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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 24

Beratung

Geburtshilfe und Kinderheilkunde stärken!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/2490

Alternativantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/2550

Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/2556

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/2576


Einbringer ist Herr Gordon Köhler für die Fraktion der AfD. Er hat nunmehr das Wort. - Bitte, Sie haben das Wort.


Gordon Köhler (AfD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit mehr als einem Jahrzehnt steuert Sachsen-Anhalt auf eine Katastrophe im Bereich der medizinischen Versorgung zu. Fakt ist, dass dieses Problem nicht mit kleineren Ausweichmanövern gelöst wird und man damit dem vor uns liegenden Mangel an Ärzten in keiner Weise gerecht wird. 

Besonders tief klafft dieser Abgrund der medizinischen Versorgung im Hinblick auf verschiedene medizinische Fachgebiete. Das sind zum einen die Zahnmedizin und die Allgemeinmedizin; das ist zum anderen - darum geht es in unserem heutigen Antrag - insbesondere der Bereich der Geburtshilfe und der Kinderheilkunde. Es trifft tragischerweise wieder einmal jene, die wie keine andere Gruppe unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Das sind Kinder, das sind Jugendliche und das sind die werdenden Mütter, mithin also die kommende Generation. 

In mehreren Landkreisen stellt die Kassenärztliche Vereinigung einen Mangel an Ärzten fest, wohlgemerkt bei einem Versorgungschlüssel zwischen 2 700 und 2 900 Kindern pro Vollzeitkinderarztstelle auf dem Land. Damit kommen aufgerundet in Summe fast 3 000 Kinder auf einen Arzt. Dazu muss man anmerken: Das ist unfassbar viel. Trotzdem schafft es das Land Sachsen-Anhalt nicht, für eine flächendeckende Versorgung zu sorgen.

Jetzt kann man sagen, dass das Problem für sich genommen schon eine Herausforderung darstellt, aber dazu mischt sich eben auch die Überalterung der Kindermediziner. Eine Kleine Anfrage des geschätzten Kollegen Siegmund hat das klar herausgearbeitet. Viele Ärzte werden sich in absehbarer Zeit in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden; denn nach Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung ist bereits jetzt knapp ein Drittel aller Kinderärzte in unserem Bundesland 60 Jahre oder älter.

Schauen wir uns daneben noch die stationäre kindermedizinische Versorgung an. Dort sieht es ebenfalls düster aus. Die Hiobsbotschaften der letzten Jahre und Monate: Wir hatten im Jahr 2021 die Schließung der Kinderklinik und Geburtshilfe Schönebeck. Wir hatten im Jahr 2022 die Schließung der Kinderklinik Gardelegen. Wir hatten die vorübergehende Schließung der Kinderklinik in Burg. Wir hatten die vorübergehende Schließung der Kinderintensivstation in Magdeburg. Wenn man der „Volksstimme“ von heute Glauben schenken darf, dann ist diese auch bis auf Weiteres geschlossen. Wir haben die dauerhafte Schließung der Kinderklinik in Zeitz ab dem 1. Mai 2023. Ich denke, das spricht eine sehr deutliche Sprache. Mehr noch: Das macht das Versagen der letzten Jahre mehr als deutlich. 

Um beim Zeitzer Klinikum zu bleiben: Der allgemeinen Berichterstattung zufolge - hierüber hat bspw. auch der „Mitteldeutsche Rundfunk“ berichtet - schließt der Klinikbetreiber die Kinderklinik, baut aber die operative Leistungsfähigkeit, die Schmerztherapie und die Geriatrie aus. Das sind nämlich die Bereiche, die Geld bringen. 

Gerade im Fall der Magdeburger Kinderintensivstation hatten wir noch Glück im Unglück. Man denke zurück an den Herbst und Winter. Wir hatten die RSV-Erkrankungswelle, die uns gezeigt hat, dass bereits eine Erkrankungswelle dafür sorgt, dass in Sachsen-Anhalt und auch im Bund eine Ausnahmesituation entsteht. Ich sage Ihnen ganz deutlich, das dürfen wir so nicht zulassen.

(Zuruf bei der AfD: Richtig!)

Bleiben wir bei den Kliniken und schauen auf die Geburtshilfe. Auch hier zeigt sich der traurige Rest, der die Versorgung gerade so aufrechterhalten kann. Sachsen-Anhalt hat in Summe noch ganze 21 Standorte für die Geburtshilfe. Im Jahr 2000 gab es davon noch 33. Das ist ein Rückgang um knapp ein Drittel. 

Das Gutachten zur Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt erkennt hierbei bereits Defizite, die durch mittelfristig zu erwartende Schließungen noch verstärkt würden. Die bedeutendsten Gründe sind auch hierfür zu wenige Geburten, Unwirtschaftlichkeit und Fachkräftemangel. Das sind Punkte, auf die die Politik sehr wohl hätte reagieren müssen.

(Zustimmung bei der AfD)

Seit Jahrzehnten doktert die etablierte Politik in wechselnder Zusammensetzung sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene am Gesundheitswesen herum, ohne jedoch befriedigende Ergebnisse zu erzielen. 

Nun kommt der nächste Hammer aus der Bundespolitik. Man will den Kinderärzten das Leben noch schwerer machen. Durch eine Verschlimmbesserungsreform sollen die Abrechnungsmodalitäten für Kinderärzte verändert und die Budgetierung der Leistungen ausgesetzt werden. De facto ist das nach aktuellem Stand für die Kinderärzte auf der einen Seite eher ein bürokratisches Monster und eine weitere Belastung auf der anderen Seite. Spätestens jedoch bei den mehr als kritischen Kommentaren bspw. von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung müsste ein Nachdenken im Lauterbach-Ministerium einsetzen.

Ich möchte hier einfach einmal ein paar Zitate aus den entsprechenden Pressemitteilungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Besten geben: 

„[…] vollständige Chaotisierung der Honorarzahlungen drohe […]

Hinzu kommt eine enorme Bürokratiebelastung für die Kassenärztlichen Vereinigungen […]“ 

Oder noch besser: 

„Das ist ein Super-GAU in Paragrafenform, der nicht kommen darf […]“ 

Es geht aber noch weiter. Der Spitzenverband der Fachärzte sagt: 

„An diesem Gesetzentwurf zeigt sich ganz deutlich, dass Bundesgesundheitsminister Lauterbach und die Ampelparteien meilenweit von einer realen Auseinandersetzung mit der Budgetierung vertragsärztlicher Leistungen entfernt sind.“

Das sind deutliche Worte von den entsprechenden Verbänden. Deshalb fordern wir die Landesregierung an dieser Stelle auf, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bundespolitik einzuwirken. Ich sage es ganz deutlich, dieses Vorhaben muss gestoppt werden.

(Zustimmung bei der AfD)

Jetzt werden wir einmal ganz grundsätzlich. Die Politik agiert nicht im leeren Raum. Wir haben durchaus die Möglichkeit, uns auch in den anderen Bundesländern anzuschauen, was es dort für entsprechende Konzepte und Maßnahmenvorschläge gibt, um das Problem einzudämmen bzw. diesem auch zu begegnen. 

Ich will konkret werden und ein paar Beispiele nennen. Das ist unter anderem die Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze. Die Ausbildung des medizinischen Nachwuchses an Universitäten ist ein elementarer Teil der Versorgungssicherheit, auch in Sachsen-Anhalt. Man kann versuchen, Rückkehrprämien zu zahlen, so wie in anderen Bundesländern auch. Dass die Anzahl der Studienplätze erhöht werden sollte, ist mittlerweile nicht nur unsere Forderungen, sondern auch die der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Ich denke, die sollten wir an dieser Stelle auch unterstützen.

Des Weiteren ist ein breites attraktives Förder- und Prämienprogramm notwendig, um die jungen Mediziner nach dem Abschluss ihres Studiums im Land zu halten und vielleicht sogar für eine entsprechende Facharztspezialisierung zu gewinnen. Ich habe die Anwerberückkehrerprämien bereits erwähnt. Beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern ist ein Ostbundesland, das dies mit einem entsprechenden Programm, hier speziell maßgeschneidert für Kinderärzte, bereits exerziert. 

Dabei möchte ich gleich einem Vorwand begegnen, der wieder kommen wird, nämlich dem, dass das finanziell nicht realisierbar ist. Ich nutze die Gelegenheit - wir haben über den Haushalt erst diskutiert - und stelle klar: Es sind ausreichend Mittel verfügbar, man muss sie nur an den richtigen Stellen einsetzen und die Prioritäten entsprechend setzen.

(Zustimmung bei der AfD)

Das trifft im Übrigen auch auf die Möglichkeit finanzieller Zuschüsse für Kliniken und Geburtshäuser zu. Ich sage es noch einmal, auch im Namen der AfD-Fraktion: Monetäre Probleme dürfen nie Grund für eine Schließung sein. Wir akzeptieren das Wirtschaftlichkeitsargument an dieser Stelle nicht. Die Quote in Geburtshäusern in Sachsen-Anhalt liegt bei etwa 600 Geburten im Jahr. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass zwei Einrichtungen nicht einmal auf die Hälfte kommen. Wir können uns also vorstellen, was in Zukunft passieren wird. 

Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes festhalten. Wir wollen mit diesem Antrag eine Diskussion darüber anstoßen, wie wir zukünftig Kinderheilkunde im Land halten können. Ich denke, die Schlagzeile in der „Volksstimme“ „Kindermedizin auf dem Rückzug“ können wir so nicht zulassen, auch gegenüber der kommenden Generation nicht. Deswegen beantrage ich, dass wir über das Ganze im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung weiter diskutieren, um die bestmöglichen Lösungen für unser Land, für unsere Generation und für unsere Kinder zu finden. 

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf eine zielführende Debatte. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)