang mit meiner Regierungserklärung, auf die ich mich vorbereitet habe, dazu nichts sagen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Ministerpräsident. Es gibt keine weiteren Fragen.

(Zuruf: Doch!)

- Ich habe jetzt keine festgestellt. Sie haben es gerade gehört: Der Ministerpräsident wird den Sachverhalt prüfen. Sie haben jetzt als AfD-Fraktion ohnehin die Möglichkeit zu reden.

Wir haben als Redezeit eine Viertelstunde vereinbart. Als nächste ist die AfD-Fraktion an der Reihe. - Herr Kirchner, Sie haben das Wort.